European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T091799.20050609 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Juni 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0917/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93119714.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | E04D 5/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Dreikomponenten-Schichtstoff | ||||||||
Name des Anmelders: | Johns Manville International, Inc. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Firma Carl Freudenberg | ||||||||
Kammer: | 3.3.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint) - Aufgabe und Lösung | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 7. Dezember 1993 eingereichte europäische Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 93 119 714.9, für die die Priorität DE 92 17 045 U vom 15. Dezember 1992 in Anspruch genommen ist, wurde mit Wirkung vom 9. April 1997 das Europäische Patent Nr. 0 603 633 erteilt. Ansprüche 1 und 9 lauteten wie folgt:
"1. Flammhemmender Schichtstoff aus mindestens einer Schicht eines verfestigten Spinnvlieses, einer Gelegeschicht aus Glasfasern und einer Metallfolie, wobei das Gelege eine Fadendichte von mehr als 0,5 Fäden/cm, vorzugsweise 0,5 bis 5 Fäden/cm aufweist und Spinnvliese, Gelege und Metallfolie durch eine Nadelung von 20 - 70 Stichen/cm2, vorzugsweise von 20 - 50 Stichen/cm2 miteinander verbunden sind."
"9. Verfahren zur Herstellung des Schichtstoffs des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine erste Spinnvliesschicht ersponnen wird, dann eine Gelegeschicht aus Glasfasern aufgebracht wird, danach eine zweite Spinnvliesschicht auf diese Kombination aufgesponnen wird, anschließend der erhaltene Schichtaufbau verfestigt, mit einer Metallfolie belegt und abschließend mit 20 - 70 Stichen/cm2 vernadelt wird."
II. Am 4. Januar 1998 wurde gegen die Erteilung Einspruch eingelegt, mit dem Antrag, das Patent wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen (Artikel 100 a) EPÜ). Der Einspruch war unter anderem auf folgenden Stand der Technik gestützt:
D1: DE-A-39 41 189
D8: DE-U-91 01 083
III. Mit der am 3. August 1999 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent in der erteilten Fassung mit der Maßgabe einer geänderten Rückbeziehung im Anspruch 7 wegen mangelnder erfinderischen Tätigkeit widerrufen.
IV. Zur Begründung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von D1 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, der Schichtstoffe aus Vliesschichten mit darin angeordneten parallel verlaufenden Verstärkungsfäden beschreibe. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass der beanspruchte Schichtstoff zusätzlich eine durch Nadelung eingebundene Metallfolie aufweise. Da aus D8 die Aufgabe abgeleitet werden könne, einen zur Armierung von Bitumenbahnen bestimmten Träger so auszubilden, dass er sowohl flammhemmend als auch mechanisch stabil sei, werde der Fachmann den Schichtstoff nach D1 in der beanspruchten Weise abwandeln, um ihn flammhemmend auszurüsten. Obwohl es in D1 nicht darum gehe, ein Produkt flammhemmend auszubilden, hätte der Fachmann die Anregung in D8 aufgegriffen, um das Brandverhalten des Schichtstoffes nach D1 zu verbessern. Der beanspruchte Gegenstand sei daher nicht erfinderisch.
V. Am 18. September 1999 legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein. Mit der am 10. Dezember 1999 eingelegten Beschwerdebegründung reichte sie einen geänderten Hauptantrag ein.
VI. Mit Eingabe vom 12. Mai 2000 reichte die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) folgendes Dokument ein:
D11: DE-U-92 07 367
VII. Mit Eingabe vom 9. Mai 2005 reichte die Beschwerdeführerin einen Versuchsbericht ein.
VIII. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2005 überreichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche 1 bis 12 als Hauptantrag (einzigen Antrag). Anspruch 1 des Hauptantrages lautet wie folgt (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
"1. Flammhemmender Schichtstoff aus mindestens einer Schicht eines verfestigten Spinnvlieses, einer Gelegeschicht aus Glasfasern, die in Parallellage liegen und die durch im Abstand liegende querlaufende Fäden, mit denen sie durch eine gewebeartige Verschlingung oder durch Verklebung an den Kreuzungspunkten fest verbunden sind, in ihrer Parallellage fixiert sind, wobei der Winkel unter dem die Fadenscharen sich kreuzen, zwischen 10 und 90° liegt, und einer Metallfolie, wobei das Gelege eine Fadendichte von mehr als 0,5 Fäden/cm, vorzugsweise 0,5 bis 5 Fäden/cm aufweist und Spinnvliese, Gelege und Metallfolie durch eine Nadelung von 20 - 70 Stichen/cm2, vorzugsweise von 20 - 50 Stichen/cm2 miteinander verbunden sind."
