J 0007/08 () of 8.12.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:J000708.20101208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2010
Aktenzeichen: J 0007/08
Anmeldenummer: 03017221.7
IPC-Klasse: F24F 13/078
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Zu- und Abluftleuchte mit veränderbarer Einbauhöhe und niedrigem Schalleistungspegel für Unter- und Überdruck-Decken
Name des Anmelders: SBB Holding GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 106(1)
European Patent Convention R 11(3)
European Patent Convention R 103(1)(a)
Rules relating to fees Art 7
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 18
European Patent Convention 1973 Art 21(1)
European Patent Convention 1973 Art 86(2)
European Patent Convention 1973 R 9(3)
European Patent Convention 1973 R 67
Rules relating to fees Art 8
Schlagwörter: Existenz einer Entscheidung; Ersatzzahlungen im Rahmen von Artikel 8 GebO 1973 und Artikel 7 GebO
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0008/81
J 0012/84
J 0022/85
J 0020/00
J 0006/08
T 0842/90
T 0009/00
T 0630/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Schreiben vom 9. April 2008, das beim Europäischen Patentamt (EPA) an diesem Tag einging, wendet sich die Rechtsnachfolgerin SBB Holding GmbH & Co. KG der ursprünglichen Anmelderin Spittler Lichttechnik der europäischen Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 03017221.7 gegen ein mit "Entscheidung" bezeichnetes und mit 13. Februar 2008 datiertes Dokument des EPA, mit dem der am 26. Mai 2006 dort eingegangene Antrag der Anmelderin vom 24. Mai 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen wurde. Die Eintragung des Rechtsübergangs erfolgte mit Wirkung vom 2. April 2008. Die nunmehrige Anmelderin (im Folgenden: "die Anmelderin") vertritt die Auffassung, dass das Dokument wegen eines schweren Formmangels keine rechtswirksame Entscheidung darstelle. Gleichzeitig legte sie vorsorglich Beschwerde gegen die "Entscheidung" ein und begründete die Beschwerde. Für den Fall, dass eine neue erstinstanzliche Entscheidung aufgrund des gerügten Formmangels ergehe, beantragt die Anmelderin, Erwägungen der Be schwerdebegründung für die neu zu fassende Entscheidung zu berücksichtigen und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entsprechen. Des Weiteren beantragt die Anmelderin, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung ist nicht gestellt. Mit Entscheidung vom 8. Mai 2008 befand der Formalprüfer, dass der Beschwerde nicht abgeholfen werde, und legte diese der Beschwerdekammer vor.

II. Die europäische Patentanmeldung Nr. 03017221.7 wurde am 29. Juli 2003 eingereicht. Mit Schreiben des EPA vom 2. September 2005 erging an die Anmelderin ein Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ 1973, Artikel 2 Nr. 5 GebO (Gebührenordnung) 1973, in dem der 31. Juli 2005 als Fälligkeitstag der Jahresgebühr für das 3. Jahr genannt wurde. Mit Schreiben vom 16. März 2006 stellte das EPA gemäß Regel 69 (1) EPÜ 1973 mit Formschreiben ("EPA Form 2524") einen Rechtsverlust fest: Die Patentanmeldung gelte gemäß Artikel 86 (3) EPÜ 1973 als zurückgenommen. Die Jahresgebühr für das dritte Jahr und die Zuschlagsgebühr, so hieß es in dem vorformulierten Text, seien "nicht rechtzeitig bzw. nicht in voller Höhe rechtzeitig" entrichtet worden.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2006, eingegangen am 26. Mai 2006, beantragte die seinerzeitige anwaltliche Vertreterin der Anmelderin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte aus, die versäumte Handlung zur Zahlung der dritten Jahresgebühr in Höhe von EUR 400,00 mit Zuschlag in Höhe von EUR 40,00 werde in Form eines dem Schreiben beigefügten Verrechnungsschecks nachgeholt. Ein weiterer Verrechnungsscheck über die Wiedereinsetzungsgebühr lag dem Schreiben ebenfalls bei. Beide Schecks wurden vom EPA eingelöst. Die Vertreterin trug vor, dass der Auftrag zur Zahlung der dritten Jahresgebühr nebst Zuschlagsgebühr in Höhe von EUR 418 bereits am 23. Dezember 2005 bei dem beauftragten Kreditinstitut, einer deutschen Stadtsparkasse, veranlasst worden sei. Ihr Kollege habe die Einzahlung am Schalter der Stadtsparkasse selbst vorgenommen. Ein diesbezüglicher, vom Kreditinstitut abgestempelter Überweisungsbeleg war beigefügt. Die Gründe für die nicht rechtzeitig erfolgte Überweisung an das EPA seien nach Auskunft des Kreditinstituts nicht mehr feststellbar.

