D 0013/02 () of 11.11.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:D001302.20021111
Datum der Entscheidung: 11 November 2002
Aktenzeichen: D 0013/02
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer, der nur mehr Teil D der Eignungsprüfung zu absolvieren hatte, hat die europäische Eignungsprüfung 2001 aufgrund folgender Bewertung:

A: --

B: --

C: --

D: 47

nicht bestanden, die entsprechende Entscheidung der Prüfungskommission wurde ihm mit am 27. September 2001 zur Post gegebenen Schreiben des Kommissionsvorsitzenden mitgeteilt.

II. Gegen die Entscheidung legte der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2001 Beschwerde ein und zahlte gleichzeitig die Beschwerdegebühr; die Beschwerdebegründung wurde am 27. November 2001 eingereicht.

III. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten hat mit Schreiben vom 4. März 2002 dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (EPI) und dem Präsidenten des Europäischen Patentamts (EPA) gemäß Artikel 12, Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern i. V. m. Artikel 27 (4), Satz 1 der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

IV. Der Beschwerdeführer beantragt:

- die Entscheidung der Prüfungskommission aufzuheben und festzustellen, daß er die Eignungsprüfung bestanden hat, und zwar indem ihm für die Fragen 2 bis 4 in Aufgabe D, Teil I eine höhere Punktezahl zugestanden wird, zum anderen dadurch, daß die Minimalpunktezahl für das Bestehen von Aufgabe D/2001 herabgesetzt oder die Gewichtung zwischen Frage 5 von Teil II - für die der Beschwerdeführer 2/2.5 Punkte erhielt und die er als irreführend und mit 15,5 möglichen Punkten als übermäßig gewichtet ansieht - und den anderen Fragen von Teil II verschoben wird.

- die "Offenlegung der sachlichen Bewertungsgrundlagen ... in bezug auf die erwarteten Frageninhalte, nach der die Punkteverteilung innerhalb jeder Teilfrage durch die Prüfer vorgenommen [wird], deren Bewertung mit dieser Beschwerde angegriffen wird."

V. Zur Begründung machte der Beschwerdeführer geltend, die angegriffene Bewertung weise schwerwiegende, als Ermessensmißbrauch zu betrachtende Fehler auf und verstoße gegen den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben und gegen die Rechtsgrundsätze der Berechenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Bewertung der Prüfungsleistung des Beschwerdeführers. Auch der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt worden.

Auf einzelne Prüfungsfragen in Aufgabe D bezogen wurde im wesentlichen folgendes vorgebracht:

- Teil II, Frage 5:

Ein Teil der Punkte - mindestens 6, vermutlich 8 bis 10. - seien für Nicht-Gefragtes, nämlich Ausführungen zu Einreichungserfordernissen für Teilanmeldungen, vergeben worden. Aus der Formulierung dieser Frage, auch im Vergleich mit Formulierung und Bewertung anderer D-Fragen, auch die vorangegangener Jahre, habe der Bewerber, dem die verhältnismäßig hohe Punktezahl von 15,5 für diese Frage nicht bekannt war, jedoch keinesfalls auf den Gedanken kommen können, einen wesentlichen Teil der erwarteten und mit Punkten belohnten Antwort in diesen Einreichungserfordernissen zu sehen; auch aus der bisherigen Bewertungspraxis und dem Kompendium ergebe sich, daß für die Darstellung von Einreichungserfordernissen nur dann Punkte vergeben werden, wenn explizit nach solchen Erfordernissen gefragt wird. Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liege darin, daß ein anderer Bewerber Punkte dafür bekommen habe, daß er etwas zu den Anmeldeerfordernissen geschrieben hatte, was der Beschwerdeführer aus den vorgenannten Gründen nicht gekonnt habe. Auch sei diese Frage mit 15,5 möglichen Punkten übermäßig gewichtet, so daß entweder die Minimalpunktezahl für das Bestehen von Aufgabe D/2001 herabzusetzen oder die Gewichtung zwischen dieser Frage und den übrigen Fragen von Teil II zugunsten letzterer zu verschieben sei.

- Teil I, Frage 2:

Auch hier sei offensichtlich Nicht-Gefragtes bewertet worden, denn die auf die Verfahrenshandlungen gerichtete Antwort des Beschwerdeführers sei fast vollständig; dennoch habe er nur 0,5 [von 2 möglichen] Punkte[n] erhalten, während gemessen an der objektiv erwartbaren Antwort er mindestens 50 bis 75 % der Maximalpunktezahl hätte erhalten müssen. Das ergebe sich auch aus einem Vergleich seiner Antwort mit derjenigen einer anderen Bewerberin, die mit den vollen 2 Punkten bewertet worden war. Es sei deshalb gerechtfertigt, daß er 0,5 bis 1,0 Punkte zusätzlich für diese Frage erhalte.

