European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T012100.20040324 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 März 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0121/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94918791.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | A47L 15/44 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur maschinellen Geschirreinigung | ||||||||
Name des Anmelders: | Ecolab GmbH & Co. OHG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Unilever N.V. Chemische Fabrik Dr. Weigert GmbH & Co. |
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Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Ausführbarkeit - bejaht Unzulässige Erweiterung - verneint Neuheit und erfinderische Tätigkeit - bejaht |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die am 14. Dezember 1999 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der die der Aufrechterhaltung in geändertem Umfang des Patents Nr. 0 700 265 zugrundeliegende Fassung festgelegt wurde,
- hat die Beschwerdeführerin I (Einsprechende I) die am 27. Januar 2000 eingegangene Beschwerde unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr eingelegt und am 20. April 2000 die Beschwerdebegründung eingereicht;
- hat die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr die am 2. Februar 2000 eingegangene Beschwerde eingelegt und die Beschwerdebegründung am 17. April 2000 eingereicht;
- hat die weitere Verfahrensbeteiligte (ursprüngliche Beschwerdeführerin III, Einsprechende II) die am 20. Januar 2000 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Die Beschwerdebegründung wurde am 14. April 2000 eingereicht. Der Einspruch und die Beschwerde wurden mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2002 (eingegangen am 8. Oktober 2002) zurückgezogen.
II. Am 24. März 2004 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Für die weitere Verfahrensbeteiligte (ehemalige Beschwerdeführerin III, Einsprechende II) war niemand anwesend. Der Vorsitzende stellte fest, daß diese ordnungsgemäß geladen war. Gemäß Regel 71 (2) EPÜ wurde das Verfahren ohne sie fortgesetzt.
III. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin II neue Unterlagen eingereicht.
Der geltende unabhängige Verfahrensanspruch 1 lautet wie folgt:
"Verfahren zur maschinellen Geschirreinigung in gewerblichen Geschirrspülmaschinen (23), bei welchem ein Reinigungsmittel (2, 19) und ein dieses in der Wirkung unterstützender, vorzugsweise kohlenhydratabbauendes, Enzym, insbesondere Amylase, enthaltender Reinigungsverstärker (5) in die Geschirrspülmaschine (23) eindosiert werden, dadurch gekennzeichnet, daß der Reinigungsverstärker (5) als Bestandteil des, insbesondere auf Basis Phosphat oder Nitriloessigsäure oder deren Salze (NTA) formulierten, niederalkalischen Reinigungsmittels (2, 19) und/oder zusätzlich in Kombination zum niederalkalischen Reinigungsmittel (2, 19) in zumindest einem Spül- oder Waschtank der Geschirrspülmaschine (23) der Spül- oder Waschflotte zudosiert und diese Spül- oder Waschflotte unter Besprühung des Geschirrs umgewälzt wird."
Der geltende unabhängige Vorrichtungsanspruch 22 lautet wie folgt:
"Vorrichtung zum Durchfuhren des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 21, welche ein Reinigungsmittel-Dosiersystem (1, 3; 20, 21, 22; 24, 25) und ein Dosiersystem (4, 6; 27, 28) für einen weiteren Wirkstoff mit zugeordneter Pumpe (4; 27) und Pumpensteuerung aufweist, gekennzeichnet durch ein vom Reinigungsmittel-Dosiersystem (1, 3; 20 21, 22; 24, 25) getrenntes Dosiersystem (4, 6; 27, 28) zur Dosierung eines enzymhaltigen Reinigungsverstärkers (5), welches einen Betriebszustand zur Stoßdosierung (SD) nach Beendigung von Unterbrechungen oder Stillstandsphasen (11) des Geschirrspülmaschinenbetriebes und/oder Dosierpausen (14, 15) des Reinigungsmittel-Dosiersystems (24, 25) aufweist."