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Bei Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von D8 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen. In D8 werde zwar der Einsatz von Metallfolien in Verbindung mit Vliesfolien zur Verbesserung der Flammhemmung beschrieben, es lasse sich jedoch nichts entnehmen, wie die mechanischen und verarbeitungstechnischen Eigenschaften verbessert werden könnten. In D8 werde auch die für die Flammhemmung erforderliche Beibehaltung einer intakten Metallfolie beim Bituminieren und bei auftretenden Spannungen angesprochen, die durch Fältelung der Folie erreicht werde. Ferner sei in D8 der Anteil der perforierten Fläche begrenzt, damit einerseits die flammhemmende Eigenschaft der Metallfolie gewährleistet und andererseits die Gefahr einer Deckschichtablösung gering sei.
Demgegenüber liege dem Streitpatent die Aufgabe zu Grunde, einen flammhemmenden Schichtstoff zur Verfügung zu stellen, der keine Delaminierungsneigung zeige und auch eine verbesserte Dimensionsstabilität aufweise. Durch die zusätzliche Gelegeschicht aus Glasfasern trete eine stärkere mechanische Verfestigung der Vliesschicht ein, wodurch die Scherbeanspruchung zwischen Vliesschicht und Metallfolie bei der Bituminierung herabgesetzt werde, was eine Fältelung der Metallschicht unnötig mache. Daher trete keine Delaminierung der Metallschicht auf und es werde auch eine höhere Dimensionsstabilität erzielt, wie durch den Versuchsbericht belegt sei. D11 beschreibe zwar einen dimensionsstabilen Schichtstoff aus Vlies und einem Gelege aus Glasfasern, von diesem unterscheide sich der beanspruchte Schichtstoff jedoch nicht nur durch eine Metallfolie sondern auch dadurch, wie diese Metallfolie mit dem Vlies und dem Glasfasergelege verbunden sei. D11 gebe daher auch keine Anregung für den beanspruchten Dreikomponentenschichtstoff mit seinen in der Streitpatentschrift beschriebenen Vorteilen.
Gehe man von D11 als nächstliegendem Stand der Technik aus, so unterscheide sich der geänderte Anspruch 1 durch den Einsatz einer Metallfolie und durch seine spezielle Vernadelung mit der Vliesschicht und dem Glasfasergelege. Das Argument, der zusätzlichen Verwendung einer Metallfolie in Schichtstoffen nach D11 komme keine erfinderische Tätigkeit zu, beruhe auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, da die Flammhemmung nicht nur durch eine Metallfolie sondern auch durch andere Maßnahmen erreicht werden könne.
Daher habe der beanspruchte Gegenstand auch gegenüber einer Kombination von D8 und D11 nicht nahe gelegen und sei deshalb erfinderisch.
X. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Gehe man von D11 als nächstliegendem Stand der Technik aus, so unterscheide sich der beanspruchte Gegenstand lediglich dadurch, dass der flammhemmende Schichtstoff durch Nadelung mit einer Metallfolie verbunden sei. Da in D11 das Problem der Dimensionsstabilität durch die Verwendung eines Glasfadengitters gelöst sei, bestehe gegenüber D11 nur noch die Aufgabe, das Brandverhalten des Schichtstoffes zu verbessern. Durch D8 erhalte der Fachmann die Anregung, den aus D11 bekannten Schichtstoff durch Verwendung einer Metallfolie in der beanspruchten Weise abzuwandeln. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 seien daher nicht erfinderisch.
XI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchssatzes (Ansprüche 1 bis 12, einziger Antrag).
XII. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
Änderungen
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Änderungen in den neu eingereichten Ansprüchen formell zulässig sind, da die Beschwerde aus materiellen Gründen zurückzuweisen ist.
Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik
3. Während die Beschwerdeführerin D8 als nächstliegenden Stand der Technik ansah, war die Beschwerdegegnerin der Auffassung, dass D11 als geeigneter Ausgangspunkt in Betracht komme.
3.1 Das Streitpatent betrifft einen flammhemmenden Dreikomponenten-Schichtstoff. Flammhemmende Schichtstoffe sind sowohl aus D8 als auch aus D11 bekannt.
