T 0044/00 (Diarylcarbonat/ASAHI) of 7.5.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T004400.20020507
Datum der Entscheidung: 07 Mai 2002
Aktenzeichen: T 0044/00
Anmeldenummer: 93112353.3
IPC-Klasse: C07C 68/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Diarylcarbonaten
Name des Anmelders: BAYER AG
Name des Einsprechenden: Asahi Kasei Kogyo Kabushiki Kaisha
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Anspruchsänderungen (nicht zulässig) - Erweiterung des Schutzbereiches durch Weglassen von Merkmalen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die am 30. November 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 582 930 die am 29. Dezember 1999 eingegangene Beschwerde eingelegt und am 20. März 2000 eine Beschwerdebegründung eingereicht. Das Streitpatent enthielt 8 Ansprüche, deren einziger unabhängiger wie folgt lautete:

"1. Verfahren zur Herstellung von Diarylcarbonaten der Formel

FORMEL

in der

Ar1 nichtsubstituiertes Phenyl oder Naphthyl oder 1 bis 3fach substituiertes Phenyl, wobei die Substituenten gleich oder verschieden sind und zur Gruppe von C1-C4-Alkyl, C1-C4-Alkoxy und Halogen gehören, bedeutet,

durch Umesterung von 1 Mol von aromatischen Hydroxyverbindungen der Formel

FORMEL

worin Ar1 die genannte Bedeutung hat, mit 0,1 bis 10 Molen, bevorzugt mit 0,2 bis 5 Molen, besonders bevorzugt mit 0,5 bis 3 Molen Dialkylcarbonaten der Formel

FORMEL

in der

R1 geradkettiges oder verzweigtes C1-C6-Alkyl, Cyclopentyl oder Cyclohexyl bedeutet,

in Gegenwart von an sich bekannten Umesterungskatalysatoren in für Umesterungen bekannten Kolonnenapparaten, dadurch gekennzeichnet, daß die Umesterungsreaktion in zwei hintereinander geschalteten Kolonnen in der Art durchgeführt wird, daß

a) in der ersten Kolonne die aromatische Hydroxyverbindung flüssig vom Kopf zum Sumpf geführt wird und das Dialkylcarbonat gasförmig diesem flüssigen Strom entgegengeführt wird, wobei die Temperatur im Bereich von 100 bis 300° C, bevorzugt 120 bis 250° C, besonders bevorzugt 150 bis 240° C und der Druck im Bereich von 0,5 bis 20 bar, bevorzugt 0,8 bis 15 bar, besonders bevorzugt 0,9 bis 10. bar, gehalten werden und das Dialkylcarbonat einen Anteil von 0 bis 5 Gew.-%, bevorzugt 0,1 bis 3. Gew.-%, besonders bevorzugt 0,2 bis 2 Gew.-%, des zugrundeliegenden Alkohols, bezogen auf das Gesamtgewicht von Dialkylcarbonat und Alkohol, enthält, daß

b) am Kopf der ersten Kolonne der dem Dialkylcarbonat zugrundeliegende und bei der Umesterung freiwerdende Alkohol gasförmig und am Sumpf der ersten Kolonne ein teilweise umgesetztes und im wesentlichen aus Alkylarylcarbonat bestehendes Umesterungsprodukt flüssig entnommen werden, daß

c) der Sumpfstrom der ersten Kolonne in den mittleren Teil einer zweiten Kolonne eingespeist wird, deren Temperatur im Bereich von 60 bis 320° C, bevorzugt 65 bis 305° C, besonders bevorzugt 65 bis 250° C und deren Druck im Bereich von 0,05 bis 10 bar, bevorzugt 0,1 bis 5 bar und besonders bevorzugt 0,2 bis 2 bar gehalten werden, wobei an diese zweite Kolonne in Abhängigkeit vom Siedepunkt des eingespeisten Sumpfstroms aus der ersten Kolonne ein solcher Temperatur-Gradient gelegt wird, daß das im eingespeisten Sumpfstrom enthaltene Alkylarylcarbonat aus dem mittleren Teil der zweiten Kolonne im wesentlichen weder zum Kopf noch zum Sumpf entweichen kann und daß