IV. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Beschwerdeführerinnen auf folgende Druckschriften verwiesen:
A1: "Gewerbliches Geschirrspülen & Begriffe", Arbeitsgemeinschaft Gewerbliches Geschirrspülen, 58097 Hagen, Oktober 1995, Seiten 12 und 13
A2: "Handboek voor de institutionele reiniging", L. A. Saelman, Kluwer, Deventer, 1985, Seiten 136 bis 149
A3: "Handbuch für die gewerbliche Reinigung", Übersetzung von A2 ins Deutsche
A4: "Enzyme in Spülmitteln für Haushalt- Geschirrspülmaschinen? I", Dr. Th. Altenschöpfer, die Zeitschrift "Fette - Seifen - Anstrichmittel", Heft 7 von 1971, Seiten 459 bis 466
D1: DE-A-2 038 103
D2: WO-A-94/05768 (veröffentlicht 17. März 1994)
D3: US-A-3 850 832
D5: EP-B-0 578 666 (veröffentlicht 8. Februar 1995)
D5A: WO-A-92/17564
D11b: Prospekt "Gewerbe-Geschirrspüler", Miele Gastronomie-Technik, 83 37 52-10/89, 39 Seiten
E1: (D8) DE-A-2 062 465
E2: (D9) DE-A-4 110 764
E3: (D10) WO-A-91/00044
E6: Telefax an Herrn Dr. Kaitzis von der Firma Dr. Weigert Chemische Fabrik mit Datum vom 10.6.1992.
E8: Rezepturneuaufnahme, Artikelbezeichnung: neodisher V773 mit Datum vom 13.4.1993
OV1: Behauptete offenkundige Vorbenutzung im Krankenhaus- Zweckverband Augsburg (KZVA)
V. Die Beschwerdeführerin I stützt ihre Beschwerde auf mangelnde Offenbarung, unzulässige Erweiterung, fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit.
Die Beschwerdeführerin II hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin I widersprochen.
VI. Die Beschwerdeführerin I beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdeführerin II beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 29, der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überreichten Spalten 9, 10, 17 und 18 der Beschreibung sowie der Spalten 1 bis 8, 11 bis 16 und 19 der Beschreibung wie erteilt und der Figuren 1 bis 7 wie erteilt.
Die weitere Verfahrensbeteiligte war zur mündlichen Verhandlung nur im Hinblick auf allfällige Kostenanträge geladen worden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Es besteht kein Zweifel, daß das erteilte Patent nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung hinausgeht.
2.2. Die vorliegenden Verfahrensansprüche 1 bis 20 entsprechen den erteilten Verfahrensansprüchen 1 bis 20.
2.3. Der vorliegende Verfahrensanspruch 21 war entsprechend den mit der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ übermittelten Erteilungsunterlagen insoweit zu berichtigen, als in der im Anspruch enthaltenen Formel das Zeichen "l" durch das Zeichen "Lambda" zu ersetzen war. Dieser Fehler war in der Patentschrift durch den Druck verursacht worden. Dieselbe Berichtigung war in den Formeln in Spalte 17, Zeilen 41 und 50 der erteilten Beschreibung vorzunehmen. Die Frage einer sachlichen Berichtigung stellte sich somit nicht, sondern es war nur der Text von Anspruch 21 und der Beschreibung auf Grund des unterlaufenen Druckfehlers wieder mit dem Inhalt der zugrundeliegenden Erteilungsentscheidung im Einklang zu bringen (vgl. Singer/Stauder EPÜ Artikel 98, Rdnr. 16).
2.4. Der erteilte unabhängige Vorrichtungsanspruch 22 ist im wesentlichen identisch mit dem ursprünglich eingereichten unabhängigen Vorrichtungsanspruch 15. Beide Ansprüche enthalten mehrere alternative Betriebszustände (und/oder), nämlich den Betriebszustand zur Unterhaltsdosierung und den Betriebszustand zur Stoßdosierung.
