T 1036/99 () of 18.4.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T103699.20020418
Datum der Entscheidung: 18 April 2002
Aktenzeichen: T 1036/99
Anmeldenummer: 93117262.1
IPC-Klasse: H01R 13/514
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 35 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kabelstecker für vieladrige Kabel
Name des Anmelders: Tyco Electronics Logistics AG
Name des Einsprechenden: Grote & Hartmann GmbH & Co. KG
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag verneint; Hilfsantrag bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die das europäische Patent Nr. 595 234 mangels Neuheit seines Gegenstandes gegenüber DE-U-9 100 441 (im folgenden E1) widerrufen hat.

II. Der Patentinhaber hat zusammen mit der Beschwerdebegründung geänderte Patentansprüche als Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht.

III. Der Beschwerdegegner (Einsprechende) hat mit Schriftsatz vom 23. Mai 2000 drei verschiedene Auszüge aus Steckverbinderkatalogen als Anlagen 1 bis 3 eingereicht und zu den verschiedenen Anträgen Stellung genommen. Die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes der Hilfsanträge 2 und 3 wurde in diesem Schriftsatz damit begründet, daß sich der Gegenstand in naheliegender Weise aus der E1 und den Anlagen 1 bis 3 ergebe.

IV. Der Beschwerdeführer hat den Vorveröffentlichungscharakter der Anlagen 1 bis 3 bestritten und zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 18. April 2002 den vormaligen Hauptantrag sowie den Hilfsantrag 1 zurückgenommen und die Hilfsanträge 2 und 3 mit redaktionellen Änderungen zum neuen Haupt- bzw. Hilfsantrag gemacht.

V. Patentanspruch 1 des Hauptantrags hat nun folgenden Wortlaut:

"Kabelstecker (1) für vieladrige Kabel (4), mit einem Stekkergehäuse (2) und einem mehrteiligen, in das Steckergehäuse (2) eingesetzten Modulstecker (5), der aus einzelnen zu einem Kontaktblock (59) gestapelten und dabei unmittelbar aufeinanderliegenden und gegenseitig in Steckrichtung aneinander arretierten plattenförmigen Kontaktträgern (51a bis 51e) aus Isoliermaterial besteht, die jeweils auf der gleichen Außenfläche (Vorderseite 52) mit offenen, in Steckrichtung zueinander parallel verlaufenden, durch parallele Trennwände (55) gebildeten Kanälen (53) für die IDC-(Insulation Displacement Connection)Kontakte zum Anschluß der einzelnen Kabeladern (6) versehen sind,

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

a) das Steckergehäuse ist leitend ausgebildet,

b) die plattenförmigen Kontaktträger (51a bis 51e) sind an der Vorderseite (52) mit zu den offenen Kanälen (53) fluchtenden, geschlossenen und zur Steckseite hin verlaufenden Kanälen für zur Kontaktgabe mit einem Gegenkontaktelement bestimmte Steck-Kontaktabschnitte der IDC-Kontakte versehen,

c) die Kontaktträger (51a bis 51e) sind so aufeinander gestapelt, daß sich zwischen der Kontaktreihe (58) an der Vorderseite (52) eines Kontaktträgers (z.B. 51a) und der Kontaktreihe (58) an der Vorderseite (52) eines benachbarten Kontaktträgers (z.B. 51b) jeweils eine durchgehende, als isolierende Trennwand wirkende Kontaktträger-Außenfläche (Rückseite 57) ohne Kontaktreihe befindet.

d) an der offenen Vorderseite (52) des letzten Kontaktträgers (52e) zur Abdeckung seiner offenen Kanäle (53) ein plattenförmiges Isolierteil (63b) vorgesehen ist."

Die Patentansprüche 2 bis 13 laut Hauptantrag sind von Patentanspruch 1 abhängig.

