J 0005/02 (Wiedereinsetzung/BERNAUER) of 30.7.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:J000502.20020730
Datum der Entscheidung: 30 Juli 2002
Aktenzeichen: J 0005/02
Anmeldenummer: 00102349.8
IPC-Klasse: F16B 21/07
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schiebe-Klemmhalterung
Name des Anmelders: Bernauer, Erich
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 122
European Patent Convention 1973 Art 133(1)
European Patent Convention 1973 Art 91
European Patent Convention 1973 R 64(b)
European Patent Convention 1973 R 111(2)
Schlagwörter: Antrag auf Wiedereinsetzung, Nichtzahlung der Gebühr, Vertrauensschutz (nein)
Weitere Voraussetzungen nicht erfüllt (unerheblich)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0005/07
J 0019/10
J 0026/10
T 0267/08
T 1846/11

Sachverhalt und Anträge

I. Am 17. Oktober 2000 erging zur europäischen Anmeldung Nr. 00 102 349.8 die Feststellung eines Rechtsverlustes (Regel 69 (1) EPÜ) durch die Eingangsstelle, nämlich daß der auf die Anmeldung DE 19904501 gestützte Prioritätsanspruch mangels rechtzeitiger Einreichung einer beglaubigten Abschrift dieser Voranmeldung erloschen sei. In der Mitteilung (EPA Form 1070) wurde sowohl auf die Antragsmöglichkeit nach Regel 69 (2) EPÜ als auch auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "bei Wahrung der nach Artikel 122 EPÜ zu beachtenden Fristen und Formerfordernisse" hingewiesen.

II. Daraufhin beantragte der Vertreter des Anmelders mit am 15. Dezember 2000 eingegangenen Schreiben selbigen Tages "vorsorglich" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und versicherte, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um ein mutwilliges Versäumnis handle, sondern um die praktische Einstellung auf der Grundlage der langjährigen Erfahrung mit dem EPA, nämlich daß keine Neuheitsschädigung eintrete, wenn - wie hier - das europäische Patent innerhalb des Prioritätsjahres angemeldet wird.

III. Mit Mitteilung vom 1. Februar 2001 wies die Eingangstelle den Anmeldervertreter darauf hin, daß trotz der am 30. Juni 2000 an ihn gesandten Mitteilung nach Regel 41 (1), 111 (2) i.V.m. Artikel 91 (1) EPÜ (EPA Form 1111 - Aufforderung zur Nachreichung einer beglaubigten Abschrift der Prioritätsanmeldung innerhalb einer Frist von zwei Monaten mit Hinweis auf sonstigen Verlust des Prioritätsanspruches gemäß Artikel 91 (3) EPÜ) keine beglaubigte Abschrift rechtzeitig eingereicht wurde; es sei daher beabsichtigt, die Feststellung des Rechtsverlustes aufrecht zu erhalten, da der Antrag nach Regel 69 (2) EPÜ wegen Nichtzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr als nicht gestellt zu bewerten sein werde und auch nicht im Sinne von Artikel 122 (3) EPÜ begründet worden sei. "Im Zuge des rechtlichen Gehörs" wurde eine zweimonatige Äußerungsfrist eingeräumt.

IV. Am 21. März 2001 ging beim Amt die Wiedereinsetzungsgebühr sowie ein Schreiben des Anmeldervertreters ein, worin er sein Zuwarten mit der Entrichtung der Wiedereinsetzungsgebühr damit erklärte, daß ihm in einem anderen Fall, in dem er die Gebühr gleichzeitig mit dem Antrag entrichtet hatte, mitgeteilt worden sei, er hätte erst den Beschluß abzuwarten; wie er bereits dargelegt habe, liege kein Versäumnis, sondern ein Mißverständnis vor, welches zwar als Fehler zu sehen, in Zukunft aber nicht mehr auftreten werde. Da die Wiedereinsetzungsgebühr nun entrichtet sei, werde um Stattgebung des Antrages gebeten.

V. Der ausstehende Prioritätsbeleg wurde am 12. Mai 2001 nachgereicht.

VI. Am 5. Juni 2001 erging die standardisierte Entscheidung (EPA Form 1145a) der Eingangsstelle über die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages mit der Begründung, daß die versäumte Handlung nicht rechtzeitig nachgeholt, die Wiedereinsetzungsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet und der Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet worden sei.

VII. Am 17. Juli 2001 reichte der Anmeldervertreter per Telefax eine "Beschwerde gegen die Zurückweisung des verspätet eingereichten Prioritätsbeleges der deutschen Prioritätsanmeldung" zusammen mit folgender wesentlicher Begründung ein: Der Vertreter habe die verspätete Nachreichung der vom Amt verlangten Prioritätsurkunde beantragt. Mit der Gebührenzahlung habe er bis zum zustimmenden Bescheid zugewartet, da in einem früheren Fall das Amt die Zahlung vor Bescheidzustellung gerügt habe. Nun führte die nicht erfolgte Zahlung mit zum ablehnenden Bescheid. In einer anderen Anmeldung habe das Amt auf einen Prioritätsbeleg verzichtet; im Recherchenbericht der vorliegenden Anmeldung sei auch nur die eigene Voranmeldung angeführt. Angesichts der widrigen Umstände werde beantragt, "die Beschwerde positiv zu bescheiden".

