J 0013/12 (Aussetzung des Verfahrens) of 17.6.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:J001312.20130617
Datum der Entscheidung: 17 Juni 2013
Aktenzeichen: J 0013/12
Anmeldenummer: 07023003.2
IPC-Klasse: B01D 53/50
B01D 53/60
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anlage und Verfahren zur Rauchgasreinigung
Name des Anmelders: Hamon Enviroserv GmbH
Name des Einsprechenden: Doosan Lentjes GmbH
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 61(1)
European Patent Convention Art 97(3)
European Patent Convention Art 98
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention R 14(1)
European Patent Convention R 14(3)
European Patent Convention R 16(1)
European Patent Convention R 71(3)
European Patent Convention R 99(1)
European Patent Convention R 99(2)
Revisionsakte Art 007(1)
Decision AC vom 28.6.2001 Art 001(1)
Decision AC vom 7.12.2006 Art 002
Schlagwörter: Fortsetzung des Erteilungsverfahrens nach Aussetzung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/92
G 0007/93
J 0007/96
J 0008/96
J 0010/02
J 0033/03
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0014/11
J 0015/13
J 0004/17
J 0005/17
J 0006/17
J 0007/17
J 0008/17
J 0009/17
J 0014/19
J 0010/21
J 0011/21
T 2707/16

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (nach Umfirmierung: Doosan Lentjes GmbH) wendet sich gegen die Entscheidung der Rechtsabteilung vom 18. April 2012 über die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens zur europäischen Patentanmeldung Nr. EP 07023003.2 gemäß Regel 14 (3) EPÜ am 1. Juli 2012.

II. Die Patentanmeldung wurde am 28. November 2007 mit einer Priorität vom 9. März 2007 von der Beschwerdegegnerin (nach Umfirmierung Hamon Enviroserv GmbH) eingereicht und am 19. September 2008 veröffentlicht. Die Mitteilung gemäß Regel 71 (3) EPÜ erging am 20. Februar 2009.

III. Im Hinblick auf eine von der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin vor dem Landgericht Düsseldorf erhobene Vindikationsklage setzte die Rechtsabteilung am 22. April 2009 das Erteilungsverfahren rückwirkend zum 16. April 2009 aus.

IV. Nachdem das Landgericht Düsseldorf die Klage der Beschwerdeführerin mit Urteil vom 21. Juni 2011 abgewiesen hatte, kündigte die Rechtsabteilung auf Antrag der Beschwerdegegnerin durch später aufgehobene Mitteilungen vom 13. Oktober 2011 und 27. Dezember 2011 die Fortsetzung des Verfahrens zu jeweils in den Mitteilungen genannten Daten an. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die von ihr gegen das klageweisende Urteil beim Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-2 U 71/11) eingelegte Berufung und legte jeweils hilfsweise Beschwerde ein. Demgegenüber beantragte die Beschwerdegegnerin die Fortsetzung des Verfahrens sowie die Zurückweisung einer etwaigen Beschwerde der Beschwerdeführerin.

V. Zur Begründung der angefochtenen Entscheidung führte die Rechtsabteilung im Wesentlichen aus:

Nach Regel 14 (3) EPÜ liege die Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens im Ermessen des EPA. Die Ausübung dieses Ermessens orientiere sich an der Abwägung der Interessen der Beteiligten, ohne Rücksicht auf den Stand des nationalen Verfahrens. Dabei sei insbesondere die Verfahrensdauer ein wichtiger Faktor. Hinsichtlich der Interessen der Beschwerdeführerin sei zu berücksichtigen, dass die Patentanmeldung der Beschwerdegegnerin bereits das Verfahrensstadium der Erteilungsreife erreicht habe, so dass die Beschwerdeführerin zeitnah über effektive Mittel zur Durchsetzung ihrer Rechte habe verfügen können, nämlich den Einspruch im Falle der Patenterteilung bzw. die Einreichung einer neuen eigenen Anmeldung für den Fall, dass die Beschwerdegegnerin die Anmeldung fallen lassen sollte. Demgegenüber sei betreffend die Interessen der Beschwerdegegnerin zu berücksichtigen, dass eine weitere Aussetzung des Verfahrens dieser einen schwerwiegenden finanziellen Schaden zufügen könnte. Unter Abwägung dieser Interessen sowie im Hinblick darauf, dass sich an das Berufungsverfahren gegebenenfalls noch ein Revisionsverfahren anschließen könnte, sei eine weitere Verfahrensaussetzung nicht länger angezeigt.

