J 0018/86 (Anmeldetag) of 27.4.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:J001886.19870427
Datum der Entscheidung: 27 April 1987
Aktenzeichen: J 0018/86
Anmeldenummer: 85304376.8
IPC-Klasse: B28D 1/14
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Zoueki
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: 1. Regel 24 EPÜ bietet ein umfassendes, eigenständiges System, anhand dessen das EPA den Anmeldetag einer europäischen Patentanmeldung unabhängig davon bestimmen kann, wo sie gemäss Artikel 75(1) EPÜ) eingereicht worden ist.
2. Im EPÜ ist nirgends vorgesehen, dass zur Bestimmung des Anmeldetags einer europäischen Patentanmeldung eine nationale Rechtsvorschrift herangezogen werden kann.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 1
European Patent Convention 1973 Art 75(1)(b)
European Patent Convention 1973 Art 80
European Patent Convention 1973 R 24
Schlagwörter: Anmeldetag - Eingang bei der nationalen Behörde
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0012/05
J 0013/05
J 0009/07
T 0196/10

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung wurde am 17. Juni 1985 in Sheffield, England, zur Post gegeben und ging beim Patentamt des Vereinigten Königreichs (UKPO) in London am 19. Juni 1985 ein. Für die Anmeldung wird die Priorität einer kanadischen Voranmeldung vom 18. Juni 1984 in Anspruch genommen. Das UKPO vermerkte auf den Anmeldungsunterlagen den Tag ihres Eingangs, d. h. den 19. Juni 1985, und stellte dem Beschwerdeführer eine Empfangsbescheinigung aus, in der ebenfalls dieses Eingangsdatum angegeben war. Am 21. Juni 1985 leitete es die Unterlagen an das EPA weiter, wo sie am 26. Juni 1985 eingingen.

II. Am 27. Juni 1985 stellte der Beschwerdeführer beim UKPO den Antrag, die Empfangsbescheinigung dahingehend zu ändern, daß der Anmeldetag der 18. Juni 1985 sei. Nach Rücksprachen zwischen dem Beschwerdeführer und dem UKPO fand am 5. Juli 1985 im UKPO vor einem Superintending Examiner, der den Comptroller vertrat, zur Prüfung des Antrags eine Anhörung statt. Daraufhin teilte der Superintending Examiner dem Beschwerdeführer am 31. Juli 1985 in einem Schriftstück mit der Bezeichnung "Überprüfung des Eingangstags" mit, daß die Entscheidung über den der europäischen Patentanmeldung zuzuerkennenden Anmeldetag seines Erachtens eindeutig bei der Eingangsstelle des EPA und letztlich bei der Beschwerdekammer liege. Das UKPO sei verpflichtet, die Anmeldungsunterlagen mit dem Datum auszuzeichnen, an dem sie tatsächlich eingegangen seien. Dem EPA wurde am 5. August 1985 eine Kopie dieses Schriftstücks übermittelt.

III. Die Eingangsstelle des EPA wies in einer Mitteilung vom 2. August 1985 darauf hin, daß der beanspruchte Prioritätstag, der 18. Juni 1984, nicht in dem dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung vorausgehenden Zeitraum von einem Jahr liege. Mit Schreiben vom 30. August 1985, das am 2. September 1985 einging, beantragte der Beschwerdeführer unter Verweis auf Regel 97 der Patentausführungsbestimmungen von 1982 (Regel 97 (UK)), der Anmeldung als Anmeldetag den 18. Juni 1985 zuzuerkennen. Dazu machte er in einem Schreiben vom 23. Dezember 1985 weitere Ausführungen. Am 3. März 1986 erließ die Eingangsstelle eine Entscheidung, in der sie feststellte, daß

1. der Antrag, der Anmeldung den 18. Juni 1985 als Anmeldetag zuzuerkennen, zurückgewiesen werde,

2. der Anmeldetag der 19. Juni 1985 sei,

3. für die Anmeldung kein Prioritätsrecht bestehe.

