W 0003/04 () of 27.4.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:W000304.20040427
Datum der Entscheidung: 27 April 2004
Aktenzeichen: W 0003/04
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: H04R 5/02
H04R 17/00
H04B 1/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Elektroakustische Umwandlung von Audiosignalen, insbesondere Sprachsignalen
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
Patent Cooperation Treaty R 13(1)
Patent Cooperation Treaty R 13(2)
Patent Cooperation Treaty R 13(3)
Patent Cooperation Treaty R 40(1)
Patent Cooperation Treaty R 40(2)(c)
Patent Cooperation Treaty R 40(2)(e)
Schlagwörter: Mangelnde Einheitlichkeit a posteriori (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Anmelderin hat am 29. Januar 2002 die internationale Anmeldung PCT/DE 02/00299 eingereicht.

II. Am 11. Februar 2003 erließ das Europäische Patentamt als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) eine Aufforderung zur Zahlung dreier zusätzlicher Recherchengebühren gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT. In einer Anlage zu dieser Aufforderung wurde der Anmelderin mitgeteilt, die IRB sei der Auffassung, die Anmeldung sei nicht einheitlich im Sinne von Regel 13 PCT und umfasse vier verschiedene Erfindungen, die durch folgende Anspruchsgruppen bestimmt seien:

- 1. Ansprüche 1-10, 12-20, 22-28, 30: in einer Anordnung zur elektroakustischen Umwandlung von Audiosignalen mit einem flexiblen Element, das eine mechanische Druckänderung in eine elektrische Spannungsänderung (Mikrophon) oder eine elektrische Spannungsänderung in eine mechanische Druckänderung (Lautsprecher) umsetzt und das mit dem Gewebe von Kleidungsstücken verbunden ist, weist das flexible Element eine Vielzahl von Gewebefasern auf, die derart miteinander verwoben und elektrisch verbunden sind, daß sie im Verbund eine mechanische Druckänderung in eine elektrische Spannungsänderung (Mikrophon) oder eine elektrische Spannungsänderung in eine mechanische Druckänderung (Lautsprecher) umsetzen.

- 2. Anspruch 11: Das flexible Element ist derart mit einem mit dem Audiosignal modulierten Ultraschallsignal ansteuerbar, daß ein mit dem Audiosignal moduliertes Ultraschallsignal wiedergegeben wird, wobei das Ultraschallsignal durch eine akustisch nichtlineare Schicht der Kleidung oder durch die Ausbreitung in der Luft demoduliert wird.

- 3. Anspruch 21: Das Abspiel- und/oder Aufzeichnungsgerät für die Audiosignale ist ein Personalcomputer.

- 4. Anspruch 29: Klettverschlußsysteme, mit denen das flexible Element und/oder weitere Elemente abnehmbar auf dem Kleidungsstück angeordnet sind, sind derart ausgebildet, daß über sie der elektrische Kontakt herstellbar ist.

In ihrer Begründung verwies die IRB auf folgende Dokumente:

D1: US-A-5 309 519

D2: US-A-2 285 083

D3: US-A-5 563 951

Nach vorläufiger Meinung der IRB sei der Gegenstand des unabhängigen Vorrichtungsanspruchs 1 nicht neu gegenüber jedem der Dokumente D1 bis D3. Ferner sei auch der Gegenstand des unabhängigen Verfahrensanspruchs 30 nicht neu gegenüber jedem der Dokumente D1 bis D3 und der Gegenstand der abhängigen Patentansprüche 2 bis 7, 9, 10, 12 bis 20, 22 bis 28 nicht neu oder beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die IRB hat weiterhin den Zusammenhang zwischen den verbleibenden abhängigen Patentansprüchen 8, 11, 21 und 29 untersucht und festgestellt, es bestünde zwischen ihren Gegenständen kein technischer Zusammenhang, der in gleichen oder einander entsprechenden besonderen technischen Merkmalen, die einen Beitrag zum Stand der Technik liefern, zum Ausdruck käme. Als Stand der Technik würden neben dem allgemeinen Fachwissen auch diejenigen Druckschriften verstanden, die nach der Recherche der ersten Erfindung zur Verfügung stünden.

III. Die Anmelderin hat mit Schreiben vom 11. März 2003 die angeforderte zusätzliche Gebühr in Höhe von EUR 2.835 unter Widerspruch gemäß Regel 40.2 c) PCT zur Abbuchung angewiesen.

Zur Begründung ihres Widerspruchs führte die Anmelderin aus, daß, wenn sich alle abhängigen Patentansprüche nur auf den ihnen jeweils vorangehenden Patentanspruch bezögen, mangelnde Neuheit keine nachträgliche Nichteinheitlichkeit verursachen könne, da in diesem Falle der erste gewährbare abhängige Patentanspruch den bisherigen unabhängigen Patentanspruch ersetzen würde und alle restlichen Patentansprüche von diesem neuen unabhängigen Patentanspruch abhingen.