VI. Unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr legte die Beschwerdeführerin am 15. Mai 2012 Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und begründete sie mit Schriftsatz vom 10. August 2012 sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vom 17. Juni 2013, zu dem die Beschwerdekammer die Parteien unter Hinweis auf ihre vorläufige Würdigung der Sach- und Rechtslage geladen hatte, wie folgt:

Die Rechtsabteilung habe in ihren Mitteilungen vom 13. Oktober 2011 und 27. Dezember 2011 wie später auch in der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerhaft die Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens angeordnet, weil die Prüfungsrichtlinien Teil A, Kapitel IV Nr. 2.3, vorsähen, dass bei der Festsetzung eines Zeitpunkts für die Verfahrensfortsetzung auf die Interessen des Dritten Rücksicht zu nehmen und der Zeitpunkt entsprechend der voraussichtlichen Dauer des Gerichtsverfahrens so zu wählen sei, dass das Gerichtsverfahren bis dahin abgeschlossen sein kann. Damit könne nur der rechtskräftige Abschluss des Vindikationsverfahrens gemeint sein, der erst nach Durchführung eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens erfolge. Die Rechtsabteilung habe zudem bei ihrer / ihren Entscheidung(en) außer Acht gelassen, dass nach den Prüfungsrichtlinien weiter vorausgesetzt werde, dass zuvor überhaupt (jemals) eine Festsetzung eines Zeitpunkts zur Fortsetzung des Erteilungsverfahrens erfolgt sei, was vorliegend nicht geschehen sei. Unabhängig davon, ergebe sich aus den Prüfungsrichtlinien Teil A, Kapitel IV Ziffer 2, dass das Erteilungsverfahren jedenfalls dann weiter ausgesetzt werden solle, wenn mit einer baldigen Gerichtsentscheidung gerechnet werden könne. Dies sei nach der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Fall.

Das mit den Hilfsanträgen verfolgte Begehren beziehe sich auf verschiedene prozessuale Entwicklungen.

Bei richtiger Abwägung der Interessen der Beteiligten sei für eine Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens derzeit kein Raum. Die nun angeordnete Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens führe nämlich zu einem unheilbaren Nachteil der Rechtsposition der Beschwerdeführerin im Hinblick auf den bereits fortgeschrittenen Fristlauf für die Teilung der Patentanmeldung zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin. Dies habe die Rechtsabteilung unberücksichtigt gelassen und führe im Ergebnis dazu, dass es das nationale Vindikationsverfahren zu unterlaufen drohe.

Die Erfolgsaussichten für die von ihr eingelegte Berufung und damit im Ergebnis für die Zuerkennung des Anspruchs auf Erteilung des Patents zu ihren Gunsten seien gut. Neben einer Reihe von Indizien, die auf eine unrechtmäßige Rechtsberühmung seitens der Beschwerdegegnerin deuteten, seien auch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu berücksichtigen, die ebenso vom Oberlandesgericht Düsseldorf für relevant erachtet worden seien. Die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Durchsuchung und Beschlagnahme wichtiger Unterlagen aus der Sphäre der Beschwerdegegnerin habe das Landgericht Düsseldorf im Vindikationsverfahren noch nicht berücksichtigen können und stützten die Position der Beschwerdeführerin.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgebracht, dass eine weitere Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens, an das sich noch ein Revisionsverfahren anschließen könnte, im Ergebnis dazu führte, es der Willkür eines Dritten zu überlassen, bis zum Abschluss welcher Instanz in einem vollständigen Rechtszug eine Aussetzung des Erteilungsverfahrens erfolgen solle.

Für die von der Beschwerdeführerin begehrte Vorlage an die Große Beschwerdekammer sei kein Raum. Zum einen sei die Vorlagefrage sachlich falsch, zum anderen betreffe sie keine offene Rechtsfrage, sondern lasse sich aus dem EPÜ vollständig beantworten. Schließlich könne aus dem bloßen Umstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlung kein weiterer Rückschluss auf die Bedeutsamkeit ihres Anlasses noch auf ihr Ergebnis gezogen werden.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und

1. bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Vindikationsverfahren (Az. I-2 U 71/11) keinen Zeitpunkt zur Fortsetzung des Verfahrens festzusetzen (Hauptantrag),

hilfsweise

2. einen Zeitpunkt zur Fortsetzung des Verfahrens festzusetzen, der zeitlich nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem Vindikationsverfahren (Az. I-2 U 71/11) liegt (Hilfsantrag 1),

weiter hilfsweise

3. einen Zeitpunkt zur Fortsetzung des Erteilungsverfahrens zu Europäischen Patentanmeldung 07023003.2 nur dann festzusetzen, nachdem die Anmelderin/Antragsgegnerin Hamon Enviroserv GmbH folgende Erklärung verbindlich abgegeben hat:

Unmittelbar nach Fortsetzung des Erteilungsverfahrens zu Europäischen Patentanmeldung 07023003.2 wird die Anmelderin Hamon Enviroserv GmbH die Teilung der Europäischen Patentanmeldung 07023003.2 erklären und eine wirksame Teilungsanmeldung beim Europäischen Patentamt einreichen, die inhaltlich der Europäischen Patentanmeldung 07023003.2 in ihrer Ursprungsfassung entspricht, und diese aufrecht erhalten;

sie wird weiter im parallelen Vindikationsverfahren einer von der Antragstellerin Doosan Lentjes GmbH beantragten Klageerweiterung auf diese Europäische Teilanmeldung und vor dem Europäischen Patentamt einer Aussetzung des Erteilungsverfahrens zu dieser Europäischen Teilanmeldung, letztere bis zur rechtskräftigen Entscheidung im parallelen Vindikationsverfahren, zustimmen (Hilfsantrag 2),

weiter hilfsweise

4. einen Zeitpunkt zur Fortsetzung des Erteilungsverfahrens zu Europäischen Patentanmeldung 07023003.2 nur dann festzusetzen, nachdem die Anmelderin/Antragsgegnerin Hamon Enviroserv GmbH folgende Erklärung verbindlich abgegeben hat:

