European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T065799.20020305 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 März 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0657/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94111129.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02G 3/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Unterflurgerätedose für naß zu reinigende Böden | ||||||||
Name des Anmelders: | Albert Ackermann GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | OBO Bettermann GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - bejaht Unzulässige Ex-post-facto-Analyse |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 648 000.
II. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung lautet wie folgt:
"Unterflurgerätedose für naß zu reinigende Böden, mit einem als Schnurauslaß ausgebildeten Bauteil (3), das zentral in einem Deckel (2) eines Schutzrahmens (1) vorgesehen und in der Betriebsposition von einer Oberseite des Deckels abragend dicht in den Deckel eingebunden ist, wobei zwischen dem Deckel und dem Schutzrahmen eine umlaufende Dichtung (5) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Deckel (2) schwenkbar am Schutzrahmen (1) angeordnet ist und eine Verriegelungseinrichtung (13 bis 19; 38 bis 41; 42 bis 50) aufweist, die den Deckel (2) in der verriegelten Position gegen die umlaufende Dichtung (5) gepresst hält."
Die Patentansprüche 2 bis 20 sind von Anspruch 1 abhängig.
III. Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, daß der berücksichtigte Stand der Technik ohne rückschauende Betrachtung nicht zu einer naheliegenden Kombination führe, die bei einer Unterflurgerätedose für naß zu reinigende Böden einen schwenkbaren Deckel mit Verriegelungseinrichtung nach Anspruch 1 vorsehe. Die angefochtene Entscheidung hat dabei insbesondere auf die folgenden, auch für das Beschwerdeverfahren relevanten Dokumente Bezug genommen:
D1: FR-A-2 132 272
D3: DE-U-7 909 964
D4: DE-U-9 213 911
D5: DE-U-9 213 933
D6: DE-U-1 982 479 und
D7: DIN-Norm 57 634 Teil 1, 1983.
IV. Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerdebegründung ein deutsches Familienmitglied der D1, DE-A-2 116 402, eingereicht. Im folgenden wird auf diese Druckschrift unter D1' Bezug genommen.
V. Der Beschwerdegegner hat in Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung, die am 5. März 2002 vor der Kammer abgehalten wurde, je einen geänderten Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2 eingereicht.
VI. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
VII. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, oder hilfsweise in geändertem Umfang mit einem der Hilfsanträge 1 oder 2, eingereicht mit Brief vom 5. Februar 2002, aufrechtzuerhalten.
VIII. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Eine Unterflurgerätedose für naß zu reinigende Böden mit einem zentral im Deckel angeordneten Schnurauslaß gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 sei sowohl aus D3 als auch D4 bekannt. Der (nach DIN-Norm D7) geforderte Feuchtigkeitsschutz bei bodenbündigem Deckeleinbau werde in D3 und D4 dadurch erreicht, daß eine umlaufende Dichtung zwischen dem Deckel und dem Schutzrahmen durch Verschraubung gepreßt werde. Der Zugang zu den Geräten in der Dose sei bei dieser Befestigung umständlich. Weiter sei es nachteilig, daß der geöffnete Deckel frei herumliege, da er nicht mit der Unterflurgerätedose verbunden sei.
Dem Fachmann stelle sich daher die Aufgabe, die Unterflurgerätedose zu vereinfachen und die Zugänglichkeit zu den Geräten zu erleichtern.
Der Fachmann kenne aus D1' oder D6 Unterflurgerätedosen mit schwenkbarem Deckel und Verriegelungseinrichtung (D1': unverlierbare Schraube 33; D6: federnde Schnepper 15), die eine Dichtung (D1': umlaufende "rahmenförmige Dichtung" 35; D6: Dichtstreifen 16, 17) gepreßt halte. Es liege auf der Hand, daß eine solche schwenkbare Anordnung des Deckels am Schutzrahmen die Zugänglichkeit verbessere und außerdem den Vorteil aufweise, daß der Deckel unverlierbar mit der Unterflurgerätedose verbunden bleibe. Der Fachmann werde dabei den in D3 oder D4 vorhandenen zentralen Schnurauslaß beibehalten, da er einen schwallwassersicheren Auslaß gewährleiste. Es sei selbstverständlich, daß der Deckel gleichmäßig gegen die umlaufende Dichtung gepreßt gehalten werden müsse, um den geforderten Feuchtigkeitsschutz zu erreichen (vgl. D7, Abschnitt 11). Auch eine Verriegelung vorhandener Deckel sei bei fußbodenebenen Einbaueinheiten in der DIN-Norm D7 (Punkt 6.1.3) vorgeschrieben. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags stelle daher für einen Fachmann, der im vorliegenden Fall zumindest ein Fachhochschulingenieur mit mehrjähriger Erfahrung sei, eine naheliegende Kombination dar. Auch wenn ein schwenkbarer Deckel nicht die einzig mögliche Lösung der genannten Aufgabe gewesen sei, gehöre es zu seinen üblichen Tätigkeiten, unter mehreren Möglichkeiten eine geeignete Lösung auszuwählen.
