D 0002/18 () of 8.4.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:D000218.20190408
Datum der Entscheidung: 08 April 2019
Aktenzeichen: D 0002/18
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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-
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Disziplinarrats des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (epi), nachfolgend „Disziplinarrat“, vom 22. Dezember 2017 (CD XX/XXX). Mit dieser Entscheidung hat der Disziplinarrat auf eine Anzeige des Herrn A. B. (Vor- und Zuname), Österreich, (nachfolgend „Anzeigenerstatter“) vom 24. März 2017 gegen den zugelassenen Vertreter X (nachfolgend „Beschwerdeführer“) wegen mehrerer Verstöße des Beschwerdeführers gegen Artikel 1 (Allgemeine Berufspflichten) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) sinngemäß erkannt, „die Angelegenheit zusammen mit den einschlägigen Unterlagen dem Disziplinarausschuss des EPA gemäß Artikel 6(2)c) VDV zu überweisen.“

II. Jeweils mit auf den 21. Dezember 2017 datierten Schreiben (das Datum der Entscheidung trägt das Datum 22. Dezember 2017 !) wurde die Entscheidung mit „Registered letter with advice of delivery“ dem Beschwerdeführer, dem Präsidenten des epi sowie dem Präsidenten des EPA übermittelt. Beschwerden wurden vom Präsidenten des epi sowie vom Beschwerdeführer eingelegt (Artikel 8(2) VDV); der Präsident des EPA hat sich nicht geäußert.

III. Die Beschwerde des Präsidenten des epi ist Gegenstand einer gesonderten Entscheidung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheit (DBK) unter demselben Aktenzeichen. Die vorliegende Entscheidung betrifft daher allein die Beschwerde des Beschwerdeführers. Beide Entscheidungen der DBK erfolgen in der gleichen personellen Zusammensetzung der Kammer.

IV. In seiner Anzeige vom 24. März 2017 hat der Anzeigenerstatter gegen den Beschwerdeführer den Vorwurf mehrerer Verstöße gegen allgemeine Berufspflichten im Sinne von Artikel 1 VDV erhoben. In einigen Verfahren zwischen dem Anzeigenerstatter und der Mandantin Firma V. des Beschwerdeführers sei es zu „Übergriffen“ von Seiten des Beschwerdeführers gekommen. So habe der Beschwerdeführer insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 vor der Beschwerdekammer im Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX betreffend das europäische Patent EP XXXXXXX der Firma V. gelogen, indem er behauptet habe, von einem Konkursverfahren und dem Stand des Konkursverfahrens auf Seiten des Anzeigenerstatters nicht informiert zu sein. In einer Eingabe in dem die Entscheidung der Beschwerdekammer im Verfahren T XXX/XX (das europäische Patent wurde für nichtig erklärt) betreffenden Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ (R XX/XX) habe der Beschwerdeführer wieder gelogen, indem er behauptet habe, dass die Firma A. B. und die Einzelperson A. B. nicht ein und dieselbe Rechtsperson seien, obwohl der Beschwerdeführer in dem das genannte europäische Patent der Firma V. betreffende Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (4b XXX/XX) aufgeklärt worden sei, dass dies so sei.

Außerdem habe der Beschwerdeführer behauptet, dass das rechtskundige Mitglied der technischen Beschwerdekammer in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 gesagt habe, dass es mittels eigener Recherche eine weitere (zusätzlich zu einer von Seiten des Anzeigenerstatters in der mündlichen Verhandlung vorgelegten) Entscheidung eines österreichischen Gerichts ermittelt habe, die die Ansicht bestätige, dass die Firma einer Einzelperson und die Einzelperson dieselbe Rechtsperson seien. Diese Aussage sei jedoch von keinem anderen Beteiligten gehört und auch nicht protokolliert und in der Entscheidung erwähnt worden. Wenn der Beschwerdeführer dann in dem Überprüfungsverfahren vortrage, es habe auch etwas von einem Geheimverfahren, wenn eine Partei in der Beschwerdeverhandlung darauf hingewiesen werde, dass der Beschwerdekammer noch eine weitere Entscheidung vorliege, diese aber nicht bekanntgegeben werde, sei es nach Auffassung des Anzeigenerstatters nicht standesgemäß und entspreche keinem von einem Patentanwalt zu erwartenden kollegialen Verhalten, der Kammer unkorrektes Verhalten vorzuwerfen, obwohl man selbst lüge. Der Anzeige waren mehrere Schriftstücke, auf welche Bezug genommen wurde, als Anlagen beigefügt.

V. Nach den Angaben in der Anzeige und der Stellungnahme des Beschwerdeführers hierzu kann – soweit für die vorliegende Entscheidung relevant – von folgenden insoweit unstreitigen Tatsachen ausgegangen werden:

a.) Das Handelsgericht Wien hat mit Beschluss vom 24. Juli 2009 den Konkursantrag gegen die Firma A.B. mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig abgewiesen.

b.) Das Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich hat mit Beschluss vom 27. August 2010 die Eröffnung und mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens gegen Herrn A.B. angeordnet. Der Aufhebungsbeschluss enthielt den Zusatz: „Ende der Zahlungsfrist 15. 10. 2019“. Mit Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Anzeigenerstatters vom 11. Dezember 2013 an das Landgericht Düsseldorf zum dort anhängigen Verletzrdhungsverfahren (4b XXX/XX) wurde die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens gegen den Anzeigenerstatter mitgeteilt. Dieser Schriftsatz wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 der rechtsanwaltlichen Vertreter der Firma V. in dem genannten Verletzungsverfahren übersandt. Der entsprechende Auszug aus der Insolvenzdatei, der dem Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Anzeigenerstatters vom 11. Dezember 2013 an das Landgericht Düsseldorf beigelegen hat, wurde vom Landgericht nicht mit übersandt, sondern erst von den Vertretern des Anzeigenerstatters in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 in dem Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX überreicht.

c.) Zwischen dem Anzeigenerstatter (A.B.) bzw. der Firma A. B. und der Mandantin Firma V. des Beschwerdeführers wurden mehrere Rechtsstreite geführt. Für die vorliegende Entscheidung sind folgende, bereits oben erwähnte Rechtsverfahren von Bedeutung: das Einspruchsbeschwerdeverfahren betreffend das europäische Patent EP XXXXXXX der Firma V. (T XXX/XX),

das dieses Patent betreffende Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (4b XXX/XX) und

das dem Verfahren T XXX/XX folgende Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ (R XX/XX).

d.) Im Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX wurde auf den u.a. durch die Firma A. B eingelegten Einspruch das europäische Patent mit Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 5. November 2009 beschränkt aufrechterhalten. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde ebenfalls die Firma A. B. als Verfahrensbeteiligte genannt. Gegen diese Entscheidung wurde u.a. Beschwerde durch Herrn A. B. eingelegt. In einer Mitteilung des rechtskundigen Mitglieds der Beschwerdekammer vom 25. Juli 2013 wurde auf die Diskrepanz zwischen der Einsprechenden im Verfahren vor der Einspruchsabteilung (Firma A. B.) und der Angabe des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz (Herr A. B.) hingewiesen. Es stelle sich daher die Frage nach der Beschwerdeberechtigung und somit der Zulässigkeit der im Namen des Herrn A. B. eingelegten Beschwerde.