VI. Der Patentanspruch 1 laut Hilfsantrag hat bis zum Ende des Merkmals c) identischen Wortlaut wie der Patentanspruch 1 des Hauptantrags und lautet weiter:

"c) ... befindet,

d) an der offenen Vorderseite (52) des letzten Kontaktträgers (52e) ist zur Abdeckung seiner offenen Kanäle (53) ein plattenförmiges Isolierteil (63b) vorgesehen,

e) das plattenförmige Isolierteil (63b) weist an zwei zueinander parallelen, in Steckrichtung verlaufenden Längskanten Seitenstege (67) auf und ist damit mit den Seitenwänden (64) eines weiteren, im Querschnitt etwa U-förmigen Isolierteiles (63a) verrastbar und zu dem Kontaktblockbehälter (63) zusammenfügbar, der die Kontaktträger (51a-51e) in zu dem Kontaktblock (59) gestapeltem Zustand zusammenhält. [sic!]

f) die Isolierteile (63a, 63b) im Bereich ihres steckseitigen Endes mit Polarisierungs- und Codierungsmitteln (69, 70, 72) versehen sind." [sic!]

Die Patentansprüche 2 bis 10 laut Hilfsantrag sind von Patentanspruch 1 abhängig.

VII. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang mit den Ansprüchen 1 bis 13 laut Hauptantrag, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2002; hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 10 laut Hilfsantrag, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2002, und mit folgender Beschreibung:

Spalten 1 bis 4, wie eingereicht mit Brief vom 18. März 2002;

Einfügung in Spalte 2, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2002; und

Spalten 5 bis 8 und Figuren wie erteilt.

VIII. Der Beschwerdegegner (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IX. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Der Kabelstecker des angegriffenen Patents stelle eine Kombination dar, die zwar teilweise auf bekannte Elemente zurückgreife, aber insgesamt ein in sich geschlossenes Konzept verwirkliche, das einen vereinfachten Aufbau und eine verbesserte Reparaturzugänglichkeit bei einem Steckverbinder zum Anschluß eines geschirmten vieladrigen Kabels ermögliche. Dies werde dadurch erreicht, daß nur auf der Vorderseite der plattenförmigen Kontaktträger offene Kanäle für die Kontaktgabe vorhanden seien, während die jeweilige Rückseite eine durchgehende isolierende Trennwand zum nächsten Kontaktträger bilde. In der Beschreibung sei deutlich offenbart, daß die dazwischenliegende kontaktfreie Rückseite der Kontaktträger eine elektrisch zuverlässige Trennung bewirke und daß somit keine zusätzlichen isolierenden Zwischenlagen erforderlich seien (vgl. die entsprechenden Stellen der Patentschrift, Spalte 3, Zeilen 6 bis 13; Spalte 6, Zeilen 7 bis 10). Durch die einseitige Anordnung offener Kanäle sei die Vorderseite der Kontaktträger für das Eindrücken von IDC-Kontakten gut zugänglich. Die Kontakte seien in einfacher Weise sicher gegeneinander und gegenüber dem metallenen Gehäuse isoliert. Die Kontaktträger seien leicht zu einem Kontaktblock stapelbar. Defekte Kontakte seien gut zugänglich, da sich der gestapelte Kontaktblock leicht auffächern lasse.