IV. Der Beschwerdeführer legte am 8. April 1986 unter Entrichtung der entsprechenden Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 2. Juli 1986 nachgereicht.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. Nach Artikel 87 EPÜ stand dem Beschwerdeführer für seine Erfindung während einer Frist von 12 Monaten (Prioritätsjahr) nach der Einreichung seiner kanadischen Patentanmeldung für dieselbe Erfindung am 18. Juni 1984 ein Prioritätsrecht zu. Diese Priorität vom 18. Juni 1984 kann er für seine europäische Patentanmeldung nur in Anspruch nehmen, wenn sie spätestens am 18. Juni 1985 beim EPA eingereicht worden ist.

3. Der Vertreter des Beschwerdeführers hat die Unterlagen der europäischen Anmeldung am 17. Juni 1985 in Sheffield als sog. "First-class-Briefsendung" an das Patentamt des Vereinigten Königreichs (UKPO) in London abgesandt. Bei normalem Postlauf innerhalb des Vereinigten Königreichs müßten "First-class-Briefe" dem Empfänger am Tag nach der Aufgabe zugestellt werden. Unglücklicherweise hat der Brief mit der europäischen Anmeldung das UKPO aber erst zwei Tage nach der Aufgabe, am 19. Juni 1985, d. h. einen Tag nach Ablauf des Prioritätsjahres, erreicht. Bei der vorliegenden Beschwerde stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer unter diesen Umständen nachweisen kann, daß die europäische Anmeldung für die Zwecke des EPÜ als am 18. Juni 1985 beim EPA eingereicht gelten muß, so daß er sein Prioritätsrecht noch in Anspruch nehmen kann.

4. Die Vertragsstaaten des EPÜ haben in seiner Präambel ihr "Bestreben" bekundet, "(den Schutz von Erfindungen) in diesen Staaten durch ein einheitliches Patenterteilungsverfahren ... zu erreichen". In Artikel 1 EPÜ heißt es: "Durch dieses Übereinkommen wird ein den Vertragsstaaten gemeinsames Recht für die Erteilung von Erfindungspatenten geschaffen." Ein solches Recht umfaßt zweifellos sowohl verfahrensrechtliche als auch materiellrechtliche Bestimmungen. So gewährleistet das EPÜ auf den ersten Blick ein allen Vertragsstaaten gemeinsames Verfahrensrecht.

5. In Artikel 75 EPÜ ist festgelegt, wie eine europäische Patentanmeldung eingereicht werden kann. Nach Artikel 75 (1) a) EPÜ kann dies unmittelbar beim EPA selbst geschehen. Nach Artikel 75 (1) b) EPÜ kann "die europäische Patentanmeldung ... eingereicht werden ... bei der Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz oder bei anderen zuständigen Behörden eines Vertragsstaats, wenn das Recht dieses Staats es gestattet. Eine in dieser Weise eingereichte Anmeldung hat dieselbe Wirkung, wie wenn sie an demselben Tag beim Europäischen Patentamt eingereicht worden wäre." Daß das nationale Recht des Vereinigten Königreichs die Einreichung einer europäischen Patentanmeldung beim UKPO "gestattet", ist unbestritten, auch wenn es keine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung dieses Inhalts gibt. Woraus sich dies herleitet, ist in dem Absatz des (unter II genannten) Schriftstücks "Überprüfung des Eingangstags" dargelegt, der auf Seite 4 beginnt und auf Seite 5 endet.

6. Artikel 80 EPÜ definiert den "Anmeldetag" einer europäischen Patentanmeldung als den Tag, an dem "die vom Anmelder eingereichten Unterlagen" die in den Buchstaben a bis d genannten Angaben "enthalten". Unterlagen mit diesen Angaben sind beim UKPO am 19. Juni 1985 eingegangen, so daß der europäischen Anmeldung unbestreitbar zumindest der 19. Juni 1985 als Anmeldetag zusteht.