Auf die im Rahmen von Artikel 113 EPÜ 1973 ergangene Mitteilung des EPA vom 21. August 2006 hin erklärte die Vertreterin, in ihrer Kanzlei werde die Buchhaltung für alle Zahlungen und Eingänge vierteljährlich der bearbeitenden Steuerkanzlei übergeben. Die Rückmeldung (über die nicht erfolgte Überweisung) hätte demnach frühestens nach dem 31. März 2006 in ihre Kanzlei gelangen können, d.h. nach der Mitteilung über den Rechtsverlust vom 16. März 2006. Das beauftragte Kreditinstitut habe erklärt, dass es bei der Vielzahl von kleineren Auftragsscheinen um die Jahreswende herum immer einmal wieder vorkommen könne, dass ein Auftrag übersehen werde, weil er an einem anderen Blatt "hängen geblieben" sei. Die Vertreterin fügte eine eidesstattliche Erklärung ihres Kollegen bei, die inhaltlich aus folgendem Satz besteht: "Hiermit versichere ich an Eides statt, am 23.12.2005 die Einzahlung der 3. Jahresgebühr nebst Zuschlag i.H.v. EUR 418,00 für EP 03 017 221.7-1268 bei der Stadtsparkasse ... veranlaßt habe [sic]."

III. Mit dem Dokument vom 13. Februar 2008, das die Absatzüberschriften "Entscheidung", "Entscheidungsgründe" und "Rechtsmittelbelehrung" trägt ("EPA Form 2901"), wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen; die "Entscheidungsgründe" waren als Anlage ("EPA Form 2916") beigefügt. Am rechten oberen Rand von EPA Form 2901 sind die Kontaktdaten der Dienststelle Den Haag des EPA kleingedruckt wiedergegeben. Darunter findet sich, ebenfalls kleingedruckt, die Angabe "Formalsachbearbeiter", die durch einen Namen sowie Telefonnummern bei den Dienststellen München und Den Haag ergänzt wird. Unten links befindet sich das Dienstsiegel des EPA. Die Anlage ist in die mit "Sachverhalt und Anträge", "Entscheidungsgründe" und "Entscheidungsformel" überschriebenen Abschnitte gegliedert.

Zur Begründung der Zurückweisung hieß es in den "Entscheidungsgründen", die Zahlung der Jahresgebühr habe dem Vertreter oblegen. Gerade weil dem Vertreter wohl bewusst gewesen sei, dass Überweisungen abhanden kommen könnten bzw. nicht ausgeführt würden, hätte er im Hinblick auf die verlangte Sorgfaltspflicht überprüfen müssen, ob der Überweisungsauftrag durchgeführt worden sei. Der Vertreter hätte sich nicht ausschließlich auf die Abgabe des Überweisungsbeleges bei dem Kreditinstitut verlassen dürfen.

IV. Mit der Begründung im Schreiben vom 9. April 2008 rügt die Anmelderin, die seit Mitte Januar 2008 durch einen anderen, zugelassenen Vertreter vertreten wird, zunächst, dass es sich beim dem als "Entscheidung" bezeichneten Schriftstück vom 13. Februar 2008 nicht um eine rechtswirksame Entscheidung handle, da das Schriftstück jedenfalls einen schweren Formmangel aufweise. Der "Entscheidung" sei nämlich nicht zu entnehmen, von welchem Organ des EPA sie erlassen worden sei, so dass die Anmelderin nicht überprüfen könne, ob dieses Organ hierfür zuständig gewesen sei.

Vorsorglich legte die Anmelderin gegen die "Entscheidung" Beschwerde ein. Nach ihrer Auffassung besteht die zu entscheidende rechtliche Frage darin, ob ein zugelasse ner Vertreter, der rechtzeitig vor Fristablauf eine für Geldüberweisungen zuverlässig arbeitende Bank oder Sparkasse auswählt, um die Zahlung an das EPA durch eine Überweisung durchzuführen, gehalten ist, die Tätigkeit der Bank oder Sparkasse noch zu überwa chen.

Wiedereinsetzung sei zu gewähren, wenn der Anmelder oder sein Vertreter alle gebotene Sorgfalt beachtet habe und das Fristversäumnis trotz aller gebotenen Sorgfalt eingetreten sei. Nach einer ausführlichen Erörterung dieser Voraussetzungen kommt die Anmelderin zum Schluss, dass das Fristversäumnis bei der Durchführung der Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr trotz der Beachtung aller gebotenen Sorgfalt aufgetreten sei, sodass der Antrag auf Wiedereinset zung in den vorigen Stand - und damit auch die Beschwerde - begründet seien.

V. In einer Mitteilung vom 29. Dezember 2009 gab die Kammer ihre vorläufige und nicht bindende Auffassung zu den aufgeworfenen Fragen wieder. Danach handelt es sich bei dem als Entscheidung bezeichneten Schriftstück, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen wurde, sowohl seiner Form als auch seinem Inhalt nach um eine Entscheidung. Die Entscheidung sei von einem Formalsachbearbeiter erlassen worden. Gemäß Regel 9(3) EPÜ 1973 (Regel 11 (3) EPÜ) könne ein Formalsachbearbeiter für den Erlass einer Entscheidung als ein ihm übertragenes Geschäft zuständig sein.