VIII. Die Beschwerdegebühr wurde am 6. August 2001 gezahlt.

Entscheidungsgründe

1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. Was Regel 64. b) EPÜ anbelangt, so ist in der Beschwerde zwar die angefochtene Entscheidung nicht ausdrücklich und hinsichtlich ihres Inhaltes unrichtig angegeben, nämlich Zurückweisung "des verspätet eingereichten Prioritätsbeleges" statt richtigerweise des Wiedereinsetzungsantrages; unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles einschließlich der Tatsache, daß zur in der Beschwerdeschrift bezeichneten Anmeldung bisher nur die eine beschwerdefähige Entscheidung ergangen ist, kann aber kein Zweifel bestehen, welche Entscheidung durch die vorliegende Beschwerde angefochten werden soll. Auch der Antrag auf positiven Bescheid der Beschwerde kann im gegebenen Zusammenhang als Begehren auf Aufhebung der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages gedeutet werden.

2. In der Sache kann über die Beschwerde unmittelbar entschieden werden, da eine mündliche Verhandlung nicht beantragt worden ist und sich die Begründung der Beschwerdeentscheidung auf die nicht rechtzeitige Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr beschränken kann (siehe Punkt 3, unten). Zu diesem Entscheidungsgrund hat der Beschwerdeführer sowohl vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung (Punkt IV, oben), als auch in der Beschwerdebegründung Stellung genommen. Insoweit ist das rechtliche Gehör im Sinne von Artikel 113 (1) EPÜ in beiden Instanzen gewährt.

3. Die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist zurecht erfolgt:

3.1. Die Einhaltung der - gemäß Artikel 122 (5) EPÜ nicht wiedereinsetzbaren - zweimonatigen Zahlungsfrist gemäß Artikel 122 (2) und (3) EPÜ ist gesetzliche Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Erstinstanz hat richtigerweise und vom Anmelder/Beschwerdeführer selbst in der Beschwerdebegründung unbestritten festgestellt, daß diese Frist versäumt wurde. Tatsächlich ist die Wiedereinsetzungsgebühr erst etwa fünf Monate nach Zugang der fristauslösenden Feststellung des Rechtsverlustes vom 17. Oktober 2000 gezahlt worden.

3.2. Auch das Vorbringen des Vertreters des Beschwerdeführers, er habe mit der Zahlung zugewartet, weil - sinngemäß - das Amt in einem anderen Fall verlangt habe, mit der Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr bis zur Zustellung der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag zuzuwarten, kann daran nichts ändern. Dies auch dann nicht, wenn man diesen Vortrag - wohlwollend, weil nicht so formuliert - so versteht, daß das Amt dadurch den Vertreter irregeführt und somit gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes (siehe dazu insbesondere G 2/97, ABl. 1999, 123) verstoßen habe: Selbst unterstellt, das Amt habe eine solche fehlerhafte Information an den Vertreter gegeben - was unwahrscheinlich und jedenfalls nicht nachgewiesen ist -, so darf ein berufsmäßiger Vertreter nicht daraus ableiten, daß die einschlägigen gesetzlichen Regelungen - hier Artikel 122 EPÜ, auf welchen in der förmlichen Mitteilung des festgestellten Rechtsverlustes vom 17. Oktober 2000 ausdrücklich hingewiesen wurde - nicht mehr maßgeblich seien: Hat er die Unrichtigkeit der (angeblichen) Vorgangsweise nicht erkannt, muß er sich eine grundsätzlich unentschuldbare Unkenntnis des Gesetzes vorhalten lassen; hat er diese doch erkannt, ist er nicht irregeführt worden.

4. Somit ist die Frage, ob zusätzlich auch die Begründungspflicht nach Artikel 122 (3) EPÜ nicht erfüllt wurde - wie die Erstinstanz im Hinblick darauf festgestellt hat, daß nach ihrer dem Anmeldervertreter vorab mitgeteilten Auffassung das Schreiben des Vertreters vom 15. Dezember 2000 mit dem (vorsorglichen) Wiedereinsetzungsantrag kein diesen begründendes Tatsachen- oder Rechtsvorbringen enthält (siehe oben Punkt 2) - für die Beschwerde nicht mehr entscheidungserheblich.

5. Ebenso kann der Umstand außer Betracht bleiben, daß die angefochtene Entscheidung noch auf einen dritten, dem Beteiligten ersichtlich nicht vorab mitgeteilten Zurückweisungsgrund gestützt ist, nämlich die nicht rechtzeitige Nachholung der versäumten Handlung (Artikel 122 (2) EPÜ). Hierin könnte ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (Artikel 113 (1) EPÜ) liegen. Ein schwerwiegender, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigender Verfahrensfehler läßt sich daraus aber nicht ableiten, weil die zusätzliche Angabe dieser weiteren nicht erfüllten Wiedereinsetzungsvoraussetzung unter den hier gegebenen Umständen (siehe insbesondere Punkt 3. und 4, oben) keinen Einfluß auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hatte.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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