W 0010/03 (Pyrimidine/BOEHRINGER) of 23.10.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:W001003.20031023
Datum der Entscheidung: 23 October 2003
Aktenzeichen: W 0010/03
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: A61K 31/505
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 77 KB)
-
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Neue trisubstituierte Pyrimidine, Verfahren zu deren Herstellung und deren Verwendung als Arzneimittel
Name des Anmelders: Boehringer Ingelheim Pharma KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 154(3)
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
Patent Cooperation Treaty R 13(1)
Patent Cooperation Treaty R 13(2)
Patent Cooperation Treaty R 40(1)
Patent Cooperation Treaty R 40(2)(c)
Patent Cooperation Treaty R 40(3)
Schlagwörter: Einheitlichkeit a posteriori - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/89
W 0004/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die internationale Anmeldung PCT/EP 02/11345 wurde am 10. Oktober 2002 mit 12 Ansprüchen eingereicht.

Im Anspruch 1 wurden trisubstituierte Pyrimidine der Formel (I),

FORMEL (I)

beansprucht, in denen Ra, Rb, Rc und Rd spezifische Atome oder Gruppen darstellen und Re für eine Vielzahl von chemischen Radikalen steht, nämlich

"Nitro-, Amino-, Alkylamino-, Dialkylamino- oder Azidogruppe, eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte 4- bis 7-gliedrige Alkyleniminogruppe, in der eine oder zwei zu dem Stickstoffatom benachbarte Methylengruppen durch eine Carbonylgruppe ersetzt sein können, wobei zusätzlich in dieser Alkyleniminogruppe eine CH2 Gruppe in 4-Stellung durch den Rest W ersetzt sein kann, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine Formylamino-, N-Alkyl-formylamino-, Alkylcarbonylamino-, N-Alkyl-alkylcarbonylamino-, Di(alkylcarbonyl)amino-, (C3-7-Cycloalkyl)carbonylamino-, N-Alkyl-(C3-7-Cycloalkyl)carbonylamino-, (C3-7- Cycloalkyl)alkylcarbonylamino-, N-Alkyl-(C3-7- cycloalkyl)alkylcarbonylamino-, Arylcarbonylamino-, N- Alkyl-arylcarbonylamino-, Arylalkylcarbonylamino-, N- Alkyl-arylalkylcarbonylamino-, Heteroarylcarbonylamino-, N-Alkyl-heteroarylcarbonylamino-, Heteroarylalkylcarbonylamino-, N-Alkyl- heteroarylalkylcarbonylamino-, Alkoxycarbonylamino-, N- Alkyl-alkoxycarbonylamino-, Arylalkoxycarbonylamino-, N- Alkyl-arylalkoxycarbonylamino-, Aryloxycarbonylamino-, N-Alkyl-aryloxycarbonylamino-, (C4-7- Cycloalkyloxy)carbonylamino-, N-Alkyl-(C4-7- cycloalkyloxy)carbonylamino-, (C3-7- Cycloalkyl)alkoxycarbonylamino-, N-Alkyl-(C3-7- cycloalkyloxy)alkoxycarbonylamino-, Alkylsulfonylamino-, N-Alkyl-alkylsulfonylamino-, Di(alkylsulfonyl)amino-, C3- 7-Cycloalkylsulfonylamino-, N-Alkyl-C3-7- cycloalkylsulfonylamino-, (C3-7- Cycloalkyl)alkylsulfonylamino-, N-Alkyl-(C3-7- cycloalkyl)alkylsulfonylamino-, Arylsulfonylamino-, N- Alkyl-arylsulfonylamino-, Arylalkylsulfonylamino-, N- Alkyl-arylalkylsulfonylamino-, Heteroarylsulfonylamino-, N-Alkyl-heteroarylsulfonylamino-, Heteroarylalkylsulfonylamino-, N-Alkyl- heteroarylalkylsulfonylamino-, Cyanamino- oder N-Alkyl- cyanaminogruppe, wobei zusätzlich die Alkylteile und Cycloalkylteile in den vorstehend erwähnten Gruppen durch der Rest R9 substituiert sein können, wobei R9 wie vorstehend erwähnt definiert ist, und die Cycloalkylteile zusätzlich durch eine oder zwei Alkylgruppen substituiert sein können, eine (C5-7- Cycloalkyl)carbonylamino-, N-Alkyl-(C5-7- cycloalkyl)carbonylamino-, (C5-7- Cycloalkyl)alkylcarbonylamino-oder N-Alkyl-(C5-7- cycloalkyl)alkylcarbonylaminogruppe, in denen die Cycloalkylteile jeweils durch ein oder zwei Alkylgruppen substituiert sein können und zusätzlich eine Methylengruppe in den Cycloalkylteilen der vorstehend erwähnten Gruppen durch den Rest W ersetzt ist, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine C2-5- Alkenylcarbonylamino-, N-Alkyl C2-5-alkenylcarbonylamino-, C2-5-Alkinylcarbonylamino-, N-Alkyl C2-5- alkinylcarbonylamino-, Perfluoroalkylcarbonylamino-, N- Alkyl-perfluoroalkylcarbonylamino-, Perchloralkylcarbonylamino-, N-Alkyl- perchloralkylcarbonylamino-, Perfluoralkylsulfonylamino- oder N-Alkyl-perfluoroalkylsulfonylaminogruppe, eine gegebenenfalls im Alkyleniminoteil durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte Alkyleniminocarbonylamino- oder N-Alkyl-alkyleniminocarbonylaminogruppe, wobei der Alkyleniminoteil jeweils 4 bis 7-gliedrig ist, eine gegebenenfalls im Alkyleniminoteil durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte Alkyleniminocarbonylamino- oder N-Alkyl-alkyleniminocarbonylaminogruppe, wobei der Alkyleniminoteil jeweils 6 oder 7-gliedrig ist und jeweils eine Methylengruppe in 4-Stellung