3.2 D8 beschreibt eine mehrschichtige Trägereinlage aus mindestens einer textilen Schicht und mindestens einer Metallfolie, die durch Nadelung miteinander verbunden sind, wobei die in der Metallfolie durch Nadelung entstandene perforierte Fläche zwischen 8 und 15 %, insbesondere zwischen 10 und 15 %, der Grundfläche der Trägereinlage beträgt (Anspruch 1). Die textile Schicht ist vorzugsweise eine Vliesstoffbahn aus endlosen Fasern (Anspruch 3 und 4). Die Metallfolie besteht vorzugsweise aus Aluminium (Anspruch 7). Die Trägereinlage ist insbesondere für die Herstellung von Dachbahnen geeignet, bei denen es auf ein gutes Brandverhalten ankommt (Seite 1, erster und zweiter Absatz).
Nach D8 zeichnen sich bekannte Dachbahnen mit einer Verstärkung aus Vliesstoff und Metallfolie zwar durch eine gute Brandschutzwirkung aus, besitzen aber den Nachteil, dass unter extremen klimatischen Bedingungen die Bitumenhaftung der Deckschicht nicht ausreichend ist. Daher ist das Ziel von D8, eine mehrschichtige Trägereinlage bereitzustellen, die eine erhöhte Haftung für das Deckschichtbitumen aufweist, wobei die brandhemmenden Wirkungen und die mechanische Festigkeit der bekannten Dachbahnen beibehalten werden sollen (Seite 2, zweiter und dritter Absatz). Dies wird dadurch erreicht, dass die perforierte Fläche der Metallfolie in einem bestimmten Prozentbereich bleibt (Anspruch 1), so dass einerseits die flammhemmende Eigenschaft der Metallfolie gewährleistet und andererseits die Gefahr einer Deckschichtablösung gering ist (Seite 4, Beispiel, 1. Absatz).
3.3 D11 beschreibt einen Schichtstoff aus mindestens zwei Schichten von Spinnvliesen und mindestens einer Gelegeschicht aus Verstärkungsgarnen, wobei die Gelegeschicht jeweils zwischen zwei Spinnvlies-Schichten liegt und das Gelege eine Fadendichte von 0,5 bis 3 Fäden/cm aufweist, und dass Spinnvliese und Gelege durch eine Nadelung von etwa 20 - 70 Stichen/cm2 miteinander verbunden sind (Anspruch 1). Die Verstärkungsfäden können aus Glas oder anderen thermisch stabilen Rohstoffen bestehen (Anspruch 2). Vorzugsweise werden Filamente aus Glas verwendet (Seite 5, letzte Zeile). Die Schichtstoffe dienen insbesondere zur Herstellung von Dachbahnen (Anspruch 4), die durch Tränken und/oder Beschichten mit geschmolzenem Bitumen hergestellt werden (Seite 10, erster Absatz). Hierbei kann der Schichtstoff zusätzlich durch einen chemischen Binder, vorzugsweise durch einen flammhemmenden Binder, verfestigt sein (Anspruch 3), um ihn mit flammhemmenden Eigenschaften auszustatten (Seite 8, zweiter Absatz).
Gelege im Sinne von D11 sind Fadengitter, die aus im Winkel zueinander liegenden Scharen paralleler Verstärkungsfäden gebildet werden, wobei die Fäden an ihren Kreuzungspunkten aneinander fixiert sind. Der Winkel, unter dem die Fadenscharen sich kreuzen, liegt in der Regel zwischen 10° und 90°. Bevorzugt sind Schichtstoffe mit Gelegen, die aus einem aus zwei im Winkel von vorzugsweise 90° sich kreuzenden Fadenscharen bestehen (Seite 4, letzter vollständiger Absatz).
Ziel von D11 ist es daher, Schichtstoffe zur Verfügung zu stellen, die bei thermomechanischer Belastung dimensionsstabil bleiben und mit geringem Aufwand herstellbar sind (Seite 2, Zeilen 8 bis 10).
3.4 Bei der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik kommt es im allgemeinen darauf an, dass seine Lösung auf den gleichen oder vergleichbaren Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung wie die Erfindung gerichtet ist und die wenigsten strukturellen und funktionellen Änderungen erfordert (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 4. Auflage 2001, I.D.3.1).