Mit Schreiben vom 4. November 2013 nahm der Vertreter des Anzeigenerstatters zu der Mitteilung der Kammer Stellung und gab an, dass es sich bei der "Firma A. B." um ein Einzelunternehmen handele und dass ein Einzelunternehmer in jedem Fall eine natürliche Person und als solche Rechtsträger eines Einzelunternehmens sei. Mit Schreiben vom 25. November 2013 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass die Firma A. B. von der Einzelperson A. B. zu unterscheiden sei.

In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 als Anhang beigefügten Mitteilung legte die Kammer ihre vorläufige Auffassung dar und gab die Zulässigkeit der durch Herrn A. B. eingelegten Beschwerde als einen der in der mündlichen Verhandlung zu diskutierenden Punkte an.

Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 3. Juli 2014 und den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde der „Einsprechenden 1“ und die Frage der angeblichen Insolvenz der „Einsprechenden 1“ diskutiert wurde. Der für die „Einsprechende 1“ und die „Beschwerdeführerin I“ erschienene Vertreter überreichte in der mündlichen Verhandlung eine Kopie von sieben Seiten Auszügen aus dem Rechtsinformationssystem des österreichischen Bundeskanzleramts, einschließlich des Entscheidungstexts der Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 08.04.1953 (3 Ob XX/XX) und eine das Schuldenregulierungsverfahren beim Bezirksgericht MXXXXXXX (Aktenzeichen 3 S X/XXX) betreffende Kopie eines dreiseitigen Auszugs der österreichischen Insolvenzdatei. Nach Verkündung der Zwischenentscheidung der Kammer, dass die Beschwerde der „Einsprechenden 1“ zulässig sei, teilte der Vorsitzende den Beteiligten weiter mit, dass die Kammer aufgrund der Kopie des dreiseitigen Auszugs der österreichischen Insolvenzdatei und mangels anderweitiger Anhaltspunkte zu der Auffassung gelangte, dass die „Einsprechende 1“ sich nicht mehr in einem Insolvenzverfahren befinde und deshalb ihre Beteiligtenstellung in diesem Beschwerdeverfahren nicht in Frage stünde. Aus den schriftlichen Entscheidungsgründen geht schließlich hiervor, dass die Kammer auch aufgrund der von Seiten des Anzeigenerstatters vorgelegten Entscheidung des OGH zu der Auffassung gelangt sei, dass es sich nach österreichischem Recht bei der „Firma A. B.“ und Herrn A. B.“ um dieselbe Rechtsperson und damit um dieselbe Verfahrensbeteiligte handele. Das europäische Streitpatent wurde von der Kammer widerrufen.

e.) Im Wesentlichen parallel zu dem Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX betreffend das europäische Patent EP XXXXXXX der Firma V. wurde ein dieses Patent betreffendes Verletzungsverfahren (Firma V. als Klägerin und Herr A. B. als Beklagter) vor dem Landgericht Düsseldorf (4b XXX/XX) geführt. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 hat das Landgericht die Unterbrechung des Rechtsstreits im Hinblick auf die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens durch das Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich „gegen den Beklagten als Schuldner“ festgestellt.

f.) Mit seinem gegen die Entscheidung T XXX/XX vom 3. Juli 2014 gerichteten Überprüfungsantrag nach Artikel 112a EPÜ vom 1. Dezember 2014 (R XX/XX) hat der Beschwerdeführer im Namen seiner Mandantin Firma V. mehrere Rügen geltend gemacht, die die Feststellung der Technischen Beschwerdekammer betreffen, dass die Beschwerde der „Einsprechenden 1“ zulässig ist. Eine weitere Begründung wurde am 19. Dezember 2014 nachgereicht, in der u. a. ausgeführt wurde, dass zur Überraschung der Mandantin Firma V. in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 das rechtskundige Mitglied der Kammer vorgetragen habe, dass es auch eine entsprechende Recherche durchgeführt habe und eine (der von Seiten des Anzeigenerstatters vorgelegten Entscheidung des österreichischen OGH) vergleichbare Entscheidung gefunden habe. Diese Entscheidung sei der Mandantin Firma V. weder vorher noch in der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben worden.

In einer Mitteilung vom 11. August 2015 hat die Große Beschwerdekammer ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, nach der der Überprüfungsantrag soweit nicht offensichtlich unbegründet, in einigen Aspekten zumindest offensichtlich unzulässig zu sein scheine. In seinem Schreiben vom 19. Dezember 2015 widersprach der Beschwerdeführer dieser Auffassung der Großen Beschwerdekammer und trug u.a. vor, die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2014 habe den Charakter eines Geheimverfahrens gehabt in Anbetracht der Tatsache, dass die Technische Beschwerdekammer sich auf eine nicht bekanntgegebene Entscheidung bezog. Zwar sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass die Kammer anhand der vorgelegten und zu Protokoll genommenen Entscheidung des OGH entschieden habe. Es könne aber nicht beurteilt werden, ob dieses Verständnis den Tatsachen entspreche, weshalb darin ein wesentlicher Verstoß gegen das Gebot der fairen Verfahrensführung liege. Mit Entscheidung vom XX. XXXXXXXX XXXX hat die Große Beschwerdekammer den Überprüfungsantrag als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

VI. Der Disziplinarrat hat in seiner angefochtenen Entscheidung vom 22. Dezember 2017 (am Ende der Entscheidung ist das Datum 20. Dezember 2017 genannt) die von dem Anzeigenerstatter gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe als begründet angesehen. Die in dem im Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX eingereichten Schriftsatz vom 25. November 2013 des Beschwerdeführers getroffene Feststellung, dass „die Firma A. B. von A. B. als Einzelperson zu unterscheiden ist“ und die Erklärung, dass „nach diesseitiger Kenntnis ... ein Insolvenzverfahren“ anhängig sei und „das Einzelunternehmen sich lediglich in der Insolvenz befindet“ stimme mit den Unterlagen aus dem Verletzungsverfahren 4b XXX/XX nicht überein. Der Behauptung des Beschwerdeführers, dass der Anzeigenerstatter als Kaufmann von der natürlichen Person, gegen die das Insolvenzverfahren eingeleitet worden sei, zu unterscheiden sei, sei das Landgericht Düsseldorf nicht gefolgt und habe mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 die Unterbrechung des Verletzungsverfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgestellt.

