W 0009/03 () of 22.12.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:W000903.20031222
Datum der Entscheidung: 22 Dezember 2003
Aktenzeichen: W 0009/03
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: H04L 12/56
H04L 29/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verbindung zwischen einem Terminal und einem Mobilteil
Name des Anmelders: Siemens AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
European Patent Convention 1973 Art 154(3)
Patent Cooperation Treaty R 13
Patent Cooperation Treaty R 40
Schlagwörter: Einheitlichkeit a posteriori (nein)
Orientierungssatz:

Eine gemeinsame Aufgabe, die so allgemein gefaßt ist, daß sie selbst schon bekannt oder als allgemein wünschenswert oder naheliegend erkennbar ist, kann keine Einheitlichkeit begründen.

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/89
W 0006/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 2482/12
W 0028/06

Sachverhalt und Anträge

I. Die Anmelderin hat am 7. September 2001 die internationale Anmeldung PCT/DE 01/03459 eingereicht.

II. Am 15. Oktober 2002 erließ die Zweigstelle des Europäischen Patentamts in Den Haag als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) eine Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT. In einer Anlage zu dieser Aufforderung wurde der Anmelderin mitgeteilt, die IRB sei der Auffassung, die Anmeldung sei nicht einheitlich im Sinne von Regel 13 PCT und umfasse zwei verschiedene Erfindungen, die durch folgende Anspruchsgruppen bestimmt seien:

- 1. Ansprüche 1 bis 7: Verfahren zum Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal, wobei das Bedienteil eine nach Geräteklassen einschränkbare Suchabfrage durchführt.

- 2. Ansprüche 8 bis 12: Verfahren zum Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal, wobei bei einer ersten Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal ein Identifizierungssignal vergeben wird.

In ihrer Begründung ging die IRB davon aus, daß der Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal, der beiden Anspruchsgruppen gemeinsam ist, aus folgendem Dokument bekannt sei:

D1: Specification of the Bluetooth System, Specification Volume 1, Core, v1.0 B, 1. Dezember, 1999, Seiten 108 und 1039-1041.

Folglich gebe es zwei Anspruchsgruppen. Die durch die erste Anspruchsgruppe definierte Erfindung habe zur Aufgabe, eine einfache Auswahl von Geräteklassen zu ermöglichen; die durch die zweite Gruppe definierte Erfindung habe zur Aufgabe, das Dazwischentreten eines Dritten zu verhindern. Da weder gleiche noch entsprechende besondere technische Merkmale noch ein bisher nicht erkanntes gemeinsames technisches Problem vorlägen, bestehe keine Einheitlichkeit zwischen den durch beide Anspruchsgruppen definierten Erfindungen.

III. Die Anmelderin hat am 11. November 2002 die angeforderte zusätzliche Gebühr in Höhe von EUR 945 unter Widerspruch gemäß Regel 40.2 c) PCT entrichtet.

In ihrer Begründung führte die Anmelderin aus, daß den Erfindungen entsprechend den beiden obigen Anspruchsgruppen dasselbe Problem zugrundeliege, nämlich den Verbindungsaufbau sicherer, einfacher und schneller zu machen. Die einzige allgemeine erfinderische Idee, die die Erfindungen entsprechend den beiden obigen Anspruchsgruppen eint, sei, daß "vor dem Aufbau einer Nahverbindung eine Vorabeinschränkung auf für eine bevorstehende Transaktion infrage kommende Bluetoothgeräte ermöglicht wird". Dies würde entsprechend der ersten Anspruchsgruppe durch eine Geräteklassenauswahl und entsprechend der zweiten Gruppe durch die Vergabe eines Identifizierungssignals erreicht. Bei diesen beiden Merkmalen handele es sich um entsprechende besondere technische Merkmale gemäß Regel 13.2 PCT.

IV. Am 21. Februar 2003 teilte die IRB der Anmelderin das Ergebnis einer Überprüfung gemäß Regel 40.2 e) PCT mit, wonach die vorangegangene Aufforderung zusätzlicher Recherchengebühren berechtigt gewesen sei, und forderte die Anmelderin auf, zur weiteren Prüfung eine Widerspruchsgebühr zu entrichten.

V. Am 5. März 2003 entrichtete die Anmelderin die Widerspruchsgebühr in Höhe von EUR 1020.

VI. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "Verfahren zum Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal, insbesondere einem Selbstbedienungsterminal einer Bank, Sparkasse oder dergleichen, wobei das Bedienteil zur Aufnahme einer Verbindung eine Suchabfrage nach geeigneten Kommunikationspartnern durchführt, dadurch gekennzeichnet, daß die Suchabfrage nach Geräteklassen einschränkbar ist."

VII. Ansprüche 2 bis 7 sind auf Anspruch 1 zurückbezogen.

VIII. Anspruch 8 lautet wie folgt: " Verfahren zum Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal, insbesondere einem Selbstbedienungsterminal einer Bank, Sparkasse oder dergleichen, wobei die Nahfeldverbindung als gegen das Zwischentreten eines Dritten gesicherte Verbindung aufgebaut und hierfür das autorisierte Bedienteil über eine zwischen dem Terminal und dem Bedienteil ausgetauschtes Identifizierungssignal erkennbar ist, insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Identifizierungssignal bei einer ersten Nahfeldverbindung zwischen einem Terminal und dem Bedienteil an dieses vergeben wird und dauerhaft für weitere Nahfeldverbindungen zur Verfügung steht."

