D 0007/92 () of 16.1.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:D000792.19960116
Datum der Entscheidung: 16 Januar 1996
Aktenzeichen: D 0007/92
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat sich vom 19. bis 21. April 1989 der europäischen Eignungsprüfung unterzogen. Seine vier Prüfungsarbeiten sind wie folgt bewertet worden:

Prüfungsarbeit A:3 (gut)

Prüfungsarbeit B:5 (leicht mangelhaft)

Prüfungsarbeit C:5 (leicht mangelhaft)

Prüfungsarbeit D:4 (befriedigend).

II. Gegen die Entscheidung der Prüfungskommission vom 4. Oktober 1989, daß er die Prüfung nicht bestanden habe, legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, der die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten am 5. Juli 1991 u. a. mit der Maßgabe stattgab, daß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Prüfungskommission zurückverwiesen wurde.

III. Daraufhin hat die Prüfungskommission erneut die Angelegenheit überprüft und entschieden, daß der Beschwerdeführer die Prüfung nicht bestanden hat. Gegen diese Entscheidung vom 11. Februar 1992, zugestellt am 21. Februar 1992, hat der Beschwerdeführer am 16. April 1992 Beschwerde eingelegt. Die erforderliche Gebühr wurde am 15. April 1992 entrichtet und die Beschwerdebegründung am 21. Mai 1992 eingereicht.

IV. Zur Begründung trug der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß die für die Bewertung der Prüfungsarbeiten maßgeblichen Grundsätze (schedule of marks) nicht vor der Prüfung veröffentlicht bzw. ihm mitgeteilt worden seien. Darin liege ein "Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip". Daß diese Grundsätze nur einem begrenzten Personenkreis bekannt gegeben werden, müsse als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gewertet werden. Sollten die Bewertungsgrundsätze von der Prüfungskommission erlassen worden sein, reduzierten sie in unzulässiger Weise das Prüferermessen auf null. Seien es dagegen die Prüfungs­ausschüsse selbst, die diese Maßstäbe aufstellten, verstießen sie gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Bewertung. Im übrigen müsse eine zutreffende Bewertung seiner vier Arbeiten dazu führen, daß er 48,38 % bzw. 49,38 % aller Punkte erzielt habe. Damit müsse seine Leistung im Rahmen einer angemessenen Gesamtprüfung noch als durchschnittlichen Anforderungen genügend angesehen werden.

V. In seiner anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 1996 schriftlich übermittelten Stellungnahme führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, die Begründung der Prüfungskommission in ihrem Bescheid vom 11. Februar 1992 verstoße in mehrfacher Weise gegen die "Anweisungen an die Prüfungsausschüsse für die Bewertung der Prüfungsarbeiten".

Die von der Prüfungskommission praktizierte Ermessens­ausübung stehe im Widerspruch zu Ziffer II dieser Anweisungen. Insbesondere sei die im vorliegenden Fall von zwei Prüfungsarbeiten, die mit der Note 5 bewertet worden sind, angewandte Methode des sogenannten Leistungssplitting mit kumulativ gefordertem Teil­leistungsausgleich rechtlich unzulässig. Zumindest hätte aus dem Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eine solche Methode vor der Prüfung veröffentlicht werden müssen.

VI. Demgemäß beantragt der Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und festzustellen, daß der Beschwerdeführer die europäische Eignungsprüfung 1989 bestanden hat, hilfsweise

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an die Prüfungskommission zurückzuverweisen, sowie

der Großen Beschwerdekammer die Fragen vorzulegen,

a) ob die im Fall von zwei Fünfern von der Prüfungs­kommission praktizierte Ermessensausübung gemäß Richtlinien RL 1, 2, 3 (Seite 2 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung) - sog. Leistungssplitting mit kumulativ gefordertem Teilleistungsausgleich ­rechtmäßig ist,

b) und wenn ja, ob sie dann wegen der überraschenden Auswirkung (siehe Ziffer 2.3.3) nicht wenigstens zuvor hätte publiziert werden müssen?

VII. Die Prüfungskommission hat beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

VIII. Gestützt auf Artikel 27 (4) Satz 1 VEP hat die Kammer dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter und dem Präsidenten des Europäischen Patent­amtes Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Vertreterin des Präsidenten des Europäischen Patentamtes beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 1996, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Wie die Kammer in der vorausgehenden Entscheidung D 3/90 ausgeführt hat, handelt es sich vorliegend um einen Grenzfall unter dem alten Recht. In Ziffer 4 dieser Entscheidung, auf die insoweit verwiesen wird, hat die Kammer die Grundsätze aufgestellt, nach denen dieser Grenzfall beurteilt werden muß.

3. Nach Auffassung der Kammer würdigt der neue Bescheid der Prüfungskommission vom 11. Februar 1992, ausgehend von den oben genannten Grundsätzen, in angemessener und rechtlich nicht zu beanstandender Weise die vom Beschwerdeführer erzielten Prüfungsergebnisse. Die Prüfungskommission wertet im Rahmen des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens die Mängel in den Arbeiten B und C als "zu schwerwiegend", als daß sie durch die Leistungen in den übrigen Prüfungsarbeiten hätten ausgeglichen werden können.

4. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß die Differenzierung zwischen praktischen und rechtlichen Leistungen innerhalb der einzelnen Prüfungsarbeiten nicht zulässig sei, vermag die Kammer nicht zu folgen. Diese Unterscheidung ermöglicht gerade ein Eingehen auf die sachliche Qualität einer Prüfungsarbeit und stellt nicht, wie von der Kammer in der Entscheidung D 3/90 gerügt worden war, auf eine rein arithmetische Betrachtung der Punktezahlen und der sich daraus ergebenden Noten ab.

5. Insbesondere hat die Prüfungskommission bei der neuerlichen Bewertung gerade nicht mehr, was offen­sichtlich der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 16. Januar 1996 übersehen hat, auf den zweifellos anfechtbaren Grundsatz abgestellt, daß bei einem Notenbild der vorliegenden Art alle als Ausgleich zu prüfenden Leistungen, einschließlich der Einzelabschnitte innerhalb der verschiedenen Prüfungsarbeiten, eindeutig mindestens mit der Note 3 oder entsprechenden Durch­schnittswerten bewertet sein müssen. Vielmehr werden, unabhängig von der Forderung einer bestimmten Note, die Leistungen des Beschwerdeführers in den Teilbereichen der jeweiligen Prüfungsarbeiten auf ihre sachliche Angemessenheit im Verhältnis zum geforderten Ergebnis überprüft. Daß diese Prüfung zu der Feststellung führt, daß die übrigen Leistungen des Beschwerdeführers die schwerwiegenden Mängel in den Arbeiten B und C nicht ausgleichen können, liegt im Rahmen des üblichen Ermessens der Prüfungskommission, das von der Kammer nicht zu überprüfen ist. Eine mißbräuchliche Ausübung dieses Ermessens, z. B. durch eindeutig unzulässige Bewertungskategorien, wie es der Beschwerdeführer vorträgt, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

6. Der weitere Antrag des Beschwerdeführers, die Große Beschwerdekammer mit den von ihm genannten Fragen zu befassen, ist ebenfalls nicht begründet. Wie diese Kammer ausführlich in ihrer Entscheidung vom 15. Dezember 1982, D 5/82, dargelegt hat, ist die Befassung der Großen Beschwerdekammer durch die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ausgeschlossen. Auf die Begründung unter Ziffer 5 dieser Entscheidung wird insoweit verwiesen (ABl. EPA 1983, 181 ff). Dieser Grundsatz ist in einer weiteren Entscheidung vom gleichen Tage, D 7/82, bestätigt worden (ABl. EPA 1983, 185). Die spätere Entscheidung der Kammer vom 5. März 1989, D 3/89 (ABl. EPA 1991, 257), steht zu den vorausgehend genannten nicht im Widerspruch. Auch hier wird die Befassung der Großen Beschwerdekammer durch die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten als zweifelhaft angesehen, nur hilfsweise auch aus sachlichen Gründen der Vorlageantrag für unbegründet gehalten. Diese Kammer ist jedoch der Auffassung, daß ein sachliches Eingehen auf einen solchen Vorlageantrag nicht erforderlich ist, da er bereits aus den in der Entscheidung D 5/82 genannten grundsätzlichen Erwägungen zurückzuweisen ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag vom 16. Januar 1996, die Große Beschwerdekammer zu befassen, wird zurückgewiesen.

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