In der Anmeldung der sich aus den Rechtsstreiten zwischen dem Anzeigenerstatter und der Mandantin (Firma V.) ergebenden Insolvenzforderungen beim Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich am 20. 10. 2010 habe der Beschwerdeführer festgestellt, dass die Mandantin „eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten gegen den Schuldner ... (habe) ... führen müssen“ und dass die Mandantin „den Schuldner wegen Patentverletzung verklagt hat“, woraus sich ergebe, dass dem Beschwerdeführer nach „der Beklagte (Firma) und der Schuldner (natürliche Person) eine und dieselbe Person sei“. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer spätestens infolge des Schreibens der die Firma V. in dem Verletzungsverfahren vertretenden Rechtsanwälte vom 19. Dezember 2013 gewusst, dass das Insolvenzverfahren gegen den Anzeigenerstatter durch das Bezirksgericht MXXXXXXX beendet sei. Das Argument des Beschwerdeführers, dass der Auszug aus der Insolvenzdatei für ihn nicht klar war, weil das Ende der Zahlungsfrist mit dem 15. 10. 2019 angegeben gewesen sei, scheine nicht überzeugend, da der Beschwerdeführer kurz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Insolvenzforderungen beim Bezirksgericht MXXXXXXX angemeldet habe. Die durch den Beschwerdeführer während der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 (T XXX/XX) und im Überprüfungsverfahren abgegebenen Erklärungen seien daher als bewusst falsch zu beurteilen, wodurch allgemeine Berufspflichten verletzt worden seien.

Der Vorwurf des „Geheimverfahrens“ durch die Beschwerdekammer sei nicht durch Beweise belegt, da die – nach dem Vortrag des Beschwerdeführers – von dem rechtskundigen Mitglied der Beschwerdekammer in der mündlichen Verhandlung zusätzlich recherchierte Entscheidung weder im Protokoll der mündlichen Verhandlung noch in dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag vom 18. August 2014 auf Ergänzung des Protokolls erwähnt sei.

Weiterhin hat der Disziplinarrat bewusst falsche Erklärungen durch den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einer am 4. Dezember 2015 von der Firma V. gegen den Anzeigenerstatter erhobenen Klage aufgrund eines Gebrauchsmusterstreits festgestellt.

Ferner stehen nach Auffassung des Disziplinarrats die vom Beschwerdeführer in dem Überprüfungsverfahren vorgebrachten Argumente in ihrer Gesamtheit im Widerspruch zu den Richtlinien des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter für die Berufsausübung. Nach Ziffer 6. dieser Richtlinien soll ein Mitglied im „Verkehr mit dem Europäischen Patentamt und seinen Bediensteten ... höflich handeln und ... alles was möglich ist, tun, um den guten Ruf dieses Institutes und seiner Mitglieder hochzuhalten“.

Abschließend ist in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Disziplinarrat „im Licht des Obigen“ der Meinung ist, dass die in diesem Fall erfolgte und mit dem Beweismaterial unterstützte Verletzung der Artikel 1(1) und (2) VDV in Verbindung mit der Verletzung der Richtlinien des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter für die Berufsausübung (Ziffer 6.) „ziemlich ernst ist“. Die Anwendung der dem Disziplinarrat zustehenden Maßnahmen, d.h. einer Warnung oder eines Verweises, werde damit für unzureichend erklärt, so dass der Disziplinarrat entschieden habe, die Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des Europäischen Patentamts weiterzuleiten.

VII. Gegen die laut Empfangsbekenntnis am 27. Dezember 2017 zugestellte Entscheidung hat der Beschwerdeführer mit am 22. Januar 2018 bei der DBK eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt und diese mit am 22. Februar 2018 bei der DBK eingegangenem Schreiben begründet.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor:

In seiner Eingabe vom 25. November 2013 habe er lediglich vorgetragen, dass „nach diesseitiger Einschätzung“ ein Unterschied zwischen der Firma A. B. und A. B. als Einzelperson bestehe und dass „nach diesseitiger Kenntnis ein Insolvenzverfahren anhängig“ sei, wozu der Anzeigenerstatter weitere Auskunft geben möge. Von Seiten des Anzeigenerstatters seien Dokumente und Beweise zum Beleg der gegenteiligen Auffassung erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 3. Juli 2014 vorgelegt worden. Die Besonderheit in dem Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX sei dadurch gegeben gewesen, dass in der Beschwerde die Person A. B. auftrat, wohingegen die Einlegung des Einspruchs durch die Firma A. B. erfolgt sei. In welchem Verhältnis die Firma zu der natürlichen Person A. B. stand, sei für seine Mandantin und ihn selbst zu diesem Zeitpunkt nicht transparent gewesen. Ihm selbst sei die Fragwürdigkeit der Einlegung der Beschwerde auch erst durch die Mitteilung der Beschwerdekammer vom 25. Juli 2013 bewusst geworden. Aufgrund der Ausführungen der Beschwerdekammer habe er von der Unterschiedlichkeit der Rechtspersonen ausgehen müssen.

Durch die Unterbrechung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Düsseldorf sei keineswegs die Identität zwischen dem Kaufmann A. B. und A. B. gerichtlich festgestellt worden. Insbesondere sei anzugreifen, dass nach der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats „die durch den betroffenen Vertreter bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen ... als bewusst falsch zu beurteilen“ seien.

Bei dem in der angefochtenen Entscheidung genannten weiteren, jedoch unterschiedlich zu beurteilenden Aspekt des „Gebrauchsmusterstreits“ habe es sich im Ausgangspunkt um eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs wegen Gebrauchsmusterberühmung gehandelt, wobei vom Landgericht Frankfurt zu entscheiden gewesen wäre, ob ein Produkt der Firma V. ein schon abgelaufenes Gebrauchsmuster des Anzeigenerstatters verletze.

VIII. Der Beschwerdeführer beantragt, die Entscheidung des Disziplinarrates aufzuheben und festzustellen, dass das beanstandete Verhalten des Beschwerdeführers berufsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Hilfsweise wurde mündliche Verhandlung beantragt.

IX. Dem Präsidenten des Europäischen Patentamts (EPA) und dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi) ist mit Schreiben vom 6. Juni 2018 gemäß Artikel 12 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Während sich der Präsident des EPA nicht geäußert hat, hat der Präsident des epi mit Schreiben vom 24. August 2018 eine Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde eingereicht und darin die Frage nach der Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheit zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde aufgeworfen (vgl. hierzu im Einzelnen Nr. 1 der nachfolgenden Entscheidungsgründe).

Entscheidungsgründe:

Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarsachen (Artikel 8(1) VDV) zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde

1. Mit Schreiben vom 24. August 2018 betreffend „Beschwerde gegen die Entscheidung des Disziplinarrats vom 22.12.2017 (CD XX/XXXX) eingelegt durch Herrn X (Name des betroffenen Vertreters und Beschwerdeführers) an den Vorsitzenden der Beschwerdekammer, Herrn C. Josefsson, hat der Präsident des epi darauf hingewiesen, dass nach Artikel 8(1) VDV die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten über Beschwerden gegen Endentscheidungen des Disziplinarrates des Instituts und des Disziplinarausschusses des Europäischen Patentamts entscheide. Die Kammer entnimmt den Ausführungen sinngemäß die Frage, ob die in der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats des epi angeordnete Überweisung der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des EPA (Artikel 6(2) c) VDV) eine solche Endentscheidung im Sinne von Artikel 8(1) VDV darstellt und die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten daher zuständig ist, über die Beschwerde gegen diese Entscheidung des Disziplinarrats zu entscheiden.

