T 0167/00 () of 30.7.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T016700.20020730
Datum der Entscheidung: 30 Juli 2002
Aktenzeichen: T 0167/00
Anmeldenummer: 94111609.7
IPC-Klasse: F16J 15/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Hydrodynamische Hochdruck-Rotordichtung
Name des Anmelders: Parker Hannifin GmbH
Name des Einsprechenden: Busak + Shamban GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 6. Dezember 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, daß unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 0 643 243 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

II. Gegen diese Entscheidung wurde am 13. Januar 2000 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 5. April 2000 eingegangen. Die Beschwerde stützt sich auf folgende im Einspruchsverfahren genannte Druckschriften:

D1 DE-A-2 348 739

D2 DE-C-34 25 431.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2002, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Hydrodynamische Hochdruck-Rotordichtung für flüssige Betriebsmedien, mit einem Elastomer-Ring (10) als statischem Dichtungselement zum radialen Vorspannen eines gegebenenfalls elastomeren Gleitringes (12) als dynamisches Dichtungselement, das eine radial wirkende Dichtfläche (16) an einem Umfang des Gleitringes (12) mit zwei ringförmigen Dichtkanten (26, 28) zur axialen Begrenzung der Dichtfläche (16) aufweist, wobei die Dichtfläche (16) wenigstens eine axiale Dichtkanten-Auslenkung aus einer virtuellen Radialebene aufweist, dergestalt, daß verschiedene, in Umfangsrichtung der Dichtfläche (16) zusammenhängende Abschnitte derselben an der einen und/oder der anderen Dichtkante (26, 28) einen verschiedenen Verlauf der auf diese Flächenabschnitte entfallenden Kantenabschnitte zeigen, dadurch gekennzeichnet, daß in der Abwicklung des Gleitringes (12) mindestens eine der zwei Dichtkanten (26, 28) einen Zick-Zack-förmigen, periodischen Verlauf hat, insbesondere beide Dichtkanten, wobei dieser Zick-Zack-förmige Verlauf der abgewickelten Dichtkante (26, 28) aus geradlinigen Abschnitten besteht."

Das Patent in der geltenden Fassung enthält neben dem Anspruch 1 abhängige Ansprüche 2 bis 6, die weitere Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 betreffen.

V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes geltend gemacht:

Ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß D2, der eine Rotordichtung gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 offenbare, sei es erstens bekannt, die Dichtfläche möglichst nahe an der Niederdruck-Stirnseite des Dichtungsringes anzuordnen, zweitens, die Niederdruck-Stirnseite mit einem periodischen Verlauf auszubilden und drittens, den periodischen Verlauf zick-zack-förmig zu gestalten, wobei der Verlauf aus geradlinigen Abschnitten betehe. Somit weise auch die an der Niederdruck-Stirnseite verlaufende Dichtkante einen Verlauf auf, wie er gemäß geltendem Anspruch 1 definiert werde.

Alternativ hierzu sei die Offenbarung gemäß D1 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen, aus dem die Merkmale des Oberbegriffs bekannt seien. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 löse die Aufgabe, bei einer Rotordichtung gemäß D1 für eine verbesserte Schmierung im Dichtungsspalt zu sorgen. Gemäß D2 werde u. a. diese Aufgabe ebenfalls gelöst, und zwar mit einem stirnseitig angeordneten, einen periodischen, zick-zack-förmigen Verlauf aufweisenden Stützring, der unter Betriebsbedingungen die Dichtkanten entsprechend verforme. Bei einer Zusammenschau der D1 und der D2 werde der Fachmann die Dichtkanten des aus D1 bekannten Dichtungsrings entsprechend gestalten.

VI. Die Erwiderung der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die grundsätzliche Lehre gemäß D2 sei es, die Dichtkanten unter Betriebsbedingungen wellenartig zu verformen. Der Begriff "wellenartig" schließe den zick-zack-förmigen Verlauf gemäß dem geltenden Anspruch 1 aus. Ferner sei die Lehre gemäß D2 hinsichtlich des zick-zack-förmigen Verlaufs der niederdruckseiten Stirnfläche unvollständig, da z. B. nicht offenbart sei, in welcher Ebene die in Figur 8 gezeigten Schnitte gemacht wurden. Ferner werde die Elastizität des Materials des Dichtungsrings eine Übertragung des Verlaufs eines Stützrings bzw. der Stirnseite des Dichtungsrings auf die Dichtflächen verhindern.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer stimmt mit den Parteien darin überein, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 eine Rotordichtung betrifft, die den angegebenen zick-zack-förmigen Verlauf mindestens einer Dichtkante im Nichtbetriebszustand aufweist. Die Lehre gemäß D2 ist es dagegen, daß die Dichtfläche erst unter Betriebsbedingungen durch Druckeinwirkung verformt wird. Entsprechend dieser Lehre zeigen alle Figuren außer der Figur 2b, die keinen in der Abwicklung periodischen Verlauf zeigt und daher für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung ist, den Dichtungsring nur im Betriebszustand. Die Verformung wird vorzugsweise dadurch erreicht, daß unter Betriebsdruck die Niederdruck-Stirnseite des Dichtungsringes gegen einen Vorsprünge aufweisenden Stützring gedrückt wird. Als Alternative kann jedoch die Niederdruck-Stirnseite des Dichtungsringes die Vorsprünge aufweisen (Beschreibung, letzter Satz; Anspruch 7) und ggf. an einer ebenen Wand abgestützt sein (Spalte 5, Zeilen 13 bis 21). Bei der Ausführungsform gemäß Figur 7a weist die Dichtung ein dynamisches Dichtungselement 1 auf, dessen Niederdruck-Stirnseite axial durch einen Vorsprünge 32 aufweisenden Stützring 3 abgestützt wird. Die Dichtfläche ist an einem radial nach innen gerichteten Vorsprung ausgebildet und weist eine möglichst nahe der Niederdruck-Stirnseite angeordnete Dichtkante 11 auf (Spalte 7, Zeilen 35 bis 38). Hierbei ist jedoch festzustellen, daß die Dichtkante 11 nicht durch die innere Kante der Stirnseite gebildet wird, weil die Niederdruck-Stirnseite des Vorsprungs als Schrägfläche ausgebildet ist. Bei der alternativen Ausführungsform mit Vorsprüngen an der Stirnseite des Dichtungselements würde die Dichtkante daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zwangsweise den gleichen Verlauf wie die Stirnseite haben. Somit ist ein zick-zack-förmiger Verlauf der Dichtkante aus D2 weder im Nichtbetriebszustand noch im Betriebszustand bekannt. Ferner ist es ausgehend von D2 nicht naheliegend, die Dichtkante im Nichtbetriebszustand mit dem in der Figur 8 gezeigten zick-zack-förmigen Verlauf zu versehen, weil die Lehre gemäß D2 darauf gerichtet ist, die in Figur 8 gezeigten Verläufe der Stirnseite ausschließlich zur wellenartigen Verformung der Dichtflächen im Betriebszustand zu verwenden (vgl. z. B. Anspruch 1, Spalte 3, Zeile 34 und Spalte 5, Zeilen 14, 68).