d) am Kopf der zweiten Kolonne ein Gemisch aus Dialkylcarbonat, dem zugrundeliegenden Alkohol und überschüssiger aromatischer Hydroxyverbindung und am Sumpf der zweiten Kolonne Dialkylcarbonat, das Alkylarylcarbonat und aromatische Hydroxyverbindung enthalten kann, entnommen werden."

II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang vom Beschwerdegegner (Einsprechenden) wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Zur Stützung des Einspruchs wurde unter anderem die folgende Druckschrift angezogen:

(1) EP-A-461 274.

III. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung, der die erteilten Ansprüche als Hauptantrag und ein geänderter Anspruch 1 als erster und zweiter Hilfsantrag zugrunde lagen, fest, daß der Gegenstand des Streitpatents im Hinblick auf die Druckschrift (1) nicht neu sei. Alle Verfahrensmaßnahmen und Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents gemäß jeglichen Antrags seien in dieser Druckschrift bereits beschrieben.

IV. Mit Schriftsatz vom 5. April 2002 hat der Beschwerdeführer fünf geänderte, jeweils aus einem Anspruch bestehende Anspruchssätze als Haupt- und ersten bis vierten Hilfsantrag vorgelegt und die Aufrechterhaltung des Streitpatents nur noch in diesem Umfange begehrt. Der Anspruch 1 des Hauptantrages lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung von Diarylcarbonaten der Formel

FORMEL

in der

Ar1 nichtsubstituiertes Phenyl oder Naphthyl oder 1 bis 3fach substituiertes Phenyl, wobei die Substituenten gleich oder verschieden sind und zur Gruppe von C1-C4-Alkyl, C1-C4-Alkoxy und Halogen gehören, bedeutet,

durch Umesterung von 1 Mol von aromatischen Hydroxyverbindungen der Formel

FORMEL

worin Ar1 die genannte Bedeutung hat, mit 0,1 bis 10 Molen, bevorzugt mit 0,2 bis 5 Molen, besonders bevorzugt mit 0,5 bis 3 Molen Dialkylcarbonaten der Formel

FORMEL

in der

R1 geradkettiges oder verzweigtes C1-C6-Alkyl, Cyclopentyl oder Cyclohexyl bedeutet,

in Gegenwart von an sich bekannten Umesterungskatalysatoren in für Umesterungen bekannten Kolonnenapparaten, dadurch gekennzeichnet, daß die Umesterungsreaktion in zwei hintereinander geschalteten Kolonnen in der Art durchgeführt wird, daß

a) in der ersten Kolonne die aromatische Hydroxyverbindung am oberen Ende der Kolonne A bei (1) in flüssiger Form eingespeist wird und vom Kopf zum Sumpf geführt wird und das Dialkylcarbonat am unteren unteren Ende der Kolonne A bei (2) gasförmig bei Temperaturen von 120 bis 220° C eingespeist wird und dem flüssigen Strom entgegengeführt wird, und daß

b) in der Kolonne A ein Temperaturgradient im Bereich von 150 bis 240° C bei einem Druck im Bereich von 0,9 bis 10 bar, der vom Kolonnenkopf in Richtung Kolonnenfuß ansteigt, anliegt und daß

c) die Raum-Zeit-Belastung der Kolonne A bei 0.05 bis 5. g Gesamtmenge der Reaktionsteilnehmer pro ml wirksames Kolonnenvolumen pro Stunde liegt und daß

