T 1067/99 () of 25.10.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T106799.20011025
Datum der Entscheidung: 25 October 2001
Aktenzeichen: T 1067/99
Anmeldenummer: 95117986.0
IPC-Klasse: F16F 9/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Spannringbefestigung für einen Schlauchrollbalg einer Luftfeder
Name des Anmelders: Continental Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 95 117 986.0, deren einziger Patentanspruch folgenden Wortlaut hat:

"Luftfeder mit einem Schlauchrollbalg aus elastomerem Werkstoff, bei dem mindestens ein Endabschnitt mittels eines radial plastisch verformten metallischen Spannringes an einem Anschlußteil dicht befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Spannring aus einem kreisförmig gebogenen Flachstahlabschnitt besteht, dessen aneinanderstoßende Enden stumpfgeweißt sind."

wurde mit der am 16. August 1999 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen, in der die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis kommt, daß es für den Fachmann ohne erfinderisches Zutun möglich war, einen entsprechend der EP-A-0 278 737 (D2) hergestellten Spannring auch bei einer Luftfeder nach der EP-A-0 151 696 (D1) anstelle des dort benutzten Spannrings anzuwenden.

II. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen diese Entscheidung am 16. September 1999 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 15. Oktober 1999 eingegangen.

III. Am 25. Oktober 2001 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit den ursprünglichen Unterlagen zu erteilen. Sie vertrat die Auffassung, daß eine Überprüfung der erfinderischen Tätigkeit bei Zugrundelegung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes zur Erteilung der Anmeldung führen müsse, da dem insgesamt aufgedeckten Stand der Technik kein Hinweis zu entnehmen sei, bei den in Rede stehenden Luftfedern nach der D1 anstelle der bisher durch Absägen oder Abstechen von metallischen Rohren hergestellten Spannringe solche Ringe zu benutzen, die aus einem kreisförmig gebogenen Flachstahlabschnitt bestehen, dessen aneinanderstoßende Enden stumpfgeschweißt sind. Bei der Befestigung der Schlauchrollbälge würden die im Übermaß vorliegenden Spannringe durch radial plastische Kaltverformung gegen das zu befestigende Ende des Rollbalges gedrückt. Dabei sei es bei den von Rohren abgesägten Ringen nötig gewesen, die dabei entstehenden Kanten bzw. Grate durch mechanische Nachbearbeitung zu entfernen, um eine Beschädigung des Rollbalges zu vermeiden. Die montierten Spannringe unterlägen einer über die Ringhöhe konisch verteilten Aufweitungsbelastung, die durch den bis zu 20. bar ansteigenden Innendruck der Federbälge verursacht werde. Insbesondere aufgrund dieser Beanspruchung der Spannringe sei der Fachmann grundsätzlich von geschlossenen Ringen ausgegangen und habe geschweißte Ringe nicht in Erwägung gezogen. Um die für den vorliegenden Verwendungszweck nicht unbedeutenden Dickentoleranzen von Rohren zu vermeiden, seien auch schon Überlegungen dahingehend verfolgt worden, die Spannringe aus eigens dafür hergestellten tiefgezogenen Töpfen zu fertigen. Bei einer probeweisen Verwendung von geschweißten Ringen habe sich herausgestellt, daß stumpfgeschweißte Ringbänder der bei Spannringen an Luftfedern auftretenden konischen Aufweitungsspannung widerständen. Für die Stumpfschweißung werde dabei das dem Fachmann seit langem bekannte Widerstandsschweißen angewandt. Dem Stand der Technik sei im übrigen nichts über die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabenstellung zu entnehmen und die die Herstellung geschweißter Ringbänder betreffenden Druckschriften enthielten keine Hinweise über die Verwendung als Spannringe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Neuheit

In der gattungsgemäßen, zur Bildung des Oberbegriffs des Patentanspruchs herangezogenen D1 sind keine Hinweise auf die Ausbildung und Fertigung der metallischen Spannringe enthalten, durch deren Anpressung die Endabschnitte des Luftfederrollbalges gehalten werden.

In der D2 sowie in den weiteren im Verfahren genannten Druckschriften GB-A-1 254 361 (D3), US-A-3 241 347 (D4) und DE-A-2 745 070 (D5) wird die Herstellung von Ringen aus Drähten bzw. Flachbändern durch Verschweißen der Enden des abgelängten und dann kreisförmig gebogenen Ausgangsmaterials beschrieben. Ein Hinweis auf die Verwendung der in dieser Weise gefertigten Ringe als Spannringe und insbesondere als Spannringe für den in der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Zweck ist diesen Druckschriften nicht zu entnehmen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs ist daher unbestritten neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Bei der Befestigung von Schlauchrollbälgen für Luftfedern werden in bekannter Weise radial plastisch verformbare metallische Spannringe verwendet, wie dies aus der gattungsgemäßen D1 bekannt ist. Nach Angabe der Beschwerdeführerin werden solche Spannringe durch Absägen oder Abstechen von metallischen Rohren oder Rohrstücken gewonnen, wobei die an den Spannringen entstehenden Grate bzw. Kanten in einem weiteren Bearbeitungsvorgang entfernt werden, um eine Beschädigung des Schlauchrollbalges bei der radial plastischen Kaltverformung und der dabei erfolgenden Anpressung an den Schlauchrollbalg zu vermeiden.

