T 0772/99 () of 20.2.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T077299.20010220
Datum der Entscheidung: 20 Februar 2001
Aktenzeichen: T 0772/99
Anmeldenummer: 96111004.6
IPC-Klasse: B21D 43/05
B21D 43/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrstufenpresse für die Massivumformung
Name des Anmelders: FORMATECH Maschinen und Service für die Umformtechnik GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit ihrer am 25. Februar 1999 zur Post gegebenen Entscheidung wies die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 96 111 004.6 (Veröffentlichungsnummer: 0 753 364) zurück.

Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 im Hinblick auf

D1: US-A-4 387 632

und das allgemeine Fachwissen auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Gegen diese Entscheidung legte die beschwerdeführende Anmelderin frist- und formgerecht Beschwerde ein.

Sie beantragte in ihrer Beschwerdebegründung vom 16. Juni 1999

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der der Beschwerdebegründung beigefügten Patentansprüche 1 bis 11 zu erteilen,

- hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, falls diesem Antrag nicht stattgegeben werde.

III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 20. November 2000 äußerte die Kammer Bedenken bezüglich des Naheliegens des Gegenstands des Patentanspruchs 1 im Hinblick auf das Dokument D1 und das allgemeine Fachwissen.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2001 nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und beantragte, über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

IV. Sie führte in der Beschwerdebegründung im wesentlichen folgendes aus:

Dokument D1 offenbare nicht mehr, als nach dem Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 als bekannt vorausgesetzt werde. Hinweise oder Anregungen, anstelle der in dieser Druckschrift offenbarten Regelung mit einer Steuerung zu arbeiten, seien dort nicht zu finden.

Zwar könne unterstellt werden, daß der Fachmann sowohl Regelungen als auch Steuerungen kenne, es könne aber daraus nicht abgeleitet werden, daß er in der Lage wäre, die bei der Mehrstufenpresse nach D1 eingesetzte Regelung durch eine Steuerung zu ersetzen. Eine Steuerung sei bekanntlich weniger betriebssicher als eine Regelung und bei Mehrstufenpressen komme es hauptsächlich auf die Betriebssicherheit an. Deshalb habe die Fachwelt bisher ausschließlich Regelungen bei Mehrstufenpressen eingesetzt und wohl auch für unerläßlich gehalten.

V. Patentanspruch 1 lautet:

"Mehrstufenpresse für die Massivumformung mit einer Umformeinrichtung und einer zugehörigen Transportvorrichtung für die umzuformenden Werkstücke (13), bei der die Umformeinrichtung und die Transportvorrichtung getrennte Antriebseinrichtungen (2, 19, 21) aufweisen und zumindest die Antriebseinrichtung (2) der Umformeinrichtung einen die jeweilige Position der Umformeinrichtung feststellenden Signalgeber (25) zur elektrischen bzw. elektronischen Beeinflussung der Antriebseinrichtung (19, 21) der Transporteinrichtung aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Antriebseinrichtung (19, 21) der Transportvorrichtung vom Signalgeber (25) direkt angesteuert wird."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Die Neuheit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 ist offensichtlich. Sie wurde im Prüfungsverfahren nicht bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Gemäß der Beschreibungseinleitung der europäischen Anmeldung (Spalte 1, Absatz 2) ist Ausgangspunkt für die Erfindung eine Mehrstufenpresse, bei der eine einzige Antriebseinrichtung sowohl die Umformeinrichtung als auch die zugehörige Transporteinrichtung antreibt.

Als Nachteil dieser bekannten Mehrstufenpresse ist in der Anmeldungsschrift herausgestellt, daß die Steuerung der unterschiedlichen zeitlichen Abläufe der Bewegungen der Umformeinrichtung und der Transporteinrichtung mechanisch durch komplizierte Getriebe und mit mechanischen Kurven verwirklicht sei. Wenn mit einer solchen Mehrstufenpresse andere Werkstücke gepreßt werden sollten als die ursprünglich vorgesehenen, so erfordere die Anpassung der Transportvorrichtung an veränderte Taktzeiten eine komplizierte Umrüstung des Getriebes.

Die Anmeldungsschrift bezeichnet es als die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, "eine Mehrstufenpresse der eingangs beschriebenen Gattung anzugeben, die ohne komplizierten Getriebeaufbau einfach und mit geringem Zeitaufwand an die Pressung anderer Werkstücke anpaßbar ist."

3.2. D1 offenbart eine Mehrstufenpresse, bei der die Umformeinrichtung und die Transporteinrichtung getrennte Antriebseinrichtungen aufweisen. Um die Umformeinrichtung und die Transporteinrichtung zu synchronisieren, werden die Drehzahlen und die Phasen der jeweiligen Antriebsmotoren geregelt.

Es ist unstrittig, daß durch diese Regelung die von der Erfindung angestrebte und erzielte Wirkung völlig erreicht wird. Es ist ausdrücklich angegeben, daß hierdurch eine mechanische Kupplung zwischen dem Antrieb der Umformeinrichtung und den verschiedenen Kurven der Transporteinrichtung nicht mehr notwendig ist, siehe Spalte 1, Zeilen 15 bis 17 von D1.

3.3. Strittig ist auch nicht die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von dem Stand der Technik nach D1 nur dadurch unterscheidet, daß der Antrieb der Transportvorrichtung direkt vom Signalgeber angesteuert wird. Mit anderen Worten wird der Antrieb der Transportvorrichtung nicht geregelt, sondern gesteuert.

Als Fachmann ist hier ein mit der Entwicklung und der Konstruktion von Mehrstufenpressen vertrauter Techniker oder Ingenieur anzusehen, der über ein entsprechendes Allgemeinwissen bezüglich Regelungen und Steuerungen verfügt. Er weiß somit, daß eine direkte Ansteuerung technisch einfacher ist als ein Regelsystem.

Wird der Fachmann mit diesem allgemeinen Fachwissen nun vor die Aufgabe gestellt, den verhältnismäßig großen regelungstechnischen Aufwand bei D1 zu reduzieren, so wird er anstelle der Regelung eine einfachere Steuerung einsetzen, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen.

3.4. Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, daß dem Einsatz einer Steuerung bei Mehrstufenpressen Bedenken der Fachwelt bezüglich der hohen Anforderungen an die Betriebssicherheit entgegengestanden hätten. Für diese Behauptung hat sie trotz ausreichender Gelegenheit im Prüfungs- und Beschwerdeverfahren keinen Nachweis erbracht. Auch kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Steuerungen in einer Vielzahl von Vorrichtungen auf verschiedenen technischen Gebieten eingesetzt sind, obwohl sich die Fachwelt ständig um die Erzielung einer hohen Betriebssicherheit bemüht. Der einschlägige Fachmann ist sich somit bewußt, daß die Benutzung einer Steuerung bei genügender Betriebssicherheit möglich ist und somit auch bei Mehrstufenpressen möglich sein dürfte.

3.5. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht. Patentanspruch 1 kann mithin nicht gewährt werden.

Die Patentansprüche 2 bis 11 sind auf den Patentanspruch 1 rückbezogen und teilen bei der gegebenen Antragslage dessen Rechtsschicksal.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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