Der Formalsachbearbeiter habe den Antrag der Beschwerdeführerin als Antrag auf Wiedereinsetzung behandelt, ohne zu prüfen, ob es einer Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall möglicherweise deshalb nicht bedurft habe, weil die Frist zur Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlag gemäß Artikel 8(1)a), 3a)ii) und b), 2. Halbsatz GebO in der ab 3. Januar 2002 geltenden Fassung als eingehalten angesehen werden könne. Für die Kammer stelle sich die Frage, ob eine Zahlungsfrist auch dann im Sinn von Artikel 8 (3) GebO als eingehalten angesehen werden könne, wenn der Eingang des Geldes nach Fristablauf nicht mehr auf den ursprünglichen Überweisungsauftrag, sondern auf eine in der Zwischenzeit veranlasste weitere Zahlungshandlung zurückzuführen sei. Der Kammer sei bekannt, dass das EPA in einem anderen Fall, der früheren europäischen Patentanmeldung Nr. 00402334.7, eine Ersatzzahlung anerkannt habe. Die Gründe, die hierzu geführt hätten, ergäben sich aus der öffentlich zugänglichen Akte nicht. Der Kammer sei insbesondere nicht bekannt, ob, und wenn ja, unter welchen Umständen und aus welchen Gründen die Anerkennung von Ersatzzahlungen einer generell geübten Praxis und/oder Rechtsauffassung des Amtes entspreche. Die Kammer habe sich deshalb gemäß Artikel 18 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern ("VOBK"; ABl. EPA 2007, 537) an die Präsidentin des EPA gewandt und dieser Gelegenheit gegeben, sich schriftlich zu den Fragen zu äußern, welche der vorliegende Fall in Bezug auf die Entrichtung von Gebühren aufwerfe. Das Schreiben an die Präsidentin datiert vom 22. Dezember 2009.

VI. Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 antwortete die seinerzeitige Präsidentin des EPA, dass bis dahin nur wenige Fälle zu entscheiden gewesen seien, in denen es um die Frage gegangen sei, ob das Amt eine Zahlungsfrist auch dann im Sinne von Artikel 7 (3) GebO als eingehalten ansehe, wenn der Eingang der Gebühr nach Fristablauf nicht mehr auf den ursprünglichen Überweisungsauftrag, sondern auf eine Ersatzzahlung zurückzuführen sei, die erst nach Erlass einer Rechtsverlustmitteilung durch das Amt veranlasst worden sei. Man könne insoweit daher nicht von einer konsolidierten Praxis des Amtes sprechen. Bei dem angesprochenen Erteilungsverfahren (EP 00402 334.7) habe es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt, in der eine spätere Ersatzzahlung von Prüfungs- und Benennungsgebühren durch Einreichung eines Schecks als rechtzeitig im Sinne von Artikel 7(3) GebO (Artikel 8(3) GebO 1973) anerkannt worden sei.

In einzelnen Fällen, in denen ein Bankinstitut einen fristgemäß erteilten Überweisungsauftrag fehlerhaft nicht ausgeführt habe, habe das Amt eine spätere Ersatzzahlung nach Vorlage entsprechender Beweise des Anmelders als rechtzeitig anerkannt. Allerdings sei die Ersatzzahlung seit dem 1. April 2008 nur noch in Form einer erneuten Banküberweisung und nicht mehr durch Einreichung eines Schecks möglich (siehe hierzu ABl. EPA 2007, 626, Abschaffung der Zahlung per Scheck). Diese Einzelentscheidungen hätten auf der Anwendung des Artikels 7(3) GebO beruht.

Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die eine Ausnahme von Artikel 7(1)(a) GebO darstelle, sei es nach Auffassung der Präsidentin, dem Einzahler die Möglichkeit einzuräumen, das Risiko aus Verzögerungen im Zahlungsverkehr, auf die er keinen Einfluss habe, dadurch auszuschließen, dass er die Zahlung spätestens 10 Tage vor Ablauf einer Zahlungsfrist veranlasse. Werde die Zahlung zeitgerecht veranlasst, so komme es auf den Eintritt des Leistungserfolges - z.B. der Gutschrift auf dem Konto des EPA - nicht an, da dieser außerhalb seiner Sphäre liege.

Die in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen dürften auf der Überlegung beruhen, dass die Fälle, in denen der Überweisungsauftrag ohne Verschulden des Einzahlers nicht ausgeführt werde, nicht schlechter zu stellen seien als die Fälle, in denen es zu Verzögerungen bei der Zahlungsübermittlung komme.

Jedoch sei es stets Voraussetzung bzw. sei es stets Voraussetzung gewesen, dass der Anmelder alles in seinen Kräften Stehende getan habe, damit die Zahlung rechtzeitig erfolge. In den entschiedenen Fällen habe daher dem Amt nachgewiesen werden müssen, dass der Anmelder rechtzeitig die Zahlung des Betrags bei einem Bankinstitut veranlasst oder einen Auftrag zur Überweisung des zu entrichtenden Betrags einem Bankinstitut formgerecht erteilt gehabt habe. Das Amt habe insoweit entsprechende Nachweise gefordert, z.B. eine Erklärung des Bankinstituts, um damit auszuschließen, dass der Anmelder selbst die Nichtausführung der Überweisung zu vertreten gehabt habe (z.B. fehlende Unterzeichnung des Auftrags oder Unterdeckung des Kontos).

