W 0008/91 () of 26.2.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:W000891.19920226
Datum der Entscheidung: 26 Februar 1992
Aktenzeichen: W 0008/91
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: B41J 29/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Druckeinrichtung
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
Patent Cooperation Treaty R 13(4)
Patent Cooperation Treaty R 40(1)
Schlagwörter: Uneinheitlichkeit a posteriori - nicht begründet
Orientierungssatz:

Abhängige Ansprüche sind par excellence einheitlich mit Hauptanspruch, es sei denn, daß die zugefügte Komponente die Funktion des Hauptgegenstandes völlig ausschalten

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0129/14
W 0012/03
W 0018/04

Sachverhalt und Anträge

I. Die Anmelderin hat die internationale Anmeldung PCT/DE.... eingereicht.

II. Die Zweigstelle in Den Haag des Europäischen Patentamts (EPA) hat als zuständige internationale Recherchenbehörde (IRB) der Anmelderin mit Mitteilung vom 28. November 1990 eine Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr zugestellt. Die IRB vertritt die Auffassung, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit "a posteriori" nicht entspreche. Zur Begründung wird ausgeführt:

"Die im unabhängigen Anspruch 1 genannte, der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe weist keine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem aus EP-A-0 226 326 und US-A- 4 848 941 bekannten Stand der Technik auf.

Die ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee, die auch den Gegenstand der abhängigen Ansprüche einschließt, ist deshalb nicht mehr zulässig; es muß somit erneut festgestellt werden, ob die in den abhängigen Ansprüchen genannten kennzeichnenden Merkmale technisch zusammenhängen oder zusammenwirken.

Dabei ergibt sich die folgende neue Einordnung unter verschiedene Sachverhalte, von denen jeder eine unterschiedliche erfinderische Idee verwirklicht, da er ein eigenständiges, unabhängiges technisches Merkmal darstellt.

1. Patentansprüche 1-3, 8-9: Druckeinrichtung mit schwenkbar montiertem Druckerbock

2. Patentansprüche 4-7: Die Lagerzapfen.

III. Die Anmelderin hat am 21. Dezember 1990 Widerspruch nach Regel 40.2 c) PCT eingelegt und rechtzeitig die zusätzliche Recherchengebühr entrichtet. Zur Begründung ihres Widerspruchs führt sie sinngemäß aus, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Damit das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt ist, sei es jedoch nicht notwendig, daß die Aufgabe neu und erfinderisch sei, sondern die Patentansprüche müßten nach Aufgabe und Lösung unter einem einheitlichen Erfindungsgedanken subsumierbar sein.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch ist zulässig.

2. In ihrer Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155) hat die Große Beschwerdekammer festgestellt, daß das EPA in seiner Funktion als IRB in eindeutigen Fällen nach Artikel 17 (3) a) PCT eine vorläufige Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit durchführen und weitere Recherchengebühren verlangen könne, wenn der internationalen Anmeldung die Einheitlichkeit "a posteriori" fehle. Angesichts der Tatsache, daß bei einem solchen Verfahren der Anmelderin keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalte, wird empfohlen, bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Zurückhaltung zu üben und in Grenzfällen nicht davon auszugehen, daß eine Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung wegen mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit nicht erfülle.

Zum Nachweis dafür, daß ein eindeutiger Fall vorliegt, bedarf es aber auch einer deutlichen und ausreichenden Begründung in der Aufforderung zur Zahlung, so daß es der Anmelderin möglich ist, den zum Einwand der Uneinheitlichkeit führenden Überlegungen der IRB ohne Schwierigkeiten folgen zu können.

Der Hinweis auf die beiden Druckschriften und die Aufteilung der Ansprüche in zwei Gruppen erlauben es der Kammer und der Anmelderin jedoch nicht, die Überlegungen der IRB nachzuvollziehen, inwiefern der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu oder erfinderisch sei.

Die IRB hat demnach nicht dargelegt, warum der nach ihrer Ansicht zwischen dem Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 und 8 bis 9 einerseits und dem Gegenstand der Ansprüche 4 bis 7 andererseits bestehende Unterschied Veranlassung zu zwei unterschiedlichen erfinderischen Ideen gibt.

