D 0009/08 () of 19.12.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:D000908.20081219
Datum der Entscheidung: 19 Dezember 2008
Aktenzeichen: D 0009/08
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hatte am 11. Juli 2008 ihre Anmeldung zur Europäischen Eignungsprüfung 2009 eingereicht. Darin war zu den Beschäftigungszeiten angegeben, dass die Bewerberin gemäß Artikel 10(2)a)iii) VEP für ihren Arbeitgeber tätig gewesen sei, und zwar unter anderem unter der Aufsicht von Frau Z., die beim gleichen Arbeitgeber angestellt war. Als Beleg dafür, dass Frau Z. nach Artikel 10(2)a)ii) VEP vor dem Europäischen Patentamt tätig war, hatte die Beschwerdeführerin Kopien zweier vom 22. Februar 1996 bzw. vom 9. Juni 2000 datierter, unbefristeter Vollmachten für Frau Z. beigefügt, die diese bevollmächtigen, ihren Arbeitgeber in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes zu vertreten.

II. Die Anmeldung der Beschwerdeführerin wurde vom Prüfungssekretariat mit Entscheidung vom 24. Juli 2008 ohne vorherige Mitteilung zurückgewiesen. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen diese Entscheidung. Die Beschwerde wurde am 22. August 2008 eingelegt und begründet. Gleichzeitig wurde die Beschwerdegebühr entrichtet. Am 10. November 2008 wurde die Beschwerde gemäß Artikel 27(3) VEP der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vorgelegt.

III. Die angefochtene Entscheidung stützt sich darauf, dass für einen Teil der Ausbildungszeit nicht nachgewiesen sei, dass Frau Z., unter deren Leitung die Beschwerdeführerin diesen Teil der praktischen Ausbildung absolviert hatte, gemäß Artikel 133(3) EPÜ vor dem EPA für ihren Arbeitgeber gehandelt habe. Insbesondere könne nicht festgestellt werden, dass für Frau Z. eine Allgemeine Vollmacht vorliege. "Ebenso haben wir keinerlei aktive Beteiligung von Frau Z. in Verfahren vor dem EPA feststellen können." Damit betrage für die Beschwerdeführerin die anrechenbare Ausbildungszeit nur 2 Jahre, 5 Monate und 19 Tage, sodass noch mindestens 6 Monate und 11 Tage bis zur vorgeschriebenen Dauer von 3 Jahren fehlten.

IV. In ihrer Beschwerde verweist die Beschwerdeführerin konkret auf fünf europäische Patentanmeldungen, in deren Verfahren Frau Z. mit den genannten Vollmachten vor dem EPA tätig gewesen ist, wie durch entsprechende Aktenauszüge belegt wird. Im Gegensatz zu der vom Prüfungssekretariat angedeuteten Auffassung sei es gemäß Artikel 10(2)a)iii) VEP nicht notwendig, dass die Bevollmächtigung durch eine eingetragene Allgemeine Vollmacht nach Regel 101(2) EPÜ 1973 erfolge. Somit sei sowohl die Bevollmächtigung als auch die aktive Beteiligung von Frau Z. an Verfahren vor dem EPA nachgewiesen worden.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt daher die Zulassung zur Europäischen Eignungsprüfung 2009.

VI. Mit Schreiben der Kammer vom 13. November 2008 wurde der Präsidentin des Europäischen Patentamts sowie dem Präsidenten des Rats der zugelassenen Vertreter gemäß Artikel 27(4) VEP in Verbindung mit Artikel 12, Satz 2 VDV Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es sind keine Stellungnahmen eingegangen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Vorschriften von Artikel 27(2) VEP und ist somit zulässig.

2. Die Artikel 10(2)a)ii) und iii) VEP betreffen Bewerber für die Europäische Eignungsprüfung, die die notwendige 3-jährige Berufserfahrung als Angestellte eines Arbeitgebers dadurch erworben haben, dass sie für diesen gemäß Artikel 133(3) EPÜ vor dem Europäischen Patentamt selbst gehandelt haben (Ziffer ii) oder als Assistent einer solchen Person daran beteiligt waren (Ziffer iii). Für beide Personengruppen wird verlangt, dass sie "an einer Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten beteiligt waren".

3. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Anmeldung zur Eignungsprüfung auf Ziffer iii) von Artikel 10(2)a) VEP. Dies setzt den Nachweis voraus, dass die sie ausbildende Person im fraglichen Zeitraum gemäß Ziffer ii) für den Arbeitgeber vor dem EPA gemäß Artikel 133(3) EPÜ gehandelt hat und dabei an einer Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten beteiligt war. Das Prüfungssekretariat hat diesen Nachweis für den Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2005 als für nicht erbracht erachtet. Dies deshalb, weil das Prüfungssekretariat nicht habe feststellen können, dass für Frau Z. eine Allgemeine Vollmacht nach Artikel 133(3) EPÜ vorgelegen habe und weil es auch "keinerlei aktive Betätigung von Frau Z. in Verfahren vor dem EPA" habe feststellen können (siehe oben Ziff. III).