VII. In ihrer Stellungnahme vom 15. Februar 2010 stimmte die Anmelderin den Ausführungen der seinerzeitigen Präsidentin zum Sinn und Zweck der Vorschrift des Artikels 7 (3) GebO zu. Ferner sei die früheren Entscheidungen zugrunde liegende Überlegung, der Einzahler dürfte ohne Verschulden bei einer Nichtausführung des Überweisungsauftrags nicht schlechter gestellt werden als bei einer Verzögerung der Zahlungsübermittlung, nachvollziehbar und überzeugend. Die Voraussetzung eines Nachweises über die formgerechte Erteilung des Überweisungsauftrags sei im vorliegenden Fall erfüllt, sodass die Ersatzzahlung als rechtzei tige Zahlung gemäß Artikel 7 (3) a) ii) i. V. m. b) anzusehen sei. Der angefochtene Beschluss sei bereits aus diesem Grunde aufzuheben.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

1.1 Ausgangspunkt

Die Beschwerdekammer kann sich mit dem Schreiben der Anmelderin vom 9. April 2008 nur dann sachlich befassen, wenn über die vorsorglich eingelegte Beschwerde gegen das EPA-Dokument vom 13. Februar 2008 zu entscheiden ist. Denn gemäß Artikel 21 (1) EPÜ 1973 sind die Beschwerdekammern nur für die Prüfung von Beschwerden zuständig. Dabei ist ihre Zuständigkeit auf die Prüfung von Beschwerden gegen Entscheidungen der Eingangsstelle, der Prüfungsabteilungen, der Einspruchsabteilungen und der Rechtsabteilung beschränkt. Auch gemäß Artikel 106 (1) EPÜ sind nur die Entscheidungen dieser EPA-Organe mit der Beschwerde anfechtbar.

Das angegriffene EPA-Dokument vom 13. Februar 2008 müsste demnach eine Entscheidung eines dieser Organe darstellen. Die Anmelderin hat zu erkennen gegeben, dass sie mit ihrer Aussage, es liege keine "rechtswirksame" Entscheidung vor, davon ausgeht, dass gar keine Entscheidung existiert. Sie hat nämlich die Beschwerde nur vorsorglich erhoben und beantragt, im Falle des Ergehens einer neuen erstinstanzlichen Entscheidung Erwägungen der Beschwerdebegründung zu berücksichtigen. Die Kammer bemerkt hierzu, dass sie bei Nichtvorliegen einer Entscheidung eine Behandlung des Schreibens der Anmelderin vom 9. April 2008 der ersten Instanz zu überlassen hätte. Das würde ungeachtet des Umstands, dass der Formalprüfer die Beschwerde der Kammer vorgelegt hat, gelten.

1.2 Die Existenz einer Entscheidung

Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern hängt die Frage, ob ein Dokument eine Entscheidung darstellt - im Zweifel - von der Substanz seines Inhalts und nicht von seiner Form ab (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage 2010, VII.E.7.2.2, insbesondere J 8/81, ABl. EPA 1982, 10).

Das hier maßgebliche Dokument vom 13. Februar 2008 behandelt den Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr nebst Zuschlagsgebühr. EPA Form 2901 trägt - wie ausgeführt - die Absatzüberschriften "Entscheidung", "Entscheidungsgründe" und "Rechtsmittelbelehrung". In den als Anlage (EPA Form 2916) beigefügten Entscheidungsgründen wird der Sachverhalt dargestellt, und in dem mit "Entscheidungsgründe" überschriebenen Teil der Anlage wird erläutert, warum auf der Grundlage des geltenden Rechts das Begehren der Anmelderin zu versagen sei. Das Dokument schließt mit einer "Entscheidungsformel" ab, mit der der Antrag auf Wiedereinsetzung ausdrücklich zurückgewiesen wird. Nach alledem ist dieses Dokument nach Form und Inhalt als Entscheidung einzustufen.

Die Anmelderin ist zwar der Auffassung, es mangele an einer existenten Entscheidung, weil dem verfahrensgegenständlichen Dokument nicht zu entnehmen sei, von welchem Organ des EPA es erlassen worden sei.

Hierzu stellt die Kammer fest, dass gemäß Regel 9(3) EPÜ 1973 (jetzt Regel 11 (3) EPÜ) ein Formalsachbearbeiter für den Erlass einer Entscheidung als ein ihm übertragenes Geschäft zuständig sein kann. Des Weiteren ist im vorliegenden Fall aus den Umständen ersichtlich, dass der Formalsachbearbeiter mit der angefochtenen Entscheidung für die Prüfungsabteilung gehandelt hat. Das ergibt sich im Einzelnen aus den folgenden Erwägungen:

Zwar ist das Organ, für welches der Formalsachbearbeiter gehandelt hat, in der Entscheidung nicht angegeben. Jedoch hat in der "Mitteilung gemäß Artikel 113 EPÜ" vom 21. August 2006, die auf den Antrag auf Wiedereinsetzung vom 24. Mai 2006 Bezug nimmt und der Vorbereitung der angefochtenen Entscheidung diente, derselbe Formalsachbearbeiter wie in der angefochtenen Entscheidung (unter Angabe der auch in der angefochtenen Entscheidung genannten Münchner Telefonnummer) unterzeichnet, und zwar ausdrücklich "Für die Prüfungsabteilung". Auch die Rechtsverlustmitteilung vom 16. März 2006 erging durch die Prüfungsabteilung, die am Ende der Mitteilung ausdrücklich genannt ist (wenn es auch im Briefkopf "EPA Kundendienst" heißt). Damit ist klar ersichtlich, dass der Formalsachbearbeiter die angefochtene Entscheidung ebenfalls für die Prüfungsabteilung verfasst hat.

Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass in dem mit 2. September 2005 datierten Schreiben des "EPA Kundendienstes" der Generaldirektion 1 des EPA ohne Nennung eines Bediensteten ein Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ 1973 und Artikel 2 Nr. 5 GebO 1973 betreffend die Zahlung der Jahresgebühr für das dritte Jahr mit Zuschlagsgebühr auf EPA Form 2522 erging. Denn hierbei handelt es sich um eine freiwillige Dienstleistung des Amtes. Das Übereinkommen enthält keine Bestimmung, wonach das Amt dem Anmelder oder seinem Vertreter mitteilen muss, dass Gebühren - und damit auch die Jahresgebühr für das dritte Jahr - nicht rechtzeitig gezahlt worden sind. (Siehe J 12/84, ABl. 1985, 108, Nr. 4 der Entscheidungsgründe.) Die Tätigkeit des "EPA Kundendienstes" erlaubt daher keine Rückschlüsse auf ein Handeln des Formalsachbearbeiters beim Erlass der angefochtenen Entscheidung für ein anderes Organ als die Prüfungsabteilung.

Alle diese Umstände waren auch für die Anmelderin erkennbar, so dass ihre Behauptung, sie habe nicht nachprüfen können, ob das die Entscheidung erlassende Organ zuständig gewesen sei, nicht zutrifft.

Da der Formalsachbearbeiter für die Prüfungsabteilung gehandelt hat, liegt eine Entscheidung dieses in Artikel 21(1) EPÜ 1973 und 106 (1) EPÜ genannten Organs vor. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die von der Rechtsprechung der Beschwerdekammern als entscheidend angesehene Substanz des Inhalts, sondern darüber hinaus auch im Hinblick auf die Erkennbarkeit des die Entscheidung erlassenden Organs. Die Frage, ob eine solche Erkennbarkeit Voraussetzung für die Anerkennung des Entscheidungscharakters ist, kann daher offen bleiben.

Für das Vorliegen einer Entscheidung ist es im Übrigen unerheblich, ob diese rechtswirksam erlassen worden ist. Auch eine rechtsfehlerhafte Entscheidung kann in der Regel nur im Wege ihrer Aufhebung durch die Beschwerdekammer nach eingelegter Beschwerde beseitigt werden. Es ist deshalb im vorliegenden Fall für das Vorliegen einer Entscheidung und die Notwendigkeit, zu ihrer Beseitigung Beschwerde einzulegen, insbesondere auch unerheblich, ob der Formalprüfer für den Erlass der Entscheidung tatsächlich zuständig war. Vielmehr war die Einlegung einer Beschwerde als Voraussetzung für die Möglichkeit der von der Beschwerdeführerin begehrten Beseitigung der erlassenen Entscheidung notwendig. Die vorsorglich eingelegte Beschwerde ist deshalb als Beschwerde zu werten und die Anmelderin damit als Beschwerdeführerin anzusehen.

Die Voraussetzung, ob eine Entscheidung von einem zuständigen Organ erlassen wurde, ist im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde zu prüfen und kann die Zulässigkeit der Beschwerde nicht in Frage stellen. (Vgl. T 9/00, ABl. EPA 2002, 275, Nr. 1a der Entscheidungsgründe.).

1.3 Ergebnis

Da das EPA-Dokument vom 13. Februar 2008 eine Entscheidung darstellt, ist das Schreiben der Anmelderin vom 9. April 2008 als Beschwerde zu werten. Mangels Bedenken gegen das Vorliegen der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung zulässig.

2. Begründetheit der Beschwerde

2.1 Ausgangspunkt

Der Formalsachbearbeiter hat den Antrag der Beschwerdeführerin als Antrag auf Wiedereinsetzung behandelt, ohne zu prüfen, ob es einer Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall möglicherweise deshalb nicht bedurfte, weil die Frist zur Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlag als eingehalten angesehen werden kann. In diesem Fall wäre der Wiedereinsetzungsantrag gegenstandslos. Das Amt hat aber bei der Auslegung von Erklärungen des Anmelders den objektiv erkennbaren Willen zu erforschen und kann den Anmelder nicht an dem Wortlaut von Erklärungen festhalten, insbesondere, wenn dies zu einem für den Anmelder ungünstigen Ergebnis führt (vgl. J 6/08, Nr. 7 der Entscheidungsgründe). Die Kammer hat daher zunächst zu untersuchen, ob die Zahlungsfrist versäumt worden ist.

