T 0985/99 () of 8.5.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T098599.20020508
Datum der Entscheidung: 08 Mai 2002
Aktenzeichen: T 0985/99
Anmeldenummer: 94106730.8
IPC-Klasse: G01B 9/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Absolutinterferometrisches Messverfahren mit einer Laserinterferometeranordnung
Name des Anmelders: Dr. Johannes Heidenhain GmbH, et al
Name des Einsprechenden: Leica Geosystems AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 623 802 (Anmeldenummer 94 106 730.8) Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100(a) EPÜ i.V.m. 52(1), 54(1) und 56 EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem im Einspruch genannten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Sie hat die folgenden Dokumente berücksichtigt:

D1: EP-B-0 314 709

D2: "Distance measurements with multiple wavelength techniques", R. Dändliker, High Precision Navigation 91, Proceedings of the 2nd International Workshop on High Precision Navigation (Stuttgart & Freudenstadt, November 1991), Herausgeber: K. Linkwitz und U. Hangleiter, Ferdinand Dümmlers Verlag, Bonn, 1992, Seiten 159 bis 170

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdebegründung noch folgende Dokumente genannt, die im Folgenden mit D3 bis D6 bezeichnet werden:

D3: "Distance measurement by the wavelength shift of laser diode light", Hisao Kikuta et al., Applied Optics, Bd. 25, Nr. 17, 1. September 1986, Seiten 2976 bis 2980

D4: US-A-4 830 486

D5: DE-A-3 404 963 (als PS in der Beschreibung des Streitpatents erwähnt und so vom Beschwerdeführer zitiert)

D6: DE-A-4 333 423 (nachveröffentlicht)

II. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Argumente des Beschwerdeführers lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Auswertebeziehung ist aus D1 und D2 im Zusammenhang mit Heterodyn-Systemen bekannt. Sie wird darüber hinaus in dem in D3 beschriebenen Verfahren zur Abstandsmessung mit Hilfe eines durchstimmbaren Diodenlasers und eines konventionellen Michelson-Interferometers verwendet. Aus der in D3 angegebenen Auswerteformel (1) ergibt sich, dass der zu messende Abstand L über eine Messung der Phasendifferenz der Interferenzsignale bestimmt werden kann, wenn die Wellenlängen bekannt sind ("Therefore, if Lambda and Delta Lambda are known, we can obtain L by measuring the difference between the phase differences"). Dabei ist es auch selbstverständlich, dass die Auswertung einer durch Parameter definierten Formel umso genauer ist, je genauer die Parameter, hier die Grenzwellenlängen und die Phasendifferenzen, bekannt sind. Die zu lösende Aufgabe bezieht sich daher auf eine Bestimmung der Grenzwellenlängen. Es war für den Fachmann naheliegend, hierzu ein Regelinterferometer zu verwenden, wie es in D5 für den genannten Zweck beschrieben ist. Auch wenn in D3 ein Heterodynverfahren zur Phasenmessung verwendet wird, so schließt das in Hinblick auf die allgemeine Darstellung des Messverfahrens andere Verfahren zur Phasenmessung nicht aus. Ebenso schließt die in D3 verwendete sinusförmige Variation des Anregungsstromes andere Verfahren zur diskreten Einstellung bestimmter Grenzwellenlängen nicht aus. So ist beispielsweise in D2 beschrieben, wie bei Laserdioden unterschiedliche stabile Wellenlängen erzeugt werden können. Außerdem ist in D2 angegeben, dass es wie im Streitpatent nur darauf ankommt, die Grenzwellenlängen genau zu bestimmen.

Die in Anspruch 9 des Streitpatents angegebene Auswerteformel, die auf der Verwendung des in Anspruch 8 definierten Referenzinterferometers basiert, setzt nicht die Kenntnis der Wellenlängen voraus, wie aus D6 hervorgeht. Bei dem in Anspruch 9 angegebenen Verfahren handelt es sich somit um eine Alternative zu dem in Anspruch 1 definierten Verfahren. Es ist auch unklar, ob das Referenzinterferometer das Regelinterferometer ersetzen oder zusätzlich zu diesem vorhanden sein soll. Soweit es sich in den Ansprüchen 8 und 9 um zum Anspruch 1 alternative Verfahren handelt, sind diese aus D4 bekannt.

III. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent unverändert aufrecht zu erhalten. Der Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:

1. Verfahren zur absolut-interferometrischen Abstandsmessung mit

- einem wenigstens in einem Wellenlängenbereich modensprungfrei durchstimmbaren Laser (2),

- einem Meßinterferometer (4), welches mit einem Laserstrahl beaufschlagt wird und mindestens einen Interferometerarm (5) aufweist, der als variable Meßstrecke ausgelegt ist sowie

- ein Regelinterferometer (13) oder eine aus mindestens zwei Regelinterferometern gebildete Interferometer-Kaskade mit einer festen Regelstrecke (14), welches zur Erzeugung von Interferenzsignalen als Regelgrößen für die Einstellung einer oder mehrerer definierten Wellenlängen Lambda(1), Lambda(2) des Lasers (2) dient,

wobei besagtes Verfahren folgende Schritte aufweist:

a) Regelung der Laserwellenlänge auf einen konstanten ersten Wellenlängenwert Lambda(1) mit Hilfe des Regelinterferometers (13), wobei sich an den ersten Wellenlängenwert Lambda(1) ein modensprungfreier Durchstimm-Bereich des Lasers (2) anschließt,

b) Abschalten des Regelinterferometers (13),

c) kontinuierliches Durchstimmen der Laserwellenlänge bis zu einem zweiten Wellenlängenwert Lambda(2) innerhalb des modensprungfreien Durchstimm-Bereiches, wobei gleichzeitig im Meßinterferometer (4) und im Regelinterferometer (13) jeweils mindestens ein Interferenzsignal gebildet wird,

d) Wieder-Einschalten des Regelinterferometers (13) und Einregelung der Laser-Wellenlänge auf den zweiten Wellenlängenwert Lambda(2),

e) wobei während des Durchstimmens der Laserwellenlänge die (jeweilige) integrale Phasenänderung Dalta Phi des (der) Interferenzsignal(s)e des Meßinterferometers (4) kontinuierlich detektiert und die Länge L(abs) der Meßstrecke nach der Formel

FORMEL

bestimmt wird.

Die Argumente des Beschwerdegegners lassen sich wie folgt zusammenfassen:

In D3 wird zur Umsetzung des auf der Auswertebeziehung (1) beruhenden Messprinzips ein technisch aufwendiges Heterodynverfahren verwendet. Dieses Vorgehen unterscheidet sich grundsätzlich von der vorliegenden Erfindung. D3 ist daher nicht geeignet, den Fachmann in Richtung der beanspruchten Erfindung zu lenken. Insbesondere ist es weder D3 noch den übrigen Dokumenten zu entnehmen, dass es auf eine präzise Kenntnis der Grenzwellenlängen ankommt. Wegen des vollkommen anderen Vorgehens ergibt sich aus D3 auch nicht, für die Bestimmung der Grenzwellenlängen ein Regelinterferometer zu verwenden, wie es aus D5 bekannt ist. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit und erfüllt alle Erteilungsvoraussetzungen. Dies trifft auch auf die abhängigen Ansprüche zu, insbesondere die Ansprüche 8 und 9. Die zu diesen Ansprüchen genannten Dokumente D4 und D6 stellen die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage. Insbesondere irrelevant ist das nachveröffentlichte Dokument D6.

IV. Mit der Ladung zu der vom Beschwerdegegner hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung hatte die Beschwerdekammer unter Berücksichtigung des oben wiedergegebenen Sachvortrags der Parteien folgende nicht bindende Stellungnahme übermittelt:

Verfahren zur absolut-interferometrischen Abstandsmessung auf der Basis der im Anspruch 1 angegebenen Auswertebeziehung sind prinzipiell bekannt, siehe insbesondere D1 (Seite 6, Zeilen 9 bis 16), D2 (Seite 164, Gleichung (6)) und D3 (Seite 2977, Gleichung (1)). Dabei betreffen nur D2 und D3 die Möglichkeit, wie im Anspruch 1 des Streitpatents einen Wellenlängenbereich kontinuierlich durchzustimmen.

In D2, siehe Seite 164, letzter Absatz, die ersten beiden Sätze, ist hierzu angegeben, dass bei Aufnehmen der Phase Phi während der Wellenlängenabstimmung die 2Pi-Zyklen gezählt werden können und somit der Absolutwert der Gesamtphasendifferenz bekannt ist. Das erlaubt dann eine absolute Bestimmung des Abstands L. In der praktischen Ausführung verwendet D2 (siehe Figur 4 auf Seite 165) eine Superheterodyntechnik mit zwei Wellenlängen von denen eine abstimmbar ist, und zwei Michelson-Interferometer, von denen eines eine geeichte Armlänge L(cal) aufweist.