3. Ferner sind die Ansprüche 2 bis 9 der Anmeldung sämtlich formal abhängig von Anspruch 1. Gemäß Regel 13.4 PCT ist es zulässig, abhängige Ansprüche in einer internationalen Anmeldung aufzunehmen, "auch dann, wenn die Merkmale des abhängigen Anspruchs für sich genommen als unabhängige Erfindung angesehen werden könnten". Eine solche formale Abhängigkeit gewährleistet Einheitlichkeit, unter der Voraussetzung, daß auch das Erfordernis der Regel 13.1 PCT durch die Ansprüche erfüllt wird ("... die Gruppe von Erfindungen so zusammenhängen, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen"). Gelegentlich können zusätzliche Merkmale zu einer vollständig anders funktionierenden und unabhängigen Erfindung führen.

Wenn aber der durch eine solche Aggregation von Merkmalen gebildete Gegenstand im wesentlichen immer noch die gleiche Funktion erfüllt wie der Gegenstand des Anspruchs 1, dann liegt es an der IRB, bei formaler Abhängigkeit der Ansprüche ausdrücklich zu begründen, warum diese Ansprüche überhaupt das Erfordernis der Einheitlichkeit nicht erfüllen. In diesem Fall ist es nicht ausreichend, nur einen Hinweis zu geben, daß die von der IRB definierten Anmeldungsgegenstände die Uneinheitlichkeit unmittelbar zeigen würden. Es wird hierzu verwiesen auf die Entscheidung W 30/89 der Beschwerdekammer 3.2.2 vom 7. Juni 1990, Punkt 9 (unveröffentlicht).

4. Um Nichteinheitlichkeit "a posteriori" im Fall eines Anspruchssatzes mit einem einzigen unabhängigen Anspruch zu beweisen, wäre seitens der IRB notwendig gewesen zu bestimmen:

- daß der einzige Anspruch 1 wegen deutlich mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem zitierten Stand der Technik nicht mehr aufrechterhalten werden konnte;

- wenn das der Fall wäre, müßte man noch zusätzlich zeigen, daß die in der Aufforderung zur Zahlung von der IRB aufgelistete, noch verbleibende Gruppe von Ansprüchen (unter)einander nicht mehr in der Weise verbunden waren, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

Die Anerkennung einer einzigen allgemeinen Idee setzt mithin voraus, daß zwischen den in einer Anmeldung enthaltenen Lehren eine gewisse Teilidentität besteht, die ihren Ursprung in den strukturellen Merkmalen der beanspruchten Gegenstände und/oder in den mit diesen Gegenständen verknüpften Wirkungen oder Ergebnissen hat. Hierzu wird auf die Entscheidung W 6/90, ABl. EPA 1991, 438, Punkt 3.2, verwiesen.

5. Im vorliegenden Fall ist die Einheitlichkeit zusätzlich zu der erkennbaren rein strukturellen Abhängigkeit der Bauteile, auch durch die entsprechenden gemeinsamen Grundwirkungen gestützt.

Die Druckeinrichtung gemäß Anspruch 1 besteht aus einem Gehäuse und einem Druckerbock, wobei der Druckerbock so schwenkbar gelagert ist, daß die Gehäuseklappe den von dem Gehäuseboden weggeschwenkten Druckerbock abstützt.

Die abhängigen Ansprüche 4 bis 7 der zweiten Gruppe enthalten Merkmale, die sich auf Lagerzapfen beziehen, die für die im Anspruch 1 aufgeführte Schwenkbarkeit des Druckerbocks dienen.

Durch das schwenkbare Lagern des Druckerbocks in dem Gehäuse der Druckeinrichtung ist der Druckerbock an jeder Seite für Montage, Service und Prüfung frei zugänglich, was der Aufgabe der zugrundeliegenden Erfindung entspricht.

Daher sind die Ansprüche 1 bzw. 4 bis 7 formell und sachlich durch eine von Regel 13.1 PCT geforderte einzige allgemeine erfinderische Idee miteinander verbunden und genügen mithin dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung.

6. Aus den oben dargelegten Gründen folgt, daß die Aufforderung zur Zahlung unter Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Regel 40.1 PCT ergangen ist und mithin nicht als rechtswirksam angesehen werden kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Rückzahlung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühr wird angeordnet.

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