7. Regel 24 EPÜ enthält "allgemeine Vorschriften" für die Einreichung von europäischen Patentanmeldungen, die unter anderem die Ausführung der Artikel 75 und 80 EPÜ regeln. Nach Absatz 1 können solche Anmeldungen beim EPA oder bei einer nationalen Behörde wie dem UKPO durch die Post eingereicht werden. Nach Absatz 2 hat die Behörde, bei der eine Anmeldung eingereicht wird, auf den Unterlagen den Tag ihres Eingangs zu vermerken und eine Empfangsbescheinigung auszustellen, in der unter anderem der Eingangstag anzugeben ist. Absatz 3 behandelt speziell den Fall, daß eine europäische Anmeldung (kraft Artikel 75 (1) b) EPÜ) bei einer zuständigen nationalen Behörde eingereicht wird, und schreibt vor, daß diese Behörde "dem Europäischen Patentamt die Art und den Tag des Eingangs dieser Unterlagen, die Nummer der Anmeldung und gegebenenfalls den Prioritätstag" mitteilt. Alle diese Bestimmungen in Regel 24 EPÜ legen den Schluß nahe, daß der Anmeldetag einer europäischen Anmeldung immer der Tag ist, an dem die Anmeldungsunterlagen entweder unmittelbar beim EPA oder bei einer zuständigen nationalen Behörde eingehen. Andernfalls wäre schwer zu erklären, weshalb die zuständige nationale Behörde auf den Unterlagen den Tag ihres Eingangs vermerken und dieses Eingangsdatum sowohl dem Anmelder als auch dem EPA mitteilen muß. Die nationalen Behörden der Vertragsstaaten betrachten die Regel 24 EPÜ als für sie verbindlich. So hat auch das UKPO im vorliegenden Fall alle genannten Erfordernisse erfüllt. Über diese Vorschriften hinaus kann jeder Vertragsstaat zweifellos nach eigenem Ermessen festlegen, wie und wann Anmeldungen national eingereicht werden können.

8. Das EPA hat an die zuständigen nationalen Behörden "Richtlinien für die Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen in den Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz oder in anderen zuständigen Behörden der Vertragsstaaten des EPÜ" ausgegeben. Auf diese Richtlinien (Ausgabe Juni 1985) hat die Eingangsstelle in ihrer Entscheidung Bezug genommen; der Beschwerdeführer beruft sich insbesondere auf Absatz II.2 "Verfahren für die Einreichung". Dort heißt es, daß jeder Vertragsstaat nach eigenem Ermessen festlegen kann, wie und wann Anmeldungen in diesem Staat eingereicht werden können, wobei auch die mögliche Bereitstellung eines automatischen Briefkastens (der das Eingangsdatum von Briefen bestimmt) angesprochen wird.

9. Der Vertreter des Beschwerdeführers argumentiert, daß Regel 24 EPÜ zwar auf den "Tag des Eingangs" einer Anmeldung Bezug nehme, der Tag des Eingangs jedoch nicht zwangsläufig dem Anmeldetag entspreche. Ein Beispiel hierfür aus dem EPÜ sei Artikel 87 (2) und (3) EPÜ, bei dem der Anmeldetag nicht dem Eingangstag zu entsprechen brauche, so beispielsweise, wenn eine prioritätsbegründende Anmeldung im Vereinigten Königreich auf dem Postweg eingereicht und Regel 97 (UK) herangezogen worden sei, um einen früheren Anmeldetag als den Tag des Eingangs der Anmeldung festzulegen. Bei der Bestimmung des Anmeldetags seien deshalb immer die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Im vorliegenden Fall gehöre zu den "örtlichen Gegebenheiten" die nationale Rechtsvorschrift der Regel 97 (UK); mit ihr habe das Vereinigte Königreich von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Wie und Wann der Einreichung von Anmeldungen beim UKPO festzulegen, so wie es auch die Bereitstellung eines automatischen Briefkastens beschließen könne. Regel 97 (UK) sei allgemein anwendbar, treffe daher auch auf europäische Anmeldungen zu und könne dieselbe Wirkung wie eine Vorrichtung zur Datumsbestimmung in einem automatischen Briefkasten haben.

