T 0850/99 () of 5.9.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T085099.20000905
Datum der Entscheidung: 05 September 2000
Aktenzeichen: T 0850/99
Anmeldenummer: 95101961.1
IPC-Klasse: B24B 13/01
B24B 53/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Polieren sphärischer Linsenoberflächen
Name des Anmelders: Opto Tech GmbH
Name des Einsprechenden: I: Schneider GmbH & Co. KG
II: Loh Optikmaschinen AG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Kombination bekannter Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 1999 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 727 280 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit widerrufen; die schriftliche Entscheidung erging am 22. Juli 1999.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 27. August 1999 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 16. November 1999 zusammen mit neugefaßten Ansprüchen gemäß damaligen Hilfsanträgen II und III - geltend Hauptantrag bzw. Hilfsantrag I - eingereicht.

III. Anspruch 1 gemäß obigem Haupt- bzw. Hilfsantrag I hat folgenden Wortlaut:

a) Hauptantrag:

"1. Vorrichtung (10) zum Polieren sphärischer Oberflächen von Linsen (L), namentlich aus Glas, mit einer rotierend angetriebenen Werkzeugspindel (30) zur Aufnahme eines Polierwerkzeugs (32), das mittels eines ersten Vorschubantriebs (18) entlang einer Achse (X) verfahrbar ist, und mit einer drehbar um eine Achse (Z) gelagerten Werkstückspindel (40) zur Aufnahme der Linse (L), die mittels eines zweiten Vorschubantriebs (26) entlang der Achse (Z) in eine Bearbeitungsposition verfahrbar ist, wobei zwischen dem Polierwerkzeug (32) und der Linse (L) eine Relativschwenkung um eine Querachse (Y) ausführbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß parallel zu der Werkstückspindel (40) eine weitere drehbar gelagerte und angetriebene Werkzeugspindel (41) zur Aufnahme eines Abrichtwerkzeugs (50) vorhanden ist, wobei die Werkstückspindel (40) und die weitere Werkzeugspindel (41) in festem Abstand (A) zueinander auf einem gemeinsamen Schlitten (25) angeordnet sind und einen gemeinsamen Vorschubantrieb (26) aufweisen, das Abrichtwerkzeug (50) ein Topfwerkzeug ist und zwischen dem Polierwerkzeug (32) und dem Abrichtwerkzeug (50) eine Relativschwenkung ausführbar ist."

b) Hilfsantrag I:

"1. Vorrichtung (10) zum Polieren sphärischer Oberflächen von Linsen (L), namentlich aus Glas, mit einer rotierend angetriebenen Werkzeugspindel (30) zur Aufnahme eines Polierwerkzeugs (32), das mittels eines ersten Vorschubantriebs (18) entlang einer Achse (X) verfahrbar ist, und mit einer drehbar um eine Achse (Z) gelagerten Werkstückspindel (40) zur Aufnahme der Linse (L), die mittels eines zweiten Vorschubantriebs (26) entlang der Achse (Z) in eine Bearbeitungsposition verfahrbar ist, wobei zwischen dem Polierwerkzeug (32) und der Linse (L) eine Relativschwenkung um eine Querachse (Y) ausführbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß parallel zu der Werkstückspindel (40) eine weitere drehbar gelagerte und angetriebene Werkzeugspindel (41) zur Aufnahme eines Abrichtwerkzeugs (50) vorhanden ist, wobei die Werkstückspindel (40) und die weitere Werkzeugspindel (41) in festem Abstand (A) zueinander auf einem gemeinsamen Schlitten (25) angeordnet sind und einen gemeinsamen Vorschubantrieb (26) aufweisen, das Abrichtwerkzeug (50) ein Topfwerkzeug ist, die Werkstückspindel (40) eine Halterung (42) in Form eines Membranspannfutters trägt, das mit einem Druckluftanschluß versehen ist, und zwischen dem Polierwerkzeug (32) und dem Abrichtwerkzeug (50) eine Relativschwenkung ausführbar ist."