Der Stand der Technik habe keine Anregung für eine solche Kombination gegeben. E1 zeige zwar einen ähnlichen Aufbau der Kontaktträger, löse aber eine ganz andere Aufgabe, nämlich eine Sekundärverriegelung für die im Steckgehäuse angeordneten, verrasteten Steckkontaktelemente zu schaffen. Weder die Art der Steckkontaktelemente noch die Isolation der Kontaktträger sei in E1 offenbart. Eine durchgehende, als isolierende Trennwand wirkende Rückseite sei in E1 zumindest nicht zwingend erforderlich. Es gebe sogar Hinweise in E1, daß die jeweiligen Kontaktträger nicht mit einer durchgehenden Trennwand ausgestattet seien. So wiesen die Abstützplatten (44) darauf hin, daß definierte Auflageflächen vorhanden seien. Da die Leiste (10) die Kontakte verriegelnd hintergreife, werde durch die Verengung des Querschnitts formschlüssig ein Herausziehen der Kontakte verhindert. Auch hierfür sei keine durchgehende Bodenfläche erforderlich. E1 lehre auf jeden Fall keine Isolierung der Kontaktträger durch eine durchgehende Rückseite. Die Kontaktträger seien auch nicht in einfacher Weise gestapelt und auffächerbar, sondern durch Verrastungsstege miteinander verbunden. Auch das Umgehäuse (34) mit der Verriegelungsleiste in E1 eigne sich nicht für ein einfaches Auffächern der Kontaktträger und habe eine ganz andere Funktion. Beim Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags sei nur ein plattenförmiges Isolierteil erforderlich, um den Kontaktblock sicher gegenüber dem leitend ausgebildeten Steckergehäuse zu isolieren (welches in E1 ebenfalls nicht vorgesehen sei). Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei somit erfinderisch, weil der Fachmann nur durch eine Auswahl von Teilmerkmalen aus mehreren Dokumenten und nach Vornahme weiterer Änderungen zu dieser Kombination gelangen könne.

Für den Gegenstand des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag gebe es im Stand der Technik keinerlei Vorbild. Zusätzlich zu den schon genannten Funktionen weise der Kontaktblock des Kabelsteckers eine vorteilhafte Ausbildung eines leicht lösbaren, aus zwei verrastbaren Isolierteilen bestehenden Kontaktblockbehälters auf, die eine leichtere Zugänglichkeit im Reparaturfall ermöglichten. Gleichzeitig werde mit der Integration der Codierungsmittel im Bereich des steckseitigen Endes der Isolierteile auf einfache Weise eine vertauschsichere Ausführung des Kabelsteckers erreicht. Die vom Beschwerdegegner angeführte US-A-4 550 960 weise solche Isolierteile mit Codierungsmitteln nicht auf, sondern Kontaktträger mit Flanschen. US-A-4 550 960 sei zwar in der Beschreibungseinleitung der vorliegenden Patentschrift genannt. Das rechtfertige aber nach gängiger Rechtsprechung nicht, daß das Dokument am Ende der mündlichen Verhandlung erstmals in das Beschwerdeverfahren eingeführt werde, da es auch nicht relevant sei.

X. Der Beschwerdegegner (Einsprechende) hat sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung nicht mehr auf die Anlagen 1 bis 3 als Beweismittel gestützt und im wesentlichen wie folgt argumentiert:

Das Streitpatent (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 15 bis 35) gehe von einem Kabelstecker mit leitendem Gehäuse aus, in das ein Modulstecker eingesetzt sei. Der Modulstecker bestehe aus zwei in Kunststoffhalbschalen aufnehmbaren Kontaktträgern, wobei die Kontakte für den Anschluß der Kabeladern jeweils Rücken an Rücken in einem zweireihigen Kontaktträger eingesetzt seien. Zwischen den Kontaktträgern sei jeweils ein Isolierstreifen zur Trennung und Kontaktsicherung eingelegt.