10. Die Kammer hat Regel 97 (UK) im Kontext der Patentausführungsbestimmungen von 1982 (UK) und die maßgeblichen Vorschriften des Patentgesetzes von 1977 (UK), aufgrund deren sie ausgearbeitet worden ist, sorgfältig geprüft. Bei isolierter Betrachtung ist Regel 97 (UK) zweifellos weit genug gefaßt, um auch auf europäische Patentanmeldungen zuzutreffen, die "dem UKPO im Vereinigten Königreich auf dem Postweg übermittelt werden." Daß die Regel vom Wortlaut her so weit gefaßt ist, daß sie auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls zutreffen könnte, bedeutet jedoch nicht, daß sie von Rechts wegen auch darauf angewandt werden muß. Regel 97 (UK) kann nur dann auf eine europäische Patentanmeldung angewandt werden, wenn sich diese Möglichkeit aus dem EPÜ ergibt. Die maßgeblichen Bestimmungen des EPÜ sind bereits eingangs dargelegt worden; nach Auffassung der Kammer ist darin nirgends vorgesehen, daß zur Bestimmung des Anmeldetags einer europäischen Patentanmeldung eine nationale Rechtsvorschrift (wie Regel 97 (UK)) herangezogen werden kann.

11. Nach Meinung der Kammer bietet Regel 24 EPÜ bei richtiger Auslegung ein umfassendes, eigenständiges System, anhand dessen das EPA den Anmeldetag einer europäischen Patentanmeldung unabhängig davon bestimmen kann, wo sie eingereicht worden ist (sofern dies gemäß Artikel 75 (1) EPÜ geschehen ist). Nach Regel 24 (2) EPÜ muß jede Behörde (einschließlich des EPA selbst) auf den Unterlagen den Tag ihres Eingangs vermerken und ihn dem Anmelder durch Ausstellung einer Empfangsbescheinigung, in der das Eingangsdatum angegeben ist, mitteilen. Regel 24 (3) EPÜ schreibt vor, daß alle zuständigen Behörden nach Artikel 75 (1) b) EPÜ dem EPA den Tag des Eingangs der Unterlagen mitteilen, verlangt von ihnen jedoch keine sonstigen Angaben, die für die Bestimmung des Anmeldetags relevant sein könnten. Gemäß Regel 24 (3) EPÜ ist demnach der Eingangstag der Unterlagen einer europäischen Patentanmeldung, den die zuständige Behörde dem EPA mitteilt, der Anmeldetag, der dieser Anmeldung später zuerkannt wird. Das EPÜ enthält keine Bestimmung, die es dem EPA erlaubt, einer solchen Anmeldung einen anderen Anmeldetag zuzuerkennen als den dem EPA gemäß Regel 24 (3) EPÜ mitgeteilten Tag des Eingangs der Unterlagen bei der zuständigen Behörde.

12. Aus dieser Sicht der Regel 24 EPÜ kann die Kammer dem Vertreter des Beschwerdeführers nicht darin zustimmen, daß Regel 97 (UK) einem Briefkasten mit Datumsbestimmung gleichzusetzen sei. Ein solcher Briefkasten ist ein Mittel, mit dem die zuständige Behörde den Tag des Eingangs bei ihr eingereichter Unterlagen bestimmt, damit dieser Eingangstag dem EPA gemäß Regel 24 (3) EPÜ ordnungsgemäß mitgeteilt werden kann. Im Gegensatz dazu geht es in Regel 97 (UK) nicht um die Bestimmung des Eingangstags von Unterlagen, sondern um die Festlegung des (theoretischen) Einreichungstags. Wenn eine europäische Patentanmeldung bei einer zuständigen Behörde eingereicht wird, bestimmt diese den Eingangstag und erst danach das EPA den Anmeldetag (nicht umgekehrt).

