European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T076899.20010712 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Juli 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0768/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94912546.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16C 29/00 F16C 29/04 F16C 29/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Führungsschiene für rollende Lastenträger | ||||||||
Name des Anmelders: | INA Wälzlager Schaeffler KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja, nach Änderung) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die am 18. Juni 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent Nr. 0 695 400 zurückzuweisen.
II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) i. V. m. Artikel 56 EPÜ angegriffen worden. Folgende Entgegenhaltungen wurden genannt:
D1: WO-A-92/12353
D2: DE-A-3 631 401
D3: DE-A-3 839 091
D4: DE-A-4 111 551
D5: DE-A-4 118 479
D6: DE-U-9 011 413
D7: DE-U-9 211 223
D8: FR-A-2 559 560
D9: FR-A-2 639 081
D10: DE-A-3 937 815 (& D9)
D11: EP-B-0 213 160.
III. Gegen diese Entscheidung wurde am 24. Juli 1999 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 9. Oktober 1999 eingegangen.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte in einer mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2001, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragte, das Patent in geänderter Form auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche aufrechtzuerhalten, hilfsweise auf der Basis eines Anspruchs 1, eingereicht am 3. April 1999.
V. Die geltende Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"Führungsschiene für rollende Lastenträger mit einem als stranggepreßtes Hohlkammerprofil ausgebildeten Trägerkörper (1, 13) und wenigstens einer in einer Aufnahmenut (2) des Trägerkörpers (1, 13) angeordneten Laufschiene (15), wobei der Hohlraum des Trägerkörpers (1, 13) durch einen Quersteg (5) in eine untere Kammer (3) und eine obere Kammer (4) aufgeteilt ist und an dem Trägerkörper (1, 13) eine Außenwand (6) der unteren Kammer (3) parallel zu dem Quersteg (5) verläuft, dadurch gekennzeichnet, daß die an die Aufnahmenut (2) des Trägerkörpers (1, 13) grenzende hohle obere Kammer (4) mittels einer weiteren, zu dem Quersteg (5) parallelen Außenwand (7) des Trägerkörpers (1, 13) verschlossen ist, wobei die an die Aufnahmenut (2) des Trägerkörpers (1, 13) grenzende hohle obere Kammer (4) in Verbindung mit dem Nutgrund der Aufnahmenut (2) einen Teil der plastischen Deformation beim Maßkalibrieren aufnimmt."
Abhängige Ansprüche 2 bis 7 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1.
VI. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Der nächstliegende Stand der Technik sei aus D2 bekannt, die eine Führungsschiene offenbare, die sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 lediglich dadurch unterscheide, daß die weitere, die an die Aufnahmenut des Trägerkörpers grenzende hohle obere Kammer verschließende Außenwand nicht parallel, sondern geneigt zu dem Quersteg angeordnet sei. Insbesondere sei die Aufnahme eines Teils der beim Maßkalibrieren erfolgenden plastischen Deformation durch die an die Aufnahmenut des Trägerkörpers grenzende hohle obere Kammer in Verbindung mit dem Nutgrund aus D2 bekannt, wobei der in den Figuren gemäß dem Patent gezeigte Nutgrund eine rechteckige Vertiefung aufweise wie sie aus den Figuren 4. und 5 der D2 ersichtlich sei. Obwohl gemäß D2 die Laufschienen eingeklemmt seien, könne daraus kein Unterschied hergeleitet werden, da gemäß der Beschreibung des Streitpatents das Maßkalibrieren nicht unbedingt beim Einpressen der Laufschienen stattfinde. D8 gehöre zum gleichen technischen Gebiet und offenbare auf der Seite 4, 1. Absatz und in der Figur 5 eine parallele Anordnung von durch eine Querwand getrennten Hohlkammern verschließenden Wänden 32 zur Erhöhung der Stabilität. Eine Kombination dieser Schriften sei für den Fachmann daher naheliegend und führe zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Auch eine Zusammenschau der Lehren von D11 mit D8 führe in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