4. In der Entscheidung D 4/07 vom 6. Dezember 2007 hat die Kammer im Zusammenhang mit Artikel 10(2)a) ii) VEP ausgeführt, eine Bevollmächtigung nach Artikel 133(3) EPC könne sowohl durch Einzelvollmachten als auch durch eine Allgemeine Vollmacht erfolgen. Nur letztere stelle allerdings sicher, dass die ausbildende Person während der gesamten Ausbildungszeit für den Arbeitgeber vor dem EPA in einer Vielzahl von Tätigkeiten gemäß Artikel 10(2)a)ii) bzw. iii) VEP tätig sein konnte (siehe Ziff. 3 der Gründe). In der Entscheidung D 34/07 vom 11. Januar 2008 hat die Kammer präzisiert, dass die genannten Voraussetzungen im Einzelfall auch erfüllt sein können, wenn nachgewiesen sei, dass der Arbeitgeber für die betreffende Person während der gesamten Ausbildungszeit einzelfallweise Vollmachten zum Handeln vor dem EPA eingereicht hat (siehe Ziff. 3.1 der Gründe). Schließlich hat die Kammer in der Entscheidung D 32/07 (Ziff. 6 der Gründe) darauf hingewiesen, dass die Beurteilung, ob ein Bewerber die Voraussetzungen von Artikel 10(2)a)(ii) VEP erfülle, weniger nach formellen Gesichtspunkten als danach erfolgen sollte, ob seine praktische Tätigkeit eine vernünftige Vorbereitung für die Eignungsprüfung sicherstelle.

5. Von dieser Rechtslage ging im vorliegenden Fall offensichtlich auch das Prüfungssekretariat aus, indem es in seiner Entscheidung vom 24. Juli 2008 unter anderem darauf abstellte, ob Frau Z. bei europäischen Patentanmeldungen bzw. Verfahren vor dem EPA für ihren Arbeitgeber aktiv beteiligt war (siehe oben Ziff. III).

6. Die Beschwerdeführerin hatte schon als Anlage zur Prüfungsanmeldung Kopien zweier unbefristeter Vollmachten des Arbeitgebers für Frau Z. als Nachweis für deren Tätigkeit gemäß Artikel 10(2)a)ii) VEP eingereicht (siehe oben Ziff. I). Trotzdem ging das Prüfungssekretariat in der angefochtenen Entscheidung, ohne diese Unterlagen zu würdigen oder der Beschwerdeführerin nötigenfalls Gelegenheit zur Ergänzung zu geben, davon aus, es habe "keinerlei aktive Beteiligung von Frau Z. in Verfahren vor dem EPA" festgestellt werden können. Wie sich aus den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Unterlagen jedoch ergibt, hat Frau Z. im Zeitraum der Jahre 2001 bis 2004 in mindestens fünf Fällen die Anmeldeverfahren vor dem EPA selbständig geführt, und zwar unter den schon der Prüfungsanmeldung beigefügten unbefristeten Vollmachten des Arbeitgebers nach Artikel 133(3) EPÜ.

7. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten kann gemäß Artikel 27(1) VEP nur überprüfen, ob die VEP, eine bei ihrer Durchführung anzuwendende Bestimmung oder höherrangiges Recht verletzt wurde (D 1/92, ABl. EPA 1993, 357; D 6/92, ABl. EPA 1993, 361). Deshalb kann die Beurteilung des Prüfungssekretariats, ob ein Bewerber im Einzelfall die Voraussetzungen von Artikel 10(2)a)ii) und iii) VEP erfüllt hat, nur daraufhin überprüft werden, ob dabei Recht verletzt wurde (vgl. dazu D 32/07, Ziff. 8 der Gründe).

8. Im vorliegenden Fall kommt die Kammer zu dem Schluss, dass eine solche Rechtsverletzung vorliegt. Sie ergibt sich daraus, dass das Prüfungssekretariat die von der Beschwerdeführerin mit ihrer Prüfungsanmeldung eingereichten Belege für die Bevollmächtigung von Frau Z. nach Artikel 133(3) VEP vollständig ignoriert hat. Dadurch wurde der als höherrangiges Recht anerkannte Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführerin verletzt, wie er in Artikel 113(1) EPÜ seinen Ausdruck findet (vgl. D 3/99, Ziff. 5 der Gründe; D 3/99, Ziff. 3 der Gründe). Dieser Grundsatz hätte einerseits verlangt, ihr vor der ablehnenden Entscheidung allfällige Vorbehalte des Prüfungssekretariats gegen die eingereichten Belege zur Bevollmächtigung von Frau Z. in Verfahren vor dem EPA mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Andererseits hatte die Beschwerdeführerin im Zurückweisungsfall Anspruch auf eine Begründung, weshalb diese Belege als nicht ausreichend erachtet wurden. Beides fehlt im vorliegenden Fall. Aus diesem Grund ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

9. Da angesichts der knappen Zeit bis zur Eignungsprüfung 2009 besondere Gründe vorliegen, die gegen eine Zurückverweisung der Sache an das Prüfungssekretariat sprechen (vgl. Artikel 12 der ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten), entscheidet die Kammer selbst über die Zulassung der Beschwerdeführerin zur Eignungsprüfung 2009. Wie in Ziff. IV. erwähnt, legte die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde Auszüge aus fünf Anmeldungsakten vor, aus denen sich ergibt, dass Frau Z. während des fraglichen Zeitraums mindestens diese fünf Anmeldeverfahren vor dem EPA mit Einzelvollmacht des Arbeitgebers selbständig geführt hat.

10. Aufgrund dieses Sachverhalts kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen von Artikel 10(2)a)ii) bzw. iii) erfüllt. Da dies nach Ansicht des Prüfungssekretariats das einzige Hindernis für die Zulassung darstellte, steht dieser somit nichts mehr im Wege.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Beschwerdeführerin ist zur Europäischen Eignungsprüfung 2009 zuzulassen.

3. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.

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