Dieser Fall träfe auf die abhängigen Patentansprüche 21 bzw. 29 zu, die laut IRB Bestandteil der dritten bzw. vierten Erfindungsgruppe sind, da sie mittelbar über die weiteren abhängigen Patentansprüche 16 oder 19 und 1 bis 12 bzw. 28, 27 und 1 bis 26 von dem unabhängigen Patentanspruch 1 abhingen.

Bezüglich des abhängigen Anspruchs 11, der laut IRB Bestandteil der zweiten Erfindung ist, führte die Anmelderin aus, daß abhängige Patentansprüche, die unmittelbar von einem vorweggenommenen Anspruch abhängen, untereinander zwar nicht einheitlich sein könnten, wenn es keine erfinderische Verbindung zwischen solchen Ansprüchen gibt, die IRB es jedoch versäumt habe, eine solche erfinderische Verbindung sorgfältig zu untersuchen. Insbesondere wäre nicht untersucht worden, daß sich der Patentanspruch 11 auch auf eine Kombination der Ansprüche 1 und 8 zurückbeziehen könne, wodurch eine erfinderische Verbindung zwischen dem Anspruch 8 und dem Anspruch 11 bestünde.

Aus diesen Gründen bezöge sich die internationale Anmeldung gemäß Regel 13.1 PCT nur auf eine Erfindung bzw. eine Gruppe von Erfindungen, die so zusammenhängen, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

IV. Am 23. April 2003 teilte die IRB der Anmelderin das Ergebnis einer Überprüfung gemäß Regel 40.2 e) PCT mit, wonach die Argumente der Anmelderin nicht zuträfen und somit die vorangegangene Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren berechtigt gewesen sei, und forderte die Anmelderin auf, eine Widerspruchsgebühr zu entrichten.

V. Am 19. Mai 2003 entrichtete die Anmelderin die Widerspruchsgebühr in Höhe von EUR 1020.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch entspricht Regel 40.2 c) PCT und ist daher zulässig.

2. Nach Regel 13.1 PCT darf sich die internationale Patentanmeldung nur auf eine Erfindung oder eine Gruppe von Erfindungen beziehen, die so zusammenhängen, daß sie eine einzige erfinderische Idee verwirklichen. Wie in der Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155, Punkt 5) festgestellt wurde, ist die IRB befugt, einen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit a posteriori, d. h. nach Würdigung des Standes der Technik, zu erheben. Ein solcher Einwand sollte jedoch nur in eindeutigen Fällen erhoben werden (siehe ibidem, Punkte 8.1 und 8.2).

3. Im vorliegenden Fall hat die IRB vorläufig festgestellt, daß der Gegenstand aller Ansprüche bis auf den der abhängigen Ansprüche 8, 11, 21 und 29 gegenüber dem zitierten Stand der Technik D1 bis D3 nicht neu bzw. nicht erfinderisch sei. Die Anmelderin hat dies nicht bestritten. Auch die Kammer sieht keine Veranlassung, dies in Frage zu stellen, und folgt den diesbezüglichen Argumenten der IRB.

4. Die IRB hat sich in ihrer Begründung zur Aufforderung zur Zahlung weiterer Recherchengebühren scheinbar im wesentlichen darauf beschränkt, für die erste Erfindung die Merkmale des Anspruchs 8 in Verbindung mit den Merkmalen des Anspruchs 1, für die zweite Erfindung die Merkmale des Anspruchs 11 ebenfalls in Verbindung mit den Merkmalen des Anspruchs 1, für die dritte Erfindung die Merkmale des Anspruchs 21 in Verbindung mit den Merkmalen der Ansprüche 16 oder 19 und den Merkmalen des Anspruchs 1 und für die vierte Erfindung die Merkmale des Anspruchs 29 in Verbindung mit den Merkmalen der Ansprüche 28, 27 und 1 zu untersuchen. Weitere mögliche Anspruchskombinationen wurden nicht untersucht.

5. Die IRB kommt dann zu dem Ergebnis, daß die Erfindung der ersten Gruppe einer Vereinfachung der Verbindung des flexiblen Elements mit dem Kleidungsgewebe diene, die Erfindung der zweiten Gruppe die Aufgabe löse, das Audiosignal erst am Ohr des Empfängers hörbar zu machen, die Erfindung der dritten Gruppe die Aufgabe löse, bei der mobilen Nutzung eines Personalcomputers die Hände freizuhalten, während die Erfindung der vierten Gruppe dazu diene, das flexible Element und/oder die weiteren Elemente abnehmbar zu gestalten, ohne daß beim Abnehmen oder Anbringen der Elemente Steckkontakte hergestellt werden müssen.

6. Die Kammer schließt sich dieser Zuordnung der durch die einzelnen Erfindung zu lösenden Aufgaben an. Die Anmelderin hat sich hierzu nicht weiter geäußert.

7. Auch wenn die IRB es in ihrer Begründung nicht explizit klar gemacht hat, ist diese dennoch so zu verstehen, daß die IRB der Ansicht ist, daß diese unterschiedlichen Aufgaben als besondere technische Merkmale, die einen Beitrag zum Stand der Technik im Sinne der Regel 13.2 PCT liefern, aufzufassen sind und daß diese weder gleich sind noch sich entsprechen.