Ein auf die Europäische Patentanmeldung 07023003.2 erteiltes Patent in allen Benennungsstaaten zu validieren und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im parallelen Vindikationsverfahren aufrechtzuerhalten sowie das Patent in einem etwaigen Einspruchsverfahren in vollem Umfang zu verteidigen (Hilfsantrag 3).

Daneben beantragte die Beschwerdeführerin,

die Rückzahlung der Beschwerdegebühren, die mit den hilfsweise am 25. November 2011 und am 11. Januar 2012 eingelegten Beschwerden zum Aktenzeichen R14/141-2009 eingezahlt wurden.

Schließlich regte die Beschwerdeführerin an, der Großen Beschwerdekammer die Vorlagefragen A, B und C wie aus der Anlage zum Protokoll über die mündliche Verhandlung der Juristischen Beschwerdekammer ersichtlich vorzulegen.

IX. Die Beschwerdegegnerin beantragte,

die Beschwerde zurückzuweisen.

X. Das Berufungsverfahren im Vindidaktionsprozess dauerte im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung an; das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 31. Januar 2013 eine ergänzende Beweiserhebung angeordnet.

XI. Am Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdekammer ihre Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Anwendbares Recht

Obschon die Patentanmeldung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des revidierten Vertrages (EPÜ 2000) am 13. Dezember 2007 datiert, sind gemäß Artikel 7 (1) Revisionsakte in Verbindung mit Artikel 1 (1) des Beschlusses des Verwaltungsrates vom 28. Juni 2001 über Sonderregelungen für die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der Akte zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens vom 29. November 2000 (ABl. EPA Sonderausgabe 1 / 2007, 197) sowie Artikel 2 des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 7. Dezember 2006 zur Änderung der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen 2000 (ABl. EPA Sonderausgabe 1 / 2007, 89) die vorliegenden einschlägigen revidierten Artikel 61, 106, 108 und 110 EPÜ und die revidierte Ausführungsordnung anzuwenden.

2. Gegenstand und Zulässigkeit der Beschwerde

2.1 Gegenstand der Beschwerde ist die Entscheidung der Rechtsabteilung vom 18. April 2012 über die Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens gemäß Regel 14 (3) EPÜ mit Wirkung vom 1. Juli 2012.

Soweit die Beschwerdeführerin meint, (auch) die Mitteilungen der Rechtsabteilung vom 13. Oktober 2011 und 27. Dezember 2011 seien rechtsfehlerbehaftet, sind diese nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, weil beide aufgehoben wurden, erstere durch die Mitteilung vom 27. Dezember 2011, letztere durch die angefochtene Entscheidung. Damit ist ihr Vorbringen wegen möglicher Ermessensfehler bei diesen Entscheidungen vorliegend nicht relevant und bleibt unberücksichtigt.

2.2 Die Beschwerde wurde unter Beachtung der gesetzlichen Fristen und der weiteren formellen Anforderungen von Artikel 108 EPÜ und Regel 99 (1) und (2) EPÜ in zulässiger Weise eingelegt und begründet.

2.3 Soweit sich die Firmen beider Parteien gegenüber dem administrativen Vorverfahren geändert haben, wurden diese Umfirmierungen nachgewiesen und sind von der Beschwerdekammer anerkannt worden.

3. Begründetheit der Beschwerde

Die Beschwerdeführerin stützt ihr Beschwerdebegehren im Kern darauf, die Rechtsabteilung habe bei ihrer Entscheidung über die Fortsetzung des ausgesetzten Patenterteilungsverfahrens nicht alle relevanten objektiven Umstände und die Interessen der Parteien hinreichend gewürdigt und gegeneinander abgewogen, sondern sich allein vom klageabweisenden Urteil des Landgerichts Düsseldorf leiten lassen.

Ausgehend hiervon wäre die Beschwerde begründet, wenn die Rechtsabteilung die Festlegung des 1. Juli 2012 als Zeitpunkt für die Fortsetzung des seit dem 16. April 2009 ausgesetzten Patenterteilungsverfahrens gemäß Regel 14 (3) EPÜ ermessens- und damit rechtsfehlerhaft vorgenommen hat (dazu unter 3.1) oder sich die tatsächlichen Umstände gegenüber denjenigen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, dahingehend geändert haben, dass sie nunmehr eine andere Beurteilung der Frage der Fortsetzung oder weiteren Aussetzung des Patenterteilungsverfahren gemäß Regel 14 (1) EPÜ erlaubten und erforderten (dazu unter 3.2).