- Teil I, Frage 3:

Die gegenüber der Vergleichslösung eines anderen Bewerbers zu niedrige Bewertung der - dem objektiv Erwartbaren entsprechenden - Antwort des Beschwerdeführers sei ein Verstoß gegen Artikel 16 VEB; die Zuerkennung von 2,5 Punkten (bei maximal 3. Punkten) für die Beantwortung dieser Prüfungsfrage sei deshalb gerechtfertigt.

- Teil I, Frage 4:

Analog zu Frage 3 von Teil I; als Vergleichslösungen wird die Antwort derselben Bewerberin wie zu Frage 2 von Teil I herangezogen, sowie diejenige eines weiteren Bewerbers, welche allerdings nicht ein- und trotz Hinweis durch die Kammer auch nicht nachgereicht wurde; es wird die Zuerkennung der vollen 3 maximal möglichen Punkte begehrt.

VI. Mit Bescheid vom 5. Juli 2002 teilte die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ihre vorläufige Auffassung und die Gründe dafür mit, daß die Beschwerde wenig Aussicht auf Erfolg habe.

VII. In seiner fristgerecht am 5. September 2002 eingegangenen Erwiderung hielt der Beschwerdeführer seine bisherigen Ausführungen und Anträge aufrecht, insbesondere auch den Antrag auf Vorlage des relevanten Teils der "Bewertungsvorlage", nach der die Eignungsprüfung 2001 bewertet worden sei. Nur so könne die Einhaltung der einschlägigen Rechtsgrundsätze überprüft und nachvollzogen werden, ob das Ermessen der Prüfungsorgane in angemessener Weise und nach Maßgabe der richtigen Kriterien ausgeübt worden sei.

Es werde nicht die Überprüfung des Beschwerdeverfahrens in seiner Gesamtheit verlangt, sondern nur geltend gemacht, daß einzelne Bewertungen mit offensichtlichen Fehlern behaftet seien. Ohne sachliche Prüfung sei nicht feststellbar, ob wichtige Grundsätze der Bewertung, etwa der Gleichheitsgrundsatz, erfüllt seien. Deshalb stünde es nicht in Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung, für die Feststellung einer Verletzung von anerkannten Rechtsgrundsätzen auch eine Überprüfung einzelner Bewertungen in der Sache vorzunehmen. Im übrigen habe die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten selbst eine sachliche Prüfung vorgenommen, indem sie im Bescheid ihre Auffassung äußerte, daß Frage 5 von Teil II nicht unklar oder irreführend formuliert war.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig und kann darüber ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem eine solche vom Beschwerdeführer nicht beantragt wurde und auch von der Kammer nicht als erforderlich erachtet wird.

2. Nach Artikel 27 (1) VEP und ständiger, dem Beschwerdeführer ersichtlich bekannter Rechtsprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, so u. a. D 1/92 (ABl. EPA 1993, 357), D 6/92 (ABl. EPA 1993, 361), ist es nicht Aufgabe dieser Kammer, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen. Nur schwerwiegende und eindeutige Fehler bei der Bewertung der Arbeit eines Kandidaten und auf denen die angegriffene Entscheidung beruht, können berücksichtigt werden; auch muß ein solcher Fehler so offensichtlich sein, daß er ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens festgestellt werden kann (Entscheidung D 1/92).

3. Ein solcher qualifizierter Fehler kann sich jedoch nicht aus einem Vergleich der Antwort des Bewerbers mit einer anderen Antwort ergeben, sei es mit einer "objektiv zu erwartenden (wenn es eine solche im Einzelfall überhaupt gibt) oder mit der eines anderen Bewerbers. Damit wird nämlich im Grunde nichts anders begehrt als eine bessere Benotung aufgrund anderer Be-/Wertungen bzw. Kriterien, als sie von den zuständigen Prüfern angewandt wurden. Wenn eine Bewertung der Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers durch die Kammer oder irgendwelche andere Personen als die beiden zuständigen Prüfer (22 und 24) zu einem etwas anderen Ergebnis führen würde, wäre das sicherlich nicht überraschend, da bei solchen Wertungen, ganz gleich von wem sie vorgenommen werden, subjektive Elemente unvermeidlich sind. Insbesondere aus diesem Grunde sind solche Wertungen einer sachlichen Überprüfung durch die Kammer nicht zugänglich. Da sich innerhalb eines (begrenzten) Beurteilungsspielraumes, definitionsgemäß keine objektiv und allein richtige Bewertung festlegen läßt, kann eine Bewertung, von "offensichtlichen Fehlern" - siehe dazu unten - abgesehen, nicht durch Beschwerde angegriffen werden; wäre dies möglich, käme die Kammer nicht umhin, sich hinsichtlich der Bewertung und Benotung der Prüfungsarbeiten an Stelle der Prüfer zu setzen, was weder sachgerecht noch mit Artikel 27 (1) VEP vereinbar ist.