des Alkyleniminoteils durch den Rest W ersetzt ist, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine gegebenenfalls im Alkyleniminoteil durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte Alkyleniminothiocarbonylamino- oder N-Alkyl- alkyleniminothiocarbonylaminogruppe, wobei der Alkyleniminoteil jeweils 4 bis 7-gliedrig ist, eine gegebenenfalls im Alkyleniminoteil durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte Alkyleniminothiocarbonylamino- oder N-Alkyl- alkyleniminothiocarbonylaminogruppe, wobei der Alkyleniminoteil jeweils 6 oder 7-gliedrig ist und jeweils eine Methylengruppe in 4-Stellung des Alkyleniminoteils durch den Rest W ersetzt ist, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine R7NR8-CO-NR6- oder R7NR8-SO2-NR6- Gruppe in denen R6 ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe, R7 und R8 jeweils unabhängig voneinander Wasserstoffatome oder gegebenenfalls durch R9 substituierte Alkylgruppen, oder R6 und R7 zusammen eine n-C2-3-Alkylengruppe und R8 ein Wasserstoffatom oder eine gegebenenfalls durch R9 substituierte Alkylgruppe darstellen, wobei R9 wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine gegebenenfalls durch 1 bis 3 Alkylgruppen substituierte Imidazolidin- 2,4-dion-1-yl- oder Imidazolidin-2,4-dion-3-yl-Gruppe, wobei eine der Alkylgruppen durch R9 substituiert sein kann, eine gegebenenfalls durch 1 bis 3 Alkylgruppen substituierte 1,3-Dihydro-imidazol-2-on-1-yl-Gruppe, wobei eine der Alkylgruppen durch R9 substituiert sein kann, eine gegebenenfalls durch 1 bis 2 Alkylgruppen substituierte 2,4-Dihydro-1,2,4-triazol-3-on-2-yl- oder 2,4-Dihydro-1,2,4-triazol-3-on-4-yl-Gruppe, wobei eine der Alkylgruppen durch R9 substituiert sein kann, eine (R14NR15)-R13C=N-Gruppe, in der R13 ein Wasserstoffatom, eine Alkyl- oder C3-7- Cycloalkylgruppe, R14 und R15 jeweils unabhängig voneinander eine Alkylgruppe, oder R14 und R15 zusammen mit dem dazwischen liegenden Stickstoffatom eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte 4- bis 7-gliedrige Alkyleniminogruppe oder eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte 6- oder 7-gliedrige Alkyleniminogruppe, in der eine Methylenestellung in 4- Stellung durch den Rest W ersetzt ist, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, und R13 ein Wasserstoffatim, eine Alkyl- oder C3-7- Cycloalkylgruppe darstellen, eine (R18N=)CR16-R17N-Gruppe, in der R16 ein Wasserstoffatom, eine Alkyl-, C3-7-Cycloalkyl-, Trifluoromethyl- oder Trichlormethylgruppe, R17 und R18, die gleich oder verschieden sein können, jeweils ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe oder R16 und R18 zusammen eine gegebenenfalls durch ein oder zwei Alkylgruppen substituierte n-C3-5-Alkylengruppe und R17 ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe oder R17 und R18 zusammen eine gegebenenfalls durch ein oder zwei Alkylgruppen substituierte n-C2-4-Alkylengruppe und R16 ein Wasserstoffatom, eine Alkyl- oder C3-7- Cycloalkylgruppe darstellen, eine gegebenenfalls am Stickstoffatom durch eine Alkylgruppe substituierte(R19R20PO)-NH-Gruppe, in der R19 und R20, die gleich oder verschieden sein können, Alkyl- oder Arylgruppen darstellen, eine durch R9 substituierte Alkyl- oder Alkoxygruppe, in denen R9 wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine Formyl-, Alkylcarbonyl-, 1-(Hydroxyimino)alkyl-, 1- (Alkoxyimino)alkyl-, Carboxy-, Alcoxycarbonyl-, Aminocarbonyl-, Alkylaminocarbonyl-, Dialkylaminocarbonyl- oder Cyanogruppe, eine Sulfo-, Alkoxysulfonyl-, Aminosulfonyl-, Alkylaminosulfonyl- oder Dialkylaminosulfonylgruppe, eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte 4- bis 7-gliedrige Alkyleniminocarbonyl- oder Alkyleniminosulfonylgruppe, eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte 6- oder 7-gliedrige Alkyleniminocarbonyl- oder Alkyleniminosulfonylgruppe, in der eine Methylenegruppe des Alkyleniminoteils in 4-Stellung durch den Rest W ersetzt ist, wobei W wie vorstehend erwähnt definiert ist, eine Heteroaryl- oder Heteroarylalkylgruppe, eine am Stickstoffatom gegebenenfalls durch eine Alkylgruppe substituierte Alkoxy-C(=NH)- oder Alkylsulfenyl-C(=NH)-Gruppe, eine R10N=C(OR11)-, R10N=C(SR11)-, R10N=C(NHR11)- oder R10N=C(N-Alkyl-NR11)-Gruppe, in denen R10 und R11 zusammen eine gegebenenfalls durch eine oder zwei Alkylgruppen substituierte n-C2-4-Alkylengruppe darstellen, eine gegebenenfalls durch ein bis drei Alkylgruppen substituierte Amidinogruppe oder eine durch Hydroxy-, Alkoxy-, Cyano-, Alkoxycarbonyl- oder Arylalkoxycarbonylgruppe substituierte Amidinogruppe, die an den Stickstoffatomen zusätzlich durch eine oder zwei Alkylgruppen substituiert sein kann."

II. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2002 hat das Europäische Patentamt in seiner Eigenschaft als Internationale Recherchenbehörde (IRB) der Anmelderin, gestützt auf Artikel 17 (3) a) und nach Regel 40.1 PCT, eine Aufforderung zur Zahlung von sieben zusätzlichen Recherchengebühren (6.615,00 EUR) innerhalb von 30 Tagen mit dem Hinweis zugestellt, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspreche.

In der Zahlungsaufforderung hieß es, daß die ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee, die den Gegenstand aller Ansprüche verbunden hätte, die Bereitstellung von Verbindungen gewesen sei, die sich zur Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson eignen und die das 4-Amino-2- phenylamino-pyrimidin-5-yl als gemeinsames Strukturmerkmal aufweisen. Im Hinblick auf Druckschrift (2), WO-A-01/55148, aus der bereits beanspruchte Verbindungen zur Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson bekannt sind, könnte diese einzige allgemeine erfinderische Idee jedoch nicht als neu betrachtet werden. Die IRB stellte somit fest, dass die vorliegende internationale Anmeldung mehrere Gruppen von Erfindungen betrifft, und nannte acht Gruppen von im Anspruch 1 umfassten Verbindungen der Formel (I), die jeweils einer anderen erfinderischen Idee zuzurechnen wären: nämlich die Verbindungen, in denen die Gruppe Re für eine der folgenden Gruppen steht:

1. eine über ein Stickstoffatom gebundene Gruppe (Nitro, Amino, Azido ... etc.);

2. eine durch R9 substituierte Alkylgruppe;

3. eine durch R9 substituierte Alkoxygruppe;

4. eine Acylgruppe;

5. eine Carboxygruppe oder deren Derivate;

6. eine Cyanogruppe;

7. eine über eine Sulfonylgruppe gebundene Gruppe; und

8. eine Heteroaryl- oder eine Heteroarylalkylgruppe.

III. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 hat die Anmelderin mitgeteilt eine zusätzliche Gebühr unter Widerspruch gemäß Regel 40.2 c)PCT zu entrichten und zwar für die vom IRB als Erfindungsgruppe 8 bezeichnete Gruppe. Aus dem Zahlungsbeleg vom 17. Januar 2003 geht jedoch hervor, dass ein Betrag von 6.615,00 EUR, der allen zusätzlich geforderten sieben Recherchengebühren entspricht, eingegangen ist.

Als Begründung des Widerspruchs hat die Anmelderin vorgebracht, dass im Gegensatz zu den aus der Druckschrift (2) bekannten Verbindungen, die sich aufgrund ihrer Eigenschaft als Cyclin-abhängige Kinase Inhibitoren zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen eigneten, die beanspruchten Verbindungen in den Prozess der ABeta-Entstehung oder Freisetzung aus Zellen eingriffen und sich daher nicht nur zur Behandlung neurogenerativer Erkrankungen eigneten, sondern auch zu deren Vorbeugung. Da es in der Druckschrift (2) keinerlei Hinweise gibt, dass die dort beschriebenen Verbindungen zur Vorbeugung neurodegenerativer Erkrankungen geeignet sind, sei die Lehre der Druckschrift (2) auf keinen Fall geeignet, einen Einwand der mangelnden Einheitlichkeit a posteriori zu begründen.

Weiterhin hat die Anmelderin geltend gemacht, die Unterteilung in acht verschieden Gruppen sei rein willkürlich. Auf Basis der Druckschrift (2) könnte lediglich eine Unterscheidung von zwei, höchstens drei unterschiedlichen Erfindungen begründet werden, nämlich

a) Verbindungen der Formel (I), worin Re keine von Carbonsäuren abgeleitete Gruppen aufweist;

b) Verbindungen der Formel (I), worin Re von Carbonsäuren abgeleitete Gruppen aufweist (z. B. Reste Re, die durch R9 substituiert sind).

IV. In ihrer Mitteilung über die Überprüfung der Aufforderung zur Zahlung der weiteren Recherchengebühren vom 4. April 2003 bestätigte die Überprüfungsstelle der IRB die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit a posteriori und forderte die Anmelderin auf, die Widerspruchsgebühr innerhalb eines Monats zu entrichten.

Die Überprüfungsstelle der IRB bestätigte die in Punkt II oben zusammengefaßte Meinung der IRB. Nach Ansicht der Überprüfungsstelle könne die in der Anmeldung zitierte Aufgabe als die Bereitstellung von Verbindungen, die geeignet sind in den Prozess der ABeta-Entstehung oder Freisetzung aus Zellen eingreifen zu können, oder inhibitorisch die ABeta-Aktivität zu reduzieren, nicht als therapeutische Anwendung angesehen werden. Auch ändere sich die gestellte Aufgabe nicht, wenn neben der Behandlung einer Krankheit die Vorbeugung dieser Krankheit miteinbezogen werde. Dabei sei es irrelevant, ob die Verbindungen ihre heilende und vorbeugende Wirkung über Hemmung der Cyclin-abhängige Kinase oder über Hemmung des Prozesses der ABeta- Entstehung oder Freisetzung aus Zellen oder Reduktion der ABeta-Aktivität erziele.

V. Mit dem internationalen Recherchenbericht vom 4. April 2003 wurde die Anmelderin mitgeteilt, dass alle erforderlichen zusätzlichen Recherchengebühren rechtzeitig entrichtet wurden und dass somit der Recherchenbericht sich auf alle recherchierbaren Ansprüche bezieht.

VI. Mit Schreiben vom 16. April 2003 hat die Anmelderin mitgeteilt die Widerspruchsgebühr zu entrichten. Im begleitenden Schreiben hat sie die Auffassung der Überprüfungsstelle, dass die Behandlung und die Vorbeugung einer Krankheit gleichzusetzen seien, bestritten.

Insbesondere hat die Anmelderin behauptet, im Falle der Alzheimerschen Krankheit komme der Vorbeugung eine besondere Bedeutung zu, da ein bereits an Alzheimer erkrankter Patient in der Regel das Problem hat, zu vergessen, dass er Medikamente einnehmen sollte.