3.4.1 Nach dem Streitpatent sind flammhemmende Eigenschaften in Kombination mit einer hohen Dimensionsstabilität angestrebt (Seite 2, Zeilen 35 bis 37). Obwohl in D11 das flammhemmende Ausrüsten der Schichtstoffe angesprochen ist, stehen die thermomechanischen Eigenschaften, insbesondere die Dimensionsstabilität im Vordergrund. Demgegenüber wird in D8 auf die gute Brandschutzwirkung der Metallfolie hingewiesen, wobei der bekannte Schichtstoff zusätzlich auch gute mechanische Festigkeit aufweisen soll (Seite 1, letzter Absatz und Seite 2, zweiter und dritter Absatz). Während sich der beanspruchte Gegenstand von Schichtstoffen nach D11 durch die Verwendung einer Metallfolie und seiner Vernadelung unterscheidet, liegt der Unterschied zu Schichtstoffen nach D8 in der Verwendung eines speziellen Glasfasergeleges. Nach beiden Druckschriften besteht der Hauptzweck der Schichtstoffe in ihrer Verwendung zur Herstellung von bituminierten Dachbahnen.
3.4.2 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass beide Dokumente bezüglich der Struktur, der angestrebten Wirkungen und des Anwendungszwecks eine Reihe von Berührungspunkten mit dem Streitpatent haben, so dass sie beide generell als geeignete Ausgangspunkte für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht kommen. Da jedoch D8 auf Grund der Metallfolie ebenso wie der beanspruchte Gegenstand auf einen flammhemmenden Schichtstoff gerichtet und als Ausgangspunkt für die Formulierung der Aufgabe im Streitpatent (siehe Seite 2, Zeilen 33 und 34) in Betracht gezogen ist, und der Patentinhaber selbst D8 als nächstliegend ansieht, besteht kein Grund von diesem Ausgangspunkt abzuweichen. Daher wird zunächst von D8 ausgegangen.
Aufgabe und Lösung
4. Zwar haben Schichtstoffe nach D8 durch die Verwendung einer Metallfolie bereits gute Flammhemmung, jedoch sind sie bezüglich der Stabilität gegenüber mechanischer Beanspruchung noch nicht vollständig befriedigend (Streitpatent, Seite 2, Zeilen 31 bis 34). Nach dem Streitpatent zeigen die beanspruchten flammhemmenden Schichtstoffbahnen keine Delaminierungsneigung, und keine Bildung von Wellen und Rissen, selbst nicht unter hoher thermisch-mechanischer Belastung. Sie zeigen neben den hervorragenden flammhemmenden Eigenschaften beim Bituminieren einen überraschend geringen Breiteneinsprung, der bei einer etwa 1000 mm breiten Bahn in der Regel nur 0 bis 4 mm beträgt, im Vergleich zu etwa 12 mm bei herkömmlichen Bahnen. Ferner erhält man mit dem Schichtstoff auch bei ungünstigen Bituminierungsbedingungen ebene, flächenstabile, blasenfreie Bitumenbahnen. Dadurch ergibt sich eine erheblich verbesserte Verarbeitbarkeit und eine erhöhte Arbeitssicherheit, z. B. beim Verlegen einer bituminierten Dachbahn auf dem Dach. Die gute Flammhemmung bei gleichzeitig sehr guter Dimensionsstabilität soll sich überraschenderweise durch die Kombination der Vliesschichten mit dem Gelege und der Metallfolie ergeben (Streitpatent, Seite 5, Zeile 53 bis Seite 6, Zeile 4).
4.1.1 Da in D8 ein Glasfadengelege fehlt, ist es plausibel, dass die vorstehend genannten mechanischen Vorteile, insbesondere die verbesserte Dimensionsstabilität gegenüber D8 auf das zusätzliche Glasfadengelege zurückzuführen sind. Dies wird auch durch den im Beschwerdeverfahren eingereichten Versuchsbericht der Patentinhaberin bestätigt, nach dem die zusätzliche Verwendung eines Glasfadengeleges zu einer erhöhten Dimensionsstabilität führt, im Vergleich zu einem Schichtstoff, bei dem das Glasfadengelege fehlt. Irgendeine Verbesserung der flammhemmenden Eigenschaften der beanspruchten Schichtstoffe gegenüber D8 ist weder durch das Streitpatent belegt, noch von der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden.
4.1.2 Die Beschwerdeführerin war allerdings der Auffassung, dass der wesentliche Vorteil der beanspruchten Erfindung gegenüber D8 darin bestehe, dass keine Delaminierung der Metallschicht von der Vliesschicht bei der Bituminierung erfolge und die höhere Dimensionsstabilität nur ein Nebenaspekt sei.
