D 0001/01 () of 19.5.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:D000101.20030519
Datum der Entscheidung: 19 Mai 2003
Aktenzeichen: D 0001/01
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
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Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. September 2000 übermittelte Entscheidung der Prüfungskommission für die Europäische Eignungsprüfung vom 20. September 2000, daß er die Europäische Eignungsprüfung 2000 nicht bestanden habe. Gemäß diesem Schreiben waren die Leistungen des Beschwerdeführers in den Prüfungsarbeiten mit folgenden Noten bewertet worden:

A: 26.......B: 84.......C: 72.......D: 64,5

Gemäß dem dem Beschwerdeführer vom Prüfungssekretariat ebenfalls übermittelten Bewertungsbogen des Prüfungsausschusses I nahmen die beiden Prüfer 1 und 2 ("Marker 1 und Marker 2") für die Arbeit/den Bewerber mit der Nr. 10001 folgende Bewertung vor:

........................Höchstpunktzahl...Marker 1....Marker 2

Unabhängige Ansprüche.........65............16..........13

Abhängige Ansprüche...........15.............4...........3

Beschreibung..................20.............8...........8

Gesamt.......................100............28..........24

Der Notenvorschlag des Prüfungsausschusses I, Unterausschuß Chemie, wurde laut dem Bewertungsbogen auf 26. Punkte festgesetzt.

II. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2000, im Europäischen Patentamt am selben Tag eingegangen, legte der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung der Prüfungskommission unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ging am 24. November 2000 im Europäischen Patentamt ein. Mit seiner Beschwerde wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Bewertung seiner Prüfungsaufgabe A und das dadurch beeinflußte Gesamtergebnis.

III. Zur Vorbereitung der vom Beschwerdeführer hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung erließ die Kammer zwei Bescheide und wandte sich an das Prüfungssekretariat für die europäische Eignungsprüfung mit einer Bitte um Auskunft. Der Sekretär des Prüfungsausschusses I gab eine schriftliche Erklärung ab. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die am 19. Mai 2003 stattfand, waren der Beschwerdeführer, eine Vertreterin des Präsidenten des Europäischen Patentamts und auf Veranlassung der Kammer der Prüfer anwesend, der in dem Bewertungsbogen Nr. 10001 für die Aufgabe A des Prüfungsausschusses I als "Marker 1" angegeben ist. Dieser Prüfer gab der Kammer in der Verhandlung mündlich Auskunft. Das Ergebnis der Befragung ist dem darüber aufgenommenen Protokoll zu entnehmen, das dem Protokoll der mündlichen Verhandlung beigefügt ist.

IV. Zur Begründung seiner Beschwerde trug der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes vor:

Zwar handele es sich bei der von ihm als Anlage 1 zu seiner Beschwerdebegründung eingereichten, ihm vom Prüfungssekretariat gemäß Artikel 25 (2) VEP als seine Prüfungsarbeit zu Aufgabe A übersandten Kopie mit der über dem Beginn des Textes handschriftlich eingetragenen Zahl "10001", tatsächlich um seine Antwort auf die Prüfungsaufgabe A.

Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß es sich aufgrund einer Verwechslung bei der mit 26 Punkten bewerteten, ihm zugerechneten Antwort auf die Prüfungsaufgabe A nicht um diese, sondern eine andere Prüfungsarbeit gehandelt habe. Zumindest könne die Prüfungskommission die Zugehörigkeit dieser Bewertung zu seiner Arbeit nicht mit dem zu fordernden Maß an Sicherheit beweisen.

Im schriftlichen Verfahren legte der Beschwerdeführer dar, angesichts der im Ablauf des Prüfungsverfahrens notwendigen mehrfachen Eintragungen von Nummern von Kandidaten und Aufgaben sowie der von den Prüfern vergebenen Punktzahlen in verschiedenen Unterlagen durch an der Durchführung der Prüfung Beteiligte könnten Übertragungsfehler oder Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden. Beispielsweise könnten die Ergebnisse eines Kandidaten versehentlich auf den Bogen eines anderen Kandidaten mit ähnlicher Nummer übertragen werden.

