T 0650/99 (Hydrogenierung/BASF) of 8.7.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T065099.20030708
Datum der Entscheidung: 08 Juli 2003
Aktenzeichen: T 0650/99
Anmeldenummer: 93114621.1
IPC-Klasse: C07C 29/149
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von 2-Methyl-1,4-butandiol und 3- Methyltetrahydrofuran
Name des Anmelders: BASF Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Mitsubishi Gas Chemical Company, Inc.
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein) - naheliegende Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 589 314 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber den Lehren der Druckschriften

(1) US-A-3 318 913 und

(2)JP-A-49-9464 (englische Übersetzung des japanischen Patent 9464 von 1974)

zu widerrufen.

II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat mit Schreiben vom 7. Mai 2003 einen Testbericht eingereicht und während der am 8. Juli 2003 stattgefundenen mündlichen Verhandlung einen Satz von zwei Ansprüchen überreicht. Der einzige unabhängige Anspruch lautete:

"1. Verfahren zur Herstellung von 2-Methyl-1,4-butandiol und 3-Methyltetrahydrofuran, dadurch gekennzeichnet, daß man Verbindungen der allgemeinen Formel

FORMEL

in denen R1 für Wasserstoff oder eine C1-C8-Alkylgruppe steht und die Formylgruppe auch als Acetal mit C1-C8- Alkanolen vorliegen kann, in Gegenwart von Katalysatoren bestehend aus Kupfer oder Kupferverbindungen, die aus der Gruppe ausgewählt sind, die besteht aus 70% CuO, 25% ZnO und 5% Gamma-Al2O3; 40% CuO, 20% ZnO und 44% Gamma- Al2O3; 40% CuO, 40% ZnO, 19,9% Gamma-Al2O3 und 0,1% Na2O; 56% CuO und 40% Al2O3; und 35% CuO und 65% Gamma- Al2O3 bei einem Druck von 50 bis 300 bar mit Wasserstoff umsetzt."

III. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, die der Erfindung zugrunde liegende Problemstellung sei darin zu sehen, dass die anspruchsgemäßen Endprodukte in hoher Selektivität und Ausbeute aus nicht aufwendig herzustellenden Ausgangsverbindungen mit einem niedrigen technischen Aufwand erhalten werden.

Weiterhin hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, die in der Druckschrift (2) beschriebenen Verfahren unterschieden sich vom beanspruchten Verfahren durch die chemische Natur der Ausgangsverbindungen, die obligatorische Anwesenheit der Gamma-Lactone in der Reaktionsmischung und den festen Aggregationszustand der als Ausgangsprodukt verwendeten Maleinsäureanhydride, der die Verwendung eines Lösungsmittels voraussetze. Außerdem sei die Hydrogenierung von 3-Formyl-2- methylpropionsäure-methylester zu Alpha-Methyl-Gamma- butyrolacton in der Druckschrift (1) lediglich in Anwesenheit von Kupferchromit als Katalysator beschrieben. Somit sei das beanspruchte Verfahren weder durch die einzelnen Lehren der Druckschriften (1) und (2) noch durch deren kombinierte Lehre nahegelegt.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat geltend gemacht, aus der Druckschrift (2) gehe hervor, dass Tetrahydrofuranderivate wie 3-Methyltetrahydrofuran durch die katalytische Hydrogenierung der entsprechenden Gamma- Butyrolactone, wie beispielsweise Alpha-Methyl-Gamma- butyrolacton, in Anwesenheit eines eine konventionelle Kupferverbindung enthaltenden Hydrogenierungskatalysators hergestellt werden können. Da der Druckschrift (1) zu entnehmen sei, dass Alpha-Methyl-Gamma-butyrolacton durch Hydrogenierung eines 3-Formyl-2-methylpropionsäureesters in Anwesenheit eines konventionellen Hydrogenierungskatalysators hergestellt werden könne und in beiden Druckschriften Kupferverbindung enthaltende Katalysatoren als geeignete Hydrogenierungskatalysatoren genannt werden, werde die Herstellung von 3-Methyltetrahydrofuran durch Hydrogenierung von 3-Formyl-2-methylpropionsäureestern in Anwesenheit eines eine Kupferverbindung enthaltenden Katalysators durch die kombinierte Lehre der Druckschriften (1) und (2) nahegelegt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung Aberreichten Ansprüche 1 und 2.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123 (2)und (3) EPÜ und Neuheit

Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass die Ansprüche 1 und 2 nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ verstoßen und das beanspruchte Verfahren gegenüber dem zitierten Stand der Technik neu ist. Da die Kammer zum Ergebnis gekommen ist, dass das beanspruchte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (siehe nachstehend), erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass nicht nur die Druckschrift (2) sondern auch die Druckschrift (1) als nächstkommender Stand der Technik betrachtet werden könnte, da in Druckschrift (1) die katalytische Hydrogenierung von den im beanspruchten Verfahren als Ausgangsprodukt verwendeten 3- Formyl-2-methylpropionsäureestern zu Alpha-Methyl-Gamma- butyrolacton offenbart war.

Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kommt jedoch als nächstkommender Stand der Technik nur eine Druckschrift in Betracht, in der Gegenstände oder Verfahren offenbart sind, die dem gleichen Zweck wie die beanspruchten Gegenstände oder Verfahren dienen. Da die Druckschrift (2) die einzige zitierte Druckschrift ist, in der ein Verfahren zur Herstellung von einem der erwünschten Endprodukte offenbart ist, stellt die Lehre der Druckschrift (2) den nächstkommenden Stand der Technik dar.

3.2. Die Druckschrift (2) offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Tetrahydrofuranen durch Hydrogenierung von unter anderem Maleinsäureanhydrid, Gamma-Butyrolakton oder deren Alkylderivaten in Anwesenheit eines Katalysators bei einem Druck von 100 bis 600 atm, vorzugsweise 200 bis 500 atm, in dem der Katalysator ein allgemein bekannter Hydrogenierungskatalysator sein kann (siehe Anspruch 1; Seite 7, Zeile 36 bis Seite 8, Zeile 4; und Seite 9, Zeilen 2 bis 5).

3.3. Ausgehend von der Druckschrift (2) bestand nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Aufgabe darin, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, in dem die anspruchsgemäßen Endprodukte in hoher Selektivität und Ausbeute aus nicht aufwendig herzustellenden Ausgangsverbindungen mit einem niedrigen technischen Aufwand erhalten werden.

3.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das im Anspruch 1 definierte Verfahren vorgeschlagen (siehe Punkt II oben).

Aus den erfindungsgemäßen Beispielen 4 bis 8, 10 und 11 des Streitpatents geht hervor, dass mit dem beanspruchten Verfahren tatsächlich 2-Methyl-1,4- butandiol und 3-Methyltetrahydrofuran durch Hydrogenierung in Anwesenheit der anspruchsgemäßen Katalysatoren aus 3-Formyl-2-methylpropionsäure- methylester hergestellt werden können. Im Streitpatent wurde jedoch kein besonderer technischer Effekt gegenüber dem aus der Druckschrift (2) bekannten Verfahren nachgewiesen. Außerdem wird im mit Schreiben vom 7. Mai 2003 eingereichten Testbericht lediglich ein Vergleich zwischen der Herstellung von 2-Methyl-1,4- butandiol und 3-Methyltetrahydrofuran durch Hydrogenierung von 3-Formyl-2-methylpropionsