D 0002/91 () of 17.10.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:D000291.19911017
Datum der Entscheidung: 17 October 1991
Aktenzeichen: D 0002/91
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat sich der europäischen Eignungsprüfung vorn 4. bis 6. April 1990 unterzogen. Die Prüfungskommission hat in einem Bescheid, der am 5. Dezember 1990 ergangen ist, dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er die Prüfung nicht bestanden habe.

II. In der Prüfung hat der Beschwerdeführer in den vier verschiedenen Prüfungsarbeiten die Noten A:6 (Sehr mangelhaft), B:3 (Gut), C:2 (Sehr gut) und D:5 (Mangelhaft) bekommen. Die Prüfungskommission hat ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß bei einer Note 6 nur dann eine Überprüfung vorzunehmen sei, wenn das Ergebnis der übrigen Prüfungsarbeiten erheblich über der Note Befriedigend (4) liege. Da eine der Arbeiten mit der Note 5 bewertet worden sei, lägen keine besonders guten Ergebnisse in allen übrigen Arbeiten vor. Deshalb könne die Note 6 nicht ausgeglichen werden.

III. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt. In einem Schriftsatz vom 27. August 1991 hat der Beschwerdeführer schließlich beantragt, die Entscheidung der Prüfungskommission aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Die Beschwerde ist hauptsächlich wie folgt begründet:

Die Prüfungskommission hat von dem Hinweis in früheren Entscheidungen der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten Gebrauch gemacht, daß bei einer Note 6 ein Eingehen auf die konkreten Umstände durch die bloße Bezugnahme auf Nummer VI der Anweisungen an die Prüfungsausschüsse ersetzt werden kann. Gerade diese pauschale Bezugnahme wirft Probleme auf und zieht Konsequenzen nach sich, die über den vorliegenden Einzelfall hinaus Anlaß zu Bedenken geben. Die Anweisungen sind von der Prüfungskommission selbst erlassen worden, die aber vorrangig nicht an sie selbst gerichtet sind1 sondern an die untergeordneten Ausschüsse.

Ein weiteres Problem ist, daß die Prüfungskommission keine Befugnis hat, Rechtsnormen zu setzen. Sie bedarf zur Aufstellung von Anweisungen, die Wirkungen wie beispielsweise eine Rechtsverordnung entfalten, einer gesonderten Ermächtigung. Nur der Artikel 12 Abs. i der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für die beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter des Verwaltungsrates der europäischen Patentorganisation kommt als eine solche ausdrückliche Ermächtigung in Betracht.

Artikel 12 Abs. 3 VEP schreibt vor, daß die Prüfungskommission die Arbeiten derjenigen Bewerber prüft, die nur für mindestens die Hälfte der Prüfungsarbeiten die zum Bestehen ausreichende Bewertung erzielt haben, und anhand dieser Gesamtprüfung entscheidet, ob der Bewerber die Prüfung bestanden hat. Dies bedeutet, daß sich die in Abs. 1 genannten Anweisungen gerade nicht auf die Grenzfallentscheidung des Abs. 3 erstrecken sollen, die vielmehr direkt auf der Grundlage des Artikels 12 Abs. 3 zu treffen ist.

Die Formulierung Artikel 12 Abs. 3 läßt nicht nur die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes zu, sondern legt diese geradezu nahe. Die Tatsache, daß Artikel 12 VEP vorn Verwaltungsrat am 7. Dezember 1990 geändert worden ist (AB1. EPA 1991, 16), wobei die von der Prüfungskommission festgelegten Mindestnoten zu. ersten Mal sanktioniert werden und die Ermächtigung gegeben ist, auch den Grenzfall pauschal in Richtlinien zu regeln, läßt den Rückschluß zu, daß die entsprechende Ermächtigung vorher nicht vorhanden war.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer hat zu entscheiden, ob die Begründung der Prüfungskommission ausreichend ist, um die Feststellung zu ermöglichen daß die Ausübung des Ermessens nicht willkürlich ist (z. B. D 4/89, Punkt 2 der Entscheidungsgründe), bzw. ob die VEP und/oder die Anweisungen verletzt worden sind. Dazu muß die Begründung nicht unbedingt umfassend sein; konkrete Hinweise auf zutreffende Beispiele in den Prüfungsarbeiten sind ausreichend, um zu zeigen, warum der Bewerber insgesamt die Eignungsprüfung nicht bestehen konnte.

3. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Prüfungskommission direkt auf die Anweisungen an die Prüfungsausschüsse für die Bewertung der Prüfungsarbeiten 1988 und 1989 (AB1. EPA 1988, 233 und 1989, 136), Nr. V und VI, um zu erklären, warum bei der Gesamtprüfung die Ergebnisse der anderen Arbeiten nicht ausreichend seien, um die Noten 5 und 6 auszugleichen. In früheren, ähnlichen Fällen hat die Kammer darauf hingewiesen, daß das Erfordernis eines Eingehens auf die konkreten Umstände des Einzelfalles bei einer Note 6 durch die bloße Bezugnahme auf Nr. VI der Anweisungen ersetzt werden kann (D 3/87, ABL, EPA 1988, 31, Punkt 2, siehe auch D 7/88, Punkt 3, nicht veröffentlicht). In D 7/88 fand die Kammer jedoch bei dem Notenbild 2,6,4,4, wegen der sehr guten Note 2, daß ein einfacher Hinweis auf die Anweisungen allein eine negative Entscheidung nicht tragen könne (Punkt 4 der Entscheidungsgrunde).

