D 0006/89 () of 11.12.1989

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1989:D000689.19891211
Datum der Entscheidung: 11 Dezember 1989
Aktenzeichen: D 0006/89
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat sich vom 22. bis 24. April 1987 der 8. europäischen Eignungsprüfung unterzogen. Mit Schreiben vom 17. November 1987 gab ihm der Vorsitzende der Prüfungskommission für die vier Prüfungsarbeiten A, B, C und D die nach der veröffentlichten Bewertungsskala (ABl. EPA 1983, 296) erzielten Noten bekannt und teilte ihm mit, daß die Prüfungsarbeit D unzureichend sei (Note 5) und die Leistungen in den anderen Prüfungsarbeiten (Note 4) nicht ausreichten, um insgesamt die zum Bestehen erforderliche Bewertung zu erzielen.

II. Auf eine Beschwerde gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten mit Entscheidung vom 15. September 1988 (D 03/88) die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung an die Prüfungskommission zurückverwiesen.

In der Begründung ihrer Entscheidung hat die Kammer, mit Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung in bezug auf sog. Grenzfall-Entscheidungen nach Artikel 5 (3) Satz 2 in Verbindung mit Artikel 12 (3) VEP, u. a. festgestellt, daß in einem Grenzfall der hier vorliegenden Art, wo der Bewerber drei Aufgaben bestanden hat und bei der vierten Aufgabe nur knapp gescheitert ist (Note 5, leicht mangelhaft), auf die konkreten Umstanden hingewiesen werden muß, z. B. auf einen ganz besonders schweren Fehler oder darauf, daß es dem Bewerber an der Fähigkeit mangelt, mit Problemen fertig zu werden, die für die berufliche Praxis von hoher Relevanz sind. Da in dem vorliegenden Fall derartige Erläuterungen fehlten, k6nne die Entscheidung der Prüfungskommission nicht als ausreichend begründet angesehen werden und müsse deswegen gemäß Artikel 23 (1) und (4) VEP aufgehoben werden.

III. Die Prüfungskommission ist auf einer Sitzung am 11. Oktober 1988 wieder zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer die Eignungsprüfung nicht bestanden hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 27. Januar 1989 eingereichte neue Beschwerde. Die Prüfungskommission hat diese Beschwerde nach Artikel 23 (3) VEP überprüft, aber beschlossen, ihr nicht abzuhelfen.

IV. Die Kammer hat sowohl dem Präsidenten des Europäischen Patentamts als auch dem Präsidenten des Rates des Instituts der zugelassenen Vertreter nach Artikel 23 (4) VEP i. V. m. Artikel 12 Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, aber keiner von ihnen hat zur Beschwerde sachlich Stellung genommen.

V. Die Prüfungskommission hat ihre erneute negative Entscheidung in relevanten Teilen wie folgt begründet:

"3. Ausgangspunkt für die Entscheidung der Prüfungskommission ist Art. 12 (3) VEP. Danach hat die Prüfungskommission anhand des Ergebnisses einer Gesamtprüfung Ihrer 4 Arbeiten zu entscheiden, ob Sie die Prüfung 1987 bestanden haben. Die Gesamtprüfung Ihrer 4 Arbeiten sucht eine Antwort auf die Frage, ob die Note 5 in der Arbeit D durch Ihre Leistungen in den Arbeiten A, B und C ausgeglichen werden kann. Ein solcher Ausgleich folgt nicht allein aus der Tatsache, daß Sie in den Arbeiten A, B und C jeweils die Note 4 erzielt haben. Die "Anweisungen an die Prüfungsausschüsse für die Bewertung der Prüfung arbeiten" (ABl. EPA 1983, 296 f.) lassen nicht erkennen, daß die Note 4 zum Ausgleich einer schlechteren Note herangezogen werden muß. Hingegen heißt es in den Anweisungen: Die Mangel einer mit der Note 5 bewerteten Arbeit - Ihre Arbeit D - sind nicht so schwerwiegend, daß sie ein Hindernis für den Erfolg der Prüfung "bei günstigem Ergebnis der anderen Prüfungsarbeiten" darstellen (Anweisungen für· die Bewertung Nr. V). Ein "günstiges Ergebnis der anderen Arbeiten" wird von der Prüfungskommission verneint, wenn bei einem Notenbild der hier vorliegenden Art zwei andere Prüfungsarbeiten mit einer unterdurchschnittlichen Note 4 bewertet worden sind, mag auch die dritte andere Arbeit mit einer überdurchschnittlichen Note 4 bewertet worden sein.

