T 0860/99 () of 13.3.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T086099.20020313
Datum der Entscheidung: 13 März 2002
Aktenzeichen: T 0860/99
Anmeldenummer: 93119073.0
IPC-Klasse: B65B 51/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Auftragen von Leim auf einen Zuschnitt für Klappschachteln
Name des Anmelders: Focke & Co. (GmbH & Co.)
Name des Einsprechenden: G.D. S.p.A.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Einsprechender) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Patents Nr. 0 601 411 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die im Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nicht entgegenstünden.

II. Am 13. März 2002 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

ii) Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in geändertem Umfang mit den in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2002 eingereichten Ansprüchen 1 bis 5 aufrechtzuerhalten.

iii) In der mündlichen Verhandlung wurden folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:

D1: EP-B-0 069 743 D3: DE-A-4 032 870 D4: DE-A-4 013 322.

III. Der geänderte Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:

"1. Verfahren zum Auftragen von Leim auf Zuschnitte (10) für die Herstellung von Klappschachteln, wobei die Zuschnitte (10) je durch Faltlinien (14) begrenzte Bereiche zur Bildung eines Schachtelteils (11) und eines mit diesem gelenkig verbundenen Deckels (12) aufweisen, wobei weiterhin der Schachtelteil (11) aus Vorderwand (15), Rückwand (17), Seitenlappen (23, 24) zur Bildung von insbesondere zweilagigen Seitenwänden (87), Bodenwand (16) und insbesondere Boden-Ecklappen (27) und der Deckel (12) aus Deckel-Vorderwand (20), Deckel-Rückwand (18), Deckel-Seitenlappen (25, 26) und Deckel-Oberwand (19) bestehen, wobei weiterhin Faltlappen miteinander durch Leim verbunden sind, und wobei der Leim während des Transports der Zuschnitte (10) in Längsrichtung derselben auf dieselben und unter Bildung von Leimstreifen (80, 81) auf äußere Deckel-Seitenlappen (26) und äußere Seitenlappen (23) aufgetragen wird, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

a) zusätzlich zu den Leimstreifen (80, 81) wird Leim unter ausschließlicher Bildung von Leimpunkten (29) zur Fixierung eines Kragens (84), eines Deckel-Innenlappens (22) und eines Innenzuschnitts (82) auf die Zuschnitte (10) aufgetragen,

b) auch die Leimpunkte (29) werden während des Transports der Zuschnitte (10) in Längsrichtung derselben auf diese aufgetragen,

c) die Leimpunkte (29) werden mittels Leimdüsen (58..61) von oben auf die Zuschnitte (10) aufgetragen,

d) die Leimpunkte (29) werden in vier parallelen, in Längsrichtung der Zuschnitte (10) verlaufenden Reihen, nämlich Punktreihen (33, 34, 35, 36), auf die Zuschnitte (10) aufgetragen,

e) je zwei benachbarte Leimpunkte (29a, 29b; 29c, 29d; ...) bilden einen Verleimungsbereich,

f) zwei im Abstand voneinander angeordnete Punktreihen (34, 35) mit je vier Verleimungsbereichen werden im Bereich eines aus Vorderwand (15), Bodenwand (16), Rückwand (17), Deckel-Rückwand (18), Deckel-Oberwand (19), Deckel-Vorderwand (20) und Deckel-Innenlappen (22) bestehenden Mittelstreifens (13) aufgetragen, derart, dass je zwei an der Rückwand (17) aufgetragene Leimpunkte (29c, 29d) sowie zwei an der Vorderwand (15) aufgetragene und der Bodenwand (16) zugekehrte Leimpunkte (29e, 29f) je einen ersten sowie einen zweiten Verleimungsbereich zur Fixierung des Innenzuschnitts (82) für einen Zigarettenblock (83) bilden, dass weiterhin je zwei an der Vorderwand (15) aufgetragene und einem freien Rand derselben zugekehrte Leimpunkte (29g, 29h) je einen dritten Verleimungsbereich zur Fixierung einer Kragen-Vorderwand (85) bilden und dass weiterhin je zwei Leimpunkte (29a, 29b), nämlich einer am Deckel-Innenlappen (22) und einer an der Deckel-Vorderwand (20) je einen vierten Verleimungsbereich zur Fixierung des Deckel-Innenlappens (22) bilden,

g) je eine Punktreihe (33, 36) mit je einem Verleimungsbereich wird im Bereich von neben dem Mittelstreifen (13) angeordneten Seitenlappen (23, 24) auf jeden Zuschnitt (10) aufgetragen, derart, dass zwei an den Seitenlappen (23, 24) aufgetragene Leimpunkte (29i, 29j) den Verleimungsbereich zur Fixierung von Kragen-Seitenlappen (86) bilden,

h) der Leim für die Leimstreifen (80, 81) wird mittels drehend bewegter Leimscheiben auf die Seitenlappen (23, 26) aufgetragen."