Der vorliegende unabhängige Vorrichtungsanspruch 22 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 22 lediglich durch die Streichung der ersten Alternative im erteilten Anspruch, nämlich der Betriebszustand zur Unterhaltsdosierung (Spalte 23, Zeilen 18 bis 23 der Patentschrift).
Die zweite Alternative, nämlich der Betriebszustand zur Stoßdosierung (Spalte 23, Zeilen 23 bis 28 der Patenschrift) ist jetzt zwingend vorhanden. Damit ist der vorliegende Anspruch eindeutig beschränkt auf eine der bereits vorhandenen Alternativen.
Es besteht somit kein Verstoß gegen Artikel 123 EPÜ.
2.5. Der vorliegende abhängige Anspruch 23 enthält jetzt den Betriebszustand zur Unterhaltsdosierung, der vom erteilten Anspruch 22 getrennt wurde. Es besteht somit kein Verstoß gegen Artikel 123 EPÜ.
2.6. Die vorliegenden abhängigen Ansprüche 24 bis 29 entsprechen den erteilten Ansprüchen 23 bis 28.
2.7. Die geltende Beschreibung unterscheidet sich von der erteilten Fassung lediglich durch die Anpassung an den geltenden Anspruch 22 und durch die Berichtigung des Zeichens "l" in "Lambda", siehe Abschnitt 2.3 oben.
2.8. Die geltenden Zeichnungen sind wie erteilt.
2.9. Die Änderungen entsprechen somit den Erfordernissen des Artikels 123 EPÜ.
3. Auslegung des Anspruchs 1
3.1. Gewerbliche Geschirrspülmaschinen
A1 nennt auf Seite 13 als Beispiele für gewerbliche Geschirrspülmaschinen Fronttürmaschinen, Korbtransportmaschinen und Bandtransportmaschinen. Folglich ist der Unterschied zwischen Haushaltsgeschirrspülmaschinen und gewerblichen Geschirrspülmaschinen nicht die Zahl von Wasch/Spül- Tanks.
A3 gibt auf Seite 9, Zeile 10 von unten an, daß bei Eintank-Geschirrspülmaschinen die gewerblichen Maschinen viel kürzere Wasch- und Klarspülzeiten als Haushaltsmaschinen haben. In der A4 auf Seite 464, linke Spalte, drittletzter Absatz, wird festgestellt, daß ein Einsatz von enzymhaltigem Reinigungsmittel in gewerblichen Geschirrspülmaschinen wegen der notwendigen langen Kontaktzeiten nicht möglich ist. Dagegen folgt aus anderen Textstellen der A4, daß der Einsatz von enzymhaltigem Reinigungsmittel in Haushalts- Geschirrspülmaschinen mit langen Kontaktzeiten erfolgreich war.
Demgegenüber lauten Zeilen 13 bis 20 in Spalte 4 der Patentschrift: "Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß ein niederalkalischer Reiniger in üblicher Konzentration in Verbindung mit Enzym oder einem enzymhaltigen Reinigungsverstärker auch bei den in gewerblichen Geschirrspülmaschinen üblichen kurzen Kontaktzeiten von 10 bis 180 Sekunden zu einer ausgezeichneten Entfernung und Inhibierung des Stärkeaufbaus auf dem Geschirr führt."
Folglich ist es für den Fachmann klar, daß das gewerblich eingesetzte Verfahren gemäß Anspruch 1 innerhalb einer angemessenen Zeit abgeschlossen sein muß, wobei in der Patentschrift nur die "üblichen kurzen Kontaktzeiten von 10 bis 180 Sekunden" erwähnt werden.
Es ist nicht auszuschließen, daß bei Haushaltsgeschirrspülmaschinen kurze Kontaktzeiten und bei gewerblich eingesetzten Geschirrspülmaschinen lange Kontaktzeiten möglich wären (siehe z. B. D11b, Seite 9).