Die ihm übermittelten, bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens erstellten Unterlagen ließen nicht einmal mit Sicherheit erkennen, daß an der Bewertung seiner Prüfungsaufgabe A überhaupt zwei verschiedene Prüfer beteiligt gewesen seien, geschweige denn, daß diese beiden Prüfer ihre Bewertungen unabhängig voneinander vorgenommen hätten. In dem Bewertungsbogen Nr. 10001 des Prüfungsausschusses I für die Aufgabe A seien die von den beiden Prüfern (Markern) angeblich vergebenen Punktzahlen mit derselben Handschrift eingetragen. Aus der erstaunlichen Beobachtung, daß die beiden Prüfer bei allen seinen Arbeiten A-D fast identische Bewertungen vergeben hätten, könnte geschlossen werden, daß die Prüfer nicht unabhängig voneinander arbeiteten, sondern der erste Korrektor die Arbeit korrigiere und der zweite Korrektor nur grob die Schlüssigkeit der Bewertung nachprüfe.

Daß es sich bei der mit nur 26 Punkten bewerteten Arbeit nicht um seine Arbeit gehandelt haben könne, ergebe sich auch aus einer Überprüfung der Wertigkeit seiner Arbeit. Hierzu machte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung weitere Ausführungen. Seine Arbeit hätte nach alledem in jedem Fall mit mehr als 26 Punkten, insbesondere mit mindestens 45 Punkten bewertet werden müssen. Im Rahmen der Entscheidung über die Frage, ob die Bewertung der Arbeit des Beschwerdeführers mit 26 Punkten das Ergebnis einer Verwechslung von Prüfungsarbeiten sein könne, habe das krasse Mißverhältnis zwischen seiner Leistung in der Prüfungsarbeit A und der ihr durch die Prüfungskommission zugeordneten Bewertung Indizfunktion. In diesem Zusammenhang könne die Beschwerdekammer die Angemessenheit der für die Prüfungsarbeit A vergebenen Punkte überprüfen.

Im vorliegenden Fall habe die Prüfungskommission zu beweisen, daß es sich bei der im Ergebnis mit 26 Punkten bewerteten Arbeit um die Arbeit des Beschwerdeführers gehandelt habe. Dabei sei ein vollständiger Beweis notwendig. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit genüge nicht, sondern es sei absolute Sicherheit herzustellen.

Nach der Anhörung des "Marker 1" in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bestritt der Beschwerdeführer nicht mehr, daß in seinem Fall tatsächlich die Marker 1 und 2 seine Arbeit mit den vergebenen 24, bzw. 28 Punkten bewertet hätten. Das reiche jedoch nicht aus. Die absolute Sicherheit, daß die Vorschriften der Eignungsprüfung bei der Bewertung der Arbeit eingehalten worden seien und die in den Bewertungsbogen eingetragene Bewertung diejenige der angegebenen, bewerteten Arbeit sei, müsse aus dem Inhalt der Prüfungsakte selbst herleitbar sein. Diese Anforderung sei vorliegend nicht erfüllt. Auch finde in diesem Zusammenhang eine Beweislastumkehr zulasten des Beschwerdeführers nicht statt, weil es sich bei der Durchführung des Bewertungsverfahrens um Umstände aus der Sphäre der Prüfungskommission handele, die allein diese aufklären könne.

Da die Prüfungskommission die Zugehörigkeit des der Bewertung seines Prüfungsergebnisses zugrundegelegten Bewertungsbogens zu seiner Arbeit A in diesem strikten Sinn nicht habe beweisen können, sei eine Neubewertung seiner Arbeit unumgänglich. Gleichzeitig habe die Prüfungskommission damit einen schweren Verfahrensfehler begangen, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und der von ihm entrichteten Gebühr für die Teilnahme an der Europäischen Eignungsprüfung 2001 rechtfertige.

V. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2003 beantragte der Beschwerdeführer,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Prüfungsaufgabe A mit 45 Punkten zu bewerten und die Eignungsprüfung 2000 für bestanden zu erklären,

hilfsweise, die Angelegenheit zur Neubewertung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen,

ferner die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und der Prüfungsgebühr für die Europäische Eignungsprüfung 2001 anzuordnen.

Entscheidungsgründe

1. Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung erneut erklärt, daß es sich bei der von ihm als Anlage 1 zu seiner Beschwerdebegründung eingereichten, ihm vom Prüfungssekretariat gemäß Artikel 25 (2) VEP als seine Prüfungsarbeit zu Aufgabe A übersandten Kopie mit der über dem Beginn des Textes handschriftlich eingetragenen Zahl "10001", tatsächlich um seine Antwort auf die Prüfungsaufgabe A handelt, und die Kammer hat daran auch keinen Zweifel. Das Original der in der Prüfungsakte befindlichen Antwort des Beschwerdeführers auf die Prüfungsaufgabe A stimmt mit der vom Beschwerdeführer eingereichten Kopie überein, mit der Maßgabe, daß das Original nicht auf der ersten Seite des Antworttextes die handschriftliche Zahl "10001" trägt, jedoch zusätzlich mit einem vom Beschwerdeführer unterschriebenen rosafarbenen Deckblatt versehen ist, in dem der Beschwerdeführer handschriftlich seinen Nachnamen und Vornamen eingetragen hat, sowie, daß es sich bei der beantworteten Prüfungsaufgabe um die Aufgabe "A-Chemie" handelt. Die Prüfungsakte enthält ferner eine Kopie der Antwort des Beschwerdeführers auf die Prüfungsaufgabe A ohne das Deckblatt. Diese Kopie stimmt auch hinsichtlich der auf der ersten Seite handschriftlich eingetragenen Zahl "10001" mit der vom Beschwerdeführer eingereichten Kopie überein.

2. Die Kammer ist aufgrund der Unterlagen der Prüfungsakte und der schriftlichen und mündlichen Auskünfte des Sekretärs des Prüfungsausschusses I und des Markers 1, der die Prüfungsaufgabe A des Beschwerdeführers bewertet hat, sowie aufgrund ihrer eigenen Sachkunde über den Ablauf des Bewertungs- und Benotungsverfahrens auch davon überzeugt, daß es sich bei der von Marker 1 und Marker 2 mit je 28 und 24 und im Gesamtergebnis mit 26 Punkten bewerteten Arbeit tatsächlich um die Arbeit des Beschwerdeführers gehandelt hat, und daß beide Prüfer (Marker) die Prüfungsarbeit unabhängig voneinander bewertet haben.

2.1. Zwar erbringt nicht bereits der Bewertungsbogen des Prüfungsausschusses 1 für die Prüfungsaufgabe A selbst diesen Beweis. Auch wenn dieser Bogen unter den dort für die Prüfer 1 und 2 eingetragenen Punktzahlen die Unterschrift des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses 1 trägt, enthält er keinerlei Bestätigung durch die Prüfer 1 und 2 selbst, etwa durch eine Unterschrift oder Paraphe, daß diese die in dem Bewertungsbogen eingetragenen Punktzahlen tatsächlich vergeben haben.

Eine solche Bestätigung findet sich auch sonst nirgends in der Prüfungsakte.

