W 0009/91 (Lecithin Analoga) of 18.12.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:W000991.19911218
Datum der Entscheidung: 18 Dezember 1991
Aktenzeichen: W 0009/91
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: A61K 31/685
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von Lecithin-Analoga als antivirale Arzneimittel
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
Patent Cooperation Treaty R 13(1)
Patent Cooperation Treaty R 40(2)(c)
Schlagwörter: Uneinheitlichkeit a posteriori (verneint)
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Anmelderin hat beim Europäischen Patentamt die internationale Anmeldung PCT/EP.... eingereicht.

II. Die Zweigstelle in Den Haag des Europäischen Patentamtes hat als zuständige internationale Recherchenbehörde (IRB) der Anmelderin eine Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlicher Recherchengebühr zugestellt. Die IRB vertrat die Auffassung, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entsprach. Zur Begründung werden folgende zwei Erfindungen in zwei Anspruchsgruppen aufgeführt:

1. Patentansprüche 1-3: Verwendung von Verbindungen der Formel I zur Behandlung von viral- oder retroviral bedingten Erkrankungen.

2. Patentansprüche 4-10: Verbindungen der Formel II, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.

Die IRB war der Meinung, daß die der Erfindung zugrunde liegende allgemeine Aufgabe nicht neu, sondern bereits gelöst sei oder keine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem bekannten Stand der Technik aufweise.

Hierzu wurden drei Dokumente zitiert:

(1) EP-A-0 174 912

(2) D. Sandow et al., "Pharmazie", 1986, Bd. 41, S. 404- 406

(3) WO-A-89/03220.

Als Schlußfolgerung führte die IRB dann aus, daß die ursprüngliche allgemeine erfinderische Idee nicht mehr zulässig sei und der technische Zusammenhang oder die technische Wechselwirkung zwischen den einzelnen Lösungen neu geprüft werden müsse.

III. Die Anmelderin hat daraufhin die geforderte zusätzliche Recherchengebühr unter Widerspruch bezahlt.

Sie vertrat die Auffassung, die geltenden Ansprüche 1 bis 3 seien auf eine spezielle Verwendung von Verbindungen der Formel I gerichtet, und im Einklang mit der Entscheidung Gr 01/83 als sogenannte zweite medizinische Indikation formuliert. Die Stoffansprüche 4 bis 8 umfaßten eine gezielt getroffene Auswahl von Verbindungen der Formel I, die als neu betrachtet werden müßten. Die im geltenden Anspruch 4 angegebenen Bedeutungen der Reste R stellten eine Teilmenge der im Anspruch 1 genannten entsprechenden Reste dar. Es seien somit alle Erfordernisse für die Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt. Darüberhinaus hätte es für die IRB keines zusätzlichen Aufwandes bedeutet, die Recherche auf den Gegenstand der Ansprüche 4 bis 10 auszudehnen, so daß die Forderung zur Zahlung einer zusätzlichen Gebühr auch nicht angemessen sei.

Die Anmelderin beantragt, die zusätzlich entrichtete Recherchengebühr zurückzuerstatten.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch ist zulässig.

2. Im Hinblick auf die in der Aufforderung zur Zahlung angegebenen Gründe gemäß Regel 40.1 PCT ist folgendes zu bemerken:

Die IRB hat in ihrer Aufforderung anhand von Standardformulierungen zwar zu erkennen gegeben, daß sie die oben genannten zwei Gegenstände als eine Gruppe von Erfindungen betrachtet, die nicht so zusammenhingen, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichten und hat hierzu auch auf einen Stand der Technik verwiesen, also einen sogenannten a posteriori Einwand bezüglich mangelnder Einheitlichkeit getätigt. Eine objektive Analyse der vermeintlichen Erfindung(en) nach Aufgabe und Lösung im Lichte des zitierten Standes der Technik fehlt jedoch gänzlich. Mit anderen Worten, es fehlt jeder Hinweis auf die konkreten Sachverhältnisse, die die IRB zu ihren Schlußfolgerungen geführt haben.

3. Die Beschwerdekammern des EPA haben bereits in verschiedenen Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, daß die Angabe von Gründen in einer Aufforderung zur Zahlung gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT ein wesentliches Erfordernis für die Rechtswirksamkeit einer solchen Aufforderung ist (vgl. z. B. W 04/85 und W 07/86 - ABl. 1987, 63 und 67; W 09/86 - ABl. 1987, 459).

