European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1982:J000982.19821126 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 November 1982 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0009/82 | ||||||||
Anmeldenummer: | 80200840.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | FR | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | ACNO | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | Die in Regel 85b EPÜ vorgesehene Nachfrist von zwei Monaten zur Stellung des Pruefungsantrags berechnet sich nach Regel 83(2) und (4). Sie beginnt mit dem Tag zu laufen, der auf den Tag des Ablaufs der frueheren Frist folgt, endet jedoch zwei Monate nach Ablauf der normalen Frist an dem Tag des Monats, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die erste Frist endete. | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Zusammengesetzte Fristen Fristen/zusammengesetzte Berechnung von Fristen Nachfristen |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Am 8. April 1981 wurde im Europäischen Patentblatt auf die Veröffentlichung des europäischen Recherchenberichts betreffend die Anmeldung Nr. 80 200 840.9 hingewiesen. Am 14. April 1981 teilte die Eingangsstelle des EPA dem Vertreter der Anmelderin mit, daß er gemäß den Bestimmungen des Artikels 94(2) und (3) eine Frist von sechs Monaten gerechnet von dem Hinweis an habe, um einen Prüfungsantrag einzureichen und die entsprechende Gebühr zu entrichten.
II. Tatsächlich hat das EPA den Eingang des schriftlichen Antrags, der vom 6. Oktober datiert war, und die Gutschrift des Betrags der Prüfungsgebühr durch die B.N.P. (Banque Nationale de Paris) in Paris für das Amt erst am 12. Oktober 1981 vermerkt.
III. Mit eingeschriebenem Brief vom 26. Oktober 1981 teilte die Eingangsstelle dem Vertreter mit, daß er, da der Prüfungsantrag nicht fristgerecht gestellt worden sei, noch eine Nachfrist von zwei Monaten "gerechnet vom 9. Oktober an" habe, um diesen Mangel zu beheben, sofern eine Zuschlagsgebühr entrichtet werde. Andernfalls gelte seine Patentanmeldung als zurückgenommen. Am 6. Januar 1982 teilte die Eingangsstelle dem Vertreter mit, daß die Patentanmeldung wegen Fehlens des Antrags und wegen Nichtzahlung der Gebühr innerhalb der Fristen als zurückgenommen gelte. Die Eingangsstelle wurde jedoch am 12. Januar 1982 durch die Kasse davon unterrichtet, daß die Zuschlagsgebühr am 9. Dezember 1981 eingegangen sei. Infolgedessen teilte die Eingangsstelle dem Vertreter am 13. Januar 1982 mit, daß einerseits ihr eigener Brief vom 6. Januar wegen Eingangs der Zuschlagsgebühr als nicht geschrieben anzusehen sei, daß dessenungeachtet andererseits die Patentanmeldung als zurückgenommen gelten müsse, da die Zuschlagsgebühr nach dem 8. Dezember 1981 entrichtet worden sei.
IV. Am 18. Januar 1982 machte der Vertreter geltend, daß die am 9. Dezember 1981 eingegangene Zahlung noch innerhalb der im Schreiben vom 26. Oktober 1981 genannten Frist von zwei Monaten läge. Am 28. Januar 1982 wurde ihm geantwortet, daß in Anwendung von Regel 83 EPÜ die genannte Frist bereits am 8. Dezember abgelaufen sei und nicht erst am 9. Dezember 1981.
V. Mit Entscheidung vom 29. März 1982 legte die Eingangsstelle dar, daß weder der Prüfungsantrag noch die Zahlung der entsprechenden Gebühr und der Zuschlagsgebühr fristgerecht vorgenommen worden seien. Die Eingangsstelle vertrat daher unter Aufrechterhaltung ihrer mit Schreiben vom 13. Januar 1982 zum Ausdruck gebrachten Stellungnahme die Auffassung, daß die Patentanmeldung als zurückgenommen gelten müsse und daß die zwei fraglichen Gebühren erstattet würden.
VI. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 1982 legte der Vertreter Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. In dieser Beschwerde wiederholte er die Gründe, die er am 5. März 1982 geltend gemacht hatte. Unter Berufung auf seinen "guten Glauben" erbat er die "Nachsicht" der Kammer und machte im wesentlichen geltend:
- daß der Prüfungsantrag und die entsprechende Gebühr am 6. Oktober 1982 eingereicht bzw. gezahlt gewesen seien; nach seiner Ansicht fristgerecht;
- daß die Frist zur Entrichtung der Zuschlagsgebühr erst am 9. Dezember 1981 ablief und nicht am 8. Dezember, und daß daher die Zahlung gültig bewirkt worden sei.
Aus seinen Ausführungen folgerte er, daß die Entscheidung vom 29. März 1982 zu ändern sei, und beantragte, daß seine Patentanmeldung als zulässig angesehen werde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Nach dem Wortlaut von Artikel 94(2) EPÜ kann "der Prüfungsantrag bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Tag gestellt werden, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Veröffentlichung des europäischen Recherchenberichts hingewiesen worden ist". Im vorliegenden Fall steht fest, daß der in Frage stehende Hinweis am 8. April 1981 erfolgt ist. Folglich hätte der Antrag in Anwendung der Regel 83(4) spätestens eingereicht werden müssen "an dem Tag (des Monats), der durch seine Zahl dem Tag entspricht", an dem das Ereignis eingetreten ist, das als Fristbeginn angesehen wird, nämlich am 8. Oktober 1981. Der Antrag ist erst am 12. Oktober 1981, also verspätet, beim EPA eingegangen; das Datum vom 6. Oktober 1981, vom Antragsteller in den Kopf des Schriftsatzes gesetzt, kann nicht als zuverlässiges Datum angesehen werden.