Die Prüfungskommission ist im vorliegenden Fall (Notenbild 6,3,2,5) dieser Auslegung der Kammer nachgekommen, indem sie noch einen zweiten Grund für ihre Entscheidung berücksichtigt, nämlich daß die Note 5 in einer der anderen Arbeiten den Erfordernissen der Nr. VI der Anweisungen nicht entspreche. Wenn auch kurz dargelegt, ist dieser Grund doch genügend, um zu verstehen, welche Überlegungen die Prüfungskommission zu ihrem Schluß geführt haben. Die Begründung wäre damit ausreichend, um zu zeigen, daß bei der Ausübung des Ermessens die anwendbaren Bestimmungen eingehalten worden sind.

4. Der Beschwerdeführer behauptet aber, daß die Anweisungen nichtig seien, weil die Prüfungskommission nicht ermächtigt sei, Anweisungen zu Artikel 12 (3) VEP, zu erlassen. Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Im Gegenteil wäre es unrechtmäßig, wenn sich die Prüfungskommission nicht selbst an die Anweisungen hielte, die sie für die Ausschüsse nach Artikel 12 (1) VEP vorgeschrieben hat. Auch der Hinweis auf die neue Regelung vom Dezember 1990, wonach gewisse Mindestnoten schon in den Anweisungen vorhanden sind, kann dieses Prinzip nicht verändern und ist kein Beweis dafür, daß die früheren Maßstäbe der Prüfungskommission ungültig waren.

Es steht außer Zweifel, daß die Prüfungskommission nach Artikel 12 (1) VEP ermächtigt worden ist, den Prüfungsausschüssen die erforderlichen Anweisungen für eine Sicherstellung der Einheitlichkeit der Bewertung zu geben. Die Anweisungen beziehen sich außerdem auch auf Artikel 6 (b) VEP. Nach Artikel 6 (C) müssen die Ausschüsse für die Entscheidung in Grenzfällen eine Empfehlung geben. Dies bedeutet, daß Anweisungen für die Gesamtprüfung auch innerhalb der Ermächtigung des Verwaltungsrates stehen. Solche Anweisungen, wie in Nr. V bi5 VII, sind also an sich anwendbar, es sei denn, daß sie einen Verstoß gegen die VEP darstellen. Die Kammer hat in mehrere Fällen sich über diese Regelungen in den Anweisungen geäußert, aber bis jetzt keinen Verstoß darin gefunden (vgl. D 7/82, AB1. EPA 1983, 185, wonach die Kammer nichts einzuwenden hatte gegen die Anweisung, daß die Note 7 an sich das Nichtbestehen bedingt).

In D l—3/86, AB1. EPA 1987, 415, Punkt 3.2, wurde folgendes zu den Anweisungen geäußert: "Was die 'Anweisungen' anbelangt, so hat die Prüfungskommission für die Prüfungsausschüsse und indirekt für sich selbst durchaus zweckgerechte und den Grundsätzen der VEP entsprechende Richtlinien geschaffen und der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Der Ermessensgebrauch bei der "Grenzfall"-Entscheidung ist damit aber nicht nur an die Grundsätze in Artikel 12 VEP, sondern auch an deren Konkretisierung in den 'Anweisungen' gebunden."

Den damaligen Anweisungen aus 1983 (AB1. EPA 1983, 296), Nr. V - VII, entsprechen inhaltlich die gegenwärtigen Anweisungen aus 1988 — 89. Die Kammer ist immer noch der Auffassung, daß diese Anweisungen keinen Gegensatz zu den VEP darstellen. Es gibt somit auch für den vorliegenden Fall keinen Anlaß, diese Auffassung zu ändern.

5. Zu dem Argument des Beschwerdeführers, daß eine Mittelung des Wertes der vier Prüfungsarbeiten zulässig sei, ist nur zu sagen, daß es eine mögliche Methode zur Gesamtprüfung sein könnte, jedoch nicht diejenige, die für die europäische Eignungsprüfung anwendbar ist, vgl. D 1 - 3/86, wonach das Ergebnis der Gesamtprüfung nicht rein arithmetisch aus den Punktzahlen und den sich daraus ergebenen Noten gefunden werden kann. Die Kammer hat in dieser Entscheidung u. a. gesagt, daß die entscheidende Frage sei, ob dem Bewerber im Hinblick auf seine Gesamtleistung die berufliche Eignung abgesprochen werden muß. Dabei wird auch die Praxis-Relevanz des spezifischen Versagens in Betracht zu ziehen sein. Artikel 12 (2) VEP bedeutet, daß ein Bewerber, der in allen Prüfungsarbeiten gerade noch die Note 4 erreicht, die Prüfung bestanden hat, selbst wenn er besonders bei solchen Aufgaben versagt hat, die für die Praxis von größerer Bedeutung sind als jene Aufgaben, bei denen er seine besseren Leistungen zeigte (Punkt 3.3 — 3.5 der Entscheidungsgrunde D 1— 3/86).

Im Hinblick auf die Tatsache, daß die Eignungsprüfung in vier verschiedene Arbeiten aufgeteilt ist, ist das Ergebnis der Kammer in Dl-3/86 unmittelbar verständlich. Diese Aufteilung wäre nicht notwendig, wenn das Gewicht jeder Prüfungsarbeit gleich wäre.

6. Da die anwendbaren Bestimmungen nicht verletzt worden sind und die übrige Begründung des Beschwerdeführers nicht überzeugend ist, kann der Beschwerde nicht stattgegen werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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