Dies verstößt gegen Regel 6 (1) der Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung. Diese Regel verlangt, daß die Bewertungsbögen, die Einzelheiten zur Notengebung enthalten, von den Personen auszufüllen sind, die die Arbeit bewertet haben. Wenn es dafür auch nicht darauf ankommen kann, daß die einzelnen Punktzahlen von jedem Prüfer höchstpersönlich handschriftlich eingetragen werden, so ist dem Beschwerdeführer doch darin zuzustimmen, daß die Prüfungsakte im Prinzip so zu führen ist, daß aus ihr ohne weitere Beweiserhebungen abgeleitet werden kann, daß die Vorschriften betreffend die europäische Eignungsprüfung bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens eingehalten wurden. Bei den Anforderungen der Regel 6 (1) der Ausführungsbestimmungen handelt es sich nicht nur um eine Formalität. Die Bewertung der Prüfungsarbeiten durch die beiden Prüfer bildet die Grundlage für den Notenvorschlag des Prüfungsausschusses an die Prüfungskommission und für die endgültige Benotung der Arbeit durch die Prüfungskommission gemäß Artikel 7 (3) VEP. Sie bestimmt in der weit überwiegenden Zahl der Fälle das Prüfungsergebnis des Bewerbers und muß deshalb nicht nur im Hinblick auf den zeitlichen Abstand zwischen der Benotung der Arbeiten durch die beiden Prüfer und die endgültige Entscheidung durch die Prüfungskommission, sondern auch für den Fall einer Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungskommission in der durch Regel 6 (1) der Ausführungsbestimmungen gebotenen Form aus der Prüfungsakte ersichtlich sein. Deshalb hat die Prüfungsakte etwas zu enthalten, das als Bestätigung der als seine Bewertung eingetragenen Punktzahl durch jeden der Prüfer erkennbar ist, wie z. B. eine Unterschrift oder eine Paraphe auf dem Bewertungsbogen des Prüfungsausschusses oder eine andere schriftliche Unterlage, die die Bestätigung der vergebenen Punktzahl durch die Prüfer enthält.

2.2. Gleichwohl rechtfertigt dies die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht. Im vorliegenden Fall kommt die Kammer aufgrund der schriftlichen Auskunft des Sekretärs des Prüfungsausschusses I, der mündlichen Ausführungen des an der Bewertung der Prüfungsaufgabe A des Beschwerdeführers beteiligten Prüfers 1 und aufgrund ihrer eigenen Sachkunde über den Ablauf des Bewertungs- und Benotungsverfahrens ohne jeden Zweifel zur Überzeugung, daß die Prüfungsaufgabe A des Beschwerdeführers von dem Prüfer 1 mit 28 und dem Prüfer 2 mit 24. Punkten bewertet wurde und daß beide Prüfer die Bewertung der Arbeit unabhängig voneinander vorgenommen haben.

Es ist der schriftlichen Auskunft des Sekretärs des Prüfungsausschusses I zu entnehmen und ist der Kammer aus eigener Sachkunde bekannt, daß das Bewertungsverfahren durch die Prüfungsausschüsse damit eingeleitet wird, daß das Prüfungssekretariat je eine Kopie der zu bewertenden Arbeit an die zur Bewertung der betreffenden Arbeit eingeteilten beiden Prüfer schickt und diese jeder für sich die Arbeit bewerten, bevor es zur Sitzung des Prüfungsausschusses kommt.

Die Unterstellung des Beschwerdeführers in seinem schriftlichen Vortrag, daß nur ein Prüfer die Arbeit wirklich prüfe und der andere nur kursorisch die Ergebnisse des ersten auf Schlüssigkeit überprüfe, ist aus der Luft gegriffen und entbehrt jeglicher Grundlage.

