W 0004/95 () of 20.8.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:W000495.19960820
Datum der Entscheidung: 20 August 1996
Aktenzeichen: W 0004/95
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 34(3)
Patent Cooperation Treaty Art 58(5)
Patent Cooperation Treaty R 68
European Patent Convention 1973 R 104a
European Patent Convention 1973 Art 150
Schlagwörter: Teilweise Rückzahlung einer einzigen zusätzlichen Gebühr (nein)
Reimbursement in part of a single additional fee (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
W 0014/99

Sachverhalt und Anträge

I. Die Anmelderin hat am 4. Mai 1994 die Internationale Anmeldung PCT/EP 94/..... eingereicht.

II. Am 14. Dezember 1994 erließ das Europäische Patentamt, handelnd als mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde ("IPEA"), eine Aufforderung zur Einschränkung der Ansprüche oder Zahlung von einer zusätzlichen Prüfungsgebühr gemäß Artikel 34(3)a und Regel 68.2 PCT. In einer Anlage zu dieser Aufforderung wurde der Anmelderin unter anderem mitgeteilt, die IPEA sei der Auffassung, die Anmeldung sei nicht einheitlich und umfasse zwei verschiedene Erfindungen, die durch folgende Anspruchsgruppen bestimmt seien:

1) Ansprüche 1-12, 15-20,

2) Ansprüche 13-20.

Die erste Anspruchsgruppe betreffe .....; die zweite Anspruchsgruppe betreffe.....

III. Die Anmelderin hat am 23. Dezember 1994 die angeforderte zusätzliche Gebühr in Höhe von DEM 3000 unter Widerspruch entrichtet.

In der Begründung führte sie aus, daß die zusätzliche Gebühr überhöht sei. Da der Prüfer dem ersten Erfindungsgegenstand achtzehn Ansprüche zugeordnet habe, und dem weiteren Erfindungsgegenstand lediglich acht, sei der Umfang für die ergänzende Prüfung verhältnismäßig gering. Außerdem sei die in der zweiten Anspruchsgruppe beanspruchte ..... schon Gegenstand der Prüfung des Anspruchs 3 der ersten Gruppe. Im übrigen sei der zu berücksichtigende Prüfstoff in beiden Fällen der gleiche.

IV. Am 16. Januar 1995 teilte die IPEA der Anmelderin das Ergebnis einer Überprüfung gemäß Regel 68.3 e) PCT mit, wonach die vorangegangene Aufforderung in vollem Umfang berechtigt gewesen sei. Eine Teilrückerstattung der zusätzlichen Gebühr sei weder in Regel 68 PCT noch in Regel 104a(3) Satz 1 EPÜ i.V.m. Artikel 2 Ziffer 19 der Gebührenordnung vorgesehen. Die Anmelderin wurde aufgefordert, eine Widerspruchsgebühr von DEM 2000 innerhalb eines Monats zu zahlen.

V. Am 8. Februar 1995 entrichtete die Anmelderin die Widerspruchsgebühr und reichte gleichzeitig eine ergänzende Begründung ein. Sie führte folgendes aus:

Die IPEA habe den Widerspruch dem nach Regel 68.3 c) Satz 2, erste Alternative PCT vorgesehenen Ausschuß aus drei Mitgliedern zur Prüfung vorgelegt. Als 1. Prüfer habe in diesem Ausschuß der Bedienstete mitgewirkt, der den mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1994 erlassen habe. Dies sei nach Regel 68.3 d) PCT nicht zulässig.

Mit dem Widerspruch habe die Anmelderin geltend gemacht, daß der Betrag der geforderten zusätzlichen Gebühr überhöht sei, gemäß der zweiten Alternative, Regel 68.3 c) Satz 1 PCT. Dem Widerspruch liege damit ein Antrag auf teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr zugrunde, gemäß der zweiten Alternative, Regel 68.3 c) Satz 2 PCT.

Die Feststellung des Überprüfungsausschußes, eine Teilrückerstattung der zusätzlichen Gebühr sei nicht vorgesehen, widerspreche dem klaren Wortlaut der Regel 68.3 c) Satz 2, zweite Alternative PCT. Der Tatbestand einer überhöhten zusätzlichen Gebühr finde in der Regel 104a(3) EPÜ keine Entsprechung; PCT als übergeordnete Rechtsquelle sei deshalb direkt anzuwenden.