In D3, siehe Seite 2977, linke Spalte, ersten Absatz, ist in Bezug auf die angegebene Gleichung 1 ausgesagt, dass, wenn Lambda und Delta Lambda bekannt sind, L durch Messen der Differenz zwischen den Phasendifferenzen erhalten werden kann. In der praktischen Ausführung (siehe Figur 2 auf Seite 2977) wird die Wellenlänge sinusförmig in einem modensprungfreien Bereich moduliert und die Phasendifferenz mit einer Heterodyntechnik gemessen.

D5 (siehe Ansprüche 1 bis 4 in Verbindung mit Figuren 1 bis 4) offenbart eine Vorrichtung und damit auch ein Verfahren zur absolut-interferometrischen Abstandsmessung mit einem Halbleiterlaser, dessen Strahl in ein Messinterferometer geleitet wird, das einen Interferometerarm aufweist, der als variable Messstrecke ausgelegt ist. Der Strahl wird gleichzeitig einem Regelinterferometer zugeführt, das zur Erzeugung von Interferenzsignalen als Regelgrößen für die Einstellung einer definierten Wellenlänge des Lasers dient.

Es wäre zu untersuchen, ob der Fachmann den Dokumenten D2 und D3 jeweils ein Verfahren entnimmt, bei dem ein Abstand absolut durch Messung der Phasendifferenz und der Wellenlängen entsprechend der im Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen Auswertebeziehung bestimmt wird, oder ob ihm die Lehre dieser Dokumente ein solches Verfahren nahelegt. Weiter wäre zu diskutieren, ob sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents von einem solchen Verfahren dadurch unterscheidet, daß die Wellenlängen mit Hilfe eines Regelinterferometers bestimmt werden. Schließlich wäre zu untersuchen, ob es für den Fachmann naheliegend war, das in D5 beschriebene Regelinterferometer bei diesem Verfahren einzusetzen und somit zu dem im Anspruch 1 des Streitpatents definierten Verfahren zu gelangen.

Was die Ansprüche 8 und 9 betrifft, so geht tatsächlich aus D6, siehe Seite 2, Zeilen 24 bis 58, hervor, dass die in den Ansprüchen 1 und 9 des Streitpatents angegebenen Auswertebeziehungen alternative Möglichkeiten darstellen, L(abs) zu bestimmen. D6 ist zwar nachveröffentlicht, kann aber zum Beweis dieser Tatsache in einem gutachterlichen Sinne herangezogen werden. In Anspruch 8 des Streitpatents ist jedoch angegeben, dass das Referenzinterferometer, das von der in Anspruch 9 genannten Auswertebeziehung vorausgesetzt wird, zusätzlich eingesetzt wird. Dies ist in Übereinstimmung mit der Beschreibung des Streitpatents, Spalte 4, Zeilen 38 bis 52, worin von einer Kombination der Referenzstreckenmethode mit dem erfindungsgemäßen Messverfahren, also dem Verfahren gemäß Anspruch 1, die Rede ist. Dabei finden neben einem Absolutinterferometer, bei dem es sich offenbar um das Messinterferometer handelt, sowohl ein Regelinterferometer als auch ein Referenzinterferometer Verwendung. Wie aus Spalte 5, Zeilen 1 bis 15, hervorgeht, können mit Hilfe des Referenzinterferometers und der entsprechenden Auswerteformel Vergleichswerte des Messabstands L(abs) ermittelt werden. Es scheint daher, dass es sich bei den Ansprüchen 8 und 9 um abhängige Ansprüche handelt, die sich auf besondere Ausführungsarten des Verfahrens nach Anspruch 1 im Sinne der Regel 29(3) EPÜ beziehen. Das zu diesen Ansprüchen genannte Dokument D4 könnte daher zunächst außer Betracht bleiben.