4.1.3 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Streitpatent der Dimensionsstabilität im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung eine besondere Bedeutung beimisst (vgl. Seite 2, Zeilen 33 und 34). Ferner werden im Streitpatent verringerte Werte für den Seiteneinsprung bei Bituminieren gegenüber herkömmlichen Bahnen angesprochen (Seite 5, Zeilen 54 bis 57), was auf eine verbesserte Dimensionsstabilität hinweist. Schließlich hat die Beschwerdeführerin in ihrem Versuchsbericht als Vorteil nur eine verbesserte Dimensionsstabilität belegt. Demgegenüber fehlen nachprüfbare Tatsachen für eine Verbesserung der Delaminierung gegenüber D8. Da bei der Formulierung der Aufgabe nur solche Eigenschaften berücksichtigt werden können, für die nachprüfbare Tatsachen über technische Vorteile gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik vorliegen (Rechtsprechung, supra, I.D.4.4), kann im vorliegenden Falle bei Formulierung der Aufgabenstellung zu Gunsten der Patentinhaberin nur von einer belegten, verbesserten Dimensionsstabilität ausgegangen werden.
4.2 Daher kann das durch die Erfindung gelöste Problem gegenüber D8 darin gesehen werden, bei solchen Schichtstoffen die Dimensionsstabilität zu verbessern, ohne die gute Flammhemmung zu beeinträchtigen, in Übereinstimmung mit dem Streitpatent (Seite 2, Zeilen 35 bis 37 in Verbindung mit Seite 5, Zeile 53 bis Seite 6, Zeile 2).
Naheliegen
5. Da in D8 kein Hinweis auf ein Glasfasergelege zu finden ist, kann der beanspruchte Schichtstoff durch D8 alleine nicht nahe gelegt sein.
5.1 D11 beschreibt Glasfasergelege, wie sie im vorliegenden Anspruch 1 definiert sind (Seite 4, letzter vollständiger Absatz; Punkt 3.3). Auch die Fadendichte von 0.5 bis 3 Fäden/cm und die Nadelung mit 20 bis 70 Stichen/cm2 ist aus D11 bekannt (Anspruch 1).
5.2 Die aus D11 bekannten Schichtstoffbahnen zeigen keine Delaminierungsneigung und keine Bildung von Wellen und Rissen, selbst nicht unter hoher thermisch-mechanischer Belastung. Sie zeigen beim Bituminieren einen überraschend geringen Breiteneinsprung, der bei einer etwa 1000 mm breiten Bahn in der Regel nur 2 bis 4 mm beträgt, im Vergleich zu etwa 12 mm bei herkömmlichen Bahnen. Ferner erhält man mit dem Schichtstoff auch bei rauhen Bituminierungsbedingungen ebene, flächenstabile, blasenfreie Bitumenbahnen (Seite 9, mittlerer Absatz).
5.3 Somit werden nach D11 identische Glasfadengelege mit identischer Fadendichte für die Herstellung von Schichtstoffen mit identischer Nadelung vorgeschlagen, die für den gleichen Zweck, nämlich für die Herstellung von Dachbahnen verwendet werden sollen (Anspruch 4) und die zu den gleichen mechanischen Eigenschaften, insbesondere einer hohen Dimensionsstabilität und Delaminierungsfestigkeit führen, wie sie in der angegriffenen Patentschrift beschrieben sind (Seite 5, Zeile 53, bis Seite 6, Zeile 2). Da sich D8 und D11 an den mit der Herstellung von bituminierten Dachbahnen vertrauten Fachmann richten, ist es für ihn naheliegend, die flammhemmenden Schichtstoffe nach D8 durch Glasfasergelege nach D11 zu modifizieren und in analoger Weise zu vernadeln, um sie dimensionsstabiler zu machen. Eine verbesserte Dimensionsstabilität ohne Delaminierungsneigung ist daher für den Fachmann bei Befolgung der bekannten Lehren als zwangsläufiges Ergebnis zu erwarten, ohne dass er eine Beeinträchtigung der Flammhemmung zu befürchten hat.
5.4 Da D8 als Ausgangspunkt bereits zur Verneinung der erfinderischen Tätigkeit führt, braucht nicht mehr untersucht zu werden, welche Beurteilung sich ergäbe, wenn von D11 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen würde.
5.5 Daher erfüllt der beanspruchte Gegenstand nicht die Voraussetzungen nach Artikel 56 EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.