Da sich der Ausschuß mit dem vorgebrachten Argument eines verminderten Prüfungsaufwandes nicht auseinandergesetzt habe, sei der Bescheid vom 16. Januar 1995 nicht mit Gründen versehen. Dieser sei folglich rechtsfehlerhaft, was die Rückzahlung der Widerspruchsgebühr rechtfertige.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch ist zulässig.

2. Die Anmelderin hat, in Einklang mit den PCT-Richtlinien für die internationale vorlaüfige Prüfung (März 1993), Kapitel VI 5.7, nach Erhalt des Ergebnisses der in Regel 68.3 c) PCT vorgesehenen Überprüfung ihre Widerspruchsbegründung durch weitere Ausführungen ergänzt. Insbesondere ist die Zusammensetzung des mit der vorherigen Überprüfung beauftragten Ausschußes beanstandet worden. Auf diesen rechtlichen Einwand soll zuerst eingegangen werden.

3. Regel 68.3 e), 1. Satz, lautet: "Hat der Anmelder eine zusätzliche Gebühr nach Absatz c unter Widerspruch entrichtet, so kann die mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde nach vorheriger Überprüfung, ob die Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Gebühr berechtigt war, verlangen, daß der Anmelder eine Gebühr für die Prüfung des Widerspruchs ("Widerspruchsgebühr") entrichtet." Gemäß dem 2. Satz wird dem Anmelder das Ergebnis der Überprüfung mitgeteilt.

4. Die Anmelderin hat bemängelt, daß derjenige Prüfer, der den mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheid erlassen hatte, auch bei der Überprüfung mitwirkte; dies sei nach Regel 68.3 d) PCT nicht zulässig. Hierzu ist jedoch festzustellen, daß sich Regel 68.3 d) PCT auf die Prüfung des Widerspruchs an sich und nicht auf die in Regel 68.3 e) erwähnte vorherige Überprüfung bezieht. Absatz d) betrifft ausdrücklich den in Absatz c) genannten, aus drei Mitgliedern bestehenden Ausschuß. Für das Europäische Patentamt als IPEA ist nach Artikel 155(3) EPÜ i.V. mit Artikel 34, Absatz 3, Buchstabe a, PCT dieser Ausschuß die Beschwerdekammer. Wer die in Absatz e) erwähnte vorherige Überprüfung durchführt ist weder im PCT-Vertrag, noch in dessen Ausführungsordnung, geregelt. Aus den PCT-Richtlinien, siehe Kapitel VI, Absatz 5.7, geht jedoch hervor, daß die Überprüfung nicht von dem mit der vorläufigen Prüfung beauftragten Bediensteten allein durchgeführt werden darf; dieser kann aber Mitglied einer (mehrköpfigen) Kommission sein.

5. Die Zusammensetzung der mit der Überprüfung befaßten Kommission ist in diesem Fall somit nicht zu beanstanden.

6. Ferner hat die Anmelderin die Höhe der zu entrichtenden Gebühr beanstandet. Gemäß Regel 68.3 c), zweiter Satz, könne bei begründetem Widerspruch eine "völlige oder teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr" angeordnet werden. Somit sei nach Aufassung der Anmelderin die Voraussetzung gegeben, einen Bruchteil eines einzelnen Gebührs zurückzuerstatten. Da im vorliegenden Fall der zusätzliche Arbeitsaufwand relativ gering gewesen sei, sei die geforderte zusätzliche Gebühr überhöht und zum Teil zurückzuzahlen.

7. Gemäß Artikel 150(1) EPÜ ist das EPA verpflichtet, das PCT nach Maßgabe des Zehnten Teils des EPA anzuwenden; die Vorschriften des PCT sind maßgebend, sollten sie die Vorschriften des EPÜ entgegenstehen, Artikel 150(2) EPÜ. Bei Auslegung des PCT ist zu beachten, daß gemäß Artikel 58(5)PCT bei manglender Übereinstimmung zwischen den Bestimmungen des Vertrags (d. h. die Artikeln des PCTs) und den Bestimmungen der Ausführungsordnung (d. h. die Regeln), die Bestimmungen des Vertrags den Vorrang haben. Der Vertrag wurde in einer Urschrift in englischer und französchier Sprache unterzeichnet; der deutsche Text ist ein vom Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum nach Beratung mit den beteiligten Regierungen hergestellter Text, Artikel 67 PCT.