2.2 Maßgebliche Rechtsvorschriften

Für Gebührenzahlungen, die vor dem Inkrafttreten der im Lichte des EPÜ 2000 revidierten Gebührenordnung vorgenommen wurden, gilt die bis zu diesem Zeitpunkt in Kraft stehende Gebührenordnung (siehe Artikel 2 Nr. 3 des Beschlusses der Verwaltungsrats vom 7. Dezember 2006 zur Änderung der Gebührenordnung, Sonderausgabe Nr. 1 ABl. EPA 2007, S. 199 f.). Die revidierte Gebührenordnung trat am selben Tag wie das EPÜ 2000 in Kraft (siehe Artikel 2 Nr. 1 des letztgenannten Beschlusses), d.h. am 13. Dezember 2007. Vorliegend erfolgte die Erteilung des Überweisungsauftrags am 23. Dezember 2005, und die Zahlungsfrist endete am 31. Januar 2006. Damit ist die vor dem Inkrafttreten der revidierten Gebührenordnung in Kraft stehende Gebührenordnung maßgeblich. Artikel 8 dieser Fassung, die vom 3. Januar 2002 (siehe Beschluss des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001, ABl. EPA 2001, 378 ff.) bis zum Inkrafttreten der revidierten Fassung weiter galt und in dieser Entscheidung als "GebO 1973" bezeichnet wird, trägt die Überschrift "Maßgebender Zahlungstag". Er hat auszugsweise den nachstehenden Wortlaut, der mit dem des entsprechenden Artikels 7 GebO 2000 identisch ist.

(1) Als Tag des Eingangs einer Zahlung beim Amt gilt:

a) im Fall des Artikels 5 Absatz 1 Buchstaben a und b [Einzahlung oder Überweisung auf ein Bankkonto bzw. Postscheckkonto des Amts] der Tag, an dem der eingezahlte oder überwiesene Betrag auf einem Bank- oder Postscheckkonto des Amts tatsächlich gutgeschrieben wird;

(3) Gilt eine Gebührenzahlung gemäß ... [Absatz 1] erst nach Ablauf der Frist als eingegangen, innerhalb der sie hätte erfolgen müssen, so gilt diese Frist als eingehalten, wenn dem Amt nachgewiesen wird, dass der Einzahler

a) innerhalb der Frist, in der die Zahlung hätte erfolgen müssen, in einem Vertragsstaat:

ii) einen Auftrag zur Überweisung des zu entrichtenden Betrags einem Bankinstitut oder Postscheckamt formgerecht erteilt hat ... und

b) eine Zuschlagsgebühr in Höhe von 10 % der betreffenden Gebühr oder Gebühren, höchstens jedoch EUR 150 entrichtet hat; die Zuschlagsgebühr wird nicht erhoben, wenn eine Handlung nach Buchstabe a spätestens zehn Tage vor Ablauf der Zahlungsfrist vorgenommen worden ist.

(4) Das Amt kann den Einzahler auffordern, innerhalb einer vom Amt zu bestimmenden Frist den Nachweis über den Zeitpunkt der Vornahme einer der Handlungen nach Absatz 3 Buchstabe a zu erbringen und gegebenenfalls die Zuschlagsgebühr nach Absatz 3 Buchstabe b zu entrichten. Kommt der Einzahler dieser Aufforderung nicht nach, ist der Nachweis ungenügend oder wird die angeforderte Zuschlagsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet, so gilt die Zahlungsfrist als versäumt.

Artikel 8 (3) a) ii) GebO 1973 verlangt bei Zahlung durch Überweisung durch ein Bankinstitut lediglich die form- und fristgerechte Erteilung des Auftrags hierzu. Geht der überwiesene Betrag beim EPA nach Ablauf der Frist ein, so gilt diese Frist gemäß Artikel 8 (4) GebO 1973 eingehalten, wenn dem EPA auf Aufforderung hin nachgewiesen wird, dass der Einzahler die Voraussetzungen von Artikel 8 (3) a) ii) GebO 1973 erfüllt und ggf. die Zuschlagsgebühr entrichtet hat. Unter diesen Voraussetzungen wird die Rechtzeitigkeit der Zahlung fingiert: "Mit der Zahlung der Zuschlagsgebühr erkauft sich der Einzahler das Recht, die Zahlungsfrist bis zum letzten Tag ausnutzen zu können, ohne sich um den rechtzeitigen Eingang beim Amt kümmern zu müssen" (so Singer/Stauder, 2. Auflage 2000, Anhang 5, Artikel 8 Gebührenordnung, Randnr. 16).

2.3 Anwendung der maßgeblichen Rechtsvorschriften

2.3.1 Die Beschwerdeführerin hat zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass ihre damalige Vertreterin mehr als 10 Tage vor Ablauf der Zahlungsfrist einen Auftrag zur Überweisung des zu entrichtenden Betrags einem Bankinstitut formgerecht im Sinne von Artikel 8(3)a)ii) GebO 1973 erteilt hat. Der Kollege der damaligen Vertreterin hat nämlich eine Überweisung zugunsten des deutschen Bankkontos des EPA über den geschuldeten Betrag der dritten Jahresgebühr nebst Zuschlagsgebühr in Höhe von insgesamt EUR 418 mehr als fünf Wochen vor Fristablauf bei einem Kreditinstitut in München in Auftrag gegeben. Der Nachweis wurde durch den von dem Kreditinstitut abgestempelten Überweisungsträger sowie die vorgelegte eidesstattliche Erklärung erbracht.