3.1 Vorliegen eines Ermessensfehlers beim Erlass der angefochtenen Entscheidung

3.1.1 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Überprüfung von Ermessenentscheidungen der Verwaltungsinstanz durch die Beschwerdekammern nur eingeschränkt erfolgt. Soweit die Beschwerdeführerin die Art und Weise der Ermessensausübung durch die Rechtsabteilung bei der angefochtenen Entscheidung anficht, entspricht es der von der Großen Beschwerdekammer (G 7/93, ABl. EPA 1994, 775) im Grundsatz bestätigten ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass es nicht Aufgabe der Beschwerdekammer ist, die Sachlage des Falls nochmals wie ein Organ der Verwaltungsinstanz, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie das Ermessen in derselben Weise ausgeübt hätte. Ein Verwaltungsorgan, dem nach dem EPÜ unter bestimmten Umständen Ermessensentscheidungen obliegen, muss bei der Ausübung dieses Ermessens einen gewissen Freiraum haben, in den die Beschwerdekammern nicht eingreifen. Eine Beschwerdekammer sollte sich nur dann über die Art und Weise, in der die Verwaltungsinstanz ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass diese ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt und damit den ihr eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat.

3.1.2 Ausweislich der angefochtenen Entscheidung hat die Rechtsabteilung sowohl die für ihre Entscheidung einschlägigen Vorschriften, insbesondere Artikel 61 EPÜ und Regel 14 EPÜ, sowie die maßgebliche Rechtsprechung, insbesondere G 3/92, ABl. EPA 1994, 607, und J 33/03 vom 16. November 2004 berücksichtigt und dabei erkannt, dass ihr ein Ermessen zusteht, als auch eine Abwägung der Interessen der Beteiligten vorgenommen.

Ein mit der Beschwerde anfechtbarer Ermessensfehler in Form eines Ermessensnichtgebrauches ist daher erkennbar ausgeschlossen.

3.1.3 Bei der Frage der seitens der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anwendung falscher Ermessenskriterien ist zunächst der Rechtsrahmen zu definieren:

3.1.4 Artikel 61 (1) EPÜ i.V.m. Regel 16 EPÜ regelt die Verfahrensrechte einer Person, die nicht der Anmelder ist (sog. Dritter) und der durch rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts der Anspruch auf die Erteilung eines europäischen Patents an Stelle des Anmelders zugesprochen worden ist, und eröffnet ihr die Möglichkeit, bestimmte vorgeschriebene Handlungen im Zusammenhang mit der Anmeldung vorzunehmen.

Dieser Dritte kann, sofern das europäische Patent noch nicht erteilt worden ist (Regel 16 (1) b) EPÜ), innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung (Regel 16 (1) a) EPÜ) in Bezug auf die in der europäischen Patentanmeldung benannten Vertragsstaaten, in denen die Entscheidung ergangen oder anerkannt worden ist oder aufgrund des dem EPÜ beigefügten Anerkennungsprotokolls anzuerkennen ist,

a) die europäische Patentanmeldung anstelle des Anmelders als eigene Anmeldung weiterverfolgen (Artikel 61 (1) a) EPÜ),

b) eine neue europäische Patentanmeldung für dieselbe Erfindung einreichen (Artikel 61 (1) b) EPÜ) oder

c) beantragen, dass die europäische Patentanmeldung zurückgewiesen wird (Artikel 61 (1) c) EPÜ).

3.1.5 Regel 14 EPÜ sieht eine Aussetzung des Verfahrens während des Zeitraums vor, in dem der Dritte auf gerichtlichem Weg den Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents geltend macht, und soll die Rechte des Dritten während der Dauer des Verfahrens zur Geltendmachung des Anspruchs sichern. Demselben Zweck dient Regel 15 EPÜ, die vorschreibt, dass von dem Tag an, an dem ein Dritter dem EPA nachweist, dass er ein Verfahren zur Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patents eingeleitet hat, bis zu dem Tag, an dem das EPA das Erteilungsverfahren fortsetzt, weder die europäische Patentanmeldung noch die Benennung eines Vertragsstaats zurückgenommen werden darf.

3.1.6 Nach Regel 14 (1), Satz 1 EPÜ wird das Erteilungsverfahren ausgesetzt, sofern ein Dritter nachweist, dass er ein Verfahren gegen den Anmelder eingeleitet hat mit dem Ziel, eine Entscheidung i.S.v. Artikel 61 (1) EPÜ zu erwirken, es sei denn, der Dritte erklärt dem Europäischen Patentamt gegenüber schriftlich seine Zustimmung zur Fortsetzung des Verfahrens.

3.1.7 Vorliegend erfolgte die Aussetzung des Patenterteilungsverfahrens aufgrund der Anzeige der Beschwerdeführerin vom 24. März 2009 und ihres weiteren Schriftsatzes vom 16. April 2009 durch Mitteilung der Rechtsabteilung vom 22. April 2009 rückwirkend zum 16. April 2009.