IV. Der Beschwerdeführer hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

i) Der nächstkommende Stand der Technik nach der Entgegenhaltung D3 offenbare einen Zuschnitt, der mit dem im Anspruch 1 definierten Zuschnitt überreinstimme. Auch das Leimbild welches der Zuschnitt nach der Entgegenhaltung D3 aufweise mit Leimstreifen, Leimmarken und Leimpunkten entspräche weitgehend dem Leimbild des Zuschnitts nach dem Anspruch 1. Das Merkmal e) des Anspruchs 1, gemäß dem je zwei benachbarte Leimpunkte einen Verleimungsbereich bilden und mit dem sich das Leimbild nach dem Anspruch 1 von demjenigen nach der Entgegenhaltung D3 unterscheidet, könne nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führen, weil für die Qualität eines Verleimungsbereiches die aufgetragene Leimmenge und nicht die spezifische Ausbildung und Anordnung der Leimpunkte maßgebend sei und hierfür die Leimpunkte bzw. Leimmarken nach der Entgegenhaltung D3 ausreichend seien.

ii) Da die Entgegenhaltung D3 lediglich einen Zuschnitt mit Leimbild offenbare, nicht aber, wie der Leimauftrag zur Ausbildung dieses Leimbilds erfolge, sei von dem Fachmann, ausgehend von der Entgegenhaltung D3 und der bekannten Vorgehensweise zum Auftragen von Leim auf derartige Zuschnitte, festzulegen, wie die das Leimbild ergebenden Verleimungsbereiche auf den Zuschnitt aufzutragen seien.

iii) Die in dem Streitpatent genannte Aufgabe berücksichtigend, sei es naheliegend, beim Leimauftrag auf den aus der Entgegenhaltung D3 bekannten Zuschnitt dort, wo dies unproblematisch sei, nämlich bei einem Leimauftrag auf den Zuschnitt von oben, beispielsweise aus den Entgegenhaltungen D1 oder D4 bekannte Leimdüsen einzusetzen und dort, wo dies zu Nachteilen führen könnte, nämlich bei einem Leimauftrag auf den Zuschnitt von unten, den Leimauftrag mittels bewegter Leimscheiben durchzuführen. Daß ein derartiger Leimauftrag auf einen Zuschnitt unter Verwendung von sowohl Leimdüsen als auch Leimscheiben im allgemeinen Fachwissen bekannt sei, ergäbe sich aus der Entgegenhaltung D1.

V. Der Beschwerdegegner hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

i) Die gleichfalls auf den Beschwerdegegner zurückgehende Entgegenhaltung D3 sei als nächstkommender Stand der Technik anzusehen. Obwohl dort nicht explizit auf einen Verleimungsbereich zur Fixierung eines Kragens verwiesen werde, sei eine aus diesem Zuschnitt gebildete Klappschachtel ohne einen Kragen nicht vorstellbar, weil dann der Deckel in Schließstellung nicht gehalten werde. Es seien auch die Verleimungsbereiche für den Kragen in dem in Figur 2 dargestellten Leimbild des Zuschnitts nach der Entgegenhaltung D3 erkennbar und zwar in Form der beiden untersten Leimmarken 38. und des oberen Endabschnitts jedes Leimstreifens 22.