IV. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11. (2) VOBK, in der darauf hingewiesen wurde, daß in der mündlichen Verhandlung der Stand der Technik

(D1) DE-A-3 932 197

(D3) DE-A-4 108 740

(D4) DD-A5-294 451

(D8) Industrie-Anzeiger 99/1989, Seiten 30 bis 33

(D9) DE-C-3 324 322 und

DIN-Blatt 58722-1 als Beleg des Fachwissens

im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit zu diskutieren sein werde, fand am 5. September 2000 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin stellte in der mündlichen Verhandlung folgende Anträge:

- Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

- Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des am 16. November 1999 als Hilfsantrag II eingegangenen Anspruchs 1 sowie der erteilten Ansprüche 2 und 4 bis 10 als neue Ansprüche 2. bis 9 (Hauptantrag)

- hilfsweise auf der Grundlage des ebenfalls am 16. November 1999 als Hilfsantrag III eingegangenen Anspruchs 1 sowie der erteilten Ansprüche 4 bis 10 als neue Ansprüche 2 bis 8 (Hilfsantrag I).

VI. Die Einsprechende I - nachfolgend Beschwerdegegnerin I - beantragte demgegenüber die Zurückweisung der Beschwerde.

VII. Die Einsprechende II - nachfolgend Beschwerdegegnerin II - hat mit Eingabe vom 1. Dezember 1999 mitgeteilt, daß sie im Beschwerdeverfahren inaktiv bleiben werde; mit Eingabe vom 17. April 2000 hat sie weiter mitgeteilt, daß sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

VIII. Zur Stützung ihrer vorgenannten Anträge brachten die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin I in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgende, für die Entscheidung relevante Argumente vor:

a) Beschwerdeführerin:

- beim Polieren von Linsen werde die Form und die Rauhtiefe der Linsenoberfläche verbessert;

- im Gegensatz zu bekannten Vorrichtungen sei zusätzlich zur Werkstück- und Werkzeugspindel eine dritte Spindel vorgesehen, die das Abrichtwerkzeug für das Werkzeug trage, so daß in einer Vorrichtung poliert und abgerichtet werden könne;

- von (D1) ausgehend sei es Aufgabe der Erfindung den Verschleiß des Polierwerkzeuges herabzusetzen;

- die Lösung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrages erübrige ein Umspannen der Linse bei den Schritten "Polieren" und "Abrichten", wobei das Topfwerkzeug den Werkzeugverschleiß senke und ein Freiformschneiden beim Abrichten eröffne, dergestalt, daß sich ein kombinatorischer Effekt einstelle;

- gemäß Hilfsantrag I solle ebenfalls der Polierprozeß und die Zuordnung von Werkzeug und Werkstück verbessert werden;

- dies werde durch die beanspruchte Kinematik, die Anordnung der Einheiten an einer Maschine, sowie das topfförmige Abrichtwerkzeug und das Membranspannfutter, welches die Einstellung der Andrückkraft erlaube, erreicht;

- der insgesamt zu berücksichtigende Stand der Technik lege die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag I ohne Kenntnis der Erfindung nicht nahe; von (D1) ausgehend habe es einer Vielzahl von Schritten bedurft, um das Beanspruchte zu erreichen;

- bei diesen Gegebenheiten seien die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag I nicht nur neu, sondern beruhten auch auf erfinderischer Tätigkeit;

- (D1) erwähne das Polieren nicht, sondern nur ein Endbearbeiten von Linsen, zudem fehle eine dritte Spindel für das Abrichtwerkzeug; (D3) betreffe eine Schleifmaschine mit hochgenauer Maschinensteuerung; die Form der Abrichtrolle definiere dabei die Form des Werkzeuges, so daß insgesamt ein Versagen der Maschinensteuerung das Abrichtergebnis beeinflusse; der Fachmann würde deshalb (D1) und (D3) nicht in Kombination betrachten;

- (D8) und (D4) zeigten nur Einzelmerkmale der Erfindung wie das Polieren und das kittlose Spannen von Linsen bzw. ein rotierendes und ringförmig ausgebildetes Abrichtwerkzeug; ein Fachmann würde aufgrund der technologischen Unterschiedlichkeiten bezüglich der Abbildungsverfahren diese Druckschriften nicht in Zusammenhang mit dem anderen vorgenannten Stand der Technik bringen.