Der Fachmann, der den Kabelstecker und den Modulstecker vereinfachen möchte, erkenne in E1 (Figur 1) plattenförmige Kontaktträger, die nur einseitig mit Kontakten versehen seien. Die durch parallele Trennwände gebildeten Kanäle seien an der Vorderseite offen, und zur Steckseite hin verlaufende Kanäle seien geschlossen und verliefen fluchtend zu den offenen Kanälen. Schon die in E1 (z. B. Seite 2, letzter Absatz) verwendete Bezeichnung "Gehäusekammern" weise darauf hin, daß die Kanäle an der in der Zeichnung nicht sichtbaren, unteren Seite eine geschlossene Fläche bilden müßten. E1 (Seite 4, Absatz 2 bis Seite 5, Absatz 1) beschreibe im Bereich einer einstückig mit dem Kontaktträger ausgebildeten Leiste (10) auch eine "Fläche" (6), die auf den Abstützplatten (44) aufliege. Im Bereich der Kontakte sei die Fläche daher ebenfalls durchgehend und als isolierende Trennwand ausgebildet. Das angegriffene Patent offenbare nichts anderes, da ebenfalls nirgends explizit eine durchgehende Trennwand beschrieben sei. Es sei daher nicht gerechtfertigt, das in der Prüfungsphase hinzugefügte Merkmal anders auszulegen. E1 offenbare weiter ein plattenförmiges Isolierteil zur Abdeckung des letzten Kontaktträgers als Teil des Umgehäuses (34). Die in E1 offenbarten Kontaktträger eigneten sich wegen der offenen Kanäle ebenfalls für die Verwendung von IDC-Kontakten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei daher nicht erfinderisch.

Bezüglich des Hilfsantrags wurde ausgeführt, daß E1 zwar ein einteiliges isolierendes Umgehäuse offenbare, daß eine zweiteilige Ausführung jedoch selbstverständlich möglich sei (vgl. Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 15 bis 35). Dasselbe gelte für die Anordnung von Codierungsmitteln. Das im Streitpatent zitierte Dokument US-A-4 550 960 (Figuren 2 und 4) offenbare ebenfalls ein zweiteiliges Gehäuse (76, 78) und eine Codierung in Form von Flanschen (64, 60). Die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag stellten daher nur platte Selbstverständlichkeiten dar und machten den beanspruchten Gegenstand nicht erfinderisch. Wenn es hierfür eines Beweismittels bedürfe, müsse es dem Einsprechenden und Beschwerdegegner möglich sein, ein neues Dokument (US-A-4 550 960) in das Verfahren einzuführen, da die Patentansprüche im Verfahren vor der Beschwerdekammer geändert worden seien.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Patentanspruch 1 des Hauptantrags ergibt sich aus einer Kombination der Ansprüche 1 und 4 in der erteilten Fassung mit einem zusätzlichen Merkmal ("das Steckergehäuse ist leitend ausgebildet"), welches z. B. in Spalte 3, Zeilen 27 bis 31, sowie in Spalte 4, Zeilen 19 bis 24, der Patentschrift sowie in den entsprechenden Stellen der Anmeldung und in Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart ist.

2.2. Patentanspruch 1 des Hilfsantrag weist zusätzlich die Merkmale der Ansprüche 5 und 6 in der erteilten Fassung und redaktionelle Änderungen auf.

2.3. Das Merkmal des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag und Hilfsantrag), daß sich zwischen den Kontaktreihen an den Vorderseiten benachbarter Kontaktträger jeweils eine "durchgehende, als isolierende Trennwand wirkende" Kontaktträger-Außenfläche (Rückseite 57) ohne Kontaktreihe befindet, ist neben anderen Änderungen im Erteilungsverfahren hinzugekommen. Die Begriffe "Trennwand" und "durchgehend" sind in der Beschreibung im Zusammenhang mit der Außenfläche (Rückwand 57) nicht explizit offenbart. Aus der Patentschrift (Spalte 3, Zeilen 6 bis 13; Spalte 6, Zeilen 7 bis 10 und 34 bis 41) sowie gleichlautenden Stellen der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung geht hervor, daß die offenen Seiten der IDC-Kontakte durch die dazwischenliegende kontaktfreie Rückseite der Kontaktträger elektrisch zuverlässig getrennt sind, daß sie sich nicht ungesichert gegenüberliegen, sondern gegeneinander gesichert sind, so daß keine zusätzlichen isolierenden Zwischenlagen zwischen den einzelnen Kontaktträgern erforderlich sind. Die strittigen Begriffe "durchgehend" und "isolierende Trennwand" sind also im Kontext des Merkmals c) des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag und Hilfsantrag) so zu verstehen, daß die Kontaktträger an der kontaktfreien Rückseite eine Außenfläche aufweisen, die eine durchgehende elektrische Isolierung (durch Trennung der an der jeweiligen Vorderseite benachbarter Kontaktträger angeordneten Kontakte) bewirkt. Die Offenbarung der Patentschrift und der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung lassen offen, wie die Rückseite konstruktiv ausgeführt ist, z. B. ob an für die elektrische Isolierung unwichtigen Stellen Ausnehmungen vorhanden sind. Der Einsprechende und Beschwerdegegner hat im übrigen nicht den Einspruchsgrund unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ) vorgebracht.

