European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:W002504.20050124 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 Januar 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0025/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Flugeinrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | D. Wagels | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Einheitlichkeit - a posteriori - (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Internationale Anmeldung PCT/EP 03/10659 wurde am 25. September 2003 mit insgesamt 19 Ansprüchen beim Europäischen Patentamt eingereicht.
II. Mit dem Bescheid vom 12. Februar 2004 teilte das Europäische Patentamt als zuständige internationale Recherchenbehörde (IRB) der Anmelderin mit, daß mit der internationalen Anmeldung drei eigenständige Erfindungen beansprucht würden und die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nach Regel 13.1, 13.2 und 13.3 PCT nicht genüge. Die Anmelderin wurde daher zur Zahlung von zwei zusätzlichen Recherchengebühren aufgefordert.
Zur Begründung der mangelnden Einheitlichkeit wurde ausgeführt, daß die internationale Anmeldung auf eine Flugeinrichtung mit einer vertikalstartfähige Flugeinheit für das Fliegen innerhalb einer Halle gerichtet sei, diese Flugeinrichtung aber nicht auf einer erfinderisch Tätigkeit im Vergleich zum Stand der Technik beruhe, weil eine Flugeinheit wie aus den Druckschriften D1: GB-A-921 398, D2: GB-A-1 226 384 oder D3: EP-A-0 327 371 bekannt, die in einer Halle steht, wie in den Druckschriften D4: US-A-3 676 964, D5: AT-B-399 196 oder D6: FR-A-2 546 217 offenbart, bereits alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbare und somit die durch die abhängigen Ansprüche definierten Erfindungen nicht mehr so verbunden seien, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee im Sinne der Regel 13.1, 13.2 und 13.3 PCT verwirklichen.
III. Am 29. März 2004 hat die Anmelderin die beiden zusätzlich geforderten Recherchengebühren nach Regel 40.2 c) PCT unter Widerspruch bezahlt und gleichzeitig ihre Auffassung vorgetragen, wonach die vorliegende Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit aus den folgenden Gründen erfülle. Nichts in den Druckschriften D1 bis D3 ließe erkennen, daß die darin offenbarten Flugeinheiten geeignet seien um innerhalb eines begrenzten Raumes eingesetzt werden zu können. Die D4 bis D6 offenbarten zwar Hallen, ließen jedoch nicht erkennen, daß sie zur Aufnahme von sich im Flug befindende Flugeinheiten geeignet seien. Daher beruhe der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
IV. In ihrer Mitteilung über die Überprüfung der Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren vom 2. August 2004 teilte die IRB der Anmelderin mit, daß die Aufforderung berechtigt war. Außerdem wurde die Anmelderin aufgefordert, für die weitere Prüfung des Widerspruchs die Widerspruchsgebühr innerhalb eines Monats zu entrichten.
V. Die Widerspruchsgebühr wurde fristgerecht am 30. August 2004 entrichtet.
Außerdem hat die Anmelderin in ihrem Schreiben vom 25. August 2004, in Ergänzung zu ihrer mit Schreiben vom 29. März 2004 eingereichten Begründung vorgebracht, daß die Anmeldung nur einen einzigen unabhängigen Anspruch beinhalte. Die Frage, ob dieser erfinderisch sei oder nicht, sei im Rahmen der substantiellen Prüfung zu klären. Es könne daher nicht Aufgabe der Recherche sein, zu untersuchen, ob eine Kombination von abhängigen Ansprüchen mit dem unabhängigen Anspruch möglicherweise einheitliche oder nicht einheitliche Lösungen im patentrechtlichen Sinn darstellen würden, weil kein Antrag mit entsprechend formulierten, eingeschränkten, voneinander unabhängigen Patentansprüche vorliege.
Des weiteren hat die Anmelderin vorgebracht, daß die abhängigen Ansprüche 2, 8 und 15 auch in sachlicher Hinsicht einen engen Zusammenhang der Gegenstände aufwiesen. Diese Ansprüche enthielten nämlich Mittel zur Erhöhung der Flugsicherheit während des aktiven Fliegens oder Schwebens ungeübter Teilnehmer auf begrenztem Raum.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Flugeinrichtung, gekennzeichnet durch mindestens eine zur Aufnahme einer oder weniger Personen geeignete vertikalstartfähige befähigte Flugeinheit (10) für das freie Fliegen innerhalb mindestens einer Halle (100,200), deren Begrenzungen (2,3,4,5,6) es verhindern, daß eine Flugeinheit (10) die Halle (100,200,300) verläßt."
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch entspricht der Regel 40.2 c) und e) PCT; er ist daher zulässig.
2. In der grundlegenden Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/89 (ABl. 1991, 155) ist ausgeführt worden, daß das Europäische Patentamt in seiner Funktion als IRB nach Artikel 17 (3) (a) PCT auch weitere Recherchengebühren verlangen kann, wenn der internationalen Anmeldung die Einheitlichkeit "a posteriori" fehlt. Die IRB sei dabei berechtigt, eine vorläufige Prüfung auf Neuheit bzw. erfinderische Tätigkeit durchzuführen, damit das in Artikel 17 und Regel 40 PCT festgelegte Verfahren durchgeführt werden kann. Einwände dieser Art sollen aber nur in klaren Fällen erhoben werden.