Dies ist aber unerheblich; entscheidend ist lediglich, daß Anspruch 1 so zu interpretieren ist, daß das beanspruchte gewerbliche Verfahren mit Kontaktzeiten von 10 bis 180 Sekunden erfolgt.
3.2. Es gibt keinen Unterschied zwischen der Bedeutung der Wörter "eindosiert" und "zudosiert".
4. Auslegung des Anspruchs 22
4.1. Die Anzahl von Dosiersystemen
Gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 22 weist die Vorrichtung zwei Dosiersysteme auf, nämlich "ein Reinigungsmittel-Dosiersystem (1, 3; 20, 21, 22; 24, 25) und ein Dosiersystem (4, 6; 27, 28) für einen weiteren Wirkstoff".
Gemäß dem kennzeichnenden Teil desselben Anspruchs weist die Vorrichtung "ein vom Reinigungsmittel-Dosiersystem (1, 3; 20 21, 22; 24, 25) getrenntes Dosiersystem (4, 6; 27, 28) zur Dosierung eines enzymhaltigen Reinigungsverstärkers (5)" auf.
Dieses letztgenannte Dosiersystem ist kein drittes Dosiersystem sondern das "Dosiersystem (4, 6; 27, 28) für einen weiteren Wirkstoff" gemäß dem Oberbegriff.
4.2. Stoßdosierung
Die Stoßdosierung ersetzt die Unterhaltsdosierung, d. h. die Menge an Reinigungsmittel, die während der Stoßdosierung zudosiert wird, ersetzt die Menge an Reinigungsmittel, die während der Unterhaltsdosierung hätte zudosiert werden müssen (siehe Spalte 8, Zeile 46 bis Spalte 9, Zeile 26 der Patentschrift). Die Stoßdosierung erfolgt innerhalb einer relativ kurzen Zeit nach Beendigung einer Unterbrechung, Stillstandsphase oder Pause bzw. zu Beginn der Spülphasen 10 oder Dosierzeiten 12, 13.
Die Menge, die während der Stoßdosierung zudosiert wird, ist abhängig von der Pausenzeit, d. h. von der Zehrung des Enzyms, siehe Spalte 17, Zeile 16 bis Spalte 19, Zeile 1. Es gibt keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung für eine Änderung der Stoßdosierungsmenge in Abhängigkeit von der Verschmutzung des Geschirrs.
Der "Betriebszustand zur Stoßdosierung (SD)" im Anspruch 22 impliziert die Art und Weise, wie das Dosiersystem ausgerüstet wird, um die genannte Stoßdosierung durchführen zu können.
Anspruch 23 fordert lediglich, daß das Dosiersystem so ausgerüstet sein soll, daß, obwohl beide Betriebszustände vorhanden sind, entweder die Stoßdosierung oder die Unterhaltsdosierung nach Wunsch durchgeführt werden kann.
5. Ausführbarkeit (Artikel 83 und 100 b) EPÜ)
5.1. Die Beschwerdeführerin I ist der Auffassung, daß das Merkmal im vorliegenden abhängigen Anspruch 6, nämlich "daß der Reinigungsverstärker (5) im Maße des Enzymabbaues nachdosiert wird", und ein Merkmal im vorliegenden unabhängigen Anspruch 22, nämlich die "Stoßdosierung", in der Patentanmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, daß ein Fachmann das Verfahren ausführen kann. Sie erhebt auch den Einwand, daß die Patentanmeldung nicht offenbart, wie das Merkmal der Stoßdosierung im vorliegenden unabhängigen Anspruch 22 auszuführen ist.