VII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Der nächstliegende Stand der Technik sei nicht aus D2, sondern aus D10 oder D11 bekannt. Das Profil gemäß D2 werde gezogen, was einen anderen Werkstoff als das Strangpressen voraussetze. Weiterhin zeige die Figur 5 gemäß D2 das Profil in einer gegenüber den Figuren des Streitpatents um 90 gedrehten Stellung, weil die Auflagefläche 38 des Profils parallel zur Ebene der Nuten vertikal angeordnet sei. Dabei sei die Kammer 34 als die untere Kammer zu bezeichnen und es sei keine die zwischen den frei liegenden Teilen 37 angeordnete obere Kammer verschließende Aussenwand vorhanden. Auch gebe D2 dem Fachmann keine Anregung hinsichtlich des Maßkalibrierens, weil das Profil für plastische Verformung ungeeignet sei. D8 betreffe ein völlig anderes Profil mit vier Kammern und anderen Stabilitätsverhältnissen, ohne jeglichen Hinweis auf Maßkalibrieren.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Anspruch 1 wurde lediglich dadurch geändert, daß die Gegenstände der erteilten Ansprüche 1, 2 kombiniert wurden. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 2 wurde im ursprünglich eingereichten Anspruch 7 offenbart.
Da von der Beschwerdeführerin weder die Stützung des geänderten Anspruchs 1 durch die ursprüngliche Anmeldung noch die Neuheit bestritten wurde, bedarf es lediglich einer Prüfung bezüglich der erfinderischen Tätigkeit.
3. Nach Auffassung der Kammer ist der nächstliegende Stand der Technik aus D10 bekannt. Die untere Kammer des Trägerkörpers ist hier kreisförmig gestaltet, weil sie als Arbeitszylinder eines Kolbenantriebs ausgebildet ist, und der Quersteg ist daher gewölbt. Ansonsten offenbart D10 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Die Seitenwände der oberen Kammer weisen sowohl nach innen gerichtete Nuten 17, 18 als auch nach außen gerichtete Nuten 20, 21 auf. Laufschienen werden entweder in den Nuten 17, 18 oder in den Nuten 20, 21 befestigt, wobei D2 keine Angaben hinsichtlich der Befestigungsweise enthält. Es wird somit ein Profil offenbart, das sich für beide Anordnungen der Laufschienen eignet. Ein Verschließen der oberen Kammer würde voraussetzen, daß der Fachmann auf die Möglichkeit innen angeordneter Laufschienen zugunsten einer die obere Kammer verschließenden Wand verzichtet.
3.1. Die kennzeichnenden Merkmale des geltenden Anspruchs 1 bewirken, daß das durch Extrusion hergestellte Profil auf Maß kalibriert werden kann, damit die Laufschienen beim Einlegen in die Nuten einen exakt konstanten Abstand voneinander einnehmen, wodurch keine Einstellung der Laufwagenrollen notwendig ist. Der Anspruchsgegenstand löst somit die Aufgabe, aus einem mit geringem Materialaufwand hergestellten Profil eine genau eingestellte Laufschienen aufweisende Führungsschiene auf einfache Weise herzustellen.
3.2. Das Maßkalibrieren zur Lösung der Aufgabe einer Reduktion des Herstellungsaufwands ist im gleichen technischen Gebiet aus D11 bekannt. D11 betrifft ein massiv extrudiertes Profil, bei dem gemäß einer Ausführungsform (Figur 1) das Material des Profils im Nutgrund beim Einpressen der Laufschienen verformt wird. Die zur Verformung des Nutgrunds erforderlichen Kräfte werden dabei durch den Trägerkörper geleitet. Die Kombination des Maßkalibrierens mit einer hohlen Kammer ist somit in D11 nicht offenbart. Nach Auffassung der Beschwerdekammer würde der Fachmann bei einer Übertragung dieser Lehre auf den Hohlkammern aufweisenden Trägerkörper gemäß D10 auf die wahlweise innere Anordnung der Laufschienen verzichten und die obere hohle Kammer massiv ausbilden, falls sich die Seitenwände der oberen Kammer zur Weiterleitung der Kräfte nicht eignen.