ii) Bezüglich der in der Entgegenhaltung D3 nicht offenbarten Vorgehensweise zum Leimauftrag sei es allgemein bekannt, daß bei einem Zuschnitt nach der Entgegenhaltung D3 zunächst über Leimscheiben sämtliche Leimstreifen, mit Ausnahme der in Figur 2 des Streitpatents mit 80, 81 und in Figur 2 der Entgegenhaltung D3 mit 21 und 31 bezeichneten Leimstreifen, von oben auf den Zuschnitt aufgetragen werden. Eine bekannte Vorrichtung hierfür entspräche derjenigen nach Figur 3 des Streitpatents, wenn das dort dargestellte Leimaggregat 37 mit Leimdüsen durch eines mit Leimscheiben ersetzt werde. Im Anschluß an diesen Leimauftrag werde der Zuschnitt in einem Faltrevolver, der in Figur 3 mit dem Bezugszeichen 41 versehen ist, unter Einlage einer durch einen Innenzuschnitt ummantelten Zigarettenfüllung und des Kragens teilweise derart gefaltet, daß die Seitenlappen 23 und 26 mit ihrer der Aufnahme der Leimstreifen dienenden Fläche nach unten weisen. Damit erfolge in bekannter Weise der Leimauftrag zur Ausbildung der verbleibenden Leimstreifen über ein, in Figur 3 nicht dargestelltes, dem Faltrevolver in Förderrichtung der Zuschnitte nachgeordnetes Leimaggregat mit Leimscheiben.

iii) Für die Erfindung nach dem Gegenstand des Anspruchs 1 sei wesentlich, daß zur Lösung der in dem Streitpatent genannten Aufgabe nicht alle Verleimungsbereiche des Zuschnitts nach der Entgegenhaltung D3 über Leimdüsen aufgetragen werden, sondern nur diejenigen die von oben aufzutragen sind, während die bekannte Vorgehensweise des Leimauftrags von unten mittels Leimscheiben beibehalten werde, um auftretende Nachteile eines Einsatzes von Leimdüsen zum Leimauftrag von unten zu vermeiden.

iv) Durch Ausbildung eines Verleimungsbereiches durch je zwei benachbarte Leimpunkte nach dem Merkmal e) des Anspruchs 1 ergäbe sich eine vorteilhafte Stabilität für die durch diese Verleimungsbereiche fixierten Elemente, weil dadurch, anders als dies beim Auftrag nur eines Leimpunktes der Fall wäre, eine Drehung in dem Verleimungsbereich verhindert werde.

v) Die Entgegenhaltung D3 vermöge weder für sich noch unter Berücksichtigung einer der Entgegenhaltungen D1 oder D4 eine Anregung dafür zu geben, daß zum Leimauftrag in der im Anspruch 1. definierten Weise sowohl Leimdüsen als auch Leimscheiben gezielt eingesetzt werden, und daß beim Einsatz der Leimdüsen je zwei benachbarte Leimpunkte einen Verleimungsbereich bilden.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

Der geänderte Anspruch 1 ist gegenüber Anspruch 1 in der erteilten Fassung wie folgt geändert:

Das Merkmal "a) zusätzlich zu dem Leimstreifen (80, 81) wird Leim unter Bildung von Leimpunkten (29) zur Fixierung eines Kragens (84), eines Deckelinnenlappens (22) und eines Innenzuschnitts (82) auf die Zuschnitte (10) aufgetragen" ist durch Einfügen des Ausdrucks "ausschließlicher" geändert in "a) zusätzlich zu dem Leimstreifen (80, 81) wird Leim unter ausschließlicher Bildung von Leimpunkten (29) zur Fixierung eines Kragens (84), eines Deckelinnenlappens (22) und eines Innenzuschnitts (82) auf die Zuschnitte (10) aufgetragen". Diese Änderung verdeutlicht, daß nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 der Leimauftrag auf den Zuschnitt so erfolgt, daß Leim entweder in Form von Leimstreifen oder Leimpunkten aufgetragen wird.

In den Anspruch 1 wurde ferner als letztes Merkmal "h) der Leim für die Leimstreifen (80, 81) mittels drehend bewegter Leimscheiben auf die Seitenlappen (23, 26) aufgetragen" das Merkmal des erteilten Anspruchs 2 aufgenommen. Durch dieses Merkmal wird verdeutlicht, daß der Leimauftrag zur Ausbildung von Leimstreifen auf dem Zuschnitt über drehend bewegte Leimscheiben und nicht über Leimdüsen, durch die gemäß dem o. g. Merkmal a) ausschließlich Leim in Form von Leimpunkten aufgetragen wird, erfolgt.