Im Abschnitt 8.2 der Entscheidungsgründe ist dazu zu lesen: "Hinzuzufügen wäre, daß bei der Untersuchung des Erfordernisses der Einheitlichkeit der Erfindung durch die ISA natürlich immer berücksichtigt werden sollte, daß dem Anmelder eine gerechte Behandlung zuteil wird und daß die zusätzliche Gebühr nach Artikel 17 (3) a) PCT nur in eindeutigen Fällen verlangt werden sollte. Da der Anmelder bei dieser Untersuchung nach dem PCT keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, sollte die ISA bei der Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit Zurückhaltung üben; sie soll in Grenzfällen nicht davon ausgehen, daß eine Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung wegen mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit nicht erfüllt."
3. Nach Ansicht der Kammer ist eine Voraussetzung für einen berechtigten Einwand wegen Uneinheitlichkeit "a posteriori", daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs, von dem die als nicht einheitlich beanstandeten Unteransprüche abhängen, gegenüber dem im Recherchenbericht als einschlägig zu diesem Anspruch genannten Stand der Technik offensichtlich nicht neu bzw. nicht erfinderisch ist. Das heißt, daß sich die mangelnde Neuheit bzw. mangelnde erfinderische Tätigkeit ohne weiteres ergeben muß.
4. Im vorliegenden Fall werden im Recherchenbericht die Dokumente D1 bis D6 als Veröffentlichungen besonderer Bedeutung (der Kategorie "Y") für die Prüfung der erfinderische Tätigkeit bezeichnet.
Die IRB hat in ihrem Überprüfungsergebnis vorgebracht, daß Anspruch 1 sich auf einen Gegenstand beziehe, bei dem die mindestens eine Halle nicht Teil des in Anspruch 1 definierten Gegenstandes sei. Die IRB vertrat auch die Ansicht, daß alle Merkmale des Anspruchs 1 vorliegen würden, sobald eine Flugeinheit, wie in einer der D1 bis D3 offenbart, sich in einer Halle, wie aus einer der D4 bis D6 bekannt, befinde. Die IRB war weiter der Auffassung, daß es üblich und alltäglich sei, Flugeinheiten in einer Halle abzustellen. Zwar befänden sich diese nicht im fliegenden Zustand, jedoch betreffe das Fliegen deren Verwendung und nicht die Flugeinrichtung selber.
5. Die Kammer kann dem nicht zustimmen. Anspruch 1 bezieht sich auf eine Flugeinrichtung und nicht nur auf eine oder mehrere Flugeinheiten. Die Flugeinrichtung besteht, wie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegeben, aus mindestens einer Flugeinheit und mindestens einer Halle, in der sich die Flugeinheit zwangsweise befindet. Anspruch 1 macht auch klar welcher Zusammenhang zwischen der mindestens einen Flugeinheit und der mindestens einer Halle besteht. Zwar ist dieser Zusammenhang in Form von funktionalen Angaben ausgedrückt, jedoch können diese funktionalen Angaben nicht unberücksichtigt bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit bleiben, wie von der IRB angenommen, weil sie für die Flugeinheiten und die Hallen technische Merkmale implizieren:
Einerseits müssen die Flugeinheiten in der Lage sein in einem geschlossenen Raum vertikal zu starten und frei darin zu fliegen, ohne mit den Wänden der Hallen zu kollidieren, andererseits müssen die Hallen so gestaltet sein, daß Flugeinheiten darin frei und sicher hin und her fliegen können und trotzdem ein Verlassen der Hallen schadlos verhindert werden kann.
In den Dokumenten D1 bis D3 ist jedoch kein Hinweis zu entnehmen, der zur Annahme führen könnte, daß die darin offenbarten Flugeinheiten sich dazu eignen, in einem geschlossenen Raum zu fliegen.
Es ist aus den Dokumenten D4 bis D6 auch nicht zu entnehmen, daß die darin offenbarten Hallen sich dazu eignen würden, Flugeinheiten darin frei und sicher hin und her fliegen zu lassen oder, daß diese Hallen in der Lage seien, die Flugeinheiten daran zu hindern, die besagten Hallen zu verlassen, ohne daß die Flugeinheiten oder die Hallen beschädigt würden.
Deshalb scheint es für einen Fachmann auch nicht offensichtlich zu sein, Flugeinheiten die nicht vorgesehen sind, um in einem geschlossenen Raum zu fliegen, in einer Halle fliegen zu lassen, die weder dazu vorgesehen ist sich im Flug befindliche Flugeinheiten aufzunehmen, noch dazu vorgesehen ist, sie schadlos daran zu hindern die Halle zu verlassen.
Daher kann die Kammer den hier vorliegenden Fall nicht als "eindeutig" im Sinne der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer einstufen. Folglich hätte die IRB im vorliegenden Fall Zurückhaltung üben und nicht davon ausgehen sollen, daß die Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht erfülle.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Dem Widerspruch wird stattgegeben.
2. Die zusätzlichen Recherchengebühren und die Widerspruchsgebühr sind zurückzuzahlen.