3.3. Weil keine andere genannte Schrift das Maßkalibrieren betrifft, kommt der Fachmann ausgehend von D10 auch nicht durch eine andere Kombination zum Gegenstand des Anspruchs 1.
4. D2 offenbart eine Führungsschiene mit einem als gezogenes Hohlkammerprofil ausgebildeten Trägerkörper. In der Figur 4 weist das unsymmetrisch gestalte Profil eine untere Kammer 34 mit einer äußeren senkrecht angeordneten Anlagefläche 38 zur Befestigung des Trägerkörpers und eine obere durch eine schräg angeordnete Wand verschlossene Kammer 35 auf. Die die Mittelachsen 12 der die Laufschienen aufnehmenden Nuten verbindende gedachte Linie 9 ist senkrecht, d. h. im wesentlichen parallel zu den Kammern angeordnet. Die Aufnahmenuten weisen je einen Schlitz 10 auf, der dem von den Kammern weggerichteten Teil jeder Aufnahmenut eine gewisse Elastizität verleiht, damit die Laufschienen mittels einer Klemmschraube in den Aufnahmenuten austauschbar gehalten werden können. Ein Maßkalibrieren wird nicht erwähnt und ist auch nicht herleitbar. Es ist auch nicht erkennbar, ob sich das Profil dafür eignet, eine daraus resultierende plastische Deformation aufzunehmen. Nach Auffassung der Beschwerdekammer unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 von dem der D2 im wesentlichen durch die das Aufnahemen einer plastischen Deformation im Bereich des Nutgrunds beim Maßkalibrieren betreffenden Merkmale sowie durch die parallele Anordnung der oberen Außenwand.
4.1. D8 betrifft eine extrudierte Laufschiene mit einem achteckigen Profil, bei der Laufrollen schräg angeordnete Endflächen 21 des Profils direkt berühren. Es fehlt also die gattungsgemäße aufteilung in eine Führungsschiene mit Nuten und darin festgelegten Laufschienen. In einer bevorzugten Ausführungsform gemäß Figur 5 weist das Profil vier Kammern auf, die durch im mittleren Bereich des Querschnitts parallel angeordnete Querstege 32 gebildet sind, wobei das Profil neben den mittleren Kammern seitliche Nuten 25 zur Montage von Hilfselementen aufweist. Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist die Lehre gemäß D8, daß diese zueinander parallelen, mittig angeordneten Querstege vorteilhaft sind, keine Anregung für den Fachmann, die schräg angeordnete Außenwand gemäß D2 parallel zum dortigen mittig angeordneten Quersteg anzuordnen, zumal das Profil im Vergleich mit dem gemäß D8 hinsichtlich der Belastungen durch den Laufwagen unterschiedlich gestaltet ist. Weiterhin wird das Maßkalibrieren in D8 nicht erwähnt. Obwohl das Maßkalibrieren an sich aus D11 bekannt ist, liegt es nicht nahe, dieses Merkmal auf das Profil gemäß D2 zu übertragen, weil, wie oben schon erwähnt, es lediglich zusammen mit einem massiven Profil offenbart ist.
4.2. Die Beschwerdekammer ist daher der Auffassung, daß auch eine Kombination der Lehre gemäß D2 und D8 den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht nahelegt.
5. Die Beschwerdekammer kommt zu dem Schluß, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 im Lichte der genannten Beweismittel auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Weil die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 alle Merkmale des Anspruchs 1 enthalten, beruhen die Gegenstände dieser Ansprüche ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverweisen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 7 und Beschreibung gemäß Hauptantrag, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2001;
Zeichnungen wie erteilt.