V. Der Beschwerdeführer hat jedoch in seinem Schreiben vom 18.03.02. erklärt, dass er an der angesetzten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Er hat im übrigen seinen Antrag auf Widerruf des Patents aufrecht erhalten. Seine Ausführungen zum Ladungsbescheid der Beschwerdekammer lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Aus der in D2 auf Seite 164 angegebenen Gleichung (6) ergibt sich durch Umformen die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Auswerteformel. Es ist ersichtlich, dass die Auswertung nur von der durchstimmbaren Wellenlänge abhängt und nicht von einer weiteren in Gleichung (5) genannten Wellenlänge. Damit hat die in Figur 4 dargestellte Messanordnung die Funktion eines von Lambda(1) auf Lambda(2) durchstimmbaren Lasers. Allerdings verwendet das Streitpatent in der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform aus messtechnischen Gründen ebenfalls eine zusätzliche Wellenlänge (Laser 3). Die in Figur 1 des Streitpatents dargestellte Ausführungsform ist somit unmittelbar vergleichbar mit der in Figur 4 von D2 gezeigten Anordnung.

Die Bildunterschrift von Figur 4 in D2 weist auf ein zusätzliches, nicht dargestelltes Michelson-Interferometer hin, mit dem der Durchstimmbereich kalibriert bzw. die Wellenlängendifferenz stabilisiert wird und das in seiner Funktion dem Regelinterferometer beim Streitpatent entspricht. Die Lehre des Streitpatents ist somit vollinhaltlich D2 zu entnehmen.

Wie aus der Beschreibung des Streitpatents, Spalte 6, Zeile 12 und Zeilen 25 bis 32 sowie Spalte 8, Zeilen 21 und 22, hervorgeht, werden mit dem Regelinterferometer keine Wellenlängen im Sinne einer Messung "bestimmt", sondern diese Wellenlängen sind durch die Geometrie des Regelinterferometers vorgegeben.

Die in Figur 4 von D2 angegebene Auswerteformel FORMEL entspricht der in Anspruch 9 des Streitpatents angegebenen. Daher stimmt auch das in Figur 4 von D2 gezeigte zusätzliche Interferometer in seiner Funktion mit dem in Anspruch 8 definierten Referenzinterferometer überein.

VI. Der Beschwerdegegner hat in seinem Schreiben vom 12.04.02. dem Vorbringen des Beschwerdeführers widersprochen und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent unverändert aufrecht zu erhalten. Er hat lediglich hilfsweise beantragt, die angesetzte mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn dem Hauptantrag im schriftlichen Verfahren nicht stattgegeben werden sollte.

In seinen Argumenten hat der Beschwerdegegner insbesondere darauf hingewiesen, dass das in Figur 4 von D2 gezeigte zusätzliche Michelson-Interferometer zur Kalibrierung eines Frequenzdurchstimmbereichs Delta Ny oder zur Stabilisierung eines Wellenlängenbereichs Delta Lambda dient und daher nicht mit dem beanspruchten Regelinterferometer vergleichbar ist, das zum Einregeln auf Grenzwellenlängen vorgesehen ist.

Die in Figur 4 von D2 dargestellte Messanordnung ist auch nicht mit der im Figur 1 des Streitpatents dargestellten Anordnung gleichzusetzen, da sie nicht das gleiche Messprinzip betrifft. Während der in Figur 1 des Streitpatents vorgesehene zweite Laser 3 lediglich optional zur Steigerung der Auflösung vorgeschlagen wird, sind beide in Figur 4 von D2 angegebenen Laser anscheinend unverzichtbar für das dort verwendete Messprinzip.

VII. Die Beschwerdekammer hat ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde entspricht den in Regel 65(1) EPÜ genannten Erfordernissen und ist daher zulässig.

2. Neuheit

2.1. Wie schon unter "Sachverhalt und Anträge" im Punkt IV unter Hinweis auf die den Parteien übermittelte Stellungnahme der Kammer ausgeführt wurde, sind Verfahren zur absolut-interferometrischen Abstandsmessung auf der Basis der im Anspruch 1 angegebenen Auswertebeziehung prinzipiell bekannt, wobei nur D2 und D3 die Möglichkeit betreffen, wie im Anspruch 1 des Streitpatents einen Wellenlängenbereich kontinuierlich durchzustimmen.

2.2. Für das im einzelnen aus D2 bekannte Verfahren zur Messung der Phase Phi und Bestimmung des Abstands L mittels Superheterodyntechnik wird ebenfalls auf Punkt IV, dritter Absatz verwiesen.