Weiterhin hat die Anmelderin nochmals die Unterteilung in 8 Gruppen in Frage gestellt.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch erfüllt die Erfordernisse der Regel 40.2 c) und e) und 40.3 PCT und ist somit zulässig. Die Kammer, deren Zuständigkeit aus Artikel 154 (3) EPÜ in Verbindung mit Regel 40.2 c) PCT herzuleiten ist, hat somit zu untersuchen, ob die Rückerstattung der zusätzlich bezahlten Recherchengebühren stattgegeben werden kann.

2. Gemäß Regel 13.1 und 13.2 PCT ist das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nur dann erfüllt, wenn die Anmeldung sich auf eine Erfindung bezieht oder wenn Zwischen den Erfindungen ein technischer Zusammenhang besteht, der in einem oder mehreren gleichen oder entsprechenden besonderen technischen Merkmalen zum Ausdruck kommt.

Unter den Begriff "besondere technische Merkmale" sind diejenigen technischen Merkmale zu verstehen, die einen Beitrag jeder beanspruchten Erfindung als Ganzes zum Stand der Technik bestimmen.

3. Wie bereits unter Punkt II des Sachverhaltes dargelegt, hat die IRB den a posteriori Einwand der mangelnden Einheitlichkeit auf die im Recherchenbericht zitierten Druckschrift (2) gestützt.

4. Gemäß Anlage B, Teil 1 f) v) der PCT- Verwaltungsrichtlinien ist die Frage der Einheitlichkeit nochmals zu prüfen, wenn sich auch nur eine Markush- Alternative als nicht neu erweist.

Im Beispiel 68 in der Druckschrift (2) ist tatsächlich eine Verbindung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 beschrieben, in dem Ra für Wasserstoff, Rb für Phenyl, Rc für Ethyl, Rd für Wasserstoff und Re für eine -(CH2)2-COOC2H5 Gruppe steht, und die eine cyclin- abhängige Kinase inhibitorische Wirkung hat. Da der Wortlaut des vorliegenden Anspruchs 1 eine solche Verbindung umfasst, nimmt die Druckschrift (2) die Neuheit dieses Anspruchs vorweg. Dies ist von der Anmelderin nie bestritten worden.

Die Druckschrift (2) betrifft eine Methode zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wobei die dort beschriebenen Verbindungen aufgrund ihrer Eigenschaft als Cyclin-abhängige Kinase Inhibitoren verwendet werden. Gemäß der vorliegenden Anmeldung, dagegen, werden die beanspruchten Verbindungen aufgrund ihrer inhibierenden Wirkung des Prozesses der ABeta- Entstehung in Zellen oder der Freisetzung von ABeta aus Zellen verwendet.

In der vorliegenden Anmeldung wird dargelegt, dass bei der Alzheimerschen Erkrankung das Amyloid-Beta-peptid (ABeta) aggregiert und zu unlöslichen senilen Ablagerungen (Plaques) führt, welche einen der pathologischen Marker der Erkrankung darstellen, das ABeta durch proteolytische Spaltung eines Vorläuferproteins entsteht und dass es Aufgabe der Erfindung war Verbindungen bereitzustellen, die geeignet sind in den Prozess der ABeta-Entstehung oder Freisetzung aus Zellen eingreifen zu können, oder inhibitorisch die ABeta-Aktivität zu reduzieren (siehe Seite 1, Zeile 16 bis Seite 2, Zeile 2). Aufgrund dieser pharmakologische Wirkung behauptete die Anmelderin, dass die beanspruchten Verbindungen nicht nur zur Behandlung sondern auch zur Vorbeugung neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere der Alzheimerschen Erkrankung, geeignet sind.

Der Druckschrift (2) ist zu entnehmen, dass, neben Amyloidablagerungen, neurofibrilläre Bündel ein pathologischer Marker der Alzheimerschen Erkrankung darstellen, dass diese neurofibrilläre Bündel hauptsächlich aus Filament-Aggregaten von hyperphosphorylierten Tau-Protein bestehen und dass Cyclin-abhängige Kinasen (Cdk) und, insbesondere Cdk5, die Phosphorylierung von Tau-Protein fördern (siehe Seite 1, Zeile 22 bis Seite 2, Zeile 9).

Auf der Seite 2, Zeilen 13 bis 17, der Druckschrift (2) wird dann die Schlussforderung gezogen, dass Verbindungen die Cyclin-abhängige Kinasen, insbesondere Cdk5, inhibieren in der Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten verwendet werden können.