2.4. Die abhängigen Patentansprüche und die Beschreibung (Hauptantrag und des Hilfsantrag) sind an Patentanspruch 1 angepaßt worden, und die Angabe des Standes der Technik ist in der Beschreibung ergänzt worden. Die vorgenommenen Änderungen verstoßen somit nicht gegen Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ.

3. Die Neuheit des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 in der Fassung des vorliegenden Haupt- und Hilfsantrags ist vom Beschwerdegegner nicht bestritten worden. Da E1 zumindest keinen Kabelstecker mit einem leitenden Steckergehäuse offenbart, ist die Neuheit anzuerkennen. Die angefochtene Entscheidung hat hierzu nicht Stellung genommen, da Merkmal a) erst im Beschwerdeverfahren in den jeweiligen Patentanspruch 1 aufgenommen worden ist.

4. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

4.1. Als Ausgangspunkt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 kann ein Kabelstecker mit leitendem Steckergehäuse angesehen werden, in das ein Modulstecker aus zwei in Kunststoffhalbschalen aufnehmbaren, zweireihigen Kontaktträgern eingesetzt wird (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 15 bis 27).

4.2. Bei einem derartigen Aufbau des Modulsteckers muß jeder Kontaktträger bei der Verarbeitung, d. h. beim Anschluß der Kabeladern an die jeweilige Kontaktreihe, gewendet werden. Außerdem sind bei einem Modulstecker mit einer ungeraden Anzahl von Kontaktreihen ein- und zweireihige Kontaktträger erforderlich. Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, den Aufbau eines solchen Kabelsteckers und den Aufbau des Modulsteckers zu vereinfachen (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 27 bis 35 und Spalte 2, Zeilen 4 bis 6).

4.3. E1 (Figuren 1 bis 3) offenbart einen Kontaktblock mit einer beliebigen Anzahl gleichartiger, aus Kunststoff gespritzter, plattenförmiger Kontaktträger (2, 8), die durch Aufeinanderschnappen bzw. Aneinanderklipsen gestapelt werden (E1, Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, Absatz 3; Anspruch 1). Die Kontaktträger weisen jeweils auf der gleichen Außenfläche (die in den Figuren 1 und 2 von E1 sichtbare obere Seite) offene Kanäle (Gehäusekammern 18) und zur Steckrichtung (Kontaktbereich 22) hin geschlossene Kanäle für Kontakte zum Anschluß von Kabeladern auf (E1, Ansprüche 7 und 9). Wegen der offenen Kanäle sind die Kontaktträger auch für die Bestückung mit IDC-Kontakten geeignet. Weiter weisen die Kontaktträger eine Außenfläche (6) auf, die in den Figuren 1 bis 3 nicht sichtbar ist und im Bereich der Verriegelungskanten der Steckkontaktelemente (4) eine einstückig angeformte Leiste (10) für eine Zusatzverriegelung und eine Auflagefläche für Abstützplatten (44) aufweist (E1, Seite 4, Absatz 2 bis Seite 5, Absatz 1; Ansprüche 1, 4, 12 und 13). Der gestapelte Kontaktblock wird in ein U-förmiges Umgehäuse (34) geschoben, dessen obere Wand ebenfalls eine Leiste (10) für die Zusatzverriegelung des obersten Kontaktträgers aufweist (E1, Figur 3; Ansprüche 15, 16 und 20).