2.3. Von dem aus D2 hervorgehenden Stand der Technik unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 insbesondere dadurch, dass vor und nach dem Durchstimmen der Laserwellenlänge diese jeweils mittels eines Regelinterferometers definiert eingestellt wird (Verfahrensschritte a und d), während in D2 nur die Kenntnis des Durchstimmbereichs Delta Lambda bzw. Delta Ny verlangt wird, siehe Seite 164, letzter Absatz, vorletzter Satz und Gleichungen (6) und (7).

2.4. Bezüglich D2 hat der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 18.03.02, unter 2c) ausgeführt, aus der Bildunterschrift von Figur 4 gehe hervor, dass ein zusätzliches, nicht dargestelltes Michelson-Interferometer eingesetzt werden könne, um den Durchstimmbereich Delta Ny zu kalibrieren bzw. die Wellenlängendifferenz Delta Lambda zu stabilisieren. Dieses zusätzliche Interferometer entspreche dem Regelinterferometer des Streitpatents, dessen Lehre somit vollinhaltlich D2 zu entnehmen sei.

2.5. Hierzu ist jedoch zunächst festzustellen, dass es sich bei dem genannten zusätzlichen Michelson-Interferometer um das in Figur 4 mit "calibration" bezeichnete handelt, wie aus Seite 164, siehe letzten Absatz, vorletzten Satz, hervorgeht. Desweiteren werden mit diesem zusätzlichen Interferometer geeichter Länge nur Durchstimmbereiche Delta Ny oder Wellenlängenbereiche Delta Lambda geeicht bzw. stabilisiert, nicht aber absolute Wellenlängen eingeregelt.

2.6. Was D3 anbelangt, so ist auf Seite 2977, siehe linke Spalte, ersten Absatz, in Bezug auf die angegebene Gleichung (1) ausgesagt, dass, wenn Lambda und Delta Lambda bekannt sind, L durch Messen der Differenz zwischen den Phasendifferenzen erhalten werden kann. In der praktischen Ausführung (siehe Figur 2 auf Seite 2977) wird die Wellenlänge sinusförmig in einem modensprungfreien Bereich moduliert und die Phasendifferenz mit einer Heterodyntechnik gemessen.

2.7. Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich das Verfahren nach Anspruch 1 wiederum dadurch, dass die Wellenlängen vor und nach dem Durchstimmen eingeregelt werden. Insbesondere ist in D3 kein Regelinterferometer vorhanden, mit dem Wellenlängen eingestellt werden, siehe die Figuren 1 und 2 auf Seite 2977.

2.8. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist daher neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Ausgehend von allgemeinen auf der im Anspruch 1 angegebenen Auswerteformel beruhenden Verfahren zur absolut-interferometrischen Längenmessung mit Hilfe von durchstimmbaren Lasern, wie sie im Prinzip aus D2 oder D3 bekannt sind, liegt dem Streitpatent die objektive Aufgabe zugrunde, eine (weitere) praktische Ausführung eines solchen Verfahrens anzugeben.

3.2. Die in D2 anhand von Figur 4 auf den Seiten 164 und 165 beschriebene Ausführungsform gab dem Fachmann keinen Hinweis darauf, die Wellenlängen vor und nach dem Abstimmen auf feste Werte einzuregeln. Denn in D2, siehe Gleichungen (6) und (7) wird davon ausgegangen, dass es nur erforderlich ist, die Wellenlängendifferenz Delta Lambda bzw. die Frequenzdifferenz Delta Ny zu bestimmen, während das Produkt der Endwellenlängen Lambda(1i) und Lambda(1f) des Abstimmbereichs näherungsweise gleich Lambda(hoch 2) gesetzt wird. Die Länge L ergibt sich dann aus einer Messung der Phasendifferenzen Delta Phi und Delta Phi(cal) in dem Messinterferometer bzw. dem sogenannten zusätzlichen Michelson-Interferometers geeichter Länge L(cal). Selbst wenn man daher das zusätzliche Michelson-Interferometer mit dem im Anspruch 1. des Streitpatents definierten Regelinterferometer identifizieren würde, so würden damit jedenfalls nicht vor und nach der Phasenmessung die Wellenlängen eingeregelt.