2.3.2 Dieser Überweisungsauftrag wurde von dem Kreditinstitut jedoch nicht ausgeführt. Die Beschwerdeführerin hat allerdings mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag durch Überreichung eines Verrechnungsschecks zur Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr eine Ersatzzahlung vorgenommen. Dieser Scheck ging mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 26. Mai 2006 im Amt ein und wurde vom EPA eingelöst.

2.3.3 Damit ist nunmehr die Frage zu prüfen, ob eine Zahlungsfrist auch dann im Sinn von Artikel 8 (3) GebO 1973 als eingehalten angesehen werden kann, wenn der Eingang des Geldes nach Fristablauf nicht mehr auf den ursprünglichen Überweisungsauftrag, sondern auf eine in der Zwischenzeit veranlasste weitere Zahlungshandlung zurückzuführen ist.

In der Entscheidung J 22/85, ABl. EPA 1987, 455, hat die Juristische Beschwerdekammer dies - allerdings ohne nähere Begründung - für einen Fall anerkannt, in dem der Anmelder den Überweisungsauftrag noch vor Fristablauf storniert hatte, weil er erkannt hatte, dass dieser nicht mehr rechtzeitig ausgeführt werden würde, und er diesen nach Fristablauf durch eine andere Zahlungsart (Scheck) ersetzt hatte.

Wie oben unter Nr. V ausgeführt, hat sich die Kammer im Hinblick auf die frühere europäische Patentanmeldung Nr. 00402334.7, in der das Amt eine Ersatzzahlung anerkannt hatte, gemäß Artikel 18 VOBK an die seinerzeitige Präsidentin gewandt. Diese legte in ihrer Antwort u.a. dar, dass das Amt in einzelnen weiteren Fällen Ersatzzahlungen anerkannt habe, die auf der Anwendung des Artikels 7(3) GebO beruht hätten. Diese Vorschrift solle es ermöglichen, das Risiko aus Verzögerungen im Zahlungsverkehr, auf die der Einzahler keinen Einfluss habe, durch Veranlassung der Zahlung spätestens 10 Tage vor Ablauf der Zahlungsfrist auszuschließen. In diesem Fall komme es auf den Eintritt des Leistungserfolges - z.B. der Gutschrift auf dem Konto des EPA - nicht an, da dieser außerhalb seiner Sphäre liege. Die vorgenannten Einzelentscheidungen des Amtes - so die Präsidentin - dürften auf der Überlegung beruhen, dass die Fälle, in denen der Überweisungsauftrag ohne Verschulden des Einzahlers nicht ausgeführt werde, nicht schlechter zu stellen seien als die Fälle, in denen es zu Verzögerungen bei der Zahlungsübermittlung komme.

2.3.4 Die Kammer hält dieses Ergebnis für sachgerecht.

Artikel 8(3) GebO 1973 enthält keinerlei zeitliche Begrenzung des Zeitpunkts nach Fristablauf, bis zu dem der verspätete Betrag beim Amt eingegangen sein muss, um noch die Fiktion der Einhaltung der Frist gemäß Artikel 8(3) GebO 1973 auszulösen. Die Vorschrift stellt lediglich darauf ab, in welchem zeitlichen Verhältnis zum Fristablauf der Überweisungsauftrag erteilt wurde. Eine Zahlung, die nach Erlass einer Rechtsverlustmitteilung beim Amt eingeht, kann danach als solche noch unter den Wortlaut von Artikel 8(3) GebO 1973 subsumiert werden. Das steht im Einklang mit den Entscheidungen T 842/90 und J 20/00, wo es als möglich angesehen wurde, dass die dort veranlasste Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 10 % als Voraussetzung dafür, das die Zahlung als rechtzeitig erfolgt angesehen werden kann, noch lange nach Fristablauf auf Aufforderung der Kammer erfolgte.

Eine Unterscheidung danach, ob der späte Zahlungseingang nach Fristablauf noch auf der ursprünglichen Veranlassung beruht oder ob er im Wege einer Ersatzzahlung herbeigeführt wurde, weil der Anmelder zwischenzeitlich festgestellt hat, dass der ursprüngliche Auftrag nicht ausgeführt wurde, erscheint der Kammer nicht gerechtfertigt. Denn in beiden Fällen liegt der Leistungserfolg nicht in der Sphäre des Einzahlers.

2.3.5 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag durch Überreichung eines Verrechnungsschecks zur Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr in Höhe von 10 % der Jahresgebühr eine Ersatzzahlung vorgenommen. Die Entrichtung einer weiteren Zuschlagsgebühr auf diesen Gesamtbetrag gemäß Artikel 8 (3) b) GebO 1973 war nicht erforderlich, da der ursprüngliche, nicht ausgeführte Überweisungsauftrag mehr als 10 Tage vor Fristablauf erteilt worden war. Der Verrechnungsscheck ging mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 26. Mai 2006 im Amt ein und wurde vom EPA eingelöst.