5.2. Die Frage der Offenbarung bezieht sich auf den gesamten Text der Patentanmeldung und nicht nur auf die Patentansprüche. Die WO-A-94/27 488 beschreibt auf Seite 19, Zeile 16 bis Seite 21, Zeile 27 (entspricht Spalte 17, Zeile 16 bis Spalte 19, Zeile 1 der Patentschrift), wie es möglich ist, den Reinigungsverstärker im Maße des Enzymabbaues nachzudosieren, und wie die Stoßdosierung stattfindet (siehe auch Abschnitt 4.2 oben). Die Dosierung erfolgt über die Annahme, daß der zeitliche Verlauf des Enzymabbaues (Zehrung) während der Pausenzeit im wesentlichen einer Exponentialfunktion entspricht und daß die Zudosierung von enzymhaltigem Reinigungsverstärker nach der zu dieser Exponentialfunktion komplementären Funktion erfolgt. Ein solcher Abbau kann annähernd experimentell festgestellt werden.
5.3. Obwohl es sein mag, daß die Annahme eines zeitlichen Verlaufs des Enzymabbaues vielleicht unter gewissen Umständen nicht immer die optimalen Ergebnisse mit sich bringt, macht diese Annahme es trotzdem möglich, das Verfahren gemäß dem abhängigen vorliegenden Anspruch 6 auszuführen und die Vorrichtung gemäß dem unabhängigen vorliegenden Anspruch 22 zu gestalten.
5.4. Somit kann die Kammer dem Einwand der Beschwerdeführerin I in bezug auf mangelnde Offenbarung nicht folgen.
6.O V1 - Behauptete offenkundige Vorbenutzung im Krankenhaus- Zweckverband Augsburg (KZVA)
6.1. Der Zeuge Olaf Schreiber sagte während der Beweisaufnahme vor der Einspruchsabteilung, daß das Produkt Neodisher V773/34 mit dem Produkt in der Beschreibung der E2 und D5 identisch sei, siehe die "Erste Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugens Olaf Schreiber", Seite 1, letzte vier Zeilen und Seite 3, Zeilen 5 bis 12.
E2 und D5 beschreiben aber eine ganze Reihe von Produkten in allgemeiner Form, ohne das spezifische Produkt Neodisher V773/34 oder eine Zusammensetzung eines damit übereinstimmenden spezifischen Produkt einigermaßen zu identifizieren, geschweige denn eindeutig zu identifizieren. Außerdem scheinen die in den E2 und D5 beschriebenen Produkte nicht identisch mit den Produkten zu sein, die in der E8 (Rezepturneuaufnahme) und in der E6 (Telefax an Herrn Dr. Kaitzis) beschrieben sind.
6.2. Aus diesem Grund hat die Kammer im Abschnitt 3.1 der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung bemerkt:
"Bisher ist der Kammer nicht klar, um welche genaue Zusammensetzung des Reinigers Neodisher V773/34 es sich während der Testreihe in Augsburg handelte. Die genaue Zusammensetzung ist weder aus der Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Olaf Schreiber, noch aus der E2 (D9) (DE-A-4 110 764) oder der D5A (WO-A-92/17564), noch aus dem Telefax an Herrn Dr. Kaitzis von der Firma Dr. Weigert Chemische Fabrik mit Datum vom 10.6.1992, noch aus der E8 (Rezepturneuaufnahme, Artikelbezeichnung: neodisher V773 mit Datum vom 13.4.1993) ersichtlich."
6.3. Die Beschwerdeführerin I hat trotz dieses Hinweises nicht klarstellen können, um welche genaue Zusammensetzung des Reinigers Neodisher V773/34 es sich während der Testreihe in Augsburg handelte. Die Kammer hat darüber hinaus Zweifel, welche technische Information tatsächlich an Herrn Dr. Kaitzis übermittelt wurde.
6.4. Aus diesen Gründen findet die Kammer die Beweise für die behauptete offenkundige Vorbenutzung unzureichend und kann daher diese behauptete Vorbenutzung nicht als Stand der Technik in Betracht ziehen.