Auch ausgehend von D5 komme der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Der in D5 offenbarte, schwenkbare Deckel sei zur Gewährleistung einer Schwallwassersicherheit durch einen Rahmen vom Boden abgehoben angeordnet. Wenn der Fachmann vor die Aufgabe gestellt sei, eine fußbodenbündige Anordnung des Deckels vorzusehen, müsse der Deckel, wie in D7 vorgeschrieben, entsprechend abgedichtet und verriegelt werden.
Aus dem verfügbaren Stand der Technik könne kein Vorurteil gegen eine Verwendung eines (nicht verschraubten) schwenkbaren Deckels bei einer naß zu reinigenden Unterflurgerätedose abgeleitet werden. Daß trotz der zum Teil schon alten Entgegenhaltungen die naheliegende Lösung eines Schwenkdeckels mit zentralem Schnurauslaß nicht vorgeschlagen worden sei, hänge lediglich davon ab, wann der Fachmann zum ersten Mal mit der genannten Aufgabenstellung konfrontiert werde. Die Bemerkung in D5 (Seite 2, Absatz 1), daß Klappdeckel nicht für den Einsatz in naß gepflegten Böden geeignet seien, stelle lediglich eine individuelle Aussage zu einem bestimmten Zeitpunkt und nicht ein allgemeines Vorurteil dar. In D7 (Punkt 11.2.1) sei nur darauf hingewiesen, daß (gegebenenfalls vorhandene) Befestigungsschrauben, deren Anzugsmoment auf Dichtungsmittel wirke, mit einem festgelegten Drehmoment angezogen werden müßten. Daraus könne nicht geschlossen werden, daß Schrauben bei Unterflurgerätedosen bevorzugte oder ausschließliche Befestigungsmittel zur Erzeugung einer Dichtungswirkung darstellten. Im übrigen kämen Schrauben, z. B. solche mit einer halben Umdrehung, aber durchaus als Verriegelungseinrichtung in Betracht.
IX. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Sowohl D3 und D4 offenbarten Unterflurgerätedosen mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Hauptantrags. D3 liege aber näher, weil diese Unterflurgerätedose wegen des von Hand aufgeschraubten Schnurauslasses eine einfachere Zugänglichkeit zu den Geräten ermögliche als D4.
Eine Unterflurgerätedose nach Anspruch 1 des Hauptantrags erleichtere gegenüber der aus D3 (oder auch D4) bekannten Dose die Zugänglichkeit durch die Anordnung eines schwenkbaren Deckels mit Verriegelungseinrichtung. Der Deckel könne somit schnell und einfach geöffnet werden, und die Verriegelungseinrichtung halte die umlaufende Dichtung so unter Druck, daß trotz der bodenbündigen Anordnung des Deckels für eine lange Betriebsdauer die geforderte Feuchtigkeitsbeständigkeit für naß zu reinigende Böden erreicht werde. Die Verriegelungseinrichtung sei bei korrekter Auslegung des Patentanspruchs als formschlüssiger Verrastmechanismus, wie in den Ausführungsbeispielen des Streitpatents, zu verstehen. "Schnappverschlüsse" und ähnliche "Verriegelungen", wie in D7 (Punkt 6.1.3) erwähnt, kämen zumindest nicht für eine Verriegelungseinrichtung im Sinne des Streitpatents in Frage. Das Merkmal "bodenbündig" sei zwar nicht explizit in Anspruch 1 enthalten, sei aber für den Fachmann implizit, da Anspruch 1 festlege, daß ein Schnurauslaß zentral in einem Deckel des Schutzrahmens vorgesehen sei, was nur bei bodenbündiger Anordnung des Deckels gemacht werde.