4.4. E1 offenbart somit alle Merkmale des Oberbegriffs und das Merkmal b) des Anspruchs 1 laut Hauptantrag, was vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten wurde. Hinsichtlich des Merkmals c) würde der Fachmann E1 entnehmen, daß zumindest im Bereich der einstückig aus Kunstoff gespritzten Leiste (10), welche die Verriegelungskanten der Steckkontaktelemente hintergreift, eine isolierende und die benachbarten Kontaktträger teilweise trennende Fläche vorhanden sein mu . E1 offenbart aber nicht eindeutig, daß allein durch eine Außenfläche der Kontaktträger eine durchgehende elektrische Isolierung der an der jeweiligen Vorderseite benachbarter Kontaktträger angeordneten Kontakte bewirkt würde. Es könnten z. B. auch zusätzliche, isolierende Zwischenlagen verwendet werden. Allerdings würde der Fachmann bei einem aus Kunststoff gespritzten Kontaktträger dieser Art eine durchgehende Bodenfläche der "Gehäusekammern (18)" in Betracht ziehen, weil ohnehin eine Auflagefläche für die Abstützplatten notwendig ist und weil er damit nicht nur mechanisch stabilere Kontaktträger, sondern auch eine durchgehende elektrische Isolation erreichen würde.

4.5. Der Fachmann, der von einem Steckergehäuse mit zweireihigen Kontaktträgern ausgeht und eine Vereinfachung des Aufbaus anstrebt (siehe Punkte 4.1 und 4.2. oben), würde in E1 erkennen, daß gleichartige einreihige Kontaktträger die genannten Nachteile (Wenden beim Anschluß der Kabeladern, keine ungerade Anzahl Kontaktträger) nicht aufweisen und daß sie sich durch geeignete Ausbildung der Bodenfläche einfach gegeneinander isolieren lassen. Auch wenn E1 (Seite 3, Absatz 3) eine Lösung einer ganz anderen Aufgabe (Zusatzverriegelung) offenbart, sind diese Vorteile gegenüber zweireihigen Kontaktträgern für den Fachmann offensichtlich und unabhängig von der in E1 vorgeschlagenen Zusatzverriegelung. Somit war es für den Fachmann naheliegend, einen Kontaktblock mit einreihigen Kontaktträgern und isolierender Trennwand in einem leitenden Steckergehäuse einzusetzen. Wegen des leitenden Gehäuses ist bei einem solchen Kabelstecker eine Isolation zur Abdeckung der offenen Kanäle des letzten (obersten) Kontaktträgers des Kontaktblocks zwingend erforderlich. Der Fachmann würde hierfür in Abhängigkeit der konstruktiven Ausgestaltung der Kontakte und Kanäle eine Auswahl aus allgemein bekannten Mitteln treffen und z. B. plattenförmige Isolierteile gemäß Merkmal d) des Anspruchs 1 einsetzen, da der Kontaktblock durch das leitende Steckergehäuse zusammengehalten werden kann und nicht notwendigerweise ein isolierendes Gehäuse aus zwei Halbschalen (siehe Punkt 4.1 oben) braucht, welches den Kontaktblock in dem gestapelten Zustand zusammenhält. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags ergibt sich daher für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und kann nicht als erfinderisch gelten (Artikel 56 EPÜ). Der Hauptantrag des Beschwerdeführers ist nicht gewährbar.

5. Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag)

5.1. Patentanspruch 1 des Hilfsantrags weist die zusätzlichen Merkmale e) und f) auf, die im wesentlichen das plattenförmige Isolierteil (63b) als Teil eines mit einem U-förmigen Isolierteil (63a) verrastbaren Kontaktblockbehälters festlegen, wobei die Isolierteile mit Polarisierungs- und Codierungsmitteln versehen sind (siehe Figuren 4 und 5 der Patentschrift).