7. Neuheit - Anspruch 1
7.1. D1
Die relevanten Textstellen in D1 sind:
7.1.1. Im zweiten Absatz auf Seite 1: "Zur Zeit werden für Spül- und Reinigungszwecke im Haushalt und in gewerblichen Betrieben, vor allem als Geschirrspülmittel für das maschinelle Geschirrspülen, vorzugsweise alkalisch reagierende pulverförmige Reinigergemische auf der Basis von anorganischen Salzen eingesetzt." Hier wird zwar das maschinelle Geschirrspülen offenbart, aber nicht das gewerbliche Geschirrspülen.
7.1.2. Auf Seite 1, vierte Zeile von unten bis Seite 2, Zeile 5: "Die derzeit üblichen aktivchlorhaltigen flüssigen Reiniger sind jedoch zur Erzielung einer guten Aktivchlorstabilität hoch alkalisch eingestellt, was durch Ätzalkalizusatz erreicht wird. Damit scheiden derartige Mittel wegen ihrer Gefährlichkeit, speziell für Kinder und wegen ihres Korrosionsverhaltens gegenüber dem Spülgut für den Gebrauch in Haushaltsgeschirrspülmaschinen weitgehend aus. Aus Korrosionsgründen gilt dies z. T. auch für das gewerbliche Geschirrspülen." Hier wird weder ein niederalkalischer Reiniger noch ein enzymhaltiger Reiniger offenbart.
7.1.3. Auf Seite 5, Zeilen 24 bis 29: "Die beanspruchten Produkte lassen sich als Reinigungsmittel im Haushalt, in Gaststätten, gewerblichen Betrieben usw. zur Säuberung von Kacheln, Fußböden, Tischflächen, Töpfen, Pfannen, Grilleinrichtungen, Milchkannen u. a. Gerätschaften, die mit Nahrungsmitteln oder sonstigen eiweiß- oder stärkehaltigen Produkten in Berührung kommen, verwenden." Hier wird keinen Hinweis auf gewerbliches Geschirrspülen gegeben.
7.1.4. Auf Seite 5, Zeile 30 bis Seite 6, Zeile 2: "Insbesondere sind die Produkte jedoch als Geschirrspülmittel für das maschinelle Geschirrspülen vorgesehen, da sie sich ohne weiteres in üblichen Flüssig-Dosiereinrichtungen, wie sie auch bei Haushaltsgeschirrspülmaschinen verwendet werden können, einsetzen lassen." Die Kammer teilt die Meinung der Einsprechenden I nicht, daß das Wort "auch" in dieser Passage impliziert, daß auch eine Verwendung in gewerblichen Geschirrspülmaschinen offenbart wird.
7.1.5. Im einzigen Verwendungs-Anspruch 4: "Verwendung von Reinigungsmittelkonzentraten ... als Geschirrspülmittel in Haushaltsgeschirrspülmaschinen."
Somit ist D1 kein eindeutiger Hinweis auf die Verwendung eines niederalkalischen enzymhaltigen Reinigungsmittels in gewerblichen Geschirrspülmaschinen zu entnehmen.
7.2. In D2 ist kein niederalkalischer Reiniger offenbart, so daß diese Druckschrift nicht neuheitsschädlich gegenüber Anspruch 1. ist.
7.3. E1 (D8)
E1 offenbart enzymhaltige Geschirrspülmittel. Laut Seite 8, Zeilen 7 bis 9 können die beanspruchten Mittel "sowohl in Haushaltsgeschirrspülmaschinen wie in gewerblichen Spülmaschinen eingesetzt werden".