b) Beschwerdegegnerin I:

- das DIN-Blatt 58722-1 definiere das Polieren als "Endbearbeitung optisch wirksamer Flächen" und begründe die Relevanz von (D1), die auf das Schleifen und Endbearbeiten von Linsen abgestellt sei;

- (D3) lehre den Fachmann in etwas anderem Zusammenhang, nämlich beim Schleifen, daß ein Umspannen des Werkstückes dann entfallen könne, wenn die Bearbeitungsvorrichtung mit einer dritten, ein Abrichtwerkzeug tragenden Spindel ausgerüstet werde;

- die in der Streitpatentschrift angesprochene Problemstellung sei damit schon aus (D3) bekannt und gelöst; die über die dritte Spindel hinausgehenden Kennzeichenmerkmale des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag seien aggregativer Art und damit getrennt am Stand der Technik zu messen; z. B. an (D9) und dessen angetriebener Abrichtrolle bzw. an (D8) und dem Membranspannfutter für die zu bearbeitende Linse bzw. an (D4) und dem dort offenbarten Freiformabrichten mittels eines ringförmigen Abrichtwerkzeuges;

- die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag I seien zusammenfassend nicht erfinderisch, so daß die Beschwerde zurückzuweisen sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Hauptantrag

Eine angetriebene Werkzeugspindel zur Aufnahme eines Abrichtwerkzeuges ist der EP-B1-0 727 280 in Spalte 6 Zeilen 17 und 18 entnehmbar während die Relativbewegung zwischen Abrichtwerkzeug und Polierwerkzeug aus Spalte 8 Zeilen 25 bis 28 hervorgeht; ein Topfwerkzeug als Abrichtwerkzeug ist dem erteilten Anspruch 3 entnehmbar. Damit sind die dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale offenbart, Artikel 123 (2) EPÜ, und da sie einschränkender Natur sind auch aus der Sicht des Artikels 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.

2.2. Hilfsantrag I

Das gegenüber dem Hauptantrag hinzugefügte Merkmal des Membranspannfutters mit Druckluftanschluß ist aus dem erteilten Anspruch 2 herleitbar, so daß Artikel 123 (2) EPÜ nicht verletzt wird. Dieses Merkmal ist wiederum einschränkender Art, so daß auch keine Schutzbereichserweiterung im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ vorliegt.

3. Neuheit

Die Neuheit des in Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag I Beanspruchten war zwischen den Parteien nicht strittig und ist auch nach Einschätzung der Kammer gegeben; es erübrigen sich somit ins Detail gehende Erörterungen.

4. Erfinderische Tätigkeit

Hauptantrag

4.1. Gemäß DIN-Blatt 58722-1, Abschnitt 2.4 Trennen, laufende Nummer 13, ist das Polieren als "Endbearbeitung optisch wirksamer Flächen" definiert. Die Kammer folgt dieser Definition, so daß (D1) als gattungsnächste Druckschrift zu berücksichtigen ist, vgl. ihre Spalte 1 Zeilen 3/4, Spalte 3 Zeilen 16 bis 20 und Spalte 9 Zeilen 38 bis 50, weil die dort erwähnten Begriffe "Nachbearbeitung", "Glattschleifen/Läppen" und "Endbehandeln" gemäß vorgenanntem DIN-Blatt Synonyme zum "Polieren" sind.

4.2. Die Vorrichtung gemäß (D1) erlaubt zwar das Schleifen und Endbearbeiten/Polieren mit ein und derselben Maschine auszuführen, vgl. Spalte 9 Zeilen 38 bis 41, aber bei Werkzeugverschleiß muß das Werkzeug ausgebaut und in einer separaten Einrichtung abgerichtet d. h. auf die Nennform gebracht werden, vgl. EP-B1-0 727 280, Spalte 4 Zeilen 2/3. Der Polierprozeß wird dadurch unterbrochen und in zeitlicher Hinsicht verlängert sowie bezüglich der Präzision des Poliervorganges nachteilig beeinflußt.