Der Fachmann habe mehrere Möglichkeiten, die Zugänglichkeit einer aus D3 bekannten Unterflurgerätedose zu verbessern. Er könnte z. B. wie in D4 (siehe dortiger Anspruch 1) einen domartigen, für den Handdurchgriff geeigneten, nach oben offenen Schnurauslaß vorsehen. Er könnte auch einen schwenkbaren Deckel in einer angehobenen Position wie in D5 anordnen. Er könnte auch eine bodenbündige Anordnung des Deckels wie in D1' oder D6 in Erwägung ziehen, hätte aber einen solchen Deckel für naß zu reinigende Böden nicht aufgrund naheliegender Erwägungen eingesetzt. Denn die Offenbarung der D1' und D6 beschränke sich auf trocken gepflegte Böden, wie aus der Art der Dichtung und dem Hinweis auf Teppichböden hervorgehe. D6 offenbare nämlich nur Dichtstreifen im Bereich des seitlichen Auslasses der Kabel, und die federnden Schnepper könnten nicht als Verriegelungseinrichtung im Sinne des Streitpatents angesehen werden. Auch D1' (Seite 4, Absatz 1) offenbare nur sehr beiläufig eine Dichtung zur Abdeckung der Schraubenköpfe, um einen unbefugten Zugang zu erschweren. Diese Dichtung könne auch geräuschdämpfende Funktion haben, sei aber schon wegen der Einschnitte (30, 31) des Deckels nicht für Naßreinigung geeignet. Die Unterflurgerätedose der D1' weise auch keine Verriegelungseinrichtung auf, da die unverlierbare Schraube (33) kraftschlüssig und nicht als formschlüssiger Verrastmechanismus wirke.
Der Stand der Technik weise von der Erfindung weg, wenn er ohne rückschauende Betrachtung analysiert werde. So weise D5 (Seite 2, Absatz 1) ausdrücklich darauf hin, daß Klappdeckel nicht für den Einsatz in naß gepflegten Böden geeignet seien, und schlage deshalb vor, den Deckel in einer ausreichend angehobenen Ebene anzuordnen. Bei bodenbündigen Deckeln sei im Stand der Technik die Dichtwirkung durch Verschrauben und durch das Eigengewicht der Platte erzielt worden. D7 (Punkt 11.2.1 und 11.2.2) bestätige dies durch Hinweis auf Befestigungsschrauben, deren Anzugsmoment auf Dichtungsmittel wirkt. D7 weise auch auf die gestalterisch notwendigen Unterschiede zwischen Unterflurgerätedosen für trocken und naß gepflegte Fußböden hin. Punkt 6.1.3 der Norm D7 nehme zwar nicht explizit Bezug auf trocken gepflegte Fußböden, der Fachmann würde aber die Begriffe "Klappdeckel", "Scharnier" oder "Gelenk" automatisch mit trocken gepflegten Fußböden in Verbindung bringen. D7 gebe dem Fachmann daher ebenfalls keine Anregung, bei naß zu reinigenden Böden einen schwenkbaren Deckel bodenbündig anzuordnen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist nicht bestritten. Die Parteien sind sich auch einig, daß sowohl D3 als auch D4 eine Unterflurgerätedose mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Hauptantrags offenbaren.
3. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe z. B. "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 3. Auflage 1998, Seiten 140 - 141, Punkt 6.1) ist für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausschlaggebend, was ein Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents im Lichte des Standes der Technik bei einer gegebenen Aufgabenstellung und ohne Kenntnis der Erfindung aufgrund naheliegender Überlegungen gemacht hätte und nicht, was er hätte machen können. Im vorliegenden Fall erscheint es der Kammer daher zweckmäßig, von einer chronologischen Gesamtbetrachtung des berücksichtigten Standes der Technik auszugehen, um eine im nachhinein einfach erscheinende Maßnahme objektiv beurteilen zu können. Das Veröffentlichungsdatum der Dokumente ist im folgenden jeweils in Klammer gesetzt.
3.1. D6 (1968) offenbart eine Unterflurgerätedose mit aufklappbarem Deckel, der zur Sicherung in seiner Schließlage federnde Schnepper oder Magnetschnepper (15) und an einem Deckelrand Dichtungsstreifen (16, 17) aus nachgiebigem Stoff (z. B. Moosgummi) zur Bildung einer Fuge für die herauszuführenden Leitungen aufweist. Der Bodenbelag, z. B. ein Teppich, wird über den Deckel der eingebauten Dose fortgeführt und ist lediglich im Bereich einer Öffnung unterbrochen, aus der die Leitungen herausgeführt werden (D1, Figur 1 und 2; Ansprüche 1, 2 und 4; Absatz über die Seiten 3 und 4).