Da die Geschirrspülmittel in der E1 nicht enzymhaltig sein müssen, siehe Seite 16, Anspruch 1: "0 - 5 Gew.-% eines Enzyms oder Enzymgemisches", gibt es keine eindeutige Offenbarung, daß enzymhaltige Geschirrspülmittel in gewerblichen Spülmaschinen eingesetzt werden. Da hilft auch der Anspruch 4 ("1 - 5 Gew.-% eines Enzyms oder Enzymgemisches") nicht weiter, weil keine eindeutige abhängige Verknüpfung zwischen diesem Geschirrspülmittel und gewerblichen Spülmaschinen besteht. Die Beispiele 1 bis 5 auf Seite 9 bis 11 betreffen lediglich Haushaltsgeschirrspülmaschinen, siehe Seite 9, Zeilen 4 und 5, und Seite 11, Zeile 3. Beispiel 6 auf Seite 11 betrifft zwar eine gewerbliche Geschirrspülmaschine, aber das Reinigergemisch in diesem Beispiel enthält kein Enzym. Die anderen Beispiele nennen keine Enzyme bzw. erwähnen keine gewerblichen Geschirrspülmaschinen.
Selbst wenn die E1 die Verwendung von enzymhaltigen Geschirrspülmitteln in gewerblichen Spülmaschinen offenbart hätte, dann wäre dies kein Beweis für eine Verwendung in der Weise, daß eine Zudosierung der Spül- oder Waschflotte stattfindet.
7.4. E2 (D9)
E2 offenbart das Aufsprühen eines enzymhaltigen Reinigers auf das Geschirr in einer gewerblichen Geschirrspülmaschine, wobei nach einer kurzen Einwirkzeit ein normales Spülen mit einem handelsüblichen Geschirrspülmittel erfolgt (siehe Spalte 3, Zeile 32 und Spalte 4, Zeilen 5 bis 11). Obwohl Überreste des enzymhaltigen Reinigers in der Maschine bleiben, ist dies keine Zudosierung der Spül- oder Waschflotte im Sinne des angefochtenen Patents. Eine Zudosierung ist eine Zuführung einer vorher bestimmten Menge, nicht das Übernehmen einer vorher nicht feststellbaren Restmenge.
7.5. Nachdem der vorliegende Stand der Technik kein Verfahren mit allen Verfahrenschritten von Anspruch 1 umfaßt, ist dessen Gegenstand neu (Artikel 52 (1) und 54 EPÜ).
8. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1
8.1. Verschiedene Verfahren sind bekannt zur Entfernung von Stärkeablagerungen auf Geschirr, siehe die Patentschrift, Spalte 1, Zeile 34 bis Spalte 3, Zeile 27. Die Kammer sieht den nächstkommenden Stand der Technik im Verfahren gemäß D1 und die daraus ableitbare Aufgabe des angefochtenen Patentes darin, eine andere Lösung zu schaffen, die beim maschinellen Geschirreinigen in gewerblichen Geschirrspülmaschinen die Bildung eines Stärkebelags auf dem Geschirr nachhaltig unterbindet.
8.2. D1 betrifft die Verwendung eines niederalkalischen enzymhaltigen Reinigungsmittels in Haushalts- Geschirrspülmaschinen, siehe Abschnitt 7.1 oben. In der A4 auf Seite 464, linke Spalte, drittletzter Absatz, wird festgestellt, daß ein Einsatz von enzymhaltigem Reinigungsmittel in gewerblichen Geschirrspülmaschinen wegen der notwendigen langen Kontaktzeiten nicht möglich ist. Die Beschwerdeführerin II sieht diesen Artikel aus 1971 als Beweis für ein Vorurteil gegen den Einsatz von Enzymen in gewerblichen Geschirrspülmaschinen, und insbesondere gegen das direkte Eindosieren solcher Produkte in die Waschflotte gewerblicher Geschirrspülmaschinen.
8.3. E2 (mit Anmeldetag vom 3. April 1991) scheint dieses Vorurteil zu bestätigen. Diese Druckschrift offenbart das Aufsprühen eines enzymhaltigen Reinigers auf das Geschirr in einer gewerblichen Geschirrspülmaschine, wobei nach einer Einwirkzeit ein normales Spülen mit einem handelsüblichen Geschirrspülmittel erfolgt, d. h. der enzymhaltige Reiniger wird für eine Vorbehandlung verwendet, d. h. nicht der Spül- oder Waschflotte zudosiert, und danach umgewälzt und auf das Geschirr gesprüht. Somit ist diese Lösung der Aufgabe nicht die erfindungsgemäße Lösung.