4.3. Von diesen Gegebenheiten des Standes der Technik gemäß (D1) geht vorliegende Erfindung aus und schlägt gemäß Anspruch 1 vor, eine zur Werkstückspindel parallele und angetriebene, sowie beabstandete Spindel zur Aufnahme des Abrichtwerkzeuges vorzusehen und eine Relativschwenkung zwischen Polierwerkzeug und Abrichtwerkzeug sicherzustellen.

4.4. Zunächst ist festzuhalten, daß die der Streitpatentschrift in Spalte 3 Zeilen 1 bis 10 entnehmbare Aufgabe mit Blick auf den Anspruch 1 nicht die objektiv verbleibende, von der Erfindung zu lösende Aufgabe ist, weil die Kennzeichenmerkmale Topfwerkzeug und Relativschwenkung zwischen Polier- und Abrichtwerkzeug nicht angesprochen sind. Die der Streitpatentschrift entnehmbare Aufgabe ist somit zu ergänzen um Teilaufgaben, die die vorstehend genannten Kennzeichenmerkmale bedingen, nämlich vorteilhafte Ausgestaltung des Abrichtwerkzeuges und Sicherstellung einer vorteilhaften Kinematik beim Abrichtvorgang.

4.5. Es liegt auf der Hand, daß es sich um eine aggregative Aufgabenstellung handelt, die durch Merkmale in aggregativer Aneinanderreihung gelöst wird. Bei diesen Gegebenheiten ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach seinen Merkmalsgruppen getrennt am Stand der Technik zu messen.

4.6. An dieser Stelle sei ausgeführt, daß die Kammer mit der Beschwerdegegnerin konform geht, daß vorliegend ein kombinatorisches Zusammenwirken der Kennzeichenmerkmale von Anspruch 1 fehlt, vgl. die divergierenden Aufgabenaspekte wie die Verkürzung der Umbau- und Umrüstphase bzw. die Ausgestaltung des Abrichtwerkzeuges und dessen Kinematik mit Blick auf das Polierwerkzeug.

Die Kammer geht davon aus, daß sich ein Fachmann, der vor dem Problem der Verkürzung der Umbau- bzw. Umrüstphasen steht - vgl. Spalte 4 Zeilen 4 bis 7 der EP-B1-0 727 280 - auf dem engbegrenzten Gebiet der Linsenbearbeitung (hier Schleifen anstelle von Polieren) umsieht und auf (D3) stößt, die dieses Problem bereits erkannt und im Sinne des Anspruchs 1 gelöst hat, nämlich durch eine weitere Spindel für das Abrichtwerkzeug, die beabstandet und parallel zu den Werkstück- bzw. Werkzeugspindeln innerhalb ein und derselben Linsenbearbeitungsmaschine vorgesehen ist, vgl. (D3) Figur 1 Bezugszeichen "4" (Schleifspindel), "8" (Werkstück) und "7" (Abrichtwerkzeug). Damit ist die Reduzierung der Umbau-/Umrüstphase vorgezeichnet und aufgrund der Gattungsnähe von (D3) nicht mehr als erfinderisch anzusehen.

4.7. Mit Blick auf (D4) gilt dies auch für die Merkmalskomplexe angetriebenes Topfwerkzeug und dessen Kinematik gemäß Anspruch 1, da (D4) ein "ringförmiges Abrichtwerkzeug" offenbart, das "ein- oder vielschneidig sein kann". Die Kammer vermag bei fachmännischer Auslegung des Begriffes "ringförmiges Abrichtwerkzeug" gemäß (D4) keinen technischen Unterschied zu "beispielsweise einem Topfwerkzeug" - vgl. EP-B1-0 727 280, Spalte 8 Zeile 27 - zu erkennen, da das bekannte Abrichtwerkzeug ein- oder mehrschneidig ausgebildet sein kann und nicht nur geometrisch, sondern auch in funktioneller Hinsicht mit dem beanspruchten Topfwerkzeug übereinstimmt.