Die Änderungen gehen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (vgl. ursprünglichen Anspruch 4) und erweitern den Schutzbereich des Anspruchs 1 nicht. Sie genügen deshalb den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist zutreffend unstreitig neu (Artikel 54 EPÜ).

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Nächstkommender Stand der Technik

Nach Auffassung der Parteien und der Kammer ist von der Entgegenhaltung D3 als nächstkommenden Stand der Technik auszugehen.

Die Entgegenhaltung D3 offenbart unstreitig einen Zuschnitt für eine Klappschachtel mit den Merkmalen des im Anspruch 1 definierten Zuschnitts (vgl. Figur 2 des Streitpatents und der Entgegenhaltung D3) und unterscheidet sich von diesem lediglich durch Besonderheiten bedingt durch die abgerundeten Längskanten der Klappschachtel nach der Entgegenhaltung D3 (vgl. Figuren 1, 2).

Das sich durch Leimauftrag auf den Zuschnitt gemäß der Entgegenhaltung D3 ergebende Leimbild entspricht hinsichtlich der Bereiche des Zuschnitts, die nach entsprechender Faltung des Zuschnitts miteinander bzw. mit dem Kragen und der Innenumhüllung verleimt werden, demjenigen nach dem Anspruch 1. Wie von dem Beschwerdegegner dargelegt ist, weist der Zuschnitt gemäß Figur 2 der Entgegenhaltung D3 auch Verleimungsbereiche zur Fixierung eines Kragens auf, obwohl in der Entgegenhaltung D3 explizit auf die Anordnung eines Kragens innerhalb der Klappschachtel nicht eingegangen wird. Entsprechend Teilen der Merkmale f) und g) des Anspruchs 1 bilden die beiden untersten Leimmarken 38 des Zuschnitts nach Figur 2 der Entgegenhaltung D3 einen Verleimungsbereich für die Kragen-Vorderwand und die beiden oberen Endabschnitte der Leimstreifen 22 einen Verleimungsbereich für Kragen-Seitenlappen.

Das Verfahren, mittels dessen der Leim entsprechend dem Leimbild nach der Entgegenhaltung D3 auf Zuschnitte für die Herstellung von Klappschachteln aufgetragen wird, ist in dieser Druckschrift, die den Aufbau der Klappschachtel betrifft, nicht angesprochen. Die Kammer folgt der diesbezüglichen Ausführung des Beschwerdegegners, wonach es allgemein bekannt ist, Leim entsprechend dem Leimbild nach Figur 2 der Entgegenhaltung D3 so aufzutragen, daß zunächst über drehende Leimscheiben auf den ungefalteten und in dessen Längsrichtung geförderten Zuschnitt Leim von oben aufgetragen wird. Mit diesem Leimauftrag (im folgenden: erster Leimauftrag) wird Leim in sämtlichen Verleimungsbereichen aufgetragen, ausgenommen den Verleimungsbereichen an den äußeren Seitenlappen (23 gemäß dem angegriffenen Patent bzw. 18 nach der Entgegenhaltung D3) und an den äußeren Deckelseitenlappen (26 gemäß dem angegriffenen Patent bzw. 30 nach der Entgegenhaltung D3).

Nach diesem ersten Leimauftrag wird der Zuschnitt, dem eine von einem Innenzuschnitt umhüllte Zigarettenfüllung und ein Kragen zugeordnet wird, in einem Faltrevolver teilweise gefaltet. Nach dieser teilweisen Faltung verläßt der Zuschnitt den Faltrevolver derart, daß die o. g. Verleimungsbereiche, auf die während des ersten Leimauftrags noch kein Leim aufgetragen worden ist, nach unten weisen. Die Leimstreifen 80, 81 nach dem angegriffenen Patent bzw. 21, 31 nach der Entgegenhaltung D3 werden dann, durch einen zweiten Leimauftrag, von unten mittels drehend bewegter Leimscheiben übereinstimmend mit dem Merkmal h) aufgetragen.