4. Offensichtliche Fehler im hier maßgeblichen Sinn sind somit solche, die ohne wertende Neubetrachtung der Prüfungsarbeit feststellbar sind. Das wäre etwa dann der Fall, wenn ein und dieselbe Arbeit von den beiden Beurteilern stark unterschiedlich bewertet würde (Entscheidung D 1/85, ABl. EPA 1985, 341), weil allein der Punkteunterschied, unabhängig von dem die Bewertung widerspiegelnden Punkteniveau, auf eine Verletzung des Grundsatzes der einheitlichen Bewertung schließen läßt. Als offensichtlicher Fehler wäre auch etwa eine widersprüchlich oder unverständlich formulierte Prüfungsfrage anzusehen: Dies ließe sich ohne Rückgriff auf die Bewertung einer einzelnen Arbeit unmittelbar daran feststellen, welche inhaltliche Bedeutung der konkreten Formulierung der Prüfungsfrage nach allgemeinem Verständnis zukommt. Aus diesem Grunde ist das Argument des Beschwerdeführers nicht zutreffend, die Beschwerdekammer habe selbst eine sachliche Prüfung [des Prüfungsverfahrens/der Bewertung der Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers] vorgenommen, wenn sie in einem Bescheid ausführt, eine unklare oder irreführende Formulierung der Frage 5 von Teil II sei offensichtlich nicht gegeben und auch vom Beschwerdeführer nicht vorgetragen worden. Diese Feststellung ist daher aufrechtzuerhalten.

5. Ein objektiver, weil ohne Rückgriff auf die Bewertung einzelner Prüfungsarbeiten feststellbarer, Fehler läßt sich auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ableiten, er sei an einer mit mehr Punkten bedachten Beantwortung der Frage 5 von Teil II dadurch gehindert worden, daß ihm weder die vergleichsweise hohe Maximalpunktezahl für diese Frage, noch die Notwendigkeit bekannt war, zu deren Erreichen Ausführungen zu den Einreichungserfordernissen von Teilanmeldungen zu machen. Ersteres trifft auf alle Bewerber gleichermaßen zu und ist durchaus sachgerecht, da Prüfungsfragen nicht nach "taktischen" Gesichtspunkten, sondern - ist es doch offenbarer Zweck der Prüfung, die Berufseignung des Bewerbers festzustellen - inhaltlich richtig und vollständig zu beantworten sind. Letzteres bleibt Spekulation: Ein Vergleich mit der solche Ausführungen enthaltenden Antwort eines anderen Bewerbers und den dort vergebenen Punkten führt zu nichts, schon weil offen bleibt, ob nicht für andere Ausführungen als zu den Einreichungserfordernissen ebenfalls Punkte erzielt werden konnten. Jedenfalls muß es der für die Durchführung der Prüfung verantwortlichen Stelle überlassen bleiben und ist nicht Sache der Beschwerdeinstanz, abzuwägen, welche Fragen - etwa im Hinblick auf die Bedeutung für die Berufspraxis - wichtig und wie am besten zu beantworten sind. Dasselbe gilt für die maximale Punktezahl einer Frage.

6. Eine "Bewertungsvorlage", die diese Beurteilungsgrundlagen im Interesse einer einheitlichen Bewertung den Beurteilern vorgibt, ist daher einer - zwangsläufig wertenden - Überprüfung durch die Beschwerdeinstanz ebenso entzogen. Konkret braucht und darf daher für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nicht der Frage nachgegangen werden, ob in der Bewertungsvorlage, deren Offenlegung der Beschwerdeführer beantragt, tatsächlich "Punkte aufgeführt sind, die nicht die in Frage II/5 gefragte Zulässigkeit betreffen". Die Auseinandersetzung mit dieser Frage im Beschwerdeverfahren wäre, entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, in Wirklichkeit sehr wohl eine "sachliche Überprüfung der Bewertung", und zwar nicht nur der Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers (die allein ihn interessieren mag), sondern aller Bewerber: Selbst eine große Zahl von betroffenen Prüfungsarbeiten könnte nichts daran ändern, daß es sich um eine Wertungsfrage handelt, die - durchaus sachgerecht - den für die Durchführung der Prüfung Verantwortlichen überlassen bleiben muß und daher bei der Überprüfung auf rechtserhebliche Fehler außer Betracht zu bleiben hat. Die Offenlegung von durch die Beurteiler ggf. verwendeten Bewertungsvorlagen ist daher weder für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde erforderlich, noch besteht nach ständiger Rechtsprechung sonst Anspruch darauf (vgl. Entscheidung D 12/82, ABl. EPA 1983, 233).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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