d) am Kopf der Kolonne A bei (4) der leichtflüchtige Reaktionsalkohol zusammen mit noch nicht umgesetztem Dialkylcarbonat gasförmig und das gebildete schwerflüchtige Alkylarylcarbonat zusammen mit noch nicht umgesetztem Phenol am Fuß der Kolonne A bei (8) flüssig entnommen werden und daß

e) der am Fuß der Kolonne A über (8) entnommene Sumpfstrom in die Kolonne B, oberhalb der Reaktionszone, die sich oberhalb der Verdampferzone im mittleren Bereich der Kolonne B befindet, in flüssiger Form eingespeist wird und daß

f) dieser Reaktionsstrom die Reaktionszone der Kolonne B durchläuft, dort teilweise in Dialkylcarbonat überführt wird und die noch nicht umgesetzten Bestandteile mittels Verdampfer gasförmig zurück in die Reaktionszone und die oberen Teile der Kolonne B transportiert werden, wobei

g) in der Kolonne B ein Temperaturprofil, das von oben nach unten ansteigend einen Temperaturbereich von 65 bis 305° C umfaßt, wobei die Temperatur in der Reaktionszone von 120 bis 280° C beträgt bei einem Druck im Bereich von 0,2 bis 2 bar anliegt und daß

h) in der Reaktionszone des Reaktors B ein Phenolüberschuß von 2 bis 20 Molen pro Mol Alkylarylcarbonat erhalten bleibt."

Der Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausschließlich in der Verfahrensmaßnahme h), welche folgenden Wortlaut hat:

"h) dieser Temperaturgradient mittels einer Thermostatisierung der einzelnen Abschnitte der Kolonne B eingestellt wird, wobei besagte Thermostatisierung jeweils eine Heizung oder Kühlung darstellen kann."

Der Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß erstem Hilfsantrag ausschließlich durch ein zusätzliches Merkmal am Schluß der Verfahrensmaßnahme h) mit folgendem Wortlaut:

"h) ..., wobei die Temperatur der Reaktionszone oberhalb der Sumpftemperatur liegt,"

Der Anspruch 1 des dritten Hilfsantrages ist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß zweitem Hilfsantrag lediglich in der Verfahrensmaßnahme h) abgeändert, indem die Temperaturobergrenze des Temperaturprofils von 305° C auf 280° C reduziert wurde.

Der Anspruch 1 des vierten Hilfsantrages unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausschließlich, indem die beiden Verfahrensmaßnahmen g) und h) durch folgenden Wortlaut ersetzt wurden:

"g) in der Kolonne B mittels einer Thermostatisierung der einzelnen Abschnitte der Kolonne B eine Sumpftemperatur von 265° C, eine Temperatur am Kolonnenkopf von 95 und eine Temperatur der Reaktionszone von 270° C bei einem Druck im Bereich von 0,2 bis 2 bar, eingestellt wird, wobei besagte Thermostatisierung jeweils eine Heizung oder Kühlung darstellen kann."

V. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, daß die im Einspruchsbeschwerdeverfahren vorgenommenen Anspruchsänderungen sich aus der Streitpatentschrift herleiteten, so aus den Seiten 6, 8 und 9 sowie Beispiel 15. Außerdem stellten sie die Neuheit des Anspruchsbegehrens her und stützten die erfinderische Tätigkeit. Im Schriftsatz vom 29. April 2002 hat er erklärt, daß eine Entscheidung aufgrund seiner im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Anträge und Argumente erfolgen solle.

VI. Der Beschwerdegegner hat einige Anspruchsänderungen, welche in Anspruch 1 gemäß aller Anträge enthalten sind, gerügt, da sie den Schutzbereich des erteilten Streitpatents erweiterten. Dies verletzte die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ.