Nach dem Beschwerdegegner entspricht die Vorrichtung mit der in dieser bekannten Weise Leim auf den Zuschnitt nach der Entgegenhaltung D3 aufgetragen wird derjenigen nach Figur 3 des Streitpatents, mit dem Unterschied, daß dort der erste Leimauftrag über ein Leimdüsen aufweisendes Leimaggregat 37 erfolgt, während bei dem bekannten Verfahren statt der Leimdüsen drehende Leimscheiben eingesetzt sind. In gleicher Weise wie bei dem bekannten Verfahren erfolgt bei demjenigen nach dem angegriffenen Patent (vgl. Merkmal h) des Anspruchs 1) der zweite Leimauftrag von unten in einem Leimaggregat mit drehenden Leimscheiben. In der Figur 3 des Streitpatents ist dieses dem zweiten Leimauftrag dienende, in Förderrichtung der Zuschnitte hinter dem Faltrevolver 41 angeordnete Leimaggregat nicht dargestellt.

3.2. Aufgabe und Lösung

Das Verfahren zum Auftragen von Leim nach dem Anspruch 1 unterscheidet sich von dem bekannten Verfahren zum Auftragen von Leim auf den Zuschnitt nach der Entgegenhaltung D3 hinsichtlich des Leimauftrags dadurch, daß der erste Leimauftrag anstelle der Leimscheiben über Leimdüsen erfolgt (vgl. Merkmale a) bis d) des Anspruchs 1) und hinsichtlich des erzeugten Leimbildes dadurch, daß nach dem Merkmal e) je zwei benachbarte Leimpunkte einen Verleimungsbereich bilden, während nach dem Leimbild gemäß der Entgegenhaltung D3 die entsprechenden Verleimungsbereiche Leimstreifen, Leimmarken und einzelne Leimpunkte aufweisen.

Damit wird die dem angegriffenen Patent zugrundeliegende Aufgabe gelöst "Maßnahmen vorzuschlagen, durch die eine präzise Übertragung von Leim auf Zuschnitte für Klappschachteln bei höheren Leistungen bzw. Fördergeschwindigkeiten ermöglicht wird" (Seite 2, Zeilen 13 bis 16). Durch die Ausbildung eines Verleimungsbereiches durch je zwei benachbarte Leimpunkte soll weiterhin das über den jeweiligen Verleimungsbereich zu verbindende Element, nämlich der Deckelinnenlappen, die Innenumhüllung und der Kragen, stabil fixiert werden.

3.3. Die erfindungsgemäße Lösung wird durch den Stand der Technik aus folgenden Gründen nahegelegt:

Die Aufgabe formuliert Ziele, die bei jeder Weiterentwicklung des bekannten Verfahrens zum Auftragen von Leim auf die aus der Entgegenhaltung D3 bekannten Zuschnitte als selbstverständlich zu beachten sind. Höhere Leistungen bzw. Fördergeschwindigkeiten anzustreben, entspricht einem allgemeinen, grundlegenden Bedürfnis bei der Anwendung derartiger Verfahren. Daß jede derartige Weiterentwicklung unter der Bedingung steht, daß die Übertragung von Leim auf Zuschnitte für Klappschachteln präzise erfolgt, ist offensichtlich, denn davon hängt nicht nur die Qualität des Leimauftrags sondern auch diejenige der aus dem Zuschnitt herzustellenden Klappschachtel ab.

Die Verwendung von Leimdüsen zum Auftrag von Leim auf Zuschnitte ist allgemein bekannt, bspw. aus den Entgegenhaltungen D1 (Spalte 6, Zeilen 4 bis 11) und D4 (vgl. Spalte 1, Zeilen 29 bis 35).

Es bedarf keiner erfinderischen Überlegung das bekannte Verfahren zum Auftragen von Leim auf die Zuschnitte nach der Entgegenhaltung D3 zur Lösung der Aufgabe so zu modifizieren, daß dort, wo dies ohne weiteres möglich ist, das Auftragen von Leim durch Leimrollen durch das Auftragen von Leim mittels Leimdüsen ersetzt wird. Es ist offensichtlich, daß diese Maßnahme zu höheren Fördergeschwindigkeiten führt. Der Einsatz von Leimdüsen hat gegenüber demjenigen drehender Leimscheiben nämlich zum einen den offensichtlichen Vorteil, daß der Leimauftrag auf den Zuschnitt berührungsfrei erfolgen kann, wobei die Leimdüsen einzeln einfach steuerbar sind. Zum anderen treten beim Leimauftrag mittels Leimdüsen keine Fliehkräfte auf, die bei dem Leimauftrag über drehende Leimscheiben mit steigenden Fördergeschwindigkeiten zunehmen und damit, wie von dem Beschwerdegegner ausgeführt, durch Wegschleudern von Leimpartikeln den Leimauftrag beeinträchtigen können.