3.1 Es ist jedenfalls nur in einfachen Fällen ausreichend, wenn als Gründe für die fehlende Einheitlichkeit lediglich die Gegenstände der Anmeldung aufgezählt werden und eine Würdigung im Lichte des zitierten Standes der Technik unterbleibt. Insbesondere bringt die Entscheidung W 07/86 zum Ausdruck, daß es sich hierbei nur um Ausnahmefälle handeln kann, die gerade auf dem Gebiet der Chemie sehr selten sind.

3.2 Eine solche Ausnahme ist im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht gegeben:

Gemäß den Angaben der Anmelderin in der Beschreibung (vgl. dort Seite 2, letzter Absatz sowie Seite 6, letzter Absatz), und auch im Widerspruch vom 17. Januar 1991, umfaßt der geltende Verwendungsanspruch 1 im Rahmen einer zweiten medizinischen Indikation, die auf anti-virale und anti-retrovirale Wirkung gerichtet ist, Gruppen von Verbindungen der sogenannten Formel I, durch entsprechende Molekülreste "R" definiert, von denen lediglich Teilgruppen aus dem Stand der Technik nach der EP-B- 69 968, und zwar als Antitumormittel, also einer ersten medizinischen Indikation, bekannt sind. Eine Teilmenge dieser Reste R, die die verbleibenden Teilgruppen definieren, können dann gegenüber dem Offenbarungsgehalt der in der Anmeldung zitierten EP-A-69 968 (diese Dokument wurde von der IRB nicht genannt), als eine Auswahl von neuen Verbindungen angesehen werden.

3.3 Genau auf diese Auswahl von Verbindungen soll dann der geltende Anspruch 4 gerichtet sein.

3.4 Einen Einwand, der in Frage stellt, daß die Verbindungen des geltenden Anspruchs 4 nicht unter die allgemeine Forme I nach Anspruch 1 fallen und/oder nicht anti-virale oder anti-retrovirale Wirkung zeigen, wurde von der IRB nicht getätigt.

4. Da auch keine Beanstandungen bezüglich der geltenden Ansprüche 2 und 3 vorliegen, die von der Anmelderin zwar als von Anspruch 1 abhängige bevorzugte Ausgestaltungen formuliert sind, die aber auch unterschiedliche Gegenstände betreffen könnten, ergibt sich die Situation, daß selbst bei gegebener mangelnder Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1, im Hinblick auf die üblichen Praxis des EPA, von einer prima facie Einheitlichkeit der Anmeldung ausgegangen werden kann, und zwar unter der Voraussetzung, daß der in Frage stehende Anspruch 4 eine engere Gruppe von Verbindungen gegenüber der in Anspruch 1 aufgeführten allgemeinen Formel I betrifft und alle Verbindungen glaubhaft zur Lösung einer gemeinsamen Aufgabe dienen, vgl. hierzu W 13/89 vom 12. Juli 1990, insbes. Absatz 4 sowie W 5/91 vom 10. September 1991, insbes. Absatz 3.3.

4.1 Da, wie voranstehend bereits angeführt, die Ausführungen der IRB zu diesem, für die Beurteilung des vorliegenden Falles wesentlichen Fragenkomplex nicht weiterhelfen können, hat sich die Kammer davon überzeugt, daß Anspruch 4 tatsächlich auf eine entsprechend engere Gruppe gerichtet ist. Die Kammer sieht auch keine Anlaß, die anti-virale und anti-retrovirale Wirkung der Verbindungen gemäß den Ansprüchen 1 und 4 anzuzweifeln. Auf der Basis dieser Betrachtungen kann die der Anmeldung zugrundeliegende technische Aufgabe darin gesehen werden, weitere Verbindungen mit anti-viraler und anti- retroviraler Wirkung bereitzustellen. Hieraus folgert dann eine zum Fall W 5/91 analoge Einheitlichkeit der Anmeldung.

5. Bei dieser Sachlage kann die zusätzliche Recherchengebühr keinesfalls einbehalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Rückzahlung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühr wird angeordnet.

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