IX. Ansprüche 9 bis 12 sind auf Anspruch 8 zurückbezogen.

Entscheidungsgründe

1. Der Widerspruch entspricht Regel 40.2 c) PCT und ist daher zulässig. Entsprechend Artikel 154 (3) EPÜ sind die Beschwerdekammern für die Entscheidung über den Widerspruch des Anmelders zuständig.

2. Nach Regel 13.1 PCT darf sich die internationale Patentanmeldung nur auf eine Erfindung oder eine Gruppe von Erfindungen beziehen, die so zusammenhängen, daß sie eine einzige erfinderische Idee verwirklichen. Wie in der Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155, Punkt 5) festgestellt wurde, ist die IRB befugt, einen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit a posteriori, d. h. nach Würdigung des Standes der Technik zu erheben. Ein solcher Einwand sollte jedoch nur in eindeutigen Fällen erhoben werden (siehe ibidem, Punkte 8.1 und 8.2).

3. Die Ansprüche 1 und 8 der internationalen Anmeldung sind unabhängig, da der Rückbezug in Anspruch 8 lediglich eine Option ist. Ihnen gemeinsam ist ein Verfahren zum Aufbau einer Nahfeldverbindung zwischen einem Bedienteil und einem Terminal. Solche Verfahren sind insbesondere für sogenannte Bluetooth-Systeme durch D1 (siehe S. 108, zweiter Absatz) belegt. Dies wurde von der Anmelderin auch nicht bestritten.

4. Die Kammer vermag keinen technischen Zusammenhang zwischen den Gegenständen der Ansprüche 1 und 8 zu erkennen.

4.1 Ein Vergleich der Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 mit dem Stand der Technik - Dokument D1 -, um die jeweiligen besonderen technischen Merkmale jeder Erfindung nach Regel 13.2 PCT zu identifizieren, führt zu dem Ergebnis, daß diejenigen technischen Merkmale, die einen Beitrag jeder beanspruchten Erfindung als Ganzes zum Stand der Technik bestimmen, in keinem technischen Zusammenhang zueinander stehen.

4.2 Das besondere technische Merkmal der Erfindung nach Anspruch 1 besteht darin, daß das Bedienteil zur Aufnahme einer Verbindung eine Suchabfrage nach geeigneten Kommunikationspartnern durchführt, wobei die Suchabfrage nach Geräteklassen einschränkbar ist.

4.3 Demgegenüber besteht das besondere technische Merkmal der Erfindung nach Anspruch 8 darin, daß die Nahfeldverbindung als gegen das Zwischentreten eines Dritten gesicherte Verbindung aufgebaut und hierfür das autorisierte Bedienteil über ein zwischen dem Terminal und dem Bedienteil ausgetauschtes Identifizierungssignal erkennbar ist, wobei das Identifizierungssignal bei einer ersten Nahfeldverbindung zwischen einem Terminal und dem Bedienteil an dieses vergeben wird und dauerhaft für weitere Nahfeldverbindungen zur Verfügung steht.

5. Zwischen den besonderen technischen Merkmalen der Ansprüche 1 und 8 sind keine rein strukturellen technischen Übereinstimmungen oder Entsprechungen vorhanden. Das wurde auch von der Anmelderin nicht behauptet. Vielmehr betonte die Anmelderin, daß die Ansprüche eine gemeinsame Aufgabe lösten.

6. Die Kammer ist der Ansicht, daß eine gemeinsame Aufgabe nur unter bestimmten Bedingungen die Einheitlichkeit verschiedener Erfindungen begründen kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine "Aufgabenerfindung" vorliegt (siehe W 6/90, ABl. EPA 1991, 438, Punkt 3.4). Eine solche Situation liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Im vorliegenden Falle ist die gemeinsame Aufgabe so allgemein gefaßt, daß sie "selbst schon bekannt oder als allgemein wünschenswert oder naheliegend erkennbar" ist (siehe W 6/90, ibidem), so daß dadurch keine Einheitlichkeit bewirkt werden kann.

7. Laut Anmelderin (siehe Schreiben vom 11. November 2002) ist die gemeinsame Aufgabe in einem sichereren, schnelleren und einfacheren Verbindungsaufbau zu sehen. Es mag dahingestellt sein, inwiefern diese gemeinsame Aufgabe tatsächlich zutrifft. Die Kammer geht jedenfalls davon aus, daß diese Aufgabe solch allgemeiner Natur ist, daß sie der Fachmann in dem betrachteten Gebiet grundsätzlich in Betracht ziehen würde. Folglich kann sie keine Einheitlichkeit zwischen den verschiedenen Erfindungen stiften.

8. Ferner sieht die Anmelderin eine einzige allgemeine erfinderische Idee darin, daß vor dem Aufbau einer Nahverbindung eine Vorabeinschränkung auf für eine bevorstehende Transaktion infrage kommende Bluetoothgeräte ermöglicht wird (siehe Schreiben vom 11. November 2002). Diesem Argument wird nicht gefolgt, da der Verbindungsaufbau entsprechend der in Anspruch 8 definierten Erfindung vor der Vergabe des Identifizierungssignals erfolgt und der Verbindungsaufbau somit keinerlei Einschränkungen unterliegt.

9. Folglich war die Aufforderung der IRB gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr berechtigt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

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