8. Die Anmelderin bezieht sich auf Regel 68.3 c), die von einer "völlige oder teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr" (Singular) spricht. Die beiden verbindlichen Texten der Ausführungsordnung sind in dieser Hinsicht unstimmig: die französische Version spricht von mehreren Gebühren ("des taxes additionelles"), die englische jedoch von einer einzigen Gebühr ("of the additional fee"). Diese Unstimmigkeit ist durch Anwendung des Artikels 34(3) PCT, auf die sich Regel 68 bezieht, zu beseitigen; in Artikel 34(3)a wird vorgeschrieben: "Genügt nach der Auffassung der mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragten Behörde die internationale Anmeldung den in der Ausführungsordnung festgesetzten Anforderungen an die Einheitlichkeit der Erfindung nicht, so kann diese Behörde den Anmelder auffordern... zusätzliche Gebühren zu bezahlen." Hierzu ist zu bemerken, daß von mehreren Gebühren die Rede ist. Dies liegt daran, daß eine uneinheitliche Anmeldung mehr als eine zusätzliche Erfindung umfassen kann (vgl. die PCT-Richtlinien Kapitel VI 5.5).

9. Regel 68.2 PCT, "Aufforderung zur Einschränkung oder Zahlung", spricht somit konsequenterweise mehrmals von "Zusätzlichen Gebühren" (Mehrzahl); darüberhinaus ist Regel 68.3 PCT mit "Zusätzliche Gebühren" überschrieben. Lediglich im Absatz c) der Regel 68.3 PCT wird von einer "zusätzlichen Gebühr" (Einzahl) und von einer "völlige oder teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr an den Anmelder" gesprochen. Regel 68 bezieht sich jedoch wie bereits erwähnt auf Artikel 34(3)(a) PCT; da offensichtlich in beiden Stellen von den gleichen Gebühren die Rede ist, ist Regel 68.3 nur mit Artikel 34 sowie Regel 68.2 PCT in Einklang zu bringen, wenn die Einzahl in den englischen und deutschen Versionen als Kollektiv verstanden wird, d.h. die Summe der anfallenden Gebühren.

10. Somit ist eine "teilweise Rückzahlung" lediglich als Erstattung von einigen (aber nicht allen) zusätzlichen Gebühren zu verstehen. Eine "teilweise Rückzahlung" kann somit nur dann in Frage kommen, wenn mindestens zwei zusätzliche Gebühren entrichtet worden sind. Die Rückzahlung eines Bruchteils einer einzigen Gebühr ist im PCT nicht vorgesehen.

11. Weiterhin wäre zu bemerken, daß Regel 104a EPÜ in Einklang mit dieser Auslegung des PCTs steht. Gemäß Regel 104a(2) EPÜ ist "für jede weitere Erfindung ... eine zusätzliche Gebühr ... zu entrichten. Gemäß Regel 104a(3) wird bei unberechtigter Aufforderung die zusätzliche Gebühr zurückerstattet. Weder in Regel 104a EPÜ noch in Regel 68.3 PCT ist somit eine teilweise Rückzahlung von Einzelgebühren vorgesehen.

12. Dem Antrag der Anmelderin auf eine teilweise Rückzahlung einer einzelnen Gebühr kann somit nicht stattgegeben werden.

13. Das Begleitschreiben zum Widerspruch enthält keine weiteren Argumente bezüglich der Einheitlichkeit der Anmeldung, sondern zielt ausschließlich auf eine Ermäßigung der zusätzlichen Gebühr. Die Anmelderin hat jedoch um eine Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gebeten, wenn eine teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr und die Erstattung der Widerspruchsgebühr nicht ohne weiteres möglich ist. Die Beschwerdekammer sieht jedoch keinen weiteren Klärungsbedarf. Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin ihren Standpunkt bereits ausführlich dargelegt. Es ist nicht zu erwarten, daß eine weitere Stellungnahme die Situation der Anmelderin verbessern könnte. Bei dieser Sachlage hält es die Kammer für angebracht, die Entscheidung sofort zu erlassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

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