3.1.8 Der Umstand, dass die Rechtsabteilung bei ihrer Entscheidung über die Aussetzung des Erteilungsverfahrens nicht zugleich einen Zeitpunkt für die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens festsetzte, lässt für sich genommen keine Rückschlüsse auf das weitere Verfahren zu. Nach Regel 14 (3) EPÜ ist nämlich eine Fortsetzung des Erteilungsverfahrens auch dann möglich, wenn das EPA bei seiner Aussetzungsentscheidung noch keinen Zeitpunkt für die Verfahrensfortsetzung festgesetzt hatte und bevor das nationale Vindikationsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

3.1.9 Regel 14 EPÜ muss im Gesamtzusammenhang des EPÜ und insbesondere im Zusammenhang mit Artikel 61 EPÜ, den sie weiter ausführt, und Regel 15 EPÜ betrachtet werden. Wie die Kammer bereits in ihren Entscheidungen J 7/96 (ABl. EPA 1999, 443, 454, Nr. 2.2 der Gründe) und J 8/96 (vom 20. Januar 1998, Nr. 2.2 der Gründe) ausgeführt hat, sind diese Vorschriften Teil eines im EPÜ vorgesehenen Rechtszugssystems zur Klärung eines strittigen Anspruchs auf eine europäische Patentanmeldung und zur Umsetzung der getroffenen Entscheidung. Den Materialien zum EPÜ ist eindeutig zu entnehmen, dass die Bereitstellung eines solchen Systems für wichtig angesehen wurde, damit Rechtsstreitigkeiten über den Anspruch durch eine rechtskräftige nationale Gerichtsentscheidung geklärt und diese Entscheidung dann vom EPA zentral für alle benannten Staaten umgesetzt werden kann (vgl. Dokument IV/2498/1/61-D, S. 17 ff.). Die genannten Vorschriften müssen in diesem Kontext und unter Berücksichtigung des Ziels und Zwecks dieses Rechtszugssystems ausgelegt werden (vgl. G 3/92, ABl. EPA 1994, 607, 611, Nr. 1 der Gründe).

3.1.10 Wie die Kammer in ihrer Entscheidung J 33/03 vom 16. November 2004 entschieden hat, liegt es im Gegensatz zu Regel 14 (1) EPÜ nach Regel 14 (3) EPÜ im Ermessen des EPA zu entscheiden, ob das Verfahren fortgesetzt werden soll (Nr. 2.1 der Gründe). Bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen von Regel 14 (3) EPÜ ist das EPA, also die Rechtsabteilung und nach Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ auch die Kammer, die insoweit im Rahmen der Zuständigkeit der Rechtsabteilung tätig wird, zu einer Abwägung der Interessen des Anmelders einerseits und des Dritten, der das nationale Vindikationsverfahren gegen den Anmelder angestrengt hat, andererseits gehalten. Dabei hat sich das EPA insbesondere an dem Regelungszweck von Artikel 61 EPÜ zu orientieren, gerichtet auf eine "wohl abgewogene und gerechte Lösung einer Konfliktsituation" (G 3/92, a.a.O., 625, Nr. 8.4 der Gründe). Die Prüfungsrichtlinien als interne Verwaltungsrichtlinien können ergänzend herangezogen werden.

3.1.11 Nach den für die Anwendung von Regel 14 (3) EPÜ im konkreten Einzelfall entwickelten Verwaltungsrichtlinien, den Prüfungsrichtlinien Teil A, Kapitel IV, Ziffer 2.3, gilt:

"Wird ein Zeitpunkt für die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens festgesetzt, so sollte dieser jedoch mit Rücksicht auf die Interessenlage des Dritten, der am Verfahren erst nach Vorliegen einer für ihn günstigen Entscheidung beteiligt ist, entsprechend der voraussichtlichen Dauer des Gerichtsverfahrens zunächst so gewählt werden, dass das Gerichtsverfahren bis dahin abgeschlossen sein kann. Ist zu dem festgesetzten Zeitpunkt noch keine Entscheidung des Gerichts ergangen, so sollte das Erteilungsverfahren jedenfalls dann weiter ausgesetzt werden, wenn mit einer baldigen Gerichtsentscheidung gerechnet werden kann. Das Erteilungsverfahren sollte aber fortgesetzt werden, wenn eine Verschleppungsabsicht des Dritten erkennbar ist oder das Gerichtsverfahren in der ersten Instanz zugunsten des Anmelders abgeschlossen und das gerichtliche Verfahren durch Einlegung eines Rechtsmittels verlängert wird."

3.1.12 Diese internen Verwaltungsvorschriften stützen nicht die von der Beschwerdeführerin behaupteten Bedingungen für die Fortsetzung des ausgesetzten Erteilungsverfahrens und insbesondere nicht die von ihr begehrte Rechtsfolge. Vielmehr hat die Rechtsabteilung alle maßgeblichen Umstände des Falles in einer Art und Weise erkannt und gewürdigt, die auf keinen Ermessensfehler schließen lassen.

