European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1987:J090387.19870521 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 Mai 1987 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0903/87 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | A47C 7/46 | ||||||||
Verfahrenssprache: | FR | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | nicht veröff. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | 1. Bei einem Antrag auf Verbindung zweier Anmeldungen muss die Prüfungsgebühr auch dann zweimal entrichtet werden, wenn die Prüfungsgebühr für eine der beiden Anmeldungen nach erfolgter Verbindung zurückerstattet werden kann. 2. Das Europäische Patentübereinkommen verpflichtet das Europäische Patentamt nicht dazu, den Anmelder oder seinen Vertreter darauf hinzuweisen, dass eine Gebühr nicht fristgerecht entrichtet worden ist. |
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Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Verbindung zweier Anmeldungen/Entrichtung nur einer Prüfungsgebühr Dienstleistung/freiwillige/Hinweisen des Anmelders auf eine Frist Finanzielle Schwierigkeiten/konkursähnlicher Zustand |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer reichte am ... die europäische Patentanmeldung Nr. ... ein, in der Italien als einziger Vertragsstaat benannt war. Gleichzeitig reichte er für dieselbe Erfindung die Euro-PCT-Anmeldung Nr. ... ein.
II. Im Europäischen Patentblatt wurde am ... auf die Veröffentlichung des europäischen Recherchenberichts zur europäischen Patentanmeldung Nr. ... hingewiesen. Die Frist für die Stellung des Prüfungsantrags und die Entrichtung der Prüfungsgebühr (Art. 94 (2) EPÜ) lief somit am ... ab.
III. Da die Prüfungsgebühr nicht innerhalb der Frist nach Artikel 94 (2) EPÜ entrichtet wurde, wies die Eingangsstelle den Beschwerdeführer in einer Mitteilung vom 7. August ... darauf hin, daß er dies noch innerhalb einr Nachfrist von zwei Monaten, gerechnet vom ... an, nachholen könne, sofern er eine Zuschlagsgebühr entrichte (R. 85b EPÜ). Diese Mitteilung wurde von den belgischen Postbehörden als unzustellbar an das Europäische Patentamt zurückgesandt.
IV. (...)
V. Die Eingangsstelle teilte dem Beschwerdeführer am ... gemäß Regel 69 (1) EPÜ mit, daß die europäische Patentanmeldung Nr. ... als zurückgenommen gelte, da die Prüfungs- und die Zuschlagsgebühr nicht innerhalb der im Übereinkommen vorgesehenen Fristen entrichtet worden seien.
VI. Am ... beantragte der Beschwerdeführer hierzu eine Entscheidung des Europäischen Patentamts nach Regel 69 (2) EPÜ. In dem Antrag machte er geltend, daß die Versäumung der betreffenden Frist auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen sei, die seine Aufmerksamkeit beeinträchtigt und dazu geführt hätten, daß er das Verfahren in Sachen der europäischen Patentanmeldung Nr. ... und das parallellaufende Verfahren in Sachen der Euro-PCT-Anmeldung Nr. ... verwechselt habe. Infolge dieser Verwechselung habe er geglaubt, es genüge, nur die Prüfungsgebühr (einschließlich Zuschlagsgebühr) für die Euro-PCT-Anmeldung Nr. ... zu entrichten, um den Anforderungen beider Verfahren Genüge zu tun. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer beantragt, daß die europäische Patentanmeldung Nr. ... weiterbehandelt und geprüft wird, "ob die die Verbindung der Anmeldungen vorwegnehmende Handlung (Einreichung bzw. Stellung der beiden obengenannten Prüfungsanträge und Entrichtung nur einer Prüfungsgebühr) als für das Prüfungsverfahren [zu der europäischen Patentanmeldung] gültig angesehen werden" könne. Als Beweis für seine gesundheitlichen Probleme legte der Beschwerdeführer schließlich ein ärztliches Attest vor, in dem bescheinigt wurde, daß er sich am ... in "einem Zustand physischer und psychischer Erschöpfung und der Depression" befunden habe.
VII. Die Eingangsstelle teilte dem Beschwerdeführer am ... gemäß Artikel 113 EPÜ mit, daß sie seinem Antrag auf Entscheidung vom ... aus folgenden Gründen nicht stattgeben werde: ...
VIII. In seinem Schreiben vom ... hielt der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Entscheidung aufrecht und beantragte gemäß Regel 90 (1) a) EPÜ ausdrücklich eine Unterbrechung des Verfahrens vor dem Europäischen Patentamt zu seiner europäischen Patentanmeldung Nr. ... . Er machte dabei folgendes geltend:
- Er habe die Mitteilung vom 7. August ... nicht erhalten.
- Er sei sich über den Ablauf der Zahlungsfrist im Zusammenhang mit seiner europäischen Patentanmeldung Nr. ... durchaus im klaren gewesen.
