European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1988:W001287.19880111 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Januar 1988 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0012/87 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | G01L 3/10 G01L 1/12 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum berührungsfreien Messen einer mechanischen Spannung | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Besondere Anpassung des Verfahrens zur Herstellung des Erzeugnisses | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat am 5. Juni 1987 beim Deutschen Patentamt die internationale Anmeldung PCT/DE.... eingereicht.
II. Die Zweigstelle in Den Haag des Europäischen Patentamts hat als zuständige internationale Recherchenbehörde der Anmelderin eine Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr vom 18. September 1987 zugestellt, in der sie die Auffassung vertritt, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspricht. Zur Begründung werden folgende zwei Erfindungen in folgenden zwei Anspruchsgruppen aufgeführt:
1) Patentansprüche 1-8: Vorrichtung zum Messen von Spannungen;
2) Patentansprüche 9, 10: Verfahren zum Aufbringen einer Beschichtung.
Das Fehlen einer einzigen allgemeinen erfinderischen Idee für beide Anspruchsgruppen wird darin gesehen, daß "der zweckmäßige Zusammenhang zwischen dem Verfahren nach Anspruch 9 und der Vorrichtung nach Anspruch 1" nicht gegeben sei, weil in der Beschreibung dieses Verfahren nur als besonders vorteilhaft und nicht als unbedingt auf diese Weise durchzuführen dargestellt ist.
III. Die Anmelderin hat am 7. Oktober 1987 die für die Ansprüche 9 und 10 angeforderte zusätzliche internationale Recherchengebühr unter Widerspruch entrichtet und in ihrem Widerspruchsschriftsatz gleichzeitig auf die fehlende Stellungnahme zu den Ansprüchen 11 und 12 hingewiesen. Die Begründung, daß die erforderliche Einheitlichkeit gegeben sei, stützt sie auf Regel 13.2 i PCT. Da die in Anspruch 9 beanspruchten Maßnahmen zu der im Anspruch 1 als wesentlich angegebenen Beschichtung führen, sei der unabhängige Anspruch 9 neben dem Erzeugnisanspruch 1 als ein besonders angepaßtes Verfahren zu dessen Herstellung zulässig. Der Sachverhalt, daß dieses Verfahren nicht das einzig mögliche sei, sei für die Frage der Einheitlichkeit nicht relevant.
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch entspricht der Regel 40.2 c PCT.
2. In der ergangenen Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren sind über die Auflistung der Anspruchsgruppen hinaus auch explizit Gründe für die geltend gemachte Nichteinheitlichkeit genannt worden. Die Zahlungsaufforderung genügt daher Artikel 17 (3) a und der Regel 40.1 PCT; vgl. auch W 04/85, ABl. EPA 1987, 63.
3.1 Gemäß Regel 13.2 i PCT ist die nach Regel 13.1 PCT für eine Gruppe von Erfindungen notwendige einzige allgemeine erfinderische Idee so auszulegen, daß sie insbesondere dann anzuerkennen ist, wenn das neben einem unabhängigen Erzeugnisanspruch unabhängig beanspruchte Verfahren zur Herstellung dieses Erzeugnisses "besonders angepaßt" ist. Zwar ist in den Vorschriften des PCT diese "besondere Anpassung" nicht weitergehend definiert, doch ist nach Auffassung der Kammer hierunter keinesfalls die von der IRB angeführte Zweckmäßigkeit oder Exklusivität zu verstehen. Insbesondere ist aus dem Begriff der "besonderen Anpassung" nicht das Erfordernis herleitbar, daß das unabhängig beanspruchte Herstellungsverfahren die einzige technische Realisierungsmöglichkeit des Erzeugnisses sein muß. Es kommt vielmehr darauf an, daß die unabhängig beanspruchten Verfahrensschritte zumindestens dazu beitragen, daß diejenigen erfindungswesentlichen Strukturelemente des Erzeugnisses entstehen, die zum Erreichen der erfindungsgemäßen Zielsetzung notwendig sind. Es ist deshalb im folgenden zu untersuchen, ob bei dem in Anspruch 9 beanspruchten Verfahren eine derartige besondere Anpassung an die im Anspruch 1 beanspruchte Vorrichtung vorliegt.