Die Beschwerdeführerin hat dabei sogar zuviel bezahlt. Sie hat nämlich einen höheren als den mit Schreiben des EPA vom 2. September 2005 genannten Betrag in Höhe von insgesamt EUR 418 (380 + 38) entrichtet, nämlich EUR 440 (400 + 40). Versäumt wurde aber nur die Zahlung des in dem Schreiben genannten Betrages; zwischenzeitlich erfolgte Gebührenerhöhungen bleiben außer Betracht.

2.4 Ergebnis

2.4.1 Nach alledem sind die Voraussetzungen von Artikel 8(1)a), 3a)ii) und b), 2. Halbsatz GebO 1973 erfüllt, und die Zahlungsfrist für die 3. Jahresgebühr nebst Zuschlagsgebühr gilt als eingehalten. Einer Wiedereinsetzung bedarf es damit nicht, und der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin ist gegenstandslos. Demzufolge wurde die entsprechende Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet und ist zu erstatten. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, ohne dass es auf weitere Fragen ihrer Rechtmäßigkeit, insbesondere Zuständigkeitsfragen, ankäme.

2.4.2 Der zuviel bezahlte Betrag für die 3. Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr in Höhe von EUR 22 (EUR 440 abzüglich EUR 418) ist ebenfalls ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Er ist ebenfalls zu erstatten, da es sich hierbei um keinen Bagatellbetrag im Sinne von Artikel 10 c) GebO 1973 und Artikel 1 des Beschlusses des Präsidenten des EPA vom 6. September 2001 (ABl. EPA 2001, 521) handelt, der EUR 10 beträgt.

3. Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr sei wegen des Formmangels des angefochtenen Dokumentes begründet, der in dem Umstand liege, dass diesem nicht zu entnehmen sei, von welchem Organ des EPA es erlassen worden sei, so dass die Beschwerdeführerin nicht überprüfen könne, ob dieses Organ hierfür zuständig gewesen sei. Sofern das Dokument keine Entscheidung darstelle, sei die Beschwerdegebühr ohne Rechtsgrund gezahlt. Für den Fall, dass das Vorliegen einer erstinstanzlichen Entscheidung angenommen werde, sei diese wegen des Formmangels aufzuheben, sodass auch in diesem Fall die Rückzahlung der Beschwerdege bühr angezeigt sei. Diesem Vorbringen kann aus den nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden.

Wie oben (unter Nr. 1.2) festgestellt, ist das angefochtene Dokument vom 13. Februar 2008 als Entscheidung einzustufen. Die Beschwerdegebühr wurde daher mit Rechtsgrund gezahlt.

Als maßgebliche Rechtsgrundlage für eine denkbare Rückzahlung kommen daher nur Regel 67 Satz 1 EPÜ 1973 oder die entsprechende Regel 103 (1) a) EPÜ 2000 in Betracht. Da letztere Vorschrift den Artikeln 109 und 111 EPÜ 2000 zuzuordnen ist, die sich nicht in der Aufzählung des Artikels 1 des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der EPÜ-Revisionsakte vom 29. November 2000 (siehe Sonderausgabe Nr. 1/2007 ABl. EPA, S. 197 f.) finden, greift Regel 67 Satz 1 EPÜ 1973 ein (vgl. T 630/08, Nr. 1 der Entscheidungsgründe). Danach wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr u.a. dann angeordnet, wenn der Beschwerde durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangel der Billigkeit entspricht.

Der angefochtenen Entscheidung selbst mag zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen sein, von welchem Organ des EPA sie erlassen worden ist. Wie die Kammer aber oben (unter Nr. 1.2) festgestellt hat, ist aus den Umständen klar ersichtlich, dass der Formalsachbearbeiter die angefochtene Entscheidung für die Prüfungsabteilung verfasst hat. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe nicht überprüfen können, ob die Entscheidung von einem zuständigen Organ des EPA erlassen worden sei, trifft daher nicht zu. Der geltend gemachte wesentliche Verfahrensmangel kann somit nicht festgestellt werden.

Andere denkbare Verfahrensmängel sind weder ersichtlich noch wurden sie vorgetragen. Der Formalsachbearbeiter hat zwar in fehlerhafter Weise den Antrag der Beschwerdeführerin als Antrag auf Wiedereinsetzung behandelt, ohne die Voraussetzungen von Artikel 8 (3) GebO 1973 zu prüfen. Hierbei handelt es sich jedoch um einen materiellen Fehler, der nicht von Regel 67 Satz 1 EPÜ 1973 erfasst wird.

Damit findet eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 67 EPÜ 1973 nicht statt. Auch ein sonstiger Rechtsgrund für eine Rückzahlung ist nicht erkennbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage einer wirksamen Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr zurückverwiesen.

3. Die Gebühr für den Wiedereinsetzungsantrag sowie der den geschuldeten Betrag der 3. Jahresgebühr mit Zuschlagsgebühr übersteigende Betrag von EUR 22 sind zu erstatten.

4. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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