1.1 Nach Artikel 6(2) VDV kann der Disziplinarrat des epi, gegebenenfalls nach Durchführung von Ermittlungen, die in Absatz (2) a), b) und c) vorgesehenen Entscheidungen treffen, nämlich a) die Einstellung des Verfahrens, b) die Verhängung einer Warnung oder eines Verweises oder c) die Überweisung der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des EPA. Dabei stellen die Entscheidungen nach a), b) und c) gleichwertige Alternativen für eine Entscheidung dar, die jeweils das Verfahren vor dem Disziplinarrat des epi abschließt. Insbesondere steht die Entscheidung nach c) dabei nicht in einem Rang- oder Abhängigkeitsverhältnis zu den Entscheidungen nach a) oder b), worauf der Präsident des epi selbst in dem seine eigene Beschwerde betreffenden Schreiben vom 8. März 2018 (Grounds of appeal in case CD XX/XXXX) zutreffend hingewiesen hat. Anhaltspunkte für die Annahme, eine Entscheidung nach Artikel 6(2) c) VDV sei im Gegensatz zu Entscheidungen nach den Buchstaben a) und b) dieser Vorschrift keine Endentscheidung im Sinne von Artikel 8(1) VDV sind weder dem Wortlaut dieser Vorschriften entnehmbar noch anderweitig erkennbar. Keine Endentscheidung, sondern nur eine Zwischenentscheidung mag etwa dann vorliegen, wenn diese im Rahmen der „Durchführung einer als angemessen erachteten Ermittlung“ des Sachverhaltes im Sinne von Artikel 6(2) erster Halbsatz VDV ergeht.

1.2. Dass es sich bei der Entscheidung nach Artikel 6(2)c) VDV um eine Endentscheidung handelt, ergibt sich auch aus Artikel 6(3) VDV. Danach ist das in Artikel 6(3) bis (5) VDV beschriebene Verfahren durchzuführen, wenn der Disziplinarrat nicht innerhalb der genannten Frist von neun Monaten eine endgültige (Hervorhebung hinzugefügt) Entscheidung („final decision“ in der englischen Fassung) trifft. Nach dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift kann sich diese endgültige Entscheidung aber nur auf eine Entscheidung nach Artikel 6(2) a) bis c) VDV beziehen.

1.3. Dieses Ergebnis findet schließlich mittelbar eine weitere Bestätigung in Artikel 8(1) VDV. Dort wurde allein insoweit ein Grund zur Klarstellung gesehen, als auch Entscheidungen über die Einstellung des Verfahrens („einschließlich ... „), also Entscheidungen nach Artikel 6(2) a) VDV, Endentscheidungen darstellen, für die im Falle einer dagegen eingelegten Beschwerde die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten gegeben ist. Für Entscheidungen nach Artikel 6(2) b) und c) VDV bestand daher von vornherein kein Zweifel, dass es sich insoweit um Endentscheidungen handelt.

1.4. Nach alledem ist die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gegeben.

2. Die Beschwerde erfüllt die Voraussetzungen nach Artikel 22(1) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV, Zusatzpublikation 1 - ABl. EPA 2018, 126) und Artikel 6(1) Ergänzende Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten des Europäischen Patentamts (Zusatzpublikation 1 - ABl. EPA 2018, 51) und ist daher zulässig.

3. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren ergehen, da der Beschwerdeführer nur hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt hat und die DBK dem Beschwerdeantrag des Beschwerdeführers in vollem Umfang stattgeben wird.

4. Der Disziplinarrat hat in seiner angefochtenen Entscheidung vom 22. Dezember 2017 (am Ende der Entscheidung ist das Datum 20. Dezember 2017 genannt) die von dem Anzeigenerstatter gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe als begründet angesehen. Die durch den Beschwerdeführer während der mündlichen Verhandlung im Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX und schriftlich im Überprüfungsverfahren R XX/XX abgegebenen Erklärungen seien als bewusst falsch zu beurteilen, wodurch allgemeine Berufspflichten verletzt worden seien. Die vom Beschwerdeführer in dem Überprüfungsverfahren vorgebrachten Argumente ständen in ihrer Gesamtheit auch im Widerspruch zu Ziffer 6 der Richtlinien des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter für die Berufsausübung. Der Disziplinarrat hat die ihm zustehenden Maßnahmen, d.h. einer Warnung oder eines Verweises, für unzureichend erklärt, so dass der Disziplinarrat entschieden habe, die Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des Europäischen Patentamts weiterzuleiten.

5. Die in der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats für die genannten Schlussfolgerungen angegebenen Gründe und die dabei zugrunde gelegten Tatsachen und Argumente rechtfertigen jedoch weder die – vom Disziplinarrat für unzureichend gehaltenen – Disziplinarmaßnahmen der Verwarnung und des Verweises nach Artikel 6(2) a) und b) VDV noch die ausgesprochene Vorlage der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des EPA nach Artikel 6(2)c) VDV.

Nach Auffassung der DBK ist bereits weder erkennbar noch rechtlich nachvollziehbar, inwieweit die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen schlüssig aus dem dazu angeführten Sachverhalt und den genannten Argumenten hergeleitet werden können. Jedoch würde auch die Möglichkeit oder eine bloße Wahrscheinlichkeit, dass die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe zutreffen, für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nicht ausreichen. Diese setzt nach der Rechtsprechung der DBK vielmehr voraus, dass eine Verletzung beruflicher Regeln zur Überzeugung des Disziplinarorgans festgestellt werden kann (D 05/86 vom 29. Februar 1988, Nr. 6. der Gründe). Danach ist für diese Feststellung zwar keine absolute Gewissheit erforderlich, jedoch ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, der nach der Lebenserfahrung der Gewissheit gleichkommt. Eine solche Gewissheit fehlt, wenn gegen die Feststellung, dass eine berufliche Regel verletzt ist, vernünftige Zweifel geltend gemacht werden können (D 05/86 a.a.O.). Jedenfalls diesen nach der Rechtsprechung der DBK an die Feststellung einer Verletzung beruflicher Regeln eines zugelassenen Vertreters zu stellenden hohen Anforderungen genügt die angefochtene Entscheidung in keiner Hinsicht.

6. Die in der Anzeige erhobenen und in der angefochtenen Entscheidung abgehandelten Vorwürfe der Verletzung von allgemeinen Berufspflichten und standesrechtlichen Verhaltensregeln durch den Beschwerdeführer lassen sich in die nachstehend genannten zwei Sachverhaltskomplexe unterteilen, wobei allerdings beide Sachverhaltskomplexe inhaltlich verbunden sind, d.h., der zweite Sachverhaltskomplex durch den ersten Komplex bedingt ist:

(1) der Vorwurf der Abgabe bewusst falscher Erklärungen betreffend des (Fort-)bestehens eines Insolvenzverfahrens und damit die Frage der rechtlichen Identität oder Verschiedenheit der „Firma A.B.“ und „A.B.“ als natürliche Person, insbesondere im Hinblick auf die Beschwerdeberechtigung, also die Zulässigkeit der seitens des Anzeigenerstatters erhobenen Beschwerde im Verfahren T XXX/XX (Stichwort: „Insolvenzverfahren“);

(2) der im Überprüfungsverfahren R XX/XX nach Artikel 112a EPÜ vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der nicht fairen und unkorrekten Verfahrensführung durch die Technische Beschwerdekammer im Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX, und dass die mündliche Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer den Charakter eines Geheimverfahrens gehabt habe (Stichwort „Geheimverfahren“).

7. Die Kammer weist zur Klarstellung darauf hin, dass Gegenstand des vorliegenden Disziplinar(beschwerde)verfahrens nicht die Entscheidung der Fragen ist, ob die „Firma“ und die Einzelperson „A.B.“ nach österreichischem Recht verschiedene oder gleiche Personen sind oder ob das Schuldenregulierungsverfahren gegen die natürliche Person auch die „Firma“ betrifft und weiterhin, wer als beschwerdeberechtigter Verfahrensbeteiligter anzusehen und ob die Zulässigkeit der Beschwerde seitens des Anzeigenerstatters im Verfahren T XXX/XX zu bejahen ist (Sachverhaltskomplex (1) „Insolvenzverfahren“). Ebenso wenig geht es darum, ob tatsächlich eine Verletzung von Verfahrensrechten zulasten des Beschwerdeführers im Verfahren T XXX/XX erfolgt ist (Sachverhaltskomplex (2) „Geheimverfahren“). Diese Rechtsfragen sind in den Verfahren T XXX/XX und R XX/XX rechtskräftig entschieden worden und einer Bewertung im vorliegenden Disziplinar(beschwerde)verfahren schon aus diesem Grund nicht zugänglich.

Im vorliegenden Disziplinarverfahren ist vielmehr allein darüber zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer die „Allgemeinen Berufspflichten“ nach Artikel 1 VDV verletzt hat, insbesondere, ob er im Zusammenhang mit den Sachverhaltskomplexen (1) und (2) „bewusst falsche oder irreführende Erklärungen abgeben“ hat (Artikel 1(1) Satz 2 VDV) oder berufliche Regeln (vgl. Artikel 4(1) VDV) verletzt hat. Für die Bejahung dieser Fragen lassen sich jedoch entgegen der angefochtenen Entscheidung aufgrund des zu berücksichtigenden Sachverhaltes mit der erforderlichen Gewissheit keine Anhaltspunkte feststellen.

Sachverhaltskomplex (1) „Insolvenzverfahren“:

8. Die DBK verkennt zunächst nicht, dass - wie dies auch die Technische Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung T XXX/XX (Nr. 1.2 der Gründe) zum Ausdruck gebracht hat - die Meinung vertreten werden kann, dass der Beschwerdeführer als zugelassener Vertreter in der Lage gewesen war und von ihm aufgrund der schon vor der mündlichen Verhandlung im Verfahren T XXX/XX am 3. Juli 2014 bestehenden Zweifel hinsichtlich der Insolvenzlage und deren Auswirkungen auf die Frage der Identität zwischen der Firma eines Einzelunternehmens und des Einzelunternehmers als Privatperson sowie auf die Frage der Verfahrensbeteiligung im Einspruchsbeschwerdeverfahren auch hätte erwartet werden können, die Rechtslage nach österreichischem Recht zu prüfen oder prüfen zu lassen.

Insoweit könnte aber allenfalls ein Vorwurf mangelnder Sorgfaltspflicht bei der Aufklärung von relevanten Rechtsfragen oder allgemein bei der Wahrnehmung seiner patentanwaltlichen Pflichten erhoben werden. Ein solcher – möglicherweise sogar berechtigter – Vorwurf allein würde für das vorliegende Disziplinarverfahren jedoch nicht ausreichen, um dem Beschwerdeführer bei den hier vorliegenden Einzelumständen des Sachverhalts darüber hinaus eine disziplinarrechtlich relevante Verletzung von Berufspflichten, insbesondere durch die Abgabe von „bewusst falschen oder irreführenden Erklärungen im Sinne von Artikel 1(1) VDV“ anzulasten. Dies gilt umso mehr, als, wie bereits oben (Punkt 5.) ausgeführt, nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, der nach der Lebenserfahrung der Gewissheit gleichkommt, erforderlich ist. Das ist hier nicht der Fall.

9. Soweit der Disziplinarrat in der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die im Rahmen des Einspruchs(beschwerde)verfahrens T XXX/XX vom Beschwerdeführer schriftlich und mündlich in der Verhandlung am 3. Juli 2014 abgegebenen Erklärungen den Vorwurf der Verletzung allgemeiner Berufspflichten und der Abgabe von „bewusst falschen oder irreführenden Erklärungen“ als begründet angesehen hat, hält diese Bewertung unter Berücksichtigung des zugrunde zulegenden Sachverhalts einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

10. Eine unklare Rechtslage hinsichtlich der auf Seiten des Anzeigenerstatters handelnden Rechtsperson und der Identität der Verfahrensbeteiligten war von diesem selbst insoweit geschaffen worden, als der Einspruch namens der „Firma A.B.“ eingelegt, die Beschwerde dann aber von „Herrn A.B.“ als natürliche Person erhoben wurde, nachdem zuvor die das zugrundeliegende europäische Patent betreffende Verletzungsklage der Mandantin „Firma V.“ des Beschwerdeführers gegen „Herrn A.B.“ als Beklagten erhoben worden war. Hinzu kommt, dass von den anwaltlichen Vertretern des Anzeigenerstatters in diesem Verletzungsverfahren (4b XXX/XX) zum Teil der Begriff „Kaufmann A.B.“ verwendet wurde und auch die dem vorliegenden Disziplinarverfahren zugrundeliegende Anzeige durch „A.B., Kaufmann“ gezeichnet ist. Der Begriff „Kaufmann“ lässt in diesem Zusammenhang jedoch nicht eindeutig erkennen, ob damit die natürliche Person oder das Einzelunternehmen („Firma“) bezeichnet werden soll.

11. Ein weiteres Anzeichen dafür, dass für an den genannten Verfahren beteiligten Personen und Instanzen die Identität der auf Seiten des Anzeigenerstatters handelnden und verantwortlichen Rechtsperson nicht immer eindeutig bestimmbar erschien, kann nach Auffassung der DBK auch darin gesehen werden, dass in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer vom 3. Juli 2014 (T XXX/XX) ausgeführt ist, dass zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde der „Einsprechenden 1“ und die Frage der angeblichen Insolvenz der „Einsprechenden 1“ diskutiert wurde und dass der für die „Einsprechende 1“ und die „Beschwerdeführerin I“ erschienene Vertreter Unterlagen überreicht habe, und der Vorsitzende die Schlussfolgerung verkündete, dass die „Einsprechende 1“ sich nicht mehr in einem Insolvenzverfahren befinde. Die Bezeichnung „Einsprechende 1“ und „Beschwerdeführerin I“ kann sich sprachlich nur auf die „Firma A.B.“, in deren Namen der Einspruch eingelegt worden war, beziehen. Das vor dem Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich geführte Schuldenregulierungsverfahren, auf welches sich die Formulierung „angebliche Insolvenz“ allein beziehen kann, da der Konkursantrag gegen die „Firma A.B.“ mangels kostendeckenden Vermögens durch das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom 24. Juli 2009 rechtskräftig abgewiesen worden war, betraf aber „A.B.“ als natürliche Person.

12. Dass aus objektiver Sicht tatsächlich erhebliche Zweifel hinsichtlich der auf Seiten des Anzeigenerstatters in dem genannten Einspruchs(beschwerde)verfahren handelnden Rechtsperson bestanden, wird eindeutig durch die Mitteilung des rechtskundigen Mitglieds der Technischen Beschwerdekammer vom 25. Juli 2013 bestätigt, in der auf die Diskrepanz zwischen der Person der Einsprechenden im Verfahren vor der Einspruchsabteilung (Firma A. B.) und der Angabe der Person im Beschwerdeschriftsatz (Herr A. B.) hingewiesen wurde und sich daher die Frage nach der Beschwerdeberechtigung und somit der Zulässigkeit der im Namen des Herrn A. B. eingelegten Beschwerde stelle. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 als Anhang beigefügten Mitteilung wurde die Zulässigkeit der durch Herrn A. B. eingelegten Beschwerde nochmals als einer der in der mündlichen Verhandlung zu diskutierenden Punkte angegeben. Erst durch den in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss erfolgte eine abschließende Klärung dieser Rechtsfrage (s. o. V. d.), letzter Absatz).

13. Im Rahmen des Einspruchsbeschwerdeverfahrens T XXX/XX tellte sich nicht nur aus Sicht des Beschwerdeführers zusätzlich und zum Teil bedingt durch die Unsicherheit hinsichtlich der Identität der auf Seiten des Anzeigenerstatters handelnden Rechtsperson die weitere Frage, ob und inwieweit das vor dem Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich gegen „A.B.“ als natürliche Person geführte Schuldenregulierungsverfahren (entspricht dem deutschen Privat-Insolvenz-Verfahren) Auswirkungen auf das Verfahren hat, insbesondere, ob das Schuldenregulierungsverfahren auf das Privatvermögen des „A.B.“ beschränkt ist oder auch die „Firma A.B.“ betrifft, d.h., ob es sich bei „A.B.“ als natürliche Person und der „Firma A.B.“ nach österreichischem Recht rechtlich und wirtschaftlich um ein einziges Rechtssubjekt oder um getrennte Rechtspersonen handelt.

14. Zwar hatte das Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich das mit Beschluss vom 27. August 2010 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren bereits mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 mit dem Zusatz: „Ende der Zahlungsfrist 15. 10. 2019“ aufgehoben. Mit Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Anzeigenerstatters vom 11. Dezember 2013 an das Landgericht Düsseldorf zum dort anhängigen Verletzungsverfahren (4b XXX/XX) wurde die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens gegen den Anzeigenerstatter mitgeteilt. Dieser Schriftsatz wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 der rechtsanwaltlichen Vertreter der Firma V. in dem genannten Verletzungsverfahren übersandt. Der entsprechende Auszug aus der Insolvenzdatei, der dem Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Anzeigenerstatters vom 11. Dezember 2013 an das Landgericht Düsseldorf beigelegen hat, wurde vom Landgericht jedoch nicht mit übersandt, sondern erst von den Vertretern des Anzeigenerstatters in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 in dem Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX überreicht.

15. Wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 ergibt, teilte der Vorsitzende nach der Verkündung der Zwischenentscheidung der Kammer, dass die Beschwerde der „Einsprechenden 1“ zulässig sei, den Beteiligten mit, dass die Kammer aufgrund der Kopie des dreiseitigen Auszugs der österreichischen Insolvenzdatei und mangels anderweitiger Anhaltspunkte zu der Auffassung gelangte, dass die „Einsprechende 1“ sich nicht mehr in einem Insolvenzverfahren befinde und deshalb ihre Beteiligtenstellung in diesem Beschwerdeverfahren nicht in Frage stünde. Daraus folgt zum einen, dass erst zu diesem Zeitpunkt in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 die genannten Rechtsfragen abschließend geklärt waren und nicht mehr in Zweifel gezogen werden konnten. Zum anderen wurde deutlich, dass der erst in der mündlichen Verhandlung durch den Vertreter des Anzeigenerstatters überreichten Kopie des dreiseitigen Auszugs der österreichischen Insolvenzdatei eine entscheidende Bedeutung zukam. Dagegen handelte es sich bei der mit Schreiben vom 4. November 2013 eingereichten Stellungnahme des Vertreters des Anzeigenerstatters zu der Mitteilung der Kammer vom 25. Juli 2013, dass es sich bei der "Firma A. B." um ein Einzelunternehmen handele und dass ein Einzelunternehmer in jedem Fall eine natürliche Person und als solche Rechtsträger eines Einzelunternehmens sei, um Parteivorbringen, welches für den Beschwerdeführer keine rechtlich verbindliche Wirkung und keinen Beweischarakter hatte. Wie bereits ausgeführt ist nämlich der genannte Auszug der österreichischen Insolvenzdatei, den die Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung (T XXX/XX) als entscheidendes Beweismittel angesehen hat, entgegen der Anregung des Beschwerdeführers erst in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 vorgelegt worden.

16. Die Kammer hält es auch für nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer durch den in dem Auszug aus der Insolvenzdatei enthaltenen Zusatz: „Ende der Zahlungsfrist 15. 10. 2019“ zu der – nicht zutreffenden - Annahme verleitet worden ist, dass Schuldenregulierungsverfahren sei doch noch nicht vollständig abgeschlossen. Jedenfalls kann das Argument des Beschwerdeführers, dass der Auszug aus der Insolvenzdatei für ihn nicht klar war, weil das Ende der Zahlungsfrist mit dem 15. 10. 2019 angegeben gewesen sei, entgegen der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Ansicht nicht mit der Begründung als „nicht überzeugend“ zurückgewiesen werden, weil der Beschwerdeführer kurz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Insolvenzforderungen beim Bezirksgericht MXXXXXXX angemeldet habe. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, inwieweit die Anmeldung von Insolvenzforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rückschluss auf die Kenntnis über die rechtlich relevante Beendigung des Insolvenzverfahrens zulassen soll.

Unter den genannten Umständen ist nach Auffassung der DBK der Vortrag des Beschwerdeführers, dass „nach diesseitiger Einschätzung“ ein Unterschied zwischen der Firma A. B. und A. B. als Einzelperson bestehe und dass „nach diesseitiger Kenntnis“ ein Insolvenzverfahren anhängig sei, allenfalls als Folge einer nicht oder nicht sorgfältig durchgeführten Recherche über die Sach- und Rechtslage durch den Beschwerdeführer zu qualifizieren, rechtfertigt aber mit der erforderlichen Gewissheit keinesfalls die vom Disziplinarrat gezogene Schlussfolgerung, dass diese Erklärungen daher als bewusst falsch zu beurteilen seien.

17. Eine rechtlich haltbare oder auch nur ansatzweise nachvollziehbare Begründung für die angefochtene Entscheidung kann auch nicht in den Ausführungen des Disziplinarrats gesehen werden, wonach die in dem im Einspruchsbeschwerdeverfahren eingereichten Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 25. November 2013 getroffene Feststellung, dass die Firma A. B. von A. B. als Einzelperson zu unterscheiden ist und die Erklärung, dass nach diesseitiger Kenntnis ... ein Insolvenzverfahren anhängig sei und das Einzelunternehmen sich lediglich in der Insolvenz befindet, nicht mit den Unterlagen aus dem Verletzungsverfahren (4b XXX/XX) übereinstimme. Weiterhin wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass das Landgericht Düsseldorf der Behauptung des Vertreters der Patentinhaberin, dass der Anzeigenerstatter (dortiger Beklagter) als Kaufmann von der natürlichen Person, gegen die das Insolvenzverfahren eingeleitet worden sei, zu unterscheiden sei, nicht gefolgt sei und mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 die Unterbrechung des Verletzungsverfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgestellt habe.

Entgegen dieser Feststellung des Disziplinarrats ist weder konkretisiert worden noch ist ersichtlich, mit welchen „Unterlagen aus dem Verletzungsverfahren“ die Erklärungen des Beschwerdeführers nicht übereinstimmen sollen. Soweit damit der Beschluss des Landgerichts vom 7. Oktober 2010 gemeint ist, mit dem die Unterbrechung des Verletzungsverfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnet wurde, hat das Landgericht darin, wie der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung zu Recht ausführt, in keiner Hinsicht weder ausdrücklich noch implizit die Identität zwischen dem Kaufmann A.B. (Beklagter) und A.B. (Schuldner beim Schuldenregulierungsverfahren) festgestellt. Es bleibt auch hier völlig unklar, wie diesem Beschluss des Landgerichts die von dem Disziplinarrat genannten rechtlichen Aussagen entnehmbar sein sollen.

18. Nach Ansicht des Disziplinarrats ergebe sich weiterhin aus den im Zusammenhang mit der Anmeldung von Insolvenzforderungen (betreffend das Schuldenregulierungsverfahren gegen den Anzeigenerstatter) beim Bezirksgericht MXXXXXXX / Österreich durch den Beschwerdeführer getätigten Aussagen, nämlich dass „die Mandantin eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten gegen den Schuldner habe führen müssen und dass die Mandantin den Schuldner wegen Patentverletzung verklagt hat, dass dem Beschwerdeführer nach der Beklagte (Firma) und der Schuldner eine und dieselbe Person ist“. Diese nicht zwingende und nur schwer nachvollziehbare Schlussfolgerung ist jedenfalls in dieser Form nicht geeignet, als Begründung für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach Artikel 6 VDV zu dienen. Der Disziplinarrat hat insbesondere keine Angaben dazu gemacht, welche Rechtsstreitigkeiten gegen welche Rechtsperson (Firma oder Privatperson) im Einzelnen geführt wurden, während andererseits der Beklagte in dem Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf entgegen den Ausführungen des Disziplinarrats nicht die Firma, sondern A.B. als natürliche Person war. Die Anmeldung von Insolvenzforderungen aus allen gegen den Anzeigenerstatter, sei es betreffend die Einzelperson oder die Firma, geführten Rechtsstreitigkeiten zum Schuldenregulierungsverfahren vor dem Bezirksgericht MXXXXXXX kann letztlich auch allein deshalb erfolgt sein, weil allein das Schuldenregulierungsverfahren gegen A.B. eröffnet war und das Insolvenzverfahren gegen die Firma A.B. zuvor mangels Insolvenzmasse nicht eröffnet worden war. Angesichts der nach der Rechtsprechung der DBK an den Nachweis eines Verstoßes gegen Berufspflichten zu fordernden hohen Gewissheit, ist es rechtlich jedenfalls nicht haltbar, dem Beschwerdeführer aufgrund seiner im Zusammenhang mit der Anmeldung von Insolvenzforderungen getätigten Aussagen die Kenntnis und das Bewusstsein einer Identität der Rechtspersonen zu unterstellen, wie das der Disziplinarrat in der angefochtenen Entscheidung getan hat.

Sachverhaltskomplex (2) „Geheimverfahren“

19. Nach Ansicht der Kammer lässt sich aus dem zugrunde zulegenden Sachverhalt, insbesondere aus der angefochtenen Entscheidung, auch hinsichtlich dieses Vorwurfs kein die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen rechtfertigender Verstoß gegen berufliche Pflichten und Regeln des Vertreters (Artikel 1(1), (2) , Artikel 4(1) VDV und Punkt 6 der Richtlinien des epi für die Berufsausübung, hier: „Beziehungen zum EPA“) mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.

Der Vorwurf des Anzeigenerstatters besteht insoweit darin, dass der Beschwerdeführer in dem Überprüfungsverfahren R XX/XX der Technischen Beschwerdekammer im Rahmen des Einspruchsbeschwerdeverfahren T XXX/XX ein unkorrektes und von dem Gebot der fairen Verfahrensführung abweichendes Verhalten vorgeworfen habe, was insbesondere im Licht seines eigenen (des Beschwerdeführers) Verhaltens den Richtlinien widerspreche.

20. Der Vorwurf eines unkorrekten und dem Gebot der fairen Verfahrensführung abweichenden Verhaltens ist vor dem – insoweit unstreitigen – Sachverhalt zu sehen, dass sowohl der Auszug aus der Insolvenzdatei betreffend das Schuldenregulierungsverfahren gegen A.B., als auch das Urteil des OGH (Österreich) vom 08. April 1953, wonach sich nach österreichischem Recht ergeben sollte, dass zwischen einer Einzelfirma, die nicht im Firmenbuch eingetragen ist, und einer natürlichen Person kein Unterschied bestehe, erst in der mündlichen Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer am 3. Juli 2014 vorgelegt worden sind.

Außerdem soll nach – bestrittener - Aussage des Beschwerdeführers das rechtskundige Mitglied der Technischen Beschwerdekammer in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 angemerkt haben, dass es selbst Nachforschungen angestellt habe und dabei zu einem gleichen Ergebnis wie der OGH in dem genannten Urteil gelangt sei.

In seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2015 auf eine Mitteilung der Großen Beschwerdekammer im Verfahren R XX/XX hatte der Beschwerdeführer dazu vorgetragen, die mündliche Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer habe den Charakter eines Geheimverfahrens gehabt in Anbetracht der Tatsache, dass die Technische Beschwerdekammer sich auf eine nicht bekanntgegebene Entscheidung bezog.

21. Zutreffend ist in der angefochtenen Entscheidung hierzu festgestellt worden, dass der Vorwurf, die Technische Beschwerdekammer habe eine Art Geheimverfahren geführt, nicht durch Beweise belegt ist, da die – nach dem Vortrag des Beschwerdeführers – von dem rechtskundige Mitglied der Beschwerdekammer in der mündlichen Verhandlung erwähnte zusätzlich recherchierte Gerichtsentscheidung weder im Protokoll der mündlichen Verhandlung noch in dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag vom 18. August 2014 auf Ergänzung des Protokolls erwähnt sei. Allerdings lässt sich nach Auffassung der DBK daraus aber noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit der Umkehrschluss ziehen, dass eine entsprechende Äußerung des rechtskundige Mitglieds während der mündlichen Verhandlung tatsächlich nicht getätigt wurde. Vielmehr lässt nach Auffassung der DBK die vom Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 19. Oktober 2015 gewählte Formulierung nach Form und Inhalt es für nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass sich das rechtskundige Mitglied in der mündlichen Verhandlung zumindest in der Wahrnehmung des Beschwerdeführers in der Tat entsprechend geäußert hat. Aus den schriftlichen Entscheidungsgründen T XXX/XX (Nr. 1.3 der Gründe) geht zudem hervor, dass die Technische Beschwerdekammer aufgrund der Kopie von Auszügen aus dem Rechtsinformationssystem des österreichischen Bundeskanzleramts einschließlich des Entscheidungstextes der genannten Entscheidung des OGH zu der Auffassung gelangt sei, dass es sich nach österreichischem Recht bei der „Firma A. B.“ und Herrn A. B.“ um dieselbe Rechtsperson und damit um dieselbe Verfahrensbeteiligte handele. Diese Ausführungen in den Entscheidungsgründen lassen daher den Schluss zu, dass die nach dem Vortrag des Beschwerdeführers vom rechtskundigen Mitglied der Technischen Beschwerdekammer und in der mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2014 erwähnte weitere Gerichtsentscheidung deshalb weder im Protokoll dieser mündlichen Verhandlung noch in der Entscheidung selbst angeführt ist, weil diese für die Entscheidung der Kammer nicht erheblich war.

22. Vor diesem Hintergrund kann der Vortrag des Beschwerdeführers, es habe „auch etwas den Charakter eines Geheimverfahrens, wenn eine Partei in der Beschwerdeverhandlung darauf hingewiesen wird, dass der Beschwerdekammer noch eine weitere Entscheidung vorliegt, diese aber nicht bekannt gegeben werde“ nicht mit der erforderlichen Gewissheit als bewusst falsche oder irreführende Erklärung nach Artikel 1(2) VDV und damit als ein disziplinarrechtlich relevanter Verstoß gegen Berufspflichten oder Verhaltensrichtlinien gewertet werden. Die in der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats vertretene gegenteilige Ansicht hält daher auch insoweit einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

23. Auch wenn nach Ansicht der DBK der Ausdruck „Geheimverfahren“ auf jeden Fall übertrieben und weder sachgemäß noch angemessen erscheint, ist andererseits der Vorwurf eines „unkorrekten und vom Gebot der fairen Verfahrensführung abweichenden Verhaltens“ gegen eine Beschwerdekammer dem Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ inhärent und ist daher auch hier weder der Form noch des Inhalts nach als Verhalten zu qualifizieren, welches die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen nach der VDV rechtfertigen würde oder einen Verstoß gegen Verhaltensrichtlinien gegenüber dem EPA darstellte.

Weitere in der angefochtenen Entscheidung genannte Gründe

24. In der angefochtenen Entscheidung erwähnt der Disziplinarrat „Nur der Vollständigkeit halber“ einen Gebrauchsmusterstreit, in dessen Zusammenhang dem Beschwerdeführer unwahre Behauptungen hinsichtlich eines seinerzeit vom Bundesgerichtshof bereits für nichtig erklärten Patents vorgeworfen werden.

Bei dem Gebrauchsmusterstreit hat es sich nach dem – soweit ersichtlich unbestrittenen - Vorbringen des Beschwerdeführers im Ausgangspunkt um eine von der Mandantin (Firma V.) des Beschwerdeführers gegen den Anzeigenerstatter am 4. Dezember 2015 erhobene Klage wegen unlauteren Wettbewerbs wegen Gebrauchsmusterberühmung gehandelt, wobei vom Landgericht Frankfurt zu entscheiden gewesen wäre, ob ein Produkt der Firma V. ein schon abgelaufenes Gebrauchsmuster des Anzeigenerstatters verletzte.

Abgesehen davon, dass in der am 24. März 2017 beim Disziplinarrat eingegangenen Anzeige des Anzeigenerstatters dieser Gebrauchsmusterstreit nicht erwähnt wird und somit nicht Gegenstand der gegen den Beschwerdeführer ursprünglich erhobenen Vorwürfe wegen Verletzung allgemeiner Berufsplichten ist, weist die Kammer darauf hin, dass es sich bei Gebrauchsmustern um nationale Rechte ohne Bezug oder Verbindung zu Europäischen Patenten handelt und somit die Disziplinarregeln der VDV insoweit keine Anwendung finden (D 25/05 vom 15. November 2006, Nr. 4 der Gründe). Dies gilt umso mehr, als Ausgangspunkt dieses Gebrauchsmusterstreits nach dem Vortrag des Beschwerdeführers eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs war und deshalb nach der genannten Rechtsprechung der DBK erst recht kein Bezug zu Europäischen Patenten besteht.

25. Wenn im Anschluss daran und zugleich abschließend in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, dass der Disziplinarrat „im Licht des Obigen“ der Meinung ist, dass die in diesem Fall erfolgte und mit dem Beweismaterial unterstützte Verletzung der Artikel 1(1) und (2) der VDV in Verbindung mit der Verletzung der Richtlinien des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter für die Berufsausübung „ziemlich ernst ist“, so dass die Anwendung der dem Disziplinarrat zustehenden Maßnahmen, d.h. einer Warnung oder eines Verweises für unzureichend erklärt wird, bleibt auch hier unklar, auf welche Tatsachen und Sachverhalte sich diese zitierten Formulierungen im Einzelnen beziehen, bzw. welche rechtliche Bewertung konkret zugrunde gelegt wurde.

Insbesondere die abschließende Bezeichnung der vom Disziplinarrat als gegeben angesehenen Verstöße gegen die Berufspflichten nach Artikel 1 VDV und die epi-Richtlinien als „ziemlich ernst“ kann kaum als juristisch haltbare, schlüssige und nachvollziehbare Begründung für die ausgesprochene Maßnahme angesehen werden.

26. Die DBK sieht in diesem Zusammenhang Anlass zu der Bemerkung, dass die genannten rechtlich unklaren Formulierungen auch durch die in der angefochtenen Entscheidung offensichtlichen sprachlichen und grammatikalischen Defizite hinsichtlich der Verfahrenssprache Deutsch bedingt sein können. Diese Mängel ziehen sich durch die gesamte Entscheidung des Disziplinarrats und erschweren zum Teil deren Verständnis.

27. Letztlich besteht auch keine rechtliche Grundlage für die Ansicht des Disziplinarrats, dass eine – hier ausgesprochene - Vorlage der Angelegenheit an den Disziplinarausschuss des Europäischen Patentamts (Artikel 6(2) c) VDV) erst und nur dann in Betracht kommen soll, wenn die Maßnahmen einer Warnung oder eines Verweises nach Artikel 6(2) b) VDV für unzureichend gehalten werden. Vielmehr sind die in Artikel 6(2) b) und c) VDV genannten Maßnahmen als Alternativen zu verstehen. Dies wird schon durch die Formulierung „oder“ in Artikel 6(2) b) VDV und weiterhin durch das in Artikel 6(3) bis (5) VDV vorgesehene Verfahren deutlich (vgl. hierzu auch die obigen Ausführungen zu Punkt 1. der Entscheidungsgründe).

28. Nach alledem ist die Beschwerde des Beschwerdeführers begründet, die angefochtene Entscheidung des Disziplinarrats des epi daher aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Entscheidung des Disziplinarrats des epi vom 22. Dezember 2017 wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird eingestellt.

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