Der erteilte Anspruch 1 begrenze in seiner Stufe a) die Menge an Alkohol im eingespeisten Dialkylcarbonat auf maximal 5 Gew.-%, während diese Beschränkung im geltenden Anspruch 1 nicht mehr enthalten sei. Gemäß Anspruch 1 in seiner erteilten Fassung werde zudem die aromatische Hydroxyverbindung in der ersten Kolonne flüssig vom Kopf zum Sumpf geführt, jedoch im geltenden Anspruch 1 lediglich flüssig eingespeist. Der erteilte Anspruch 1 fordere, daß das am Sumpf der ersten Kolonne entnommene Umesterungsprodukt im wesentlichen aus Alkylcarbonat bestehe. Diese Beschränkung sei im geltenden Anspruchsbegehren entfallen. Laut Stufe c) des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 werde die zweite Kolonne B so gefahren, daß das Alkylarylcarbonat aus dem mittleren Teil dieser zweiten Kolonne im wesentlichen weder zum Kopf noch zum Sumpf entweichen könne. Diese Verfahrensmaßnahme werde in der Streitpatentschrift auf Seite 6, Zeilen 17 bis 19 ausdrücklich als für die Erfindung wesentlich bezeichnet. Der geänderte Anspruch 1 umfasse mit seiner Stufe f) indessen die Ausführungsform, bei welcher die noch nicht umgesetzten Bestandteile, d. h. das Alkylarylcarbonat, nicht nur zurück in die Reaktionszone, die sich im mittleren Bereich befinde, sondern auch in die oberen Teile der Kolonne B transportiert würden. Während gemäß dem erteilten Anspruch 1 des Streitpatents das Alkylarylcarbonat die Reaktionszone im mittleren Bereich der Kolonne B im wesentlichen nicht verlassen dürfe, könnten laut geändertem Anspruch wesentliche Anteile des Alkylarylcarbonats in die darüber liegenden oberen Teile entweichen.

Des weiteren sei die Verfahrensmaßnahme d) des erteilten Anspruchs 1 im geänderten Anspruch ersatzlos gestrichen worden. Während der erteilte Anspruch 1 festlege, daß bestimmte Komponenten jeweils am Kopf und am Sumpf der zweiten Kolonne zu entnehmen seien, ließe der geltende Anspruch die Entnahmestelle an der Kolonne vollständig offen, so daß nach der Änderung dieselben Komponenten an beliebig anderer Stelle der Kolonne entnommen werden könnten.

Diese Abänderungen fänden sich im Anspruch 1 gemäß aller Anträge, so daß der Schutzbereich bei jedem vorliegenden Antrag entgegen den Bestimmungen des EPÜ erweitert werde.

VII. Der Beschwerdeführer hat schriftlich beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf Grundlage des mit Schriftsatz vom 5. April 2002 eingereichten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag oder gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.

Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

VIII. Am 7. Mai 2002 hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit des Beschwerdeführers stattgefunden, der nach ordnungsgemäßer Ladung im Schriftsatz vom 29. April 2002 angekündigt hatte, nicht teilzunehmen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen (Artikel 123 (3) EPÜ)

2.1. Gemäß Artikel 123 (3) EPÜ dürfen die Patentansprüche eines europäischen Patents im Einspruchs(beschwerde)verfahren nicht in der Weise geändert werden, daß der Schutzbereich erweitert wird. Um zu entscheiden, ob eine im Einspruchs(beschwerde)verfahren vorgenommene Anspruchsänderung diesem Erfordernis genügt, ist es notwendig, den Schutzbereich des Patents vor der Anspruchsänderung, d. h. in der erteilten Fassung, mit dem des Patents nach der Anspruchsänderung zu vergleichen. Geht der Schutzbereich des Patents nach der Anspruchsänderung über den des Patents in der erteilten Fassung hinaus, so liegt eine Erweiterung des Schutzbereichs vor, wodurch die vorgenommene Anspruchsänderung gegen das Erweiterungsverbot des Artikels 123 (3) EPÜ verstößt.

2.2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer den geltenden Anspruch 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 unter anderem hinsichtlich des Aufenthaltortes des Alkylarylcarbonats in der zweiten Kolonne B abgeändert.