Die mündlichen Ausführungen des Prüfers 1 ("Marker 1"), der gemäß dem Bewertungsbogen die Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers mit 28 Punkten bewertet hat, haben die Kammer insbesondere deshalb überzeugt, da er sie auf ein Blatt mit persönlichen Aufzeichnungen über das Papier A der Prüfung 2000 des Kandidaten und der Arbeit Nr. 10001, d. h. der Prüfungsarbeit A des Beschwerdeführers gestützt hat. Dieses aus einem vorgedruckten Raster mit Musterantworten und handschriftlichen Zusatzeintragungen des Prüfers 1 bestehende Blatt wurde der Kammer und dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Die Kammer und der Beschwerdeführer haben sich durch Augenscheinseinnahme davon überzeugt, daß die mündlichen Auskünfte des Prüfers Nr. 1 mit den auf diesem Blatt eingetragenen handschriftlichen Anmerkungen übereinstimmen. Die persönlichen Aufzeichnungen des Blattes bestanden aus mehreren handschriftlichen Eintragungen, die sich auf individuelle Fehler bzw. Besonderheiten der Prüfungsarbeit A mit der Nr. 10001, also der des Beschwerdeführers, beziehen. In der mündlichen Verhandlung wurde durch Vergleich mit der Prüfungsarbeit A, Nr. 10001, festgestellt, daß diese Arbeit tatsächlich die Fehler bzw. Besonderheiten enthält, wie sie sich aus den handschriftlichen Anmerkungen des Prüfers 1 ergeben. Da die Bedeutung dieser Bemerkungen im einzelnen nur aus dem technischen Zusammenhang der Prüfungsaufgabe heraus verständlich ist, und der Beschwerdeführer im Anschluß an die mündliche Auskunft des Prüfers 1 die Übereinstimmung der Beurteilungen des Markers 1 mit der Prüfungsaufgabe 10001, also mit seiner Antwort auf die Prüfungsaufgabe A, nicht mehr bestritten hat, erübrigt es sich, die Einzelheiten der technischen Zusammenhänge hier darzulegen. Insoweit wird auf Ziffer 2 und 3 des Ergebnisses der mündlichen Befragung des Prüfers 1 verwiesen, das dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 19. Mai 2003 beigefügt ist.

2.3. Der Beschwerdeführer hat sich, insbesondere nach den Ausführungen des Prüfers 1 im Verlauf der mündlichen Verhandlung, auch darauf berufen, es komme für die Begründetheit seiner Beschwerde allein darauf an, ob sich aus den aus der Prüfungsakte ersichtlichen Unterlagen ein lückenloser Beweis dafür ergebe, daß es sich bei den in den Bewertungsbogen eingetragenen Bewertungen tatsächlich um die Bewertung seiner Arbeit handele. Hierfür genüge selbst der Beweismaßstab der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht. Vielmehr genüge die Prüfungskommission ihrer Beweispflicht nur, wenn eine Verwechslung denkgesetzlich oder zumindest mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen sei. Dies sei hier nicht der Fall.

Diesen Auffassungen kann sich die Kammer nicht anschließen.

2.3.1. Auch wenn, wie die Kammer zuvor unter 2.1 der Entscheidungsgründe festgestellt hat, die Prüfungsakte so zu führen ist, daß aus ihr ohne weitere Beweismittel abgeleitet werden kann, daß Regel 6 (1) der Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung eingehalten wurde, so ist der Beschwerdeführer dadurch, daß dies vorliegend nicht in genügendem Maß der Fall ist, nicht in seinen Rechten verletzt, weil die Kammer aufgrund der von ihr erhobenen Beweise davon überzeugt ist, daß die in den Bewertungsbogen des Prüfungsausschusses I eingetragenen Punktzahlen der beiden Prüfer von diesen tatsächlich für die Arbeit des Beschwerdeführers vergeben wurden.

2.3.2. In der Rechtsprechung der Beschwerdekammern zum EPÜ wird generell nicht ein derart strenger Maßstab an den Beweis angelegt, wie ihn der Beschwerdeführer fordert. Nach dieser Rechtsprechung ist für den Beweis eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügend, daß sich der Sachverhalt so zugetragen hat, wie behauptet (Singer/Stauder, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage, Köln 2000, Rdnr. 13 zu Artikel 117). Auch der Maßstab der "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit", wie er als Maß für das Bewiesensein im deutschen Prozeßrecht entwickelt wurde, welches Maß der Beschwerdeführer jedoch auch noch nicht als genügend ansieht, verlangt keine absolute Gewißheit, sondern nur, daß der Richter an sich mögliche Zweifel überwinden kann. Er braucht diese aber nicht völlig auszuschließen. Ausreichend ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit (Baumbauch/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 60. Auflage, München 2002, Rdnr. 18 zu § 286 ZBO). Ein solcher Grad von Gewißheit ist im vorliegenden Fall aufgrund der Unterlagen der Prüfungsakte und der von der Kammer zusätzlich erhobenen Beweise aus den zuvor ausgeführten Gründen erreicht.