3. Nach Auffassung der Kammer wird der nächstliegende Stand der Technik nicht durch D2, sondern durch D1 gebildet, weil dort eine hydrodynamische Hochdruck-Rotordichtung offenbart ist, die wie diejenige gemäß dem geltenden Anspruch 1 einen periodischen Verlauf der Dichtfläche im Nichtbetriebszustand aufweist. Es ist unbestritten, daß D1 in der Ausbildungsform gemäß den Figuren 1, 2, 5 eine Rotordichtung gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 offenbart. Aus der Figur 2, die die Abwicklung der Dichtfläche zeigt, ist ihr Verlauf in der Form einer stetigen, periodischen, wellenartigen Linie ersichtlich. In den Bereichen, in denen die Dichtfläche schräg zur radialen Ebene verläuft, sickert Schmiermittel in den Dichtungsspalt (Seite 14, vorletzter und letzter Satz). An den Scheitelteilen 38, 40. der wellenartigen Linie kommt dieser Effekt bedingt durch den Verlauf der Dichtfläche nahezu tangential zur radialen Ebene weniger zur Wirkung, was nicht nur wegen erhöhter Reibung, sondern auch wegen der dort verminderten Kühlwirkung des Schmiermittels unerwünscht ist (Seite 13, vorletzter Satz).

3.1. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 in seiner breitesten Fassung unterscheidet sich somit von dem gemäß D1 dadurch daß:

- in der Abwicklung des Gleitringes mindestens eine der zwei Dichtkanten einen zick-zack-förmigen Verlauf hat, wobei dieser zick-zack-förmige Verlauf der abgewickelten Dichtkante aus geradlinigen Abschnitten besteht.

3.2. Durch die Unterscheidungsmerkmale wird bewirkt, daß die Dichtfläche im Bereich der Scheitel besser geschmiert wird. Die durch den Gegenstand des Anspruchs 1 gelöste Aufgabe ist daher, bei einer Rotordichtung gemäß D1 stets für eine hinreichende Schmierung möglichst auf der gesamten Dichtfläche zu sorgen.

3.3. Wie unter Punkt 2 schon ausgeführt wurde, sind die Unterscheidungsmerkmale, die sich auf den Nichtbetriebszustand beziehen, aus der D2 nicht bekannt. Es trifft zwar zu, daß sich sowohl das Streitpatent als auch die D2 mit dem im Betriebszustand vorkommenden Problem der Schmierung befassen, doch wird der Fachmann ausgehend von D1 beim Lesen von D2 nicht dazu angeregt, zur Lösung gemäß dem geltenden Anspruch 1 zu gelangen. Hierzu stellt die Kammer fest, daß es die Lehre gemäß D2 ist, dafür zu sorgen, daß die Dichtfläche unter Betriebsbedingungen sich "wellenartig" verformt (u. a. Anspruch 1; Spalte 3, Zeilen 34, 37; Spalte 5, Zeilen 14, 68), was den zick-zack-förmigen Verlauf gemäß dem geltenden Anspruch 1 ausschließt. Dies trifft auch zu, wenn der Verlauf des Stützringes eine prismatische Form aufweist (Spalte 3, Zeile 65 bis Spalte 4, Zeile 7). Ferner ist es für den Fachmann erkennbar, daß bei einer Kombination der zick-zack-Form der Stirnseite gemäß der Figur 8 mit der Ausbildungsform gemäß Figur 7a die Elastizität des Materials des Dichtungsrings eine Übertragung genau dieser Form, d. h. eines aus geradlinigen Abschnitten bestehenden Verlaufs, auf die nächstliegende Dichtkante verhindern würde. Vielmehr versteht er im Lichte der Gesamtoffenbarung der D2, daß die Dichtfläche unter Einfluß der zick-zack-förmigen Ausbildung der Vorsprünge sich wellenartig verformen soll. Somit ist ein zick-zack-förmiger Verlauf mindestens einer Dichtkante auch im Betriebszustand aus D2 nicht bekannt, so daß in dieser Richtung keine Anregung erfolgen kann. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 wird daher auch bei Zusammenschau der D1 und der D2 nicht nahegelegt.

3.4. Die Kammer kommt somit zu dem Schluß, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ). Weil die Ansprüche 2 bis 6 alle Merkmale des Anspruchs 1 enthalten, gilt das ebenfalls für diese Ansprüche.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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