2.2.1. Das Verfahren gemäß erteiltem Anspruch 1 fordert in seiner Stufe c) einen solchen Temperaturgradienten in der zweiten Kolonne B, daß das Alkylarylcarbonat aus dem mittleren Teil dieser Kolonne im wesentlichen weder zum Kopf noch zum Sumpf entweichen kann. Dieser mittlere Teil der Kolonne B wird auch als Reaktionsteil bezeichnet (Streitpatentschrift Seite 8, Zeilen 27 und 33). Diese spezielle Verfahrensmaßnahme, nämlich das Alkylarylcarbonat-Zwischenprodukt weitgehend daran zu hindern, den Reaktionsteil der Reaktorkolonne B, d. h. den mittleren Bereich der Kolonne, nach oben oder unten zu verlassen, wird in der Streitpatentschrift auf Seite 6, Zeilen 17 bis 19 ausdrücklich als für die Erfindung wesentlich bezeichnet.

2.2.2. Das Verfahren gemäß geltendem Anspruch 1 legt in seiner abgeänderten Stufe f) nunmehr fest, daß der Reaktionsstrom die Reaktionszone der zweiten Kolonne B durchläuft, wonach die noch nicht umgesetzten Bestandteile zurück in die Reaktionszone und die oberen Teile der Kolonne B transportiert werden. Der Reaktionsstrom enthält das umzusetzende Alkylarylcarbonat, welches, soweit unumgesetzt, als noch nicht umgesetzter Bestandteil zurücktransportiert wird (Streitpatentschrift Seite 8, Zeilen 43 bis 47). Damit umfaßt der geltende Anspruch 1 durch seine abgeänderte Stufe f) jedoch die Ausführungsform, bei welcher das Alkylarylcarbonat als noch nicht umgesetzter Bestandteil in die oberen Teile der Kolonne B transportiert wird, d.h. eine Ausführungsform, welche gemäß dem erteilten Anspruch 1 ausgeschlossen war.

2.2.3. Der Vergleich des Schutzbereichs des Streitpatents vor der Anspruchsänderung, d. h. in seiner erteilten Fassung, mit demjenigen nach der Anspruchsänderung in Stufe f), führt zu der Feststellung, daß das Schutzbegehren durch die Anspruchsänderung erweitert worden ist: Gemäß erteiltem Anspruch 1 darf das Alkylarylcarbonat die Reaktionszone im mittleren Bereich der Kolonne B im wesentlichen nicht verlassen, während laut geändertem Anspruch das Alkylarylcarbonat sich im wesentlichen auch außerhalb des mittleren Bereichs dieser Kolonne, nämlich in den darüber liegenden oberen Teilen der Kolonne, aufhalten kann.

2.3. Des weiteren hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall den geltenden Anspruch 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 im Schlußschritt des Herstellungsverfahrens abgeändert.

2.3.1. Das Verfahren gemäß erteiltem Anspruch 1 bestimmt in seiner Stufe d), daß am Kopf der zweiten Kolonne ein Gemisch aus Dialkylcarbonat, dem zugrundeliegenden Alkohol und überschüssiger aromatischer Hydroxyverbindung und am Sumpf der zweiten Kolonne Dialkylcarbonat (richtig Diarylcarbonat), das Alkylarylcarbonat und aromatische Hydroxyverbindung enthalten kann, entnommen werden.

2.3.2. Demgegenüber ist der geltende Anspruch 1 dahingehend abgeändert, daß diese Verfahrensmaßnahme d) ersatzlos gestrichen worden ist.