3.2 Die erfindungsgemäße Zielsetzung, eine magnetoelastische Oberflächenschicht des Meßobjekts einer Meßvorrichtung für mechanische Spannungen in haft- und kriechfester sowie vorspannungsloser Form zu schaffen, - vgl. die Beschreibung, Seite 2, Zeilen 6-9 - wird durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 beanspruchte, auf das Meßobjekt aufgetragene Beschichtung aus magnetoelastischem Material erreicht. Die Beschichtung gemäß Anspruch 1 entsteht zweifelsfrei durch die im Anspruch 9 beanspruchten Verfahrensschritte. Die in der Beschreibung offenbarten Ausführungsarten des Aufbringens, d.h. Galvanisieren oder Plasmaspritzen, vgl. die Beschreibung Seite 7, Zeilen 3 und 4, führen offensichtlich zu einer vorspannungslosen Schichtform, wobei darüberhinaus dem Fachmann implizit die Information gegeben ist, daß die gemäß Anspruch 9 dem Aufbringen vorangehende Herstellung einer Reliefstruktur auf der Oberfläche des Meßobjekts zur Erhöhung der Haft- und Kriechfestigkeit der Beschichtung beiträgt. Aus den vorstehenden Gründen sieht die Kammer das Vorhandensein einer besonderen Anpassung des Anspruchs 9 an den Anspruch 1 im Sinne von Regel 13.2 i PCT als gegeben an.
3.3 Zwar ist das unmittelbare Verfahrensprodukt des Anspruchs 9 erst Gegenstand des Anspruchs 2. Die im Anspruch 9 weiterhin beanspruchte teilweise Abtragung des magnetoelastischen Materials auf dem Relief führt nämlich zu dem in Anspruch 2 beanspruchten Streifenmuster. Doch beeinträchtigt dieser Umstand nicht die Einheitlichkeit. Das Streifenmuster ist eine bestimmte Ausführungsform der im Anspruch 1 beanspruchten Beschichtung. Der Tatbestand, daß das besonders angepaßte Verfahren nach Anspruch 9 über das Erzeugnis gemäß Anspruch 1 hinaus zu einer bestimmten Ausführungsform dieser selben Erfindung gemäß Anspruch 2 führt, stellt die Einheitlichkeit der Ansprüche 1 und 9 nicht in Frage. Da die Ansprüche 1 und 2 miteinander einheitlich sind, ist somit mittelbar über den Anspruch 2 auch die Einheitlichkeit der Ansprüche 1 und 9 gewährleistet.
4.1 Nach Auffassung der Kammer stellt der sachliche Inhalt des von der als internationale Recherchenbehörde handelnden Zweigstelle in Den Haag das Europäische Patentamts nicht erwähnten unabhängigen Verfahrensanspruchs 11 eine äquivalente Alternative zu den Verfahrensschritten gemäß Anspruch 9 dar. Die Maßnahmen gemäß Anspruch 11 führen ebenfalls zum Gegenstand des Anspruchs 2. Die Aufrauhung der Oberfläche des Meßobjekts vor dem Aufragen des magnetoelastischen Schicht gemäß Anspruch 11 erhöht entsprechend der Zielsetzung der Erfindung die Haft- und Kriechfestigkeit der Beschichtung gemäß Anspruch 1. Die nach Anspruch 11 hergestellte Rille und das nach Anspruch 9 freigelegte Relief stellen äquivalente Isolierungen zwischen den einzelnen magnetoelastischen Schichtstreifen des Streifenmusters nach Anspruch 2 dar. Somit trägt auch der Anspruch 11 dazu bei, die erfindungswesentlichen Strukturmerkmale des Erzeugnisses nach Anspruch 2 und somit mittelbar auch nach Anspruch 1 herzustellen. Aus den vorstehenden Gründen ist die besondere Anpassung des Verfahrens nach Anspruch 11 an das Erzeugnis nach Anspruch 1 im Sinne von Regel 13.2 i PCT und damit die Einheitlichkeit des Anspruchs 11 und des auf ihn rückbezogenen Anspruchs 12 mit dem Anspruch 1 anzuerkennen.
4.2 Da Regel 13.2 i PCT nicht limitativ auszulegen ist, erachtet es die Kammer für zulässig, im Rahmen der Einheitlichkeit gemäß Regel 13.1 PCT mit einem unabhängigen Anspruch für ein bestimmtes Erzeugnis gegebenenfalls auch zwei unabhängige Ansprüche für Verfahren zu verbinden, die jeweils zur Herstellung dieses Erzeugnis besonders angepaßt sind, insbesondere wenn beide Anpassungen als äquivalente Alternativen technisch miteinander verknüpft sind.
5. Aus den vorstehend in Punkt 3.1 bis 4.2 genannten Gründen ist die Kammer überzeugt, daß die Ansprüche 1 bis 12 die gemäß Regel 13.1 PCT in Verbindung mit Regel 13.2 PCT erforderliche Einheitlichkeit der Erfindung aufweisen. Daraus folgt, daß die Aufforderung vom 18. September 1987 zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr nicht gerechtfertigt war.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der von der Anmelderin entrichteten zusätzlichen Recherchengebühr wird angeordnet.