8.4. Auch E1 (D8) ist keine Zudosierung von enzymhaltigen Geschirrspülmittel der Spül- oder Waschflotte zu entnehmen, siehe Abschnitt 7.3 oben.
8.5. D3 offenbart eine ganze Reihe von Reinigungsprodukten, einschließlich enzymhaltigen Reinigungsprodukten für gewerbliche Geschirrspülmaschinen und Haushaltsgeschirrspülmaschinen. Dagegen offenbart D3 nicht, daß solche Produkte der Spül- oder Waschflotte zudosiert werden.
8.6. Daher würde der Fachmann, selbst bei einer Kombination der aus den Druckschriften D1, D3, E1 und E2 bekannten Merkmale, nicht zu dem Verfahren nach Anspruch 1 gelangen.
9. Anspruch 22
9.1. E3 (D10) bezieht sich auf eine Geschirrspülmaschine, die ein Reinigungsmittel-Dosiersystem und ein Bleichmittel- Dosiersystem besitzt. Das Bleichmittel-Dosiersystem hat einen Betriebszustand zur Unterhaltsdosierung und einen Betriebszustand zur Paralleldosierung, siehe Figur 2.
9.2. Laut Anspruch 22 besitzt das Dosiersystem (für enzymhaltigen Reinigungsverstärker) der erfindungsgemäßen Vorrichtung "einen Betriebszustand zur Stoßdosierung (SD) nach Beendigung von Unterbrechungen oder Stillstandsphasen (11) des Geschirrspülmaschinenbetriebes und/oder Dosierpausen (14, 15) des Reinigungsmittel-Dosiersystems (24, 25)".
9.3. Das (Bleichmittel-)Dosiersystem der E3 hat dagegen keinen Betriebszustand zur Stoßdosierung, d. h. eine Dosierung, die die Unterhaltsdosierung ersetzen würde und innerhalb einer relativ kurzen Zeit die Menge an Bleichmittel ersetzen würde, die während der Unterhaltsdosierung hätte zudosiert werden müssen, siehe Abschnitt 4.2 oben.
9.4. Somit ist die erfindungsgemäße Vorrichtung neu gegenüber der Maschine nach E3.
9.5. Ausgehend von der E3 besteht die Aufgabe darin, die Vorrichtung so weiter zu entwickeln, daß das vom Reinigungsdosiersystem getrennte Dosiersystem einen Betriebszustand zur Stoßdosierung nach Beendigung von Unterbrechungen oder Stillstandsphasen des Geschirrspülmaschinenbetriebes und/oder Dosierpausen des Reinigungsmittel-Dosiersystems aufweist.
9.6. Das vom Reinigungsdosiersystem getrennte Dosiersystem gemäß E3 ist zwar in der Lage, eine Unterhaltsdosierung 17, 18 und eine Paralleldosierung 16 von höherer Leistung durchzuführen (siehe Figur 2). Ein Hinweis in Richtung einer Weiterentwicklung dieses Dosiersystems, um auch den Betriebszustand zur Stoßdosierung, im Sinne von Abschnitt 4.2 oben vorzusehen, liegt weder in E3 noch in einer der anderen vorliegenden Druckschriften vor.
9.7. Die Kammer erkennt daher für die Vorrichtung nach Anspruch 22 die erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ an.
10. Angesichts der obengenannten Gründe hat das Patent mit den geänderten Unterlagen Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 29 überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Beschreibung:
- Spalten 1 bis 8, 11 bis 16 und 19 wie erteilt
- Spalten 9, 10, 17 und 18 überreicht in der mündlichen Verhandlung
Figuren 1 bis 7 wie erteilt.