5.2. Der Fachmann würde, insbesondere dann, wenn er eine Zusatzverriegelung wie in E1 ausführen möchte, auch einen isolierenden Kontaktblockbehälter ähnlich dem U-förmigen Umgehäuse in E1 (Figur 3; Ansprüche 15 bis 20) in Erwägung ziehen. Aber die Ausführung des Kontaktbehälters in E1, bei der die Leiste gleichzeitig zur Führung des Kontaktträgerstapels beim Einschieben dient (E1, Seite 6, Absatz 1), gibt keine Anregung für eine Ausgestaltung des Kontaktbehälters in der Kombination, die durch die Merkmale d), e) und f) nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags festgelegt ist. Selbst wenn der Fachmann ein in E1 nicht offenbartes plattenförmiges Isolierteil zum Verrasten mit dem U-förmigen Umgehäuse hinzufügte, würde er, abgesehen von den Polarisierungs- und Codierungsmitteln sowie den Seitenstegen für die Verrastung, auch nicht zur Anordnung nach Merkmal d) ("plattenförmiges Isolierteil", "zur Abdeckung der offenen Kanäle") gelangen, da bei der Form des Umgehäuses, die E1 lehrt, eine zusätzliche Isolierplatte seitlich angeordnet würde.

5.3. Es ist nicht bestritten, daß eine Anordnung von Polarisierungs- und Codierungsmitteln an sich eine allgemein bekannte Maßnahme bei Kabelsteckern darstellt. So zeigt auch US-A-4 550 960 (Figuren 1, 2 und 4), daß Flansche (64) an zweireihigen Kontaktträgern diese Funktion erfüllen können. Abgesehen von den unterschiedlichen Kontaktträgern weisen diese Stecker gar keinen zweiteiligen verrastbaren Kontaktblockbehälter auf, an welchem Polarisierungs- und Codierungsmittel angebracht werden könnten, sondern es werden Platten (72) zur Isolierung gegenüber einem leitenden Gehäuse (76, 78) verwendet.

5.4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags kombiniert somit auf einfache Weise isolierte, gestapelte Kontaktträger in einem spezifisch ausgebildeten Kontaktblockbehälter eines Kabelsteckers mit leitendem Steckergehäuse für vieladrige Kabel. Diese Maßnahmen tragen insgesamt zur Vereinfachung des Kabelsteckers bei, indem sie einen modulartigen Zusammenbau und einen einfachen, lösbaren Zusammenhalt im gestapelten Zustand erlauben. Dadurch ist ein einfacher Zugang zu den Kontaktträgern im Reparaturfall und gleichzeitig ein verdreh- und vertauschsicherer Steckeranschluß durch Maßnahmen an einfachen Isolierteilen ermöglicht. Polarisierungs- und Codierungsmaßnahmen brauchen somit nicht an einer Mehrzahl von Kontaktträgern (vgl.US-A-4 550 960) oder an dem (metallischen) leitenden Steckergehäuse vorgenommen werden. Eine Kombination dieser Merkmale ist im nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags gilt somit als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (Artikel 56 EPÜ). Dasselbe gilt auch für die Gegenstände der Patentansprüche 2 bis 10, die als abhängige Ansprüche ebenfalls alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweisen.

5.5. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß unter Berücksichtigung der Änderungen laut Hilfsantrag das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen (Artikel 102 (3) EPÜ).

6. Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte die Kammer darauf hinweisen, daß die offensichtlichen redaktionellen Fehler des Anspruchs 1 des Hilfsantrags am Ende des Merkmals e) (Punkt statt Komma) und in Merkmal f) (Satzstellung des Hilfszeitworts "sind") auf Antrag im Rahmen der Regel 88 EPÜ berichtigt werden können.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent zu erteilen mit den Ansprüchen 1 bis 10 laut Hilfsantrag eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002, und mit der folgenden Beschreibung:

Spalten 1 bis 4, wie eingereicht mit Brief vom 18. März 2002;

Einfügung in Spalte 2, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002; und

Spalten 5 bis 8 und Figuren wie erteilt.

Quick Navigation