D 0002/18 () of 5.4.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:D000218.20190405
Datum der Entscheidung: 05 April 2019
Aktenzeichen: D 0002/18
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Disziplinarrats des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (epi), nachfolgend ,,Disziplinarrat", vom 22. Dezember 2017 (CD XX/XXXX). Mit dieser Entscheidung hat der Disziplinarrat auf eine Anzeige gegen den zugelassenen Vertreter X wegen mehrerer Verstöße gegen Artikel 1 (Allgemeine Berufspflichten) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) sinngemäß erkannt, ,,die Angelegenheit zusammen mit den einschlägigen Unterlagen dem Disziplinarausschuss des EPA gemäß Artikel 6(2)c) VDV zu überweisen."

II. Jeweils mit auf den 21. Dezember 2017 datierten Schreiben (das Datum der Entscheidung trägt das Datum 22. Dezember 2017 !) wurde die Entscheidung mit ,,Registered letter with advice of delivery" dem Vertreter X, dem Präsidenten des epi sowie dem Präsidenten des EPA übermittelt. Beschwerden wurden vom Präsidenten des epi sowie von dem Vertreter X eingelegt (Artikel 8(2) VDV); der Präsident des EPA hat sich nicht geäußert.

III. Die Beschwerde des Vertreters X ist Gegenstand einer gesonderten Entscheidung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheit (DBK) unter demselben Aktenzeichen. Die vorliegende Entscheidung betrifft daher allein die Beschwerde des Präsidenten des epi. Beide Entscheidungen der DBK erfolgen in der gleichen personellen Zusammensetzung der Kammer.

IV. Mit Zwischenbescheid vom 27. November 2018 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Beschwerde wohl als unzulässig zu verwerfen sei, da sie nicht fristgerecht eingereicht wurde.

In dem Zwischenbescheid wurde dazu folgendes ausgeführt:

"2. Die angefochtene Entscheidung des Disziplinarrats des epi mit Datum 22. 12. 2017 wurde mit Schreiben des epi mit Datum 21. 12. 2017 übermittelt und tatsächlich ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 28. Dezember 2017 zugestellt. Die nach Artikel 22(1) Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung einzureichende Beschwerdebegründung ging beim Europäischen Patentamt jedoch erst am 8. März 2018 und somit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 28. Februar 2018 ein.

3. Die Zustellungsvorschriften nach Regel 126(2) EPÜ finden auf das vorliegende Disziplinarverfahren gemäß Artikel 21(2) VDV entsprechend Anwendung. Wenn man zugunsten des Beschwerdeführers von dem Datum der Entscheidung (22.12.2017) statt von dem Datum des Übermittlungsschreibens des epi (21.12.2017) ausgeht, wäre die zweimonatige Frist im Hinblick auf die am 8. März 2018 eingegangene Beschwerde nicht eingehalten (Entscheidungsdatum 22. Dezember 2017 plus 10 Tage nach Regel 126(2) EPÜ = 1. Januar 2018 plus 2 Monate = 1. März 2018)."

V. Mit e-mail vom 6. Februar 2019 hat der Präsident des epi hierzu wie folgt Stellung genommen:

"The Rapporteur appears to have admitted that the decision is dated 22.12.2017. To that extent, it cannot have been sent to the undersigned on 21.12.2017, and the deemed date of notification cannot be 31.12.2017 (or 01.01.2018). Should the Disciplinary Board of Appeal (DBA) maintain the view that the deemed date of notification was indeed such that the statement of grounds of appeal was received late, this is fine and the undersigned would kindly request the statement to be considered as observations."

VI. Mit Schreiben vom 24. August 2018 an den Vorsitzenden der Beschwerdekammer, Herrn C. Josefsson, hat der Präsident des epi die Frage nach der Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten für die Entscheidung über eine Beschwerde in dem hier vorliegenden Fall aufgeworfen. Nach Artikel 8(1) VDV entscheide die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten über Beschwerden gegen ,,Endentscheidungen" (Hervorhebung hinzugefügt) ... des Disziplinarrats des Instituts und des Disziplinarausschusses des Europäischen Patentamts. Die Kammer hat in ihrem Zwischenbescheid vom 27. November 2018 dazu ausgeführt, dass sie den Ausführungen in dem genannten Schreiben sinngemäß die Frage entnehme, ob die in der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats des epi angeordnete Überweisung der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des EPA (Artikel 6(2) c) VDV) eine solche Endentscheidung im Sinne von Artikel 8(1) VDV darstellt und die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten daher zuständig ist, über die Beschwerde gegen diese Entscheidung des Disziplinarrats zu entscheiden.

Die Kammer hat anschließend begründet (siehe Nr. 6.3 und 6.4 des Zwischenbescheids), aus welchen rechtlichen Gründen sie die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde für gegeben hält.