3.2. D1' (1972) offenbart eine Unterflurgerätedose mit einem Rahmen, in dem mindestens zwei Behälter innerhalb der Dose angebracht sind, so daß Starkstrom- und Schwachstrominstallationsgeräte getrennt eingebaut und nachträglich ausgetauscht werden können. Ein schwenkbar am Rahmen angelenkter, bodenbündiger Deckel (12) soll den Montageaufwand verringern und weist an einer der Schwenkachse gegenüberliegenden Kante Einschnitte für die Ausführung der Kabel und in der Nähe der Mitte dieser Kante eine unverlierbare Schraube (33) auf. Eine rahmenförmige Gummidichtung (35) deckt Schraubenköpfe ab, "so daß ein unbefugter Zugang zum Innenraum der Dose 2 erschwert wird". An dem Deckel kann außen ein Teppichüberzug angeklebt sein (D1', Figuren 1 bis 3; Ansprüche 1, 6 und 7; Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, Absatz 3; Seite 4, Absatz 1).
3.3. D3 (1979) offenbart eine Unterflurgerätedose für naß gepflegte Böden, die mit einfachen Mitteln einen wassergeschützten und formschönen Anschluß für Geräte verwirklichen soll. Dazu wird eine zum Auflegen einer Steinplatte ausgebildete Montageplatte (11) am Rand von einem umlaufenden Dichtprofil (10) eingefaßt und mit einem Tragrahmen (1) verschraubt. Die Montageplatte weist in der Mitte einen Schnurauslaß (19) auf, der bis zu einer gewissen Höhe abragt und einen Feuchtigkeitsschutz bietet. Der Schnurauslaß drückt beim Festschrauben einen Dichtring (23) für den Schnurauslaß gegen die Steinplatte und preßt die Steinplatte gegen das umlaufende Dichtprofil (D3, Figur 1; Ansprüche 1 und 3; Seite 5; Seite 9, Absatz 3).
3.4. Die DIN-Norm D7 (1983) definiert unter anderem die Begriffe "trocken gepflegte Fußböden" und "naß gepflegte Fußböden" (D7, Punkte 2.5.1 und 2.5.2) und legt die unterschiedlichen Anforderungen für beide Verwendungen fest. D7 (Punkt 6.1.2 und Abschnitt 11) fordert für naß gepflegte Fußböden einen Feuchtigkeitsschutz bis zu einer Höhe von 10 mm über der begehbaren Oberfläche und für nicht verschlossene Öffnungen einen Mindestabstand von 30 mm zur Fußbodenoberfläche. Von fußbodenebenen Einbaueinheiten wird unter Punkt 6.1.3 verlangt, daß die Betriebsmittel zwangsläufig bündig mit der Oberkante des Fußbodens trittsicher abgedeckt sind. Weiter fordert dieser Punkt der D7: "Klappdeckel müssen selbsttätig zufallen. Deckel müssen verriegelbar und durch Scharnier oder Gelenk mit der Einbaueinheit fest verbunden sein." In einer Anmerkung dazu heißt es: "Als Verriegelung gelten zum Beispiel: Magnet-, Schnapp-, Riegel- und Klemmverschlüsse."
3.5. D4 (1993) geht von einer höhenvariablen Unterflurgerätedose aus, die bezüglich ihrer Zugänglichkeit von außen dadurch verbessert wird, daß ein zentraler Schnurauslaß in einem bodenbündigen Deckel domartig ausgestaltet wird und nach oben offen ist oder geöffnet werden kann. Durch die Höhe des Leitungsauslasses wird ein ausreichender Schutz gegen Schwallwasser bei naß gepflegten Böden sichergestellt (D4, Figuren 1 bis 4; Anspruch 1; Seite 1, Absatz 1 bis Seite 2, Absatz 3).
3.6. D5 (1993) gibt als Ausgangspunkt der Erfindung Unterflurgerätedosen an, die an einem Rahmen angelenkte Klappdeckel aufweisen, welche bündig im Fußboden angeordnet sind. Solche Unterflurgerätedosen seien marktüblich, aber nicht für den Einsatz in naß gepflegten Fußböden geeignet, weil die bekannten Unterflurgerätedosen mit Klappdeckel nur bündig zur Oberfläche des Bodens einsetzbar seien und somit Schwallwasser durch die nicht entsprechend abgedichtete, bodenbündige Unterflurgerätedose eintreten würde (D5, Seite 1 bis Seite 2, Absatz 1). Als Erfindung wird daher in D5 (Figuren 1 bis 4; Seite 2, Absätze 2 und 3) angesehen, eine ausreichend angehobene Ebene für den Klappdeckelrahmen bzw. den Klappdeckel vorzusehen, um den in D7 geforderten Feuchtigkeitsschutz (10 mm bzw. 30. mm) zu erreichen.