3.3. Ähnliches gilt für D3. Die Gleichung (2) auf Seite 2977, siehe linke Spalte, auf der die praktische Anwendung des allgemeinen Messprinzips in D3 beruht, ist wiederum durch eine Näherung aus der Gleichung (1) hervorgegangen, indem das Produkt FORMEL gesetzt wurde. Die Wellenlängenänderung Delta Lambda in Gleichung (2) ist durch die bekannte Abhängigkeit vom Injektionsstrom der verwendeten Laserdiode (0.005 nm/mA oder 2.5 GHz/mA) gegeben. Bestimmt bzw. eingeregelt werden also keine Absolutwellenlängen, was auch nicht nötig ist, da nur Längenänderungen gemessen werden, siehe Figur 3 auf Seite 2978. Daher ist in D3 auch kein Regelinterferometer vorhanden und es lag auch nicht nahe, das in D5 beschriebene zu verwenden.

3.4. Da die in D2 und D3 beschrieben Messverfahren, die auf einem Durchstimmen der Wellenlänge beruhen, auf eine Benutzung der absoluten Wellenlänge verzichten, bestand für den Fachmann auch kein Anlass, das in D5, siehe die Ansprüche 1 bis 3, bei einem Laserinterferometer eingesetzte Regelinterferometer zu verwenden. Dieses bekannte Laserinterferometer verwendet nur eine Wellenlänge zur Längenmessung in einem Messinterferometer, wobei diese Wellenlänge mit Hilfe des Regel- bzw. Referenzinterferometers stabilisiert wird, siehe Seite 4 (handgeschriebene Seitenzahl), den zweiten Absatz.

3.5. Die gleichzeitige Betrachtung der lediglich zu den abhängigen Ansprüchen 8 und 9 genannten Dokumente D4 und D6 führt zu keinem anderen Ergebnis.

4. Argumente des Beschwerdeführers

4.1. Der Beschwerdeführer hat argumentiert, dass angesichts der allgemeinen Darstellung des Messverfahrens in D3 durch das dort verwendete Heterodynmessverfahren und die sinusförmige Variation des Anregungsstromes der Laserdiode andere Verfahren mit einer diskreten Einstellung bestimmter Grenzwellenlängen nicht ausgeschlossen würden. So sei in D2, Seite 163 bis 164 beschrieben, wie bei Laserdioden unterschiedliche Wellenlängen erzeugt werden könnten. Außerdem gehe aus D2 hervor, daß wie beim Streitpatent nur für die Grenzwellenlängen die genaue Wellenlängeneinstellung erforderlich sei.

4.2. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass zwar das allgemeine Messprizip, das auf der Phasenmessung während des Durchstimmens der Wellenlänge beruht, auch aus D3, siehe Seite 2977, linke Spalte, Gleichung (1), bekannt ist, dass sich daraus, wie oben gezeigt wurde, das im Anspruch 1 des Streitpatent angegebene Messverfahren noch nicht ergibt. Insbesondere erfolgt bei der in D3 beschriebenen praktischen Anwendung dieses allgemeinen Messprinzips, wie ebenfalls oben beschrieben, keine Einregelung der Grenzwellenlängen auf definierte Werte, so dass auch die Verwendung eines Regelinterferometers nicht in Betracht kam.

Was D2 anbelangt, so ist auf Seite 164 im letzten Absatz, siehe die letzten beiden Sätze, eindeutig angegeben, dass die Bestimmung des Abstands aus der gemessenen Interferenzphase mit Hilfe von Gleichung (6) die genaue Kenntnis des Durchstimmbereichs der Wellenlänge oder der Frequenz Delta Lambda bzw. Delta Ny erfordert, die in dem zusätzlichen Michelson-Interferometer geeichter Länge L(cal) bestimmt werden können, siehe Gleichung (7). Von einer Einregelung der Grenzwellenlängen auf definierte Werte Lambda(1) und Lambda(2) ist in diesem Zusammenhang keine Rede. Auf Seite 165 ist im ersten Absatz angegeben, dass gute Frequenzstabilität nur zur genauen Phasenmessung vor und nach dem Durchstimmen erforderlich ist, nicht aber während des Durchstimmens, da hier nur die 2Pi-Zyklen abgezählt werden. Dem ist nicht zu entnehmen, dass die Grenzwellenlängen auf feste (bekannte) Werte eingeregelt werden, die wie beim Streitpatent zur Abstandsmessung in die Auswerteformel für L(abs) eingehen. Solche Werte sind bei der in Figur 4 von D2 angegebenen Auswerteformel für L nicht erforderlich.