8. Da es im vorliegenden Falle offensichtlich keine materiellen Merkmale gibt, die als besondere technische Merkmale, die einen Beitrag zum Stand der Technik im Sinne der Regel 13.2 PCT liefern, aufgefaßt werden könnten - jedenfalls kann die Kammer solche nicht erkennen und auch der Anmelder hat nie dergleichen vorgebracht -, kann sich die Kammer darauf beschränken, den Zusammenhang zwischen den obigen unterschiedlichen Aufgaben zu untersuchen. Es mag dahingestellt sein, ob und unter welchen Umständen die durch verschiedene Erfindungen zu lösenden Aufgaben überhaupt als besondere technische Merkmale im Sinne der Regel 13.2 PCT betrachtet werden können. Da das Ergebnis der vorliegenden Entscheidung von solchen Überlegungen jedoch nicht abhängt, geht die Kammer im folgenden nicht weiter auf diese Frage ein.

9. Im Hinblick auf diese Aufgaben ist es der Kammer unmöglich, eine von Regel 13.2 PCT geforderte Gleichheit oder Entsprechung zu erkennen. Das wurde auch von der Anmelderin nicht behauptet. Folglich besteht zwischen den von der IRB identifizierten Gruppen von Erfindungen, insoweit sie von den oben identifizierten Anspruchskombinationen repräsentiert werden, keine Einheitlichkeit im Sinne der Regel 13.1 PCT.

10. Die Anmelderin griff in ihren Argumenten nicht die Feststellungen der IRB hinsichtlich der Patentierbarkeit einzelner Ansprüche oder der Unterteilung der Ansprüche in einzelne Gruppen an, sondern argumentierte im Hinblick auf die durch die Patentansprüche 21 und 29 repräsentierten Erfindungen, daß, wenn sich alle abhängigen Patentansprüche nur auf ihren jeweils vorangehenden Patentanspruch bezögen, mangelnde Neuheit keine nachträgliche Nichteinheitlichkeit verursachen könne, da in diesem Falle der erste gewährbare abhängige Patentanspruch den bisherigen unabhängigen Patentanspruch ersetzen würde und alle restlichen Patentansprüche von diesem neuen unabhängigen Patentanspruch abhingen.

11. Auch wenn diese Überlegung richtig sein mag, so treffen doch im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nicht zu. So kann sich Anspruch 29 über die Ansprüche 28 und 27 auf jeden der Ansprüche 1 bis 26 zurückbeziehen. Nur für den Fall, daß sich Anspruch 29 über die Ansprüche 28 und 27 auf Anspruch 21 zurückbezieht, gilt die Überlegung der Anmelderin.

12. Die Kammer stellt fest, daß es hinsichtlich der Berechtigung zur Aufforderung zur Zahlung von zusätzlichen Recherchengebühren nicht entscheidend sein kann, ob vielleicht eine oder mehrere mögliche Anspruchsalternativen, die unter die von der IRB definierten Erfindungen fallen, dem Erfordernis der Einheitlichkeit genügen.

Es ist auch nicht nötig, daß sich die Kammer darüber ausspricht, ob die Einteilung der einzelnen Erfindungen und der dazugehörenden Patentansprüche, wie sie die IRB durchgeführt hat, optimal war. Die Kammer hat lediglich zu entscheiden, ob eine Aufforderung zur Zahlung weiterer Recherchengebühren auf Basis dieser vorgenommenen Einteilung gerechtfertigt und ausreichend begründet war.

Hierzu genügt es, wenn eine einzige der möglichen Anspruchsalternativen jeder der Gruppen von Patentansprüchen, die die einzelnen Erfindungen repräsentieren, nicht dem Erfordernis der Einheitlichkeit genügt und dafür von der IRB eine ausreichende Begründung gegeben worden ist. Eine einzige Anspruchsalternative, die dazu führt, daß die mit ihr verbundene Erfindung nicht einheitlich ist mit weiteren Erfindungen, erfordert möglicherweise eine erweiterte und weitgehend unabhängige Recherche und rechtfertigt somit die Zahlung weiterer Recherchengebühren an die IRB. Dies ist auch im Sinne der Regel 13.3 PCT.

13. Folglich genügt es, wenn die durch die Ansprüche 21 und 29 repräsentierten Erfindungen für wenigstens eine der möglichen Anspruchskombinationen nicht einheitlich sind. Das wurde unter Punkt 9 nachgewiesen.

14. Die vorstehende Auffassung der Kammer findet auch auf das weitere Argument der Anmelderin, daß nämlich die durch Anspruch 11 repräsentierte Erfindung bei Rückbezug auf einen möglicherweise gewährbaren Patentanspruch 8 mit der ersten Erfindung einheitlich wäre, Anwendung. Der Rückbezug des Patentanspruchs 11 auf den Patentanspruch 8 ist nur eine der möglichen Rückbezüge, die auch einen Rückbezug auf den Patentanspruch 1 umfassen. Die mangelnde Einheitlichkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 11 unter Rückbezug auf Patentanspruch 1 mit den anderen Erfindungen wurde jedoch schon oben nachgewiesen (siehe Punkt 9).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

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