3.7. Einem Fachmann für Unterflurgerätedosen waren zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents also seit langem schwenkbare (bodenbündige) Deckel mit seitlichem Schnurauslaß für trocken gepflegte Böden bekannt (D6, D1, D7, D5). Bei Unterflurgerätedosen für naß gepflegte Böden wurde der Feuchtigkeitsschutz zwischen bodenbündigem Deckel und Rahmen mit einer umlaufenden Dichtung durch Verschrauben des Deckels erreicht, und die Kabel wurden aus einem zentral angeordneten und in der Betriebsposition vom Deckel abragenden Schnurauslaß herausgeführt (D3, D4). In D5 (gemeinsam mit D4 jüngster verfügbarer Stand der Technik) wurde das Problem der Abdichtung eines bodenbündigen Deckels dadurch umgangen, daß ein Deckel in einer ausreichend angehobenen Ebene angeordnet wurde und somit auch ohne besondere Dichtung schwenkbar ausgeführt werden konnte.
4. Ein Fachmann, dem sich ausgehend von D3 oder D4 die Aufgabe stellte, die Zugänglichkeit zu den Geräten der Unterflurgerätedose weiter zu verbessern, hätte in D5 eine Lösung gefunden, die allerdings vom Gegenstand des Streitpatents wegweisen würde. Denn, auch wenn Anspruch 1 des Streitpatents nicht explizit das Merkmal einer bodenbündigen Anordnung des Deckels enthält, so ergibt sich aus den vorangehenden Ausführungen, daß ein Fachmann einen in der Betriebsposition von der Oberseite des Deckels abragenden Schnurauslaß nur mit bekannten bodenbündigen Deckeln für Naßpflege in Verbindung bringen würde. Diese Auslegung des Anspruchs 1 wird auch durch die Ausführungsbeispiele des Streitpatents (Spalte 4, Zeilen 51 bis 54; Spalte 5, Zeilen 21 bis 27; Figuren 1 und 2) bestätigt.
5. Ohne rückschauende Betrachtung des weiteren Standes der Technik gab es für einen Fachmann aber keine Anhaltspunkte, die ihn aufgrund naheliegender Überlegungen veranlaßt hätten, den verschraubten Deckel in D3 oder D4 durch einen schwenkbaren zu ersetzen und durch Zusammenwirken einer Verriegelungseinrichtung mit einer umlaufenden Dichtung den in der Norm D7 geforderten Feuchtigkeitsschutz für naß zu reinigende Böden herzustellen. Trotz der seit langem bekannten Möglichkeit, schwenkbare Deckel fußbodeneben (ohne abragenden Schnurauslaß) anzuordnen, ist im Stand der Technik nur ein Hinweis zu finden, daß solche Deckel nicht für naß gepflegte Böden geeignet seien (D5, siehe Punkt 3.6 oben). Eine Kombination der Lehren der D3 oder D4 mit jener der D1' oder D6 war daher nicht naheliegend und hätte nicht ohne weitere Überlegungen zu einem zentralen abragenden Schnurauslaß und einer Verriegelungseinrichtung mit Dichtfunktion im Sinne des Anspruchs 1 des Hauptantrags geführt. Eine Verriegelungsfunktion der (einzigen) unverlierbaren Schraube (33) in D1' oder der Schnepper (15) in D6 ist nur im Sinne einer Sicherung in der Schließlage der Deckel gegeben. Auch D7 verlangt nur, daß Klappdeckel zufallen und verriegelbar sein müssen. Von einer Dichtfunktion der Verriegelungseinrichtung ist in D7 nicht die Rede.
6. Aus den obigen Ausführungen (siehe Punkte 3.6 und 5) geht bereits hervor, daß es für einen Fachmann ausgehend von D5 ebenfalls keinen naheliegenden Grund gab, den umgekehrten Weg zu gehen und einen schwenkbaren Deckel von der angehobenen Ebene entgegen der Lehre der D5 bodenbündig anzuordnen.
7. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik ergibt und somit als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen ist (Artikel 56 EPÜ). Dasselbe gilt für die Patentansprüche 2 bis 20, die von Anspruch 1 abhängig sind. Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine Prüfung der Hilfsanträge 1 und 2.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.