VII. Der Präsident des epi hat demgegenüber in seiner e-mail vom 6. Februar 2019 Anmerkungen ("observations") gemacht, wonach die vorliegende Entscheidung des Disziplinarrats nach Artikel 6(2) c) VDV keine Endentscheidung im Sinne von Artikel 8(1) VDV darstelle.

VIII. Da der Präsident des epi in seinen im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätzen keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, konnte eine Entscheidung über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren ergehen.

Entscheidungsgründe

Zuständigkeit der Beschwerdekammer für Disziplinarangelegenheiten

1. Die Beschwerdekammer hat in ihrem Zwischenbescheid vom 27. November 2018 die rechtlichen Gründe genannt, weshalb sie ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde für gegeben hält. Im Einzelnen hat sie darin folgendes ausgeführt:

"6.3. Nach Artikel 6(2) VDV kann der Disziplinarrat des epi, gegebenenfalls nach Durchführung von Ermittlungen, die in Absatz (2) a), b) und c) vorgesehenen Entscheidungen treffen, nämlich a) die Einstellung des Verfahrens, b) die Verhängung einer Warnung oder eines Verweises oder c) die Überweisung der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des EPA. Dabei stellen die Entscheidungen nach a), b) und c) gleichwertige Alternativen für eine Entscheidung dar, die jeweils das Verfahren vor dem Disziplinarrat des epi abschließt. Insbesondere steht die Entscheidung nach c) dabei nicht in einem Rang- oder Abhängigkeitsverhältnis zu den Entscheidungen nach a) oder b), worauf der Präsident des epi selbst in dem seine eigene Beschwerde betreffenden Schreiben vom 8. März 2018 (Grounds of appeal in case CD XX/XXXX) zutreffend hingewiesen hat. Anhaltspunkte für die Annahme, eine Entscheidung nach Artikel 6(2) c) VDV sei im Gegensatz zu Entscheidungen nach den Buchstaben a) und b) dieser Vorschrift keine Endentscheidung im Sinne von Artikel 8(1) VDV sind weder dem Wortlaut dieser Vorschriften entnehmbar noch anderweitig erkennbar. Keine Endentscheidung, sondern nur eine Zwischenentscheidung mag etwa dann vorliegen, wenn diese im Rahmen der ,,Durchführung einer als angemessen erachteten Ermittlung" des Sachverhaltes im Sinne von Artikel 6(2) erster Halbsatz VDV ergeht.

6.4. Dass es sich bei der Entscheidung nach Artikel 6(2)c) VDV um eine Endentscheidung handelt, ergibt sich auch aus Artikel 6(3) VDV. Danach ist das in Artikel 6(3) bis (5) VDV beschriebene Verfahren durchzuführen, wenn der Disziplinarrat nicht innerhalb der genannten Frist von neun Monaten eine endgültige Entscheidung trifft. Nach dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift kann sich diese endgültige Entscheidung aber nur auf eine Entscheidung nach Artikel 6(2) a) bis c) VDV beziehen.

Dieses Ergebnis findet schließlich mittelbar eine weitere Bestätigung in Artikel 8(1) VDV. Dort wurde allein insoweit ein Grund zur Klarstellung gesehen, als auch Entscheidungen über die Einstellung des Verfahrens (,,einschließlich ... ,,), also Entscheidungen nach Artikel 6(2) a) VDV, Endentscheidungen darstellen, für die im Falle einer dagegen eingelegten Beschwerde die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten gegeben ist."

2. Die Anmerkungen des Präsidenten des epi in seiner e-mail vom 6. Februar 2019 rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung der Zuständigkeitsfrage.

3. Dies gilt zunächst für die Aussage: "The French version of Article 6(3) is very clear in stating that a final decision is one where the Disciplinary Committee (DC) "peut statuer sur un manquement présumé aux règles de conduite professionnelle". Alternatives a) and b) are (final) decisions with dismissal, warning or reprimand, i.e. a conclusion has been reached on the alleged breach of the Rules of Professional Conduct. This is however not the case for alternative c) where the (final) decision is assigned to the Disciplinary Board (DB)".

Der französischen Fassung von Artikel 6(3) VDV kann dabei keine andere Bedeutung zugemessen werden als der deutschen oder englischen Fassung, in der von einer "endgültigen Entscheidung ... über den Vorwurf einer Verletzung der beruflichen Regeln" bzw. der "final decision ...

of an alleged breach of the Rules of Professional Conduct" die Rede ist. Wie bereits in dem Zwischenbescheid der Kammer vom 27. November 2018 (Nr. 6.4) ausgeführt, kann sich die in Artikel 6(3) VDV genannte "endgültige Entscheidung" nach dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift und mangels einer ersichtlichen Differenzierung im Gesetzestext nur auf eine Entscheidung nach Artikel 6(2) a) bis c) VDV beziehen. Auch im vorliegenden Fall hat der Disziplinarrat eine Entscheidung über den Vorwurf der Verletzung der beruflichen Regeln getroffen, dann aber keine Entscheidung nach Artikel 6(2) a) oder b), sondern nach Buchstabe c) dieser Vorschrift ausgesprochen. Daher trifft die Auffassung nicht zu, dass im Falle der Alternative c) - anders als bei Artikel 6(2) a) oder b) VDV - die endgültige Entscheidung ("final decision") nur der Beschwerdekammer in Disziplinarsachen zukommt. Auch im Falle einer Entscheidung nach Artikel 6(2) a) oder b) VDV trifft im Falle einer Beschwerde erst die Beschwerdekammer eine endgültige und rechtskräftige Entscheidung.

4. Vergleichbare Erwägungen gelten auch insoweit, als sich der Präsident des epi auf den französischen Wortlaut des Artikels 8(1) VDV beruft. Diesem kann keine anderweitige oder gar gegenteilige Bedeutung als der deutschen und englischen Fassung beigemessen werden. Zur Vermeidung wird auf die Ausführungen der Kammer im Zwischenbescheid vom 27. November 2018 Bezug genommen, die zum Gegenstand der Begründung der vorliegenden Entscheidung gemacht werden (siehe auch oben Nr. 1 der Gründe).

5. Der Kammer erscheint es nicht nachvollziehbar, wenn der Präsident des epi weiterhin in seiner e-mail vom 6. Februar 2019 es als "spekulativ" (speculative) bezeichnet, wenn die Kammer in ihrem Zwischenbescheid vom 27. November 2018 ausführt, eine Zwischenentscheidung (im Gegensatz zu einer Endentscheidung) könne etwa dann vorliegen, wenn diese im Rahmen der ,,Durchführung einer als angemessen erachteten Ermittlung" des Sachverhaltes im Sinne von Artikel 6(2) erster Halbsatz VDV ergeht. Der Umstand, dass dem Präsidenten des epi keine Entscheidungen des Disziplinarrats im Rahmen der Durchführung von "any preparatory inquiries" bekannt sind oder derartige Entscheidungen tatsächlich noch nicht ergangen sind, ändert nichts daran, dass diese Möglichkeit in Artikel 6(2) VDV ausdrücklich vorgesehen ist.

6. Was schließlich die vom Präsidenten des epi in seiner e-mail vom 6. Februar 2019 aufgeworfene Frage des Umfangs einer gegen eine Entscheidung nach Artikel 6(2) c) VDV eingelegten Beschwerde betrifft, weist die Beschwerdekammer darauf hin, dass der Umfang einer Beschwerde nicht nur durch die Entscheidungsformel und die zur Stützung der Entscheidung genannten Gründe, sondern auch durch die zur Begründung der Beschwerde angegebenen Gründe bestimmt wird, d.h., inwieweit die angefochtene Entscheidung angegriffen wird und auf welche Tatsachen, Argumente und Beweismittel die Beschwerde gestützt wird.

7. Abschließend merkt die Kammer an, dass ein gewisser Widerspruch insoweit zu bestehen scheint, als der Präsident des epi einerseits die Auffassung vertritt, bei der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats handele es sich nicht um eine Endentscheidung und eine dagegen eingelegte Beschwerde eröffne daher nicht die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, andererseits aber selbst eine - wenn auch nicht fristgerechte und daher als unzulässig zu verwerfende - Beschwerde gegen diese Entscheidung des Disziplinarrats erhebt, über die nach der geltenden Rechtslage aber einig und allein die Beschwerdekammer (abgesehen von einer hier nicht in Betracht kommenden Abhilfe) zu entscheiden hat.

8. Nach alledem bleibt festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten für die Entscheidung der vorliegenden Beschwerde zuständig ist.

Zulässigkeit der Beschwerde

9. In ihrem Zwischenbescheid vom 27. November 2018 hat die Kammer die Gründe genannt, aus denen die Beschwerde - auch unter Berücksichtigung der für den Beschwerdeführer günstigsten Umstände nicht fristgerecht eingelegt und daher als unzulässig zu verwerfen ist (siehe oben IV). Die e-mail des Präsidenten des epi vom 6. Februar 2019 enthält weder dagegen gerichtete substantielle Einwände noch einen sonstigen Vortrag, der Anlass für eine andere Bewertung der Rechtslage geben würde. Vielmehr hat sich der Präsident des epi im Ergebnis mit dieser Bewertung einverstanden erklärt, wenn er ausführt: "Should the Disciplinary Board of Appeal (DBA) maintain the view that the deemed date of notification was indeed such that the statement of grounds of appeal was received late, this is fine ...".

10. Die Beschwerde ist daher wegen nicht fristgerechter Einlegung unzulässig.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

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