3.1.13 So ist es nicht fehlerhaft, sondern ergibt sich vielmehr aus den die Ermessensausübung leitenden verwaltungsinternen Vorschriften des EPA (Prüfungsrichtlinien), dass die Rechtsabteilung nicht vor der Anordnung der Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens in einer gesonderten Mitteilung einen Termin zur Fortsetzung des Erteilungsverfahrens gesetzt hat. Die Rechtsabteilung konnte dies erstmals in der angefochtenen Entscheidung tun.

3.1.14 Ebenso wenig lässt sich aus den Prüfungsrichtlinien ableiten, dass die Rechtsabteilung vor der Festsetzung eines Zeitpunktes für die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens, jedenfalls aber vor der tatsächlichen Fortsetzung des Verfahrens den rechtskräftigen Abschluss des Vindikationsverfahrens gegebenenfalls nach Durchlaufen aller Rechtsmittelzüge (erstinstanzliches Verfahren, Berufungsverfahren und Revisionsverfahren) oder zumindest den Abschluss des Berufungsverfahrens abwarten müsste.

3.1.15 Zu den von der Rechtsabteilung zu berücksichtigenden und von ihr berücksichtigten Umständen gehört zudem, dass ein Dritter zwar erst dann die Verfahrensrechte nach Artikel 61 (1) EPÜ ausüben kann, wenn in einem vom Dritten angestrengten nationalen Verfahren zu seinen Gunsten rechtskräftig die mangelnde Berechtigung des Anmelders einer Patentanmeldung festgestellt worden ist, dies bedeutet aber nicht zwingend, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Erteilungsverfahren betreffend die Patentanmeldung des Nichtberechtigten ausgesetzt werden bzw. bleiben muss. Vielmehr werden die Rechte des Dritten nicht nur dadurch geschützt, dass dieser die nämliche europäische Patentanmeldung anstelle des nicht berechtigten Anmelders weiterverfolgt (Artikel 61 (1) a) EPÜ), sondern auch dadurch, dass er eine neue europäische Patentanmeldung für dieselbe Erfindung einreichen kann (Artikel 61 (1) b) EPÜ). Die Zulassung dieser neuen Anmeldung ist nicht daran gebunden, dass zum Zeitpunkt ihrer Einreichung die ältere, widerrechtliche Anmeldung noch vor dem EPA anhängig ist (vgl. G 3/92, a.a.O., Leitsatz), wenn die Anmeldung zurückgenommen wurde oder als zurückgenommen gilt.

Ferner kann auch nach der Entscheidung der Prüfungsabteilung zur Erteilung des von einem nicht berechtigten Anmelder angemeldeten Patents der berechtigte Dritte bis zum förmlichen Abschluss des Erteilungsverfahrens nach Artikel 97 (3), 98 EPÜ jedenfalls das Recht nach Artikel 61 (1) a) EPÜ ausüben und die europäische Patentanmeldung an Stelle des nicht berechtigten Anmelders als eigene Anmeldung weiterverfolgen (vgl. J 7/96, a.a.O, 461 f., Nr. 9 der Gründe; J 8/96 vom 20. Januar 1998, Nr. 9 der Gründe).

Soweit die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens die Verfahrensrechte des Dritten beschneidet, endet damit zwar die starke Rechtsstellung des Dritten. Jedoch sind mögliche gravierende Auswirkungen für die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die Folge davon, dass sie die Vindikationsklage und den Aussetzungsantrag trotz Kenntnis von der Anmeldung erst in einem sehr späten Stadium des Erteilungsverfahrens, nämlich nach Zustellung der Mitteilung nach Regel 71 ( 3) EPÜ an den Anmelder, eingereicht hat. Denn der Dritte, der gemäß Artikel 61 (1) a) EPÜ die Anmeldung als eigene weiterverfolgt, übernimmt die Anmeldung in dem Verfahrensstadium, in dem sie sich im Zeitpunkt der Aussetzung befindet. Das trifft auch auf den von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angeführten, zeitnah zu erwartenden Verlust des Rechts auf Teilung der Anmeldung nach dem nunmehr geltenden Teilungsrecht zu. Deshalb ist in der Nichtberücksichtigung dieses Umstandes kein Ermessensfehler zu erkennen.

3.1.16 Nicht ermessensfehlerhaft ist ferner die Erwägung der Rechtsabteilung, dass sich die Beschwerdeführerin zumindest erstinstanzlich nicht mit ihrer Vindikationsklage hat durchsetzen können.

Die Prüfungsrichtlinien nennen gerade das Obsiegen eines Anmelders, mithin das Unterliegen eines Dritten, der dann ein Rechtsmittelverfahren anstrengt, als Beispielsfall für die Fortsetzung des zunächst ausgesetzten Erteilungsverfahrens.