2.3.3. Der Vergleich des Schutzbereichs des Streitpatents in seiner erteilten Fassung mit demjenigen nach dieser Anspruchsänderung, führt zu der Feststellung, daß das Schutzbegehren durch die Anspruchsänderung erweitert worden ist: Während der erteilte Anspruch festlegt, daß Dialkyl- bzw. Diarylcarbonat jeweils am Kopf bzw. am Sumpf der zweiten Kolonne zu entnehmen sind, läßt der geänderte Anspruch die jeweilige Entnahmestelle an der Kolonne vollständig offen, so daß nach der Anspruchsänderung dieselben Komponenten auch an anderer Stelle der Kolonne entnommen werden können. Damit schützt der geltende Anspruch 1 auch Ausführungsformen, die vom erteilten Streitpatent nicht umfaßt waren.

2.4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß aus den oben ausgeführten Gründen diese beiden an den erteilten Ansprüchen im Einspruchs(beschwerde)verfahren vorgenommene Änderungen den Schutzbereich des Streitpatents erweitern, so daß es dahinstehen kann, ob weitere Anspruchsänderungen den Schutzbereich ebenfalls erweitern. Wegen dieser Verletzung des Erweiterungsverbots ist der Hauptantrag gemäß Artikels 123 (3) EPÜ nicht gewährbar.

Hilfsanträge 1 bis 4

3. In Anspruch 1 gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 sind gegenüber dem erteilten Anspruch 1 ebenfalls die beiden in Anspruch 1 des Hauptantrages enthaltenen Änderungen vorgenommen worden, welche unter Punkt 2.2.2 und 2.3.2 näher ausgeführt sind. Die für diese beiden Anspruchsänderungen im Hauptantrag geltenden Erwägungen (siehe Punkte 2.2.3 und 2.3.3) treffen daher auf die gleichen Anspruchsänderungen in den Hilfsanträgen 1 bis 4. ebenso zu, weswegen die daraus in Punkt 2.4 für den Anspruch 1 des Hauptantrages gezogene Schlußfolgerung der Erweiterung des Schutzbereiches des Streitpatents für den Anspruch 1 aller Hilfsanträge gleichfalls zu ziehen ist.

Die Hilfsanträge 1 bis 4 teilen daher das Schicksal des Hauptantrages, indem sie wegen Verletzung des Erweiterungsverbotes ebenfalls gemäß Artikel 123 (3) EPÜ nicht gewährbar sind.

4. Rechtliches Gehör (Artikel 113 EPÜ)

Mit der Ladung zu und der Durchführung der mündlichen Verhandlung ist dem Beschwerdegegner Gelegenheit gegeben worden, sich zu den entscheidungserheblichen Punkten zu äußern. Im vorliegenden Fall hat er von dieser erneuten Gelegenheit keinen Gebrauch gemacht, sondern seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung kurzfristig abgesagt und darüber hinaus ausdrücklich erklärt, daß allein aufgrund seines schriftlichen Vorbringens entschieden werden soll. Der Beschwerdegegner hat damit bestätigt, daß sein bisheriges Vorbringen als abschließend zu betrachten ist und er sich nicht weiter am Verfahren beteiligen will. Er hat zudem durch sein ausführliches Vorbringen im schriftlichen Verfahren, daß die vorgenommenen Anspruchsänderungen sich auf die Beschreibung des Streitpatents stützten, zum Ausdruck gebracht, daß seiner Auffassung nach die formalen Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ erfüllt seien. Nachdem im Interesse einer geordneten Rechtspflege verhindert werden muß, daß ein Beteiligter durch sein Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung bei nicht gewünschter weiterer Beteiligung am Beschwerdeverfahren den Erlaß einer Entscheidung verzögert, mußte der abwesende Beschwerdegegner auch damit rechnen, daß auf Grundlage des feststehenden Sachverhalts eine Entscheidung zu seinen Lasten ergehen kann. So konnte er insbesondere nicht erwarten, daß durch bloßes Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung keine Entscheidung über eine der wesentlichen formalen Grundvoraussetzungen für zulässige Anspruchsänderungen, nämlich dem Verbot der Erweiterung des Schutzbereiches gemäß Artikel 123 (3) EPÜ, erfolgt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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