4.8. Das Topfwerkzeug und seine Kinematik d. h. Relativschwenkung gegenüber dem Polierwerkzeug hängen untrennbar zusammen, wie dies auch (D4), vgl. Doppelpfeil "7" in der Figur und die Beschreibung des Ausführungsbeispieles ("Winkelverstellung 7"), erkennen läßt, da ansonsten nicht die gesamte Oberfläche des Polierwerkzeuges abgerichtet werden könnte. Insgesamt liegt in Übereinstimmung mit dem Beanspruchten auch bei (D4) ein Freiformschneiden beim Abrichtvorgang vor, so daß auch insoweit kein Hindernis erkennbar ist, (D4) in Kombination zu betrachten.

4.9. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 insgesamt vom zu berücksichtigenden Stand der Technik nahegelegt ist, Artikel 56 und 100 a) EPÜ.

4.10. An dieser Schlußfolgerung der Kammer vermögen auch die insgesamt vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin nichts zu ändern:

- ein kombinatorisches Zusammenwirken der Kennzeichenmaßnahmen von Anspruch 1 wurde zwar behauptet, ist seitens der Kammer (und der Beschwerdegegnerin) aber nicht nachvollziehbar, weil die dritte Spindel der Poliervorrichtung der Beschleunigung der Umbau-/Umrüstphasen dient und in keinem funktionellen Zusammenhang z. B. mit dem Freiformschneiden beim Abrichten steht;

- bei fachmännischer Auslegung der zu berücksichtigenden Druckschriften ist unter Zugrundelegung der jeweils objektiv verbleibenden Teilaufgabe - problem-solution-approach bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Beanspruchten - deren gleichzeitige Betrachtung für den Fachmann vorgezeichnet und ohne erfinderisches Tätigwerden möglich;

- aus dem Blickwinkel der jeweils zu lösenden Teilaufgabe ist es übliches fachmännisches Vorgehen, sich nicht von Nebenaspekten der jeweiligen Druckschriften ablenken zu lassen, so daß es irrelevant ist, ob (D3) eine hochgenaue Maschinensteuerung erfordert oder nicht bzw. ob diese bei Ausfall das Abrichtergebnis negativ beeinflussen könnte, da (D3) für den Fachmann aus der Sicht der Umbau-/Umrüstphasen von Interesse ist, unabhängig davon, ob (D3) das Abrichtverhalten gemäß Anspruch 1 offenbart oder nicht d. h. Kopierverfahren oder Freiformabrichten.

Hilfsantrag 1

4.11. Das gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrages zusätzliche Merkmal ist das Membranspannfutter und dessen Druckluftanschluß.

4.12. Während schriftsätzlich seitens der Beschwerdeführerin die Wirkung der kardanischen Halterung d. h. "schwimmend" hervorgehoben wurde, wurde in der mündlichen Verhandlung die Wirkung des Membranspannfutters dergestalt gesehen, daß damit der Arbeitsdruck und damit die Kraft beim Linsenpolieren eingestellt werden könne.

4.13. Während die dritte Spindel und das Topfwerkzeug und seine Kinematik mit dem eigentlichen Poliervorgang nichts zu tun haben und auf die Taktzeit bzw. Wiederherstellung der idealen Werkzeugform ausstrahlen, betrifft das Membranspannfutter und sein regelbarer Druckluftanschluß - wie Spalte 4 Zeilen 23 bis 29 der EP-B1-0 727 280 erhellt - unmittelbar den Polierprozeß. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß dieses Merkmal aggregativer und nicht kombinatorischer Art ist.

4.14. Wie (D8) erhellt, ist ein Membranspannfutter mit Druckluftanschluß beim Linsenpolieren bekannt, Bild 7 der (D8), auch wenn in (D8), vgl. Seite 31 mittlere Spalte erster Absatz, das kittlose Halten der Linsen in den Vordergrund gestellt ist.

4.15. Zusammenfassend ergibt sich wiederum, daß der Fachmann aus dem direkten Gebiet des Streitpatents sich Anregungen holen konnte, wie die Linsen vorteilhaft zu spannen sind; daß über den Luftdruck die Polierkraft regelbar ist, ergibt sich für den Fachmann von alleine und kann nicht als erfinderisches Tätigwerden anerkannt werden. Somit kann auch Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 keinen Rechtsbestand haben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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