European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1988:J000688.19880711 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Juli 1988 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0006/88 | ||||||||
Anmeldenummer: | 83890231.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Dichtungsring aus gummielastischem Material zum Einlegen in eine Ringrille | ||||||||
Name des Anmelders: | Schnallinger, Helfried | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Fehlerhafte Entscheidung, die Anmeldung zurückzuweisen Zurücknahmefiktion Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Change of rules Restitutio - removal of cause of non-compliance |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 83 890 231.0 wurde am 22. Dezember 1983 eingereicht. Am 31. März 1987 wurde dem Vertreter des Anmelders die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ (Formblatt 2005) zugesandt, in der er aufgefordert wurde, als Voraussetzung für die Patenterteilung innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Mitteilung die Erteilungsgebühr und die Druckkostengebühr zu entrichten und eine Übersetzung der Patentansprüche einzureichen, wenn er mit der vorgeschlagenen Fassung des Patents einverstanden sei.
II. Mit Schreiben vom 21. April 1987 teilte der Vertreter des Anmelders dem EPA mit, daß er die Vertretung niederlege und alle weiteren Verfügungen direkt an den Anmelder zu richten seien.
III. Innerhalb der o. g. Frist von 3 Monaten wurden weder die Gebühren entrichtet, noch wurde eine Übersetzung der Patentansprüche eingereicht, noch fand eine Rücksprache zwischen dem Anmelder und der Prüfungsabteilung statt.
IV. Mit Entscheidung vom 7. August 1987 wies die Formalprüfungsstelle der Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung gemäß Artikel 97 (1) i. V. m. Artikel 97 (2) und Artikel 113 (2) EPÜ zurück. Die Entscheidung wurde wie folgt begründet: "Mit Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ vom 31.03.87 wurde der Anmelder aufgefordert, sein Einverständnis mit der vorgesehenen Fassung zu erklären, die Erteilungs- und Druckkostengebühr zu zahlen sowie die Übersetzungen der Patentansprüche einzureichen. Bis jetzt wurde weder das Einverständnis erklärt noch die anderen Erfordernisse erfüllt. Wegen Fehlen des Einverständnisses mit der vorgesehenen Fassung entspricht die europäische Patentanmeldung nicht den Erfordernissen des EPÜ."
V. Am 23. September 1987 reichte der Anmelder eine Beschwerdeschrift ein. Die Beschwerdegebühr wurde ordnungsgemäß entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 5. Dezember 1987 eingereicht.
VI. In einem Bescheid vom 20. April 1988 richtete der Berichterstatter der Kammer die Aufmerksamkeit des Anmelders auf die Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer vom 7. Februar 1987 im Fall J 22/86 (ABl. EPA 1987, 280) und auf die im Hinblick auf diese Entscheidung geeignete Maßnahme, einen Antrag nach Artikel 122 EPÜ auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzureichen, um die Anmeldung zu erhalten.
VII. Am 23. Juni 1988 stellte der Anmelder - jetzt wieder von seinem alten Patentanwalt vertreten - einen Antrag nach Artikel 122 EPÜ auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erfüllung der Formerfordernisse nach Artikel 51 (4) EPÜ. Die Wiedereinsetzungsgebühr wurde ordnungsgemäß entrichtet. Die Erteilungs- und Druckkostengebühren wurden am 22. Juni 1988 gezahlt und die Übersetzung der Patentansprüche gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung eingereicht.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Regel 51, Absätze 4 bis 6 EPÜ wurde, der o. g. Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer vom 7. Februar 1987 folgend, durch einen Beschluß des Verwaltungsrats vom 5. Juni 1987 durch neue Absätze 4 bis 11 ersetzt. Dieser Beschluß trat aber erst am 1. September 1987 in Kraft, d. h. nach der angefochtenen Entscheidung der Formalprüfungsstelle vom 7. August 1987. Artikel 3 des Beschlusses sieht vor, daß, falls die Ankündigung der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ vor dem 1. September 1987 abgesandt worden ist (wie in diesem Fall), auf die Anmeldung die älteren Vorschriften weiter Anwendung (ABl. EPA 1987, 276 -277) finden.
3. Die Rechtslage im vorliegenden Fall ist also grundsätzlich identisch mit derjenigen im o. g. Fall J 22/86. In ihrer Entscheidung dieses Falles vom 7. Februar 1987 hat die Kammer mit ausführlicher Begründung festgestellt, daß es nicht gerechtfertigt ist, eine Anmeldung wegen Nichtzahlung der Erteilungs- und Druckkostengebühren oder wegen nicht rechtzeitiger Einreichung der Übersetzung der Patentansprüche zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung der Kammer gilt in diesem Fall die Anmeldung gemäß Artikel 97 (3) und (5) EPÜ als zurückgenommen, vorbehaltlich eines Antrags nach Artikel 122 EPÜ. Demnach muß die angefochtene Entscheidung der Formalprüfungsstelle der Prüfungsabteilung vom 7. August 1987 aufgehoben werden.
4. Wie im Fall J 22/86 hat die Kammer gemäß Artikel 111 (1) EPÜ entschieden, im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung über den Wiedereinsetzungsantrag nach Artikel 122 EPÜ zu entscheiden.
5. Nach Ansicht der Kammer konnte der Anmelder im vorliegenden Fall vor Erhalt des Bescheids des Berichterstatters vom 20. April 1988 nicht wissen, daß die Formerfordernisse innerhalb der Frist von 3 Monaten erfüllt werden müssen, wenn die Anmeldung nicht als zurückgenommen gelten soll. Somit stellt die Zustellung dieses Bescheids für die Zwecke des Artikels 122 (2) EPÜ den Wegfall des Hindernisses für die Nichteinhaltung der in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ vorgeschriebenen Frist dar. Der Antrag nach Artikel 122 (2) ist in diesem Fall innerhalb von 2 Monaten nach der Zustellung des Bescheids eingereicht worden. Die versäumten Handlungen, d. h. die Erfüllung der Formerfordernisse nach Regel 51 (4) EPÜ, sind ebenfalls rechtzeitig nachgeholt worden. Außerdem ist der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb des auf den Ablauf der versäumten Frist (3 Monate nach 31. März 1987) unmittelbar folgenden Jahres gestellt worden. Er ist somit zulässig.
6. Obwohl die konkreten Umstände nicht ganz die gleichen wie im Fall J 22/86 sind, muß nach Auffassung der Kammer hauptsächlich aus denselben zwingenden Gründen (vgl. Nr. 16 und 17 der Begründung der o. g. Entscheidung vom 7. Februar 1987) dem Antrag auf Wiedereinsetzung auch im vorliegenden Fall stattgegeben werden.
7. Aus denselben Gründen wie im Fall J 22/86 (siehe Nr. 14 der Begründung der o. g. Entscheidung vom 7. Februar 1987) hält es die Kammer für gerechtfertigt und billig, die Beschwerdegebühr auch im vorliegenden Fall zurückzuzahlen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Formalprüfungsstelle der Prüfungsabteilung vom 7. August 1987 wird aufgehoben.
2. Die europäische Patentanmeldung Nr. 83 890 231.0 gilt als zurückgenommen, da die Formerfordernisse nach Regel 51 (4) EPÜ in ihrer älteren Fassung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erfüllt worden sind.
3. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Artikel 122 EPÜ wird stattgegeben. Der Anmelder wird somit in die europäische Patentanmeldung Nr. 83 890 231.0 wiedereingesetzt.
4. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.