- Im ... aufgetretene gesundheitliche Probleme hätten ihn jedoch daran gehindert, seine Patentanmeldungen weiterzuverfolgen und seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
- Diese Arbeitsunfähigkeit habe seine Firma ... an den Rand des Konkurses gebracht, so daß er im bei seiner Bank einen Überziehungskredit habe beantragen müssen, um die Prüfungs- und die Zuschlagsgebühr für die Euro-PCT-Anmeldung Nr. ... bezahlen zu können.
- Die Prüfungs- und die Zuschlagsgebühr für die europäische Patentanmeldung Nr. ... , die er zunächst aus gesundheitlichen Gründen nicht habe entrichten können, könne er nummehr wegen Zahlungsunfähigkeit nicht begleichen.
IX. Diese Gebühren sind auch später nicht mehr entrichtet worden.
X. In der auf Antrag des Beschwerdeführers getroffenen Entscheidung vom ... hat die Eingangsstelle entschieden, daß der Antrag vom ... auf Weiterbehandlung und der vom ... auf Unterbrechung des Verfahrens abgelehnt werden und die europäische Patentanmeldung Nr. ... gemäß Artikel 94 (3) EPÜ als zurückgenommen gilt.
XI. Mit Schreiben vom ... hat der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Weiterbehandlung seiner europäischen Patentanmeldung Nr. ... beantragt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) ist für Italien am 28. März 1985 in Kraft getreten (vgl. ABl. EPA 1985, 91). Vor diesem Zeitpunkt stand der PCT-Weg für Italien somit nicht offen. Aus diesem Grund hatte der Beschwerdeführer neben einer Euro-PCT-Anmeldung eine europäische Patentanmeldung für dieselbe Erfindung eingereicht, in der Italien als einziger Vertragsstaat benannt war. Er war wohl der Meinung, er brauche unter diesen Umständen nur die Prüfungsgebühr (einschließlich Zuschlagsgebühr) für seine Euro-PCT-Anmeldung zu entrichten, um den Anforderungen beider Patentverfahren zu genügen. In diesem Zusammenhang ist folgendes festzustellen:
2.1. Was die Prüfungsgebühr anbelangt, so ist weder im Europäischen Patentübereinkommen noch in der Gebührenordnung ein Gebührenentfall vorgesehen (vgl. Gall, Münchner Gemeinschaftskommentar, 10. Lieferung, Februar 1986, Gebührenordnung, Art. 51, Rdn. 258). Auch eine Rückzahlung der bei Fälligkeit entrichteten Gebühr ist nicht ausdrücklich vorgesehen.
2.2. In der Rechtsauskunft Nr. 10/81 (vgl. ABl. EPA 1981, 349 ff.) hat das Europäische Patentamt jedoch eingeräumt, daß bei Verbindung einer europäischen Patentanmeldung mit einer Euro-PCT-Anmeldung die Rückzahlung der Prüfungsgebühr für eine der verbundenen Anmeldungen möglich ist.
2.3. Eine solche Verbindung setzt jedoch zwangsläufig voraus, daß die beiden zu verbindenden Anmeldungen in folgenden Punkten übereinstimmen: dem Anmeldetag, den beanspruchten Prioritäten, dem Text der Beschreibung und der Patentansprüche sowie den Zeichnungen. Für die Überprüfung dieser Übereinstimmung und den Verbindungsbeschluß ist nicht die Eingangsstelle, sondern die Prüfungsabteilung zuständig. Die Prüfung einer europäischen Patentanmeldung durch die zuständige Prüfungsabteilung beginnt jedoch erst nach Stellung des Prüfungsantrags (Art. 16 und 18 EPÜ), was wiederum die fristgerechte Entrichtung der Prüfungsgebühr voraussetzt (Art. 94 (2) Satz 2 EPÜ).
2.4. Wird die Verbindung spätestens an dem Tag beantragt, and dem der spätere Prüfungsantrag wirksam gestellt wird, so bewirkt der Verbindungsbeschluß, daß für die betreffende Anmeldung von Anfang an kein gesondertes Prüfungsverfahren eröffnet wird (vgl. Rechtsauskunft Nr. 10/81, loc. cit., 354). Die für diese Anmeldung gezahlte Prüfungsgebühr ist dann zurückzuzahlen. Damit stellt sich die Frage, ob es unbedingt notwendig ist, daß der Anmelder eine Prüfungsgebühr entrichtet, die ihm später aller Wahrscheinlichkeit nach zurückerstattet wird. Würde jedoch vorgesehen, daß für die beiden zu verbindenden Anmeldungen nur eine einzige Prüfungsgebühr entrichtet werden muß, so hätte dies schwerwiegende Nachteile. Diese Lösung entspräche erstens nicht den Artikeln 16, 18 und 94 (2) EPÜ. Zweitens könnte sie sich für den Anmelder als sehr nachteilig erweisen, wenn man sich vor Augen hält, daß nicht die Eingangsstelle, sondern die zuständige Prüfungsabteilung über den Verbindungsantrag entscheidet (vgl. Nr. 2.3). Würde nämlich die zuständige Prüfungsabteilung den Verbindungsantrag wider Erwarten ablehnen, so wären die Frist nach Artikel 94 (2) EPÜ und die in Regel 85b EPÜ vorgesehene Nachfrist zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich bereits abgelaufen. Die betreffende europäische Patentanmeldung würde damit gemäß Artikel 94 (3) EPÜ als zurückgenommen gelten.