Es geht somit nicht über den Rahmen fachmännischer Überlegungen hinaus, bei dem bekannten Verfahren zur Erhöhung der Leistung bzw. der Fördergeschwindigkeiten den ersten Leimauftrag, bei dem der Leim von oben auf den Zuschnitt aufgetragen wird, mittels Leimdüsen durchzuführen. In diesem Fall bedarf es nämlich lediglich des Austausches des bekannten Leimaggregates mit Leimscheiben durch das ebenfalls bekannte Leimaggregat mit Leimdüsen entsprechend Figur 3 des Streitpatents (Leimaggregat 37), um die bekannten Vorteile von Leimdüsen zur Leistungssteigerung auszunützen.

Daß Leim dort, wo er entsprechend dem zweiten Leimauftrag von unten auf einen Zuschnitt aufzutragen ist, zweckmäßigerweise über Leimscheiben und nicht über Leimdüsen aufgetragen wird, versteht sich von selbst, weil andernfalls heruntertropfende Leimpartikel die Leimdüsen verunreinigen könnten.

Der Fachmann wird daher, in seinem Bestreben die Fördergeschwindigkeiten zu erhöhen, den ersten, von oben erfolgenden Leimauftrag über Leimdüsen durchführen. Ebenso wird der Fachmann betreffend den zweiten, von unten durchzuführenden Leimauftrag aufgrund der vorhersehbaren Nachteile keine Leimdüsen einsetzen, sondern es bei dem Leimauftrag über drehende Leimscheiben belassen. Daß eine derartige Vorgehensweise fachüblich ist, läßt sich der Entgegenhaltung D1 entnehmen (Spalte 6, Zeilen 4 bis 11).

Es ist selbstverständlich daß dann, wenn zum ersten Leimauftrag Leimdüsen eingesetzt werden, die Möglichkeit die dieser Leimauftrag gegenüber dem Leimauftrag über Leimscheiben bekanntermaßen eröffnet, nämlich den Leimauftrag in Form beliebiger Flächenmuster bzw. Punktauftragsmuster (vgl. D4, Spalte 1, Zeilen 29 bis 32; 49 bis 52) auch ausgenützt wird. Es bedarf somit keiner erfinderischen Überlegung, bei dem Einsatz von Leimdüsen zum Leimauftrag auch das damit erzeugte Leimbild gegenüber demjenigen nach der Entgegenhaltung D3 derart zu verändern, daß Leim, die aus der Entgegenhaltung D3 bekannten Leimstreifen und Leimmarken ersetzend, entsprechend den Merkmalen a) bis d) des Anspruchs 1 in Form von Leimpunkten aufgetragen wird.

Die Ausbildung eines Verleimungsbereichs entsprechend dem Merkmal e) durch je zwei benachbarte Leimpunkte stellt im Zusammenhang mit dem Ersatz der Leimstreifen bzw. Leimmarken des Leimbildes nach der Entgegenhaltung D3 durch Leimpunkte eine spezielle Ausgestaltung dar, die bei gleicher aufgetragener Leimmenge ggf. zu einer besseren Fixierung führen kann, als dies bei nur einem Leimpunkt der Fall sein könnte. Da für Klappschachteln der angesprochenen Art die Flächenbereiche des Zuschnitts festliegen, an denen Leim zur Fixierung des Kragens, der Innenumhüllung und des Deckelinnenlappens aufgetragen werden kann, ermöglicht ein Leimauftrag mittels Leimdüsen eine variable Anordnung von Leimpunkten innerhalb dieser Flächenbereiche. Entsprechend den Merkmalen f) und g) werden beim Einsatz von Leimdüsen zwangsläufig Leimpunkte innerhalb dieser festliegenden Flächenbereiche aufgetragen. Die Festlegung auf jeweils zwei benachbarte Leimpunkte zur Bildung eines Verleimungsbereichs entsprechend dem Merkmal e) anstatt einer Ausbildung von flächigen Verleimungsbereichen oder solchen mit mehr als zwei Leimpunkten stellt eine im Belieben des Fachmannes liegende Maßnahme dar, die keiner erfinderischen Überlegung bedarf.

3.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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