3.1.17 Soweit die Beschwerdeführerin diesbezüglich die Fehlerhaftigkeit der ihre Klage abweisenden Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf und dementsprechend die überwiegenden Erfolgsaussichten für die von ihr dagegen eingelegte Berufung behauptet, muss dieser Vortrag im Erteilungsverfahren im allgemeinen und im vorliegenden Beschwerdeverfahren im besonderen außer Acht bleiben (vgl. J 33/03 vom 16. November 2004, Nr. 2.2 der Gründe; Benkard-Melullis, EPÜ, 2. Auflage 2012, Art. 61, Rn. 21).

Zuständig für die Beurteilung von Klagen gegen einen Anmelder einer europäischen Patentanmeldung, mit denen der Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents geltend gemacht wird, sind allein die nationalen Gerichte (Artikel 1 (1) Protokoll über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents (Anerkennungsprotokoll)). Im Übrigen war bzw. ist weder die Rechtsabteilung noch die Kammer in der Lage zu entscheiden, welchem Beteiligten die europäische Patentanmeldung möglicherweise zusteht oder welcher Ausgang des nationalen Vindikationsverfahrens wahrscheinlicher ist.

Insofern kann bei der Interessenabwägung lediglich berücksichtigt werden - und wurde von der Rechtsabteilung berücksichtigt -, dass das von der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin angestrengte Vindikationsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, sondern in der Berufungsinstanz rechtshängig ist, an das sich - nach dem bisherigen Prozessverhalten der Beteiligten zu vermuten - noch ein Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof anschließen dürfte. Immerhin streitet ein im streitigen Verfahren ergangenes begründetes Urteil eines zuständigen deutschen Gerichts gegen das Klagebegehren der Beschwerdeführerin. Weder ist absehbar, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Vindikationsklage am Ende in der Sache selbst doch obsiegen wird, noch ist der rechtskräftige Abschluss der Vindikationsklage (in der Berufungsinstanz oder gegebenenfalls auch erst in der Revisionsinstanz) zeitlich absehbar. Eine fortgesetzte Aussetzung des Erteilungsverfahrens entsprechend dem Hauptantrag (wie dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin führte dementsprechend zu einer unbestimmten Verzögerung des Erteilungsverfahrens und damit zu einem unverhältnismäßigen Nachteil für die Beschwerdegegnerin.

3.1.18 Schließlich durfte - und musste - die Rechtsabteilung berücksichtigen, dass die Aussetzung des Erteilungsverfahrens nun schon mehr als dreieinhalb Jahre andauert (vgl. J 10/02 vom 22. Februar 2005, Nr. 4.1 der Gründe, dort wurde die Bedeutung der Aussetzungsdauer hervorgehoben). Allein dieser Umstand tangiert bereits erheblich die Interessen der Beschwerdegegnerin an einer zügigen Bearbeitung ihrer Anmeldung, so dass eine weitere Aussetzung des Erteilungsverfahrens eine unverhältnismäßige und durch die Interessen der Beschwerdeführerin nicht mehr gerechtfertigte Belastung der Beschwerdegegnerin darstellte.

3.1.19 Soweit die Beschwerdeführerin aus dem Umstand des auch ausweislich der bereits erfolgten Mitteilung gemäß Regel 71 (3) EPÜ weit fortgeschrittenen Prüfungsverfahrens und der mithin bei Fortsetzung des Verfahrens zu erwartenden raschen Patenterteilung ableitet, dass sie gar nicht mehr in der Lage wäre, ihre Rechte geltend zu machen, ist auch dieser Aspekt von der Rechtsabteilung ausdrücklich gewürdigt worden (Punkt 8 der angefochtenen Entscheidung).

3.1.20 Mithin vermag die Beschwerdekammer keinen Ermessensfehler beim Erlass der angefochtenen Entscheidung durch die Rechtsabteilung zu erkennen.

3.2 Hinsichtlich der neuen Umstände, die nunmehr eine andere Beurteilung der Frage der Verfahrensaussetzung durch die Beschwerdekammer rechtfertigen könnten, beruft sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf eine Änderung des Teilungsrechts sowie darauf, dass sie nach der Patenterteilung ihren vermeintlichen Vindikationsanspruch nur noch unter erschwerten Bedingungen in jedem einzelnen im Patent benannten Staat geltend machen müsste.

3.2.1 Es ist für die Beschwerdekammer trotz entsprechender Nachfragen im Termin zur mündlichen Verhandlung indes nicht nachvollziehbar, in welcher Weise die Rechtsposition der Beschwerdeführerin sich seit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zu ihren Ungunsten verändert haben sollte, denn nur dann und insoweit wäre eine eigenständige, nicht den Grenzen der Überprüfung von Ermessensentscheidungen unterworfenen Entscheidung der Beschwerdekammer möglich. Vielmehr handelt es sich um schon im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bestehende Umstände, die damit von der - wie oben ausgeführt fehlerfreien - Ermessensentscheidung umfasst sind.

3.2.2 Auch im Übrigen sind keine neuen Umstände für die Beschwerdekammer erkennbar, die nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung entstanden sind und die eine fortgesetzte Aussetzung des Patenterteilungsverfahrens nach Regel 14 EPÜ rechtfertigten oder erforderten.