Um bei der Herstellung solcher Spannringe verschiedene Durchmesser zu ermöglichen, ist eine Vorratshaltung von zahlreichen Rohren nötig. Dabei wird trotz zahlreicher Rohrgrößen die Konstruktionsfreiheit für die Ringdurchmesser aufgrund der abgestuft vorgegebenen Rohrabmessungen offensichtlich beschränkt. Weiter sind die nach DIN-Norm bei der Rohrfertigung zulässigen Toleranzen in der Wandungsdicke eine unerwünschte Schwachstelle bei der radial plastischen Verformung der Ringe und das notwendige Anbringen einer Phase im Zuge der Entgratung erfordert einen zusätzlichen Herstellungsvorgang.

3.2. Luftfedern werden nach Angabe der Beschwerdeführerin schon seit ca. 50 Jahren gefertigt und die in vorbeschriebener Weise gefertigten Spannringe hätten trotz der o. g. Beschränkungen im eingebauten Zustand den Anforderungen an die Lebensdauer der Federbälge grundsätzlich genügt. Die in der Anmeldungsbeschreibung formulierte Aufgabenstellung, nämlich die Spannringbefestigung bei Luftfedern mit unterschiedlichem Durchmesser unter geringerem logistischem und konstruktivem Aufwand zu ermöglichen, wobei die Beschränkung auf eine begrenzte Durchmesseranzahl vermieden ist, ist erkennbar nicht die Folge einer mangelnden Funktionalität der Spannringe, sondern bezweckt die Überwindung der bisher als unvermeidlich betrachteten Beschränkungen bei der Fertigung der Ringe.

3.3. Mit dem zur Rollbalgbefestigung dienenden Spannring nach dem Patentanspruch wurde somit die herkömmliche, funktionell befriedigende Konstruktion verlassen und eine andere, bei der Herstellung von Ringen aus Draht (D3) bzw. aus Bandstahl (D2, D5) schon lange vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung bekannte Herstellungstechnologie gewählt. Es findet sich jedoch im Stand der Technik kein Hinweis, einen nach diesen bekannten Herstellungsverfahren gefertigten Ring für einen durch radial plastische Verformung auf seine Verspannstelle aufzupressenden Spannring zu verwenden. Beim Stand der Technik konnte demnach ein nach den genannten Herstellungsverbesserungen speziell für den beanspruchten Einsatz strebender Fachmann keinen unmittelbaren Hinweis in Richtung der im Anspruch aufgeführte Spannringausbildung finden.

Um zur beanspruchten Lehre zu gelangen, bedurfte es vielmehr der Abwendung von der üblichen, von einem Rohr ausgehenden Ringkonstruktion (mit einer über den ganzen Umfang gleichmäßigen Gefügestruktur) und der Hinwendung zu einer anderen Ringkonstruktion, bei der die Anbringung einer Schweißnaht zwischen den kreisförmig gebogenen Flachstahlenden die Überwindung einer gedanklichen Barriere erforderte. Wie die Beschwerdeführerin glaubhaft dargelegt hat, unterliegen die in Luftfedern verwendeten Spannringe einer im Sinne einer konischen Aufweitung der Spannringe wirkenden Belastung, durch die die Schweißnaht an einem Randbereich in ungünstiger Weise auf Zug beansprucht wird. Dies hat nach Auffassung der Kammer bei einem Fachmann, der jahrzehntelang die unbeanstandete Haltbarkeit der bekannten Spannringe wahrgenommen hat, durchaus die Befürchtung erwecken können, ein zusammengeschweißter Ring wäre den Anforderungen eines Spannringes für Luftfedern nicht gewachsen.

Die Verwendung der in an sich bekannter Weise (z. B. nach der D2 oder der D5) hergestellten Ringe als Ausgangsprodukt für radial plastisch zu verformende Spannringe von Luftfedern ist demnach nicht als naheliegend anzusehen.

3.4. Die Kammer kommt aus den vorstehenden Gründen zu dem Ergebnis, daß der Stand der Technik dem Gegenstand des Patentanspruchs im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit nicht patenthindernd entgegensteht und daß auch das Fachwissen die beanspruchte Lösung nicht nahezulegen vermochte, so daß dessen Gegenstand patentfähig ist. Der ursprüngliche und einzige Patentanspruch kann deshalb mit der in der Entscheidungsformel angegebenen Berichtigung zusammen mit den weiteren ursprünglichen Unterlagen als Grundlage für die Patenterteilung dienen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit den ursprünglichen Unterlagen unter Berichtigung des Wortes "stumpfgeweißt" im Anspruch in "stumpfgeschweißt" zu erteilen.

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