3. Hinsichtlich der Zahlung der Prüfungsgebühr bestimmt Artikel 94(2) im 2. Satz, "der Antrag gilt erst als gestellt, wenn die Prüfungsgebühr entrichtet worden ist", was offensichtlich bedeutet, daß diese Gebühr innerhalb derselben Frist von sechs Monaten hätte gezahlt werden müssen, das heißt spätestens am 8. Oktober 1981.
Tatsächlich ist der Betrag von FF 4.160,00 erst am 12. Oktober 1981 dem Konto des Amtes gutgeschrieben worden. Nun ergibt sich aus der Gebührenordnung Artikel 8(1)a) in Verbindung mit Artikel 5(1)a), daß als Tag des Eingangs einer Zahlung durch Überweisung auf ein Bankkonto des Amtes der Tag gilt, an dem der Betrag dem Begünstigten gutgeschrieben wird. Auch aus diesem zweiten Grund, der die vorherigen Ausführungen verstärkt, kann der Prüfungsantrag nicht als fristgerecht eingereicht angesehen werden.
4. Hinsichtlich der Zahlung der Zuschlagsgebühr bestimmt Regel 85b EPÜ, daß der Prüfungsantrag, falls er nicht innerhalb der in Artikel 94(2) vorgesehenen Frist gestellt worden ist, noch innerhalb einer Nachfrist von zwei Monaten nach Ablauf der ersten Frist gestellt werden kann, im vorliegenden Fall also bis zum 8. Dezember 1981, sofern eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird.
Der Vertreter meinte, dieser Forderung zu genügen, indem er am 9. Dezember 1981 den Betrag der Zuschlagsgebühr zahlte, nämlich FF 2.550,00. Wie oben dargelegt worden ist, ergibt sich aus Regel 83(4), daß eine in Monaten bestimmte Frist endet "an dem Tag, der durch seine Zahl dem Tag entspricht", an dem das Ereignis eingetreten ist. Das Ereignis war im vorliegenden Falle der Ablauf der normalen Frist. Die Nachfrist lief daher am 8. Dezember 1981 und nicht am 9. Dezember 1981 ab.
5. Angesichts der klaren Bestimmungen der Regel 83 für die Berechnung der Fristen hat die Kammer keine Befugnis zur Auslegung. Die Kammer kann auch keine "Nachsicht üben" dadurch, daß sie aus Gründen des guten Glaubens den Tag nach dem Ablauf einer Frist dem Tag des Ablaufs gleichstellt. Dies auch dann nicht, wenn die von der Eingangsstelle in ihrem Bescheid vom 26. Oktober 1981 benutzte Formulierung " ... eine Nachfrist von zwei Monaten vom 9. Oktober 1981 an" eine gewisse Zweideutigkeit beinhalten konnte. Tatsächlich stellte die Eingangsstelle indirekt auf Regel 83(2) ab, die bestimmt: "Bei der Fristberechnung wird mit dem Tag begonnen, der auf den Tag folgt, an dem das Ereignis eingetreten ist, aufgrund dessen der Fristbeginn festgelegt wird; dieses Ereignis kann eine Handlung oder der Ablauf einer früheren Frist sein". Es wäre vielleicht besser gewesen zu sagen: "... eine Frist beginnend am 9. Oktober 1981 und endend am 8. Dezember 1981".
Es steht außer Zweifel, daß der durch die Regel 83(2) aufgestellte Grundsatz den Bestimmungen der Regel 83(4), die sich besonders auf die in Monaten ausgedrückten Fristen beziehen, nichts von ihrer Tragweite nimmt. Diese Art der Berechnung hätte den Vertreter der Anmelderin um so weniger überraschen dürfen, als diese Berechnung sich in fast identischer Formulierung auch aus dem Artikel 641 Abs. 2 des französischen NCPC (Nouveau Code de Procédure Civile) ergibt. Hinsichtlich des EPA ist diese Art der Berechnung im übrigen dargelegt und erläutert worden in der Rechtsauskunft des EPA Nr. 5/80: "Berechnung von zusammengesetzten Fristen" (Amtsblatt 6/1980, Seite 149). Diese Rechtsauskunft ist der Beschwerdeführerin im gegenwärtigen Verfahren am 28. Januar 1982, d.h. vor der Entscheidung der ersten Instanz, zugesandt worden.
6. Da der Prüfungsantrag zu spät gestellt wurde und die normale Gebühr sowie die Zuschlagsgebühr nach Fristablauf gezahlt wurden, war die angefochtene Entscheidung der Eingangsstelle aufrechtzuerhalten, die die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen angesehen hat.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 29. März 1982 wird zurückgewiesen.