2.5. Daraus folgt, daß die Prüfungs- und die Zuschlagsgebühr für die europäische Patentanmeldung Nr. ... im vorliegenden Fall zahlbar waren.
3. Die beiden Gebühren sind nicht innerhalb der in Artikel 94 (2) bzw. Regel 85b EPÜ vorgesehenen Frist, ... Gemäß Artikel 94 (3) EPÜ galt die europäische Patentanmeldung Nr. ... damit als zurückgenommen.
4. Die Mitteilung (EPA Form 1149) vom 7. August ... hatte hauptsächlich den Zweck, den Anmelder darauf hinzuweisen, daß er die Prüfungsgebühr unter Entrichtung einer Zuschlagsgebühr noch innerhalb einer Nachfrist, d. h. bis zum ... , zahlen könne. Diese Mitteilung ist dem Beschwerdeführer nicht zugegangen, weil er es versäumt hatte, dem Europäischen Patentamt die Änderung seiner Anschrift mitzuteilen. Das Europäische Patentübereinkommen verpflichtet das Europäische Patentamt nicht dazu, dem Anmelder oder seinem Vertreter mitzuteilen, daß eine Gebühr - hier die Prüfungsgebühr - nicht fristgerecht entrichtet worden ist. Und selbst wenn das Europäische Patentübereinkommen wie z. B. in Regel 50 (1) vorschreibt, daß der Anmelder auf eine Frist hinzuweisen ist, kann dieser aus der Unterlassung der Mitteilung keine Ansprüche herleiten (R. 50 (2) EPÜ). Die Mitteilung vom 7. August ... stellt demnach nur eine freiwillige Dienstleistung der Eingangsstelle gegenüber dem Beschwerdeführer dar, zu der sie nicht verpflichtet war. Daß sie dem Beschwerdeführer nicht zugegangen ist, ist daher hier unerheblich.
5. Gemäß Regel 90 (1) a) EPÜ wird das Verfahren vor dem Europäischen Patentamt bei fehlender Geschäftsfähigkeit des Anmelders unterbrochen. Das Europäische Patentübereinkommen enthält jedoch keine Definition des Begriffes "fehlende Geschäftsfähigkeit". Deshalb muß die Unfähigkeit des Anmelders, Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der europäischen Patentanmeldung vorzunehmen, anhand der nationalen Rechtsordnung festgestellt werden (Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer vom 1. März 1985, ABl. EPA 1985, 163). Der Beschwerdeführer räumt ein, daß er außer der kurzgefaßten ärztlichen Bescheinigung keine Beweise für seine Geschäftsunfähigkeit vorlegen kann. Aus dieser Bescheinigung geht zwar hervor, daß er sich am ... in einem Zustand physischer und psychischer Erschöpfung und der Depression befand; sie enthält jedoch keinerlei Angaben über die Schwere und die Dauer dieses Zustands. Außerdem wird darin nicht festgestellt, ob der Beschwerdeführer seinen Willen erklären konnte, wirksame Rechtsgeschäfte abzuschließen. Die Bescheinigung genügt demnach nicht, um die Geschäftsunfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne der Regel 90 (1) a) EPÜ festzustellen. Im übrigen läßt es die Tatsache, daß der Beschwerdeführer im August 1985 einen "Überziehungskredit" beantragt und erhalten hat, sehr unwahrscheinlich erscheinen, daß er tatsächlich geschäftsunfähig war. Somit kommt die Regel 90 (1) a) EPÜ hier nicht zur Anwendung. Dasselbe gilt für die Regel 90 (1) b) EPÜ. Es gibt nämlich keinen konkreten Beweis dafür, daß im Laufe des Jahres 1985 Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Beschwerdeführers getroffen worden wären und diesen daran gehindert hätten, das Verfahren vor dem Europäischen Patentamt fortzusetzen. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer finanzielle Schwierigkeiten hatte und die Firma ... vor dem Konkurs stand, ändert daran nichts.
6. Artikel 122 (5) EPÜ schließt eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags und zur Entrichtung der Prüfungsgebühr einschließlich der Zuschlagsgebühr (Art. 94 (2) und R. 85b EPÜ) ausdrücklich aus.
7. Die Fristen nach Artikel 94 (2) und Regel 85b EPÜ sind gesetzliche Fristen und nicht vom Europäischen Patentamt festgesetzt. Aus diesem Grund ist eine Weiterbehandlung der europäischen Patentanmeldung nach Artikel 121 EPÜ im vorliegenden Fall ausgeschlossen. ...
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.