Die in D2, siehe Seite 163, Figur 3, beschriebene Stabilisierung von Laserdioden auf unterschiedliche Wellenlängen ist für Messverfahren vorgesehen, die auf der Verwendung zweier oder mehrerer fester Wellenlängen beruhen, siehe Figur 1 auf Seite 161 und Figur 2 auf Seite 162 sowie den Absatz in der Mitte von Seite 162. Im Streitpatent wird jedoch ein Wellenlängenbereich durchgestimmt.

4.3. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, dass einerseits in D2, siehe Seite 164, letzter Absatz angegeben sei, dass die Gleichung (6) nur von der durchgestimmten Wellenlänge abhängt und nicht von einer weiteren festen Wellenlänge. Andererseits werde auch in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 des Streitpatents eine weitere Wellenlänge benutzt. Die in Figur 4 von D2 und in Figur 1 des Streitpatents gezeigten Anordnungen seien somit unmittelbar vergleichbar. Außerdem deute die Bildunterschrift von Figur 4 auf Seite 165 auf ein zusätzliches, nicht dargestelltes Michelson-Interferometer hin, das dem Regelinterferometer des Streitpatents entspreche. Das in Figur 4 dargestellte Interferometer geeichter Länge L(cal) entspreche dagegen dem im Anspruch 9 des Streitpatents angegebenen, da es für eine Messung mit der gleichen Auswerteformel FORMEL bestimmt sei, wie sie in Figur 4 von D2 angegeben ist. Damit gehe die Lehre des Streitpatents voll inhaltlich aus D2 hervor.

4.4. Wie schon unter Punkt 2.5 ausgeführt, ist die Kammer jedoch der Auffassung, dass es sich bei dem in der Bildunterschrift genannten zusätzlichen Michelson-Interferometer tatsächlich um das in Figur 4 dargestellte handelt, wie aus dem vorletzten Satz auf Seite 164 hervorgeht. Dieses zusätzliche Interferometer geeichter Länge L(cal) dient aber zur Bestimmung des Durchstimmbereichs der Wellenlänge bzw. der Frequenz und nicht, wie schon erwähnt, der Einregelung der Grenzwellenlängen. Außerdem kann unter Verwendung dieses zusätzlichen Interferometers direkt die Länge L bestimmt werden. Es entspricht daher dem in Anspruch 8 des Streitpatents genannten Referenzinterferometer, das offenbar zusätzlich zu dem im Anspruch 1 definierten Regelinterferometer eingesetzt werden kann. Bei dem Anspruch 8 und dem auf ihn zurückbezogenen Anspruch 9 handelt es sich daher um vom Anspruch 1 abhängige Ansprüche, siehe oben, Punkt IV, letzter Absatz.

4.5. Gemäß einem weiteren Argument des Beschwerdeführers werden mit dem gemäß dem Streitpatent verwendeten Regelinterferometer keine Wellenlängen im Sinne einer Messung "bestimmt", sondern diese Wellenlängen sind durch die Geometrie des Regelinterferometers vorgegeben.

4.6. Hierzu ist festzustellen, dass gemäß dem Anspruch 1 in Übereinstimmung mit der Beschreibung, Spalte 6, Zeilen 25 bis 32, sowie Spalte 8, Zeilen 18 bis 22, hervorgeht, die Grenzwellenlängen auf die Werte Lambda(1) bzw. Lambda(2) eingeregelt werden. Diese Werte sind fest und müssen zahlenmäßig bekannt sein, da sie in die im Anspruch 1 angegebene Auswerteformel eingehen. Diese Interpretation liegt den obigen Ausführungen zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit zugrunde.

5. Auch unter Berücksichtigung der wesentlichen Argumente des Beschwerdeführers ergibt sich daher, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 betreffen besondere Ausführungsarten des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Dies gilt insbesondere auch für den Anspruch 8, worauf unter 4.4. hingewiesen wurde. Diese Ansprüche erfüllen daher die Erfordernisse des EPÜ. Dies trifft offenbar auch für die Beschreibung zu.

Die Beschwerdekammer ist daher der Auffassung, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstehen (Artikel 102(2) EPÜ).

Da dem Hauptantrag des Beschwerdegegners entsprochen werden kann, braucht die von ihm hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt zu werden. Die Ladung zu dieser Verhandlung, an der der Beschwerdeführer nicht teilnehmen wollte, ist durch diese Entscheidung gegenstandslos geworden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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