4. Für die folgenden Ausführungen verweise ich auf die in Ihrer Prüfungsakte befindlichen Bewertungsunterlagen.

Bei den Arbeiten A und B entspricht die Note 4 21-27 Punkten. Als durchschnittliche Note 4 sieht die Prüfungskommission eine Bewertung der Arbeit A oder B mit 24 Punkten an. Der Unterausschuß Elektrotechnik/Mechanik hat Ihre Arbeit A mit 23 Punkten und ihre Arbeit B mit 22 Punkten, also beide Arbeiten mit einer unterdurchschnittlichen Note 4 bewertet. Infolgedessen betrachtet die Prüfungskommission das Ergebnis Ihrer Arbeiten A, B und c insgesamt nicht als "günstig". Sie verkennt nicht, daß die Noten für Ihre Arbeit C (4) und D (5) in der jeweiligen Notenskala über dem Durchschnitt liegen.

5. Die Prüfungskommission bedauert daher, feststellen zu müssen, daß Sie Ihre Eignung, als zugelassener Vertreter vor dem Europäischen Patentamt tätig zu sein (vgl. Anweisungen für die Bewertung Nr. I}, in der europäischen Eignungsprüfung 1987 nicht hinreichend nachgewiesen haben."

VI. Der Beschwerdefuhre beantragt, daß die Kammer die erneute Entscheidung der Prüfungskommission gemäß Artikel 23 (4) VEP auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft und selbst in der Sache entscheidet. Gleichzeitig wird die. Ruckzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Der Kern der Begründung der Beschwerde ist, daß auch in diesem Fall eine ausreichende und konkrete Begründung, wie von der Kammer in ihrer Entscheidung vom 15. September 1988 verlangt, von der Prüfungskommission nicht gegeben worden ist und daß die Festlegung der Prüfungskommission auf einen bestimmten Notendurchschnitt um einen Grenzfall positiv zu entscheiden, weder durch die VEP noch durch die sog. Anweisungen abgedeckt oder gefordert ist, sondern als willkürlich bezeichnet werden muß.

VII. Der Kammer ist bekannt, daß der Beschwerdeführer die vom 20. bis 22. April 1988 durchgeführte 9. europäische Eignungsprüfung bestanden hat.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht Artikel 23 (2) VEP und ist daher zulässig.

2. Der Kern der Begründung der neuen Entscheidung der Prüfungskommission liegt offensichtlich in der Auffassung, daß die Möglichkeit, eine leicht mangelhafte Leistung (Note 5) - obwohl innerhalb der Notenskala über dem Durchschnitt liegend - auszugleichen aus Prinzip verneint werden muß, wenn zwei andere Prüfungsarbeiten mit einer "unterdurchschnittlichen" Note 4 bewertet worden sind, mag auch die dritte andere Arbeit mit einer "überdurchschnittlichen" Note 4 bewertet worden sein.

3. Die Kammer kann sich dieser Auffassung der Prüfungskommission nicht anschließen. Sie steht im klaren Gegensatz zu der grundlegenden Entscheidung der Kammer vorn 7. Mai 1987 in den Sachen D 01-D 03/86 (ABl. EPA 1987, 489), wo die Kammer festgestellt hat, daß die Antwort auf die Frage, ob einem Bewerber im Hinblick auf seine Gesamtleistung die berufliche Eignung abgesprochen werden muß, im Grenzbereich nicht rein arithmetisch aus den Punktzahlen und den sich daraus ergebenden Noten gefunden werden kann (siehe Gründen Nr. 3.3). Es ist, wie die Kammer in ihrer Entscheidung vom 15. September 1988 betont hat (vgl. Nr. II, oben), in einem Grenzfall der hier vorliegenden Art unbedingt erforderlich, auf die konkreten Umstande hinzuweisen, die einem Bestehen der Prüfung entgegenstehen, um eine negative Entscheidung plausibel zu machen. Die Entscheidung der Prüfungskommission ist somit auch dieses Mal nicht ausreichend mit Gründen versehen und muß infolgedessen gemäß Artikel 23 (1) und (4) VEP aufgehoben werden. Im Hinblick auf die Tatsache, daß der Beschwerdeführer inzwischen zugelassener Vertreter beim Europäischen Patentamt geworden ist (vgl. Nr. VII oben), erübrigen sich weitere Maßnahmen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Ruckzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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