So dauert das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf nach übereinstimmender Auskunft beider Parteien weiterhin an, ohne dass ein Urteil, gar ein rechtskräftiger Abschluss des Vindikationsrechtsstreites in naher Zukunft zu erwarten wäre.

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen stellen für sich genommen keine hinreichenden Anhaltspunkte dar, die auf eine unrechtmäßige Rechtsstellung der Beschwerdegegnerin schließen lassen könnte, zumal die Erfolgsaussichten des nationalen Rechtsstreites und der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen der Bewertung durch das EPA und die Beschwerdekammern entzogen sind.

Schließlich sind die von der Beschwerdeführerin angeführten Indizien, die nach ihrer Auffassung auf ein unrechtmäßiges Verhalten der Beschwerdegegnerin und eine Rechtsinhaberschaft zu ihren Gunsten schließen ließen (vgl. insoweit auch die Aufzählung in dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer beigefügten Vorlagenfragen A, B und C), der Beurteilung durch die Beschwerdekammer entzogen. Die Zuständigkeit liegt insoweit ausschließlich bei den nationalen Stellen (Gericht, Staatsanwaltschaft).

3.2.3 Auch im Übrigen gelten die von der Rechtsabteilung genannten und von ihr berücksichtigten Ermessenserwägungen uneingeschränkt fort und werden von der Beschwerdekammer auch unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände und der Interessenlagen der Parteien in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht dahingehend gewürdigt, dass eine weitere Aussetzung des Patenterteilungsverfahrens nicht länger angezeigt ist, dieses Verfahren vielmehr fortzusetzen ist.

4. Hilfsanträge

4.1 Der erste Hilfsantrag unterscheidet sich allein insoweit vom Hauptantrag, dass die Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens in zeitlicher Hinsicht dahingehend konkretisiert wird, dass sie erst nach dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf erfolgen soll.

Er ist aus denselben Erwägungen wie der Hauptantrag unbegründet, weil die Entscheidung der Rechtsabteilung, die Fortsetzung des Patenterteilungsverfahrens anzuordnen, bei Abwägung der Interessen beider Parteien sowohl unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung geltenden Umstände als auch unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände am Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zutreffend war und ist.

4.2 Für das von der Beschwerdeführerin mit den Hilfsanträgen 2 und 3 verfolgte Begehren, das Patenterteilungsverfahren erst nach Abgabe einer Verpflichtungserklärung der Beschwerdegegnerin fortsetzen, mangelt es an einer Rechtsgrundlage im EPÜ, so dass diese Anträge bereits unzulässig sind.

Unabhängig davon gelten auch bezüglich dieser Hilfsanträge die obigen Erwägungen.

5. Vorlage an die Große Beschwerdekammer

Die Beschwerdeführerin hat die Vorlage verschiedener Rechtsfragen an die Große Beschwerdekammer angeregt, wegen deren Inhaltes auf die entsprechenden Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2013 Bezug genommen wird.

5.1 Eine solche Vorlage käme nur in Betracht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellte.

5.2 Dass es derzeit eine uneinheitliche Rechtsanwendung gäbe, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht vorgetragen, so dass schon deshalb eine Vorlage unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht kommt (vgl.: Benkard-Günzel, EPÜ, 2. Auflage 2012, Art. 112, Rn. 5f.).

5.3 Aber auch eine grundsätzliche Bedeutung der angeregten Vorlagefrage ist nicht erkennbar, weil die vorzulegende Frage im Wesentlichen auf die Beurteilung des Falles gerichtet ist, über den die Kammer zu entscheiden hat (vgl. Benkard-Günzel, a.a.O., Rn. 7).

Außerdem ist die Frage auf (Teil-) Aspekte des Falles beschränkt, die zwar bei der Ermessensentscheidung über die Beendigung der Aussetzung bzw. deren Fortsetzung im Rahmen der Gesamtabwägung der Interessen des Dritten, des Anmelders und der Öffentlichkeit mit Berücksichtigung finden können, aber für sich genommen nicht ausschlaggebend sind.

Im Übrigen betreffen sie Umstände und Bewertungen der Erfolgsaussichten der von der Beschwerdeführerin angestrengten Verfahren, deren Beurteilung ausschließlich den zuständigen nationalen Stellen obliegt.

6. Rückzahlung der Beschwerdegebühren

Soweit die Beschwerdeführerin die Rückzahlung der Beschwerdegebühren beantragt, die mit den hilfsweise am 25. November 2011 und am 11. Januar 2012 eingelegten Beschwerden zum Aktenzeichen R 14/141-2009 eingezahlt wurden, kann darüber keine Entscheidung ergehen. Diese Zahlungen wären möglicherweise rechtsgrundlos, aber jedenfalls außerhalb des vorliegenden Beschwerdeverfahrens in Bezug auf andere Mitteilungen der Rechtsabteilung als die streitgegenständliche angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung bewirkt worden (siehe insoweit auch Punkt 2.1 oben).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Mit Verkündung dieser Entscheidung (17. Juni 2013) wird das Erteilungsverfahren fortgesetzt.

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