Obwohl in der Druckschrift (2) lediglich die Rede von "treating" ist, geht daraus hervor, dass die Wirkung der Verbindungen darauf zurückzuführen ist, dass die Ablagerung von neurofibrillären Bündeln durch Verhinderung oder Verminderung der Phosphorylierung von Tau-Protein vermieden wird. Einem Fachmann ist es somit klar, dass die in der Druckschrift (2) beschriebenen Verbindungen nicht nur zur Behandlung eines an einer neurodegenerativen Krankheit erkrankten Patienten nützlich sind, sondern auch zur Vorbeugung der Krankheit, indem die Ablagerung von neurofibrillären Bündeln verhindert oder vermindert wird. Der Begriff "treating" in Druckschrift (2) bedeutet somit nicht nur Behandlung sondern auch Vorbeugung.

Da somit die im Beispiel 68 der Druckschrift (2) beschriebene Verbindung den gleichen Zweck als die beanspruchten Verbindungen dient, ist die Offenbarung der Druckschrift (2) geeignet einen Einwand der mangelnden Einheitlichkeit a posteriori zu begründen.

5. Im Lichte der Druckschrift (2) kann dann die objektive Aufgabe lediglich als die Bereitstellung von weiteren Verbindungen, die sich zur Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten eignen, gesehen werden.

6. Bei dieser Aufgabestellung kann ein verbindendes technisches Merkmal nur noch in gemeinsamen strukturellen Merkmalen der beanspruchten Verbindungen zu finden sein.

Da jedoch im Beispiel 68 der Druckschrift (2) eine Verbindung der Formel (I) in der Re für eine -(CH2)2-COOC2H5 Gruppe steht beschrieben ist, kann die 4-Amino-2-phenylamino-pyrimidin-5-yl Struktur nicht mehr als gemeinsames Strukturmerkmal, das einen Beitrag zum Stand der Technik darstellt, betrachtet werden.

Da die beanspruchten Verbindungen kein gemeinsames Strukturmerkmal gegenüber der im Beispiel 68 der Druckschrift (2) offenbarten Verbindung aufweisen, zerfällt Anspruch 1 in eine Reihe von unabhängigen Erfindungen, die rein alternative Lösungen darstellen.

7. Die Anmelderin erhob den Einwand, dass die von der Überprüfungsstelle angeführte Begründung für die geforderten sieben zusätzlichen Gebühren aus fiskalischen Gründen hergeleitet wurde und verwies nach Erwägungsgrund 8.2 der Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155).

Dem Erwägungsgrund der Entscheidung G 1/89 ist jedoch lediglich zu entnehmen, dass die IRB Zurückhaltung üben sollte und in Grenzfällen nicht davon ausgehen, dass eine Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit wegen mangelnder Neuheit nicht erfüllt.

Zwar stimmt es, dass fiskalische Gründe mangelnde Einheitlichkeit nicht begründen kann, jedoch haben die IRB und die Überprüfungsstelle ganz klar dargelegt, dass die Neuheit vorweggenommen war, das Dokument (2) den nächsten Stand der Technik darstellte, die zu lösende Aufgabe die Bereitstellung alternativer Verbindungen war und die beanspruchten Verbindungen kein gemeinsames technisches Merkmal aufweisen. Im vorliegenden Fall sind somit die Mindestanforderungen für eine ausreichende Begründung der mangelnden Einheitlichkeit angegeben (siehe W 04/85 ABl. EPA, 1087, 63).

8. Auch der von der Anmelderin vorgeschlagenen Aufteilung (siehe Punkt III) kann nicht gefolgt werden.

Da die aus der Druckschrift (2) bekannte Verbindung eine Struktur der Formel (I) mit einer -(CH2)2-COOC2H5 Gruppe als Re aufweist (siehe Punkt 4 oben), kann die Gruppe von Verbindungen in der Re "von Carbonsäuren abgeleitete Gruppen" aufweist nicht als eine ein gemeinsames Merkmal enthaltende Gruppe betrachtet werden, weil nicht alle Verbindungen einer solchen Gruppe neu sind.

9. Aus diesen Gründen genügt die internationale Anmeldung nicht den Erfordernissen der Regel 13 PCT und die Aufforderung der IRB, sieben zusätzliche Recherchengebühren zu entrichten, war berechtigt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Widerspruch nach Regel 40.2 c) PCT wird zurückgewiesen.

Quick Navigation