2.3.3. Daß sich die Möglichkeit eines andersartigen Geschehensablaufs denkgesetzlich ausschließen läßt, kann auch unter Berücksichtigung der Bedeutung, die das Bestehen der europäischen Eignungsprüfung für die berufliche Existenz eines Bewerbers hat, als Beweismaßstab und als Maßstab für die Anforderungen an die aktenmäßige Dokumentation der Durchführung des Prüfungsverfahrens nicht gefordert werden.

Kein Bereich des Verwaltungshandelns und auch nicht das Prüfungsverfahren kann so organisiert werden, daß Fehler denkgesetzlich ausgeschlossen werden können.

Die Gewährleistung des in Artikel 24 (1) VEP im Interesse einer gerechten Beurteilung der Bewerber festgeschriebenen Gebotes der Anonymität bei der Bewertung der Arbeiten erfordert ein umfangreiches System von Chiffrierungen und anschließenden Dechiffrierungen der Kandidatennamen und ihrer Arbeiten. Nur eine Arbeitseinheit, die mit der Bewertung der Prüfungsaufgaben nichts zu tun hat, wie das Prüfungssekretariat, darf bis zur Entscheidung über das Bestehen der Prüfung die Namen der Bewerber kennen. Das Prüfungssekretariat muß deshalb ein Chiffrierungssystem anwenden, das keinen Aufschluß über die Person des Bewerbers ermöglicht. Deshalb leitet das Sekretariat den mit der Bewertung und Entscheidung über das Prüfungsergebnis betrauten Prüfern die Prüfungsarbeiten und die Grundlagen für die Entscheidung über das Bestehen der Prüfung in anonymisierter Form zu und ordnet anschließend die anonymen Ergebnisse den konkreten Bewerbern zu.

Daß dabei Fehler denkgesetzlich ausgeschlossen werden können, ist bei einem - aus guten Gründen - derart komplizierten System und einer derart großen Zahl jährlicher Bewerber (1035 im Jahr 2000, siehe Jahresbericht 2000 des EPA, S. 46) auch bei bester Organisation der Verfahrensabläufe unmöglich zu erreichen und kann somit nicht als Beweismaßstab verlangt werden.

2.3.4. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles genügt es, daß die Kammer zu der vollen Überzeugung gelangt ist, daß die Punktzahlen für die Arbeit A des Beschwerdeführers, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht, von den beiden Prüfern der Arbeit tatsächlich für diese Arbeit vergeben wurden.

Es erübrigt sich deshalb, auf die vom Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung genannten theoretischen Verwechslungsmöglichkeiten näher einzugehen. Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ist nicht gerechtfertigt und die Beschwerde ist zurückzuweisen.

3. Da gemäß Artikel 27 (4) VEP Voraussetzung für eine Zurückzahlung der Beschwerdegebühr ist, daß der Beschwerde durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird oder die Beschwerde zurückgenommen wird, ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ebenfalls zurückzuweisen.

4. Wie die Kammer dem Beschwerdeführer bereits in einem Zwischenbescheid mitgeteilt hatte, ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich seine Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungskommission vom 27. September 2000, mit der diese die Eignungsprüfung 2000 für nicht bestanden erklärt hat. Die Kammer kann deshalb im vorliegenden Verfahren nicht über den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der Prüfungsgebühr für die Teilnahme an der Europäischen Eignungsprüfung 2001 entscheiden. Ein Antrag auf Rückzahlung dieser Gebühr wäre in erster Instanz bei der Prüfungskommission zu stellen gewesen. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag jedoch vor der Beschwerdekammer in der mündlichen Verhandlung trotz dieses Hinweises ausdrücklich aufrechterhalten hat, ist er von der Kammer aus dem Grund zurückzuweisen, daß die Kammer im Rahmen des anhängigen Beschwerdeverfahrens über ihn nicht in der Sache entscheiden darf.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anträge auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr und der Prüfungsgebühr für die Europäische Eignungsprüfung 2001 werden zurückgewiesen.

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