13. Überdies ist die Kammer nicht davon überzeugt, daß Regel 97 (UK) bei richtiger Auslegung im Kontext der übrigen Patentausführungsbestimmungen von 1982 und des Patentgesetzes von 1977 zur Anwendung auf europäische Patentanmeldungen gedacht war, die beim UKPO als zuständiger Behörde gemäß Artikel 75 (1) b) EPÜ eingereicht werden. Auch wenn Regel 97 (UK), wie bereits festgestellt, bei isolierter Betrachtung auf die Einreichung solcher europäischer Anmeldungen zutreffen könnte, folgt daraus bei richtiger Auslegung nicht, daß dies beabsichtigt war oder so sein muß. Zum einen ist in Artikel 119 des Patentgesetzes von 1977 nicht vorgesehen, daß europäische Patentanmeldungen beim UKPO (als zuständiger Behörde) auf dem Postweg eingereicht werden können. Europäische Patentanmeldungen sind keine "Anträge oder andere Schriftstücke", deren Einreichung durch das Gesetz von 1977 gestattet oder vorgeschrieben wird. Das Gesetz von 1977 enthält keinerlei Bestimmung, die die Einreichung einer europäischen Patentanmeldung an einem bestimmten Ort "gestattet oder vorschreibt". Wo eine europäische Anmeldung eingereicht werden kann, regelt Artikel 75 EPÜ. Nicht das Patentgesetz des Vereinigten Königreichs oder die Ausführungsbestimmungen dazu ermächtigen die Anmelder europäischer Patente, europäische Anmeldungen auf dem Postweg beim UKPO einzureichen, sondern Regel 24 EPÜ in Verbindung mit Artikel 75 EPÜ. Zum anderen wurde Regel 97 (UK) vom Minister zwar kraft seiner Befugnis nach Artikel 123 (UK) erlassen, in dem (unter anderem) von der "Regelung des Geschäftsablaufs des Patentamts (UK) bezüglich ... europäischer Patentanmeldungen" die Rede ist; daraus folgt jedoch nicht, daß Regel 97 (UK) zur Anwendung auf europäische Patentanmeldungen gedacht war. Es stünde nicht nur vollkommen im Einklang mit der unter den Nummern 11 und 12 erörterten Auslegung der Regel 24 EPÜ, wenn Regel 97 (UK) nicht auf europäische Patentanmeldungen anzuwenden wäre; eine solche Anwendung widerspräche ihr sogar.

14. In Anbetracht der vorstehend dargelegten Schlußfolgerungen braucht die Kammer auf das sonstige Vorbringen des Vertreters des Beschwerdeführers bezüglich (a) der Wirkung der schweizerischen Rechtsvorschriften und (b) der Entscheidungen der Beschwerdekammern zur verspäteten Zahlung von Gebühren nicht im einzelnen einzugehen. Zu Punkt a stellt die Kammer fest, daß nach dem für nationale schweizerische Patente geltenden Artikel 2 der schweizerischen Verordnung über die Erfindungspatente vom 19. Oktober 1977 (Artikel 2 (CH)) das Einreichungsdatum der durch den Poststempel nachgewiesene Tag der Postaufgabe ist. Im Gegensatz dazu schreibt Artikel 115 (2) (CH), der spezifisch den für die Schweiz wirksamen europäischen Patentanmeldungen und Patenten gewidmet ist, vor, daß das Bundesamt für geistiges Eigentum auf den Unterlagen einer europäischen Patentanmeldung den Tag vermerkt, an dem sie bei ihm eingegangen sind. Dieses Erfordernis steht voll und ganz in Einklang mit Regel 24 (2) EPÜ. Die Kammer kann sich der Auffassung nicht anschließen, daß nach schweizerischem Recht Artikel 2 (CH) für nach Artikel 75 (1) b) EPÜ beim Bundesamt für geistiges Eigentum eingereichte europäische Patentanmeldungen gälte, wenn es Artikel 115 (2) (CH) nicht gäbe. Nach Meinung der Kammer wäre Regel 24 EPÜ auch ohne Artikel 115 (2) (CH) für das Bundesamt ebenso verbindlich wie für das UKPO. In bezug auf Punkt b weist die Kammer darauf hin, daß es bei den Entscheidungen der Beschwerdekammern zur verspäteten Zahlung von Gebühren immer um den "Tag der Gutschrift einer Zahlung auf einem Bank- oder Postscheckkonto des EPA" geht. Daß eine einmal aufgegebene und damit in die Gewalt der Post des Vereinigten Königreichs übergegangene Sendung nicht zurückgerufen werden kann, ist nicht vergleichbar mit dem Gegenstand der angesprochenen Entscheidungen, weil die Post des Vereinigten Königreichs nicht mit "einem Konto des EPA" gleichzusetzen ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

15. Aus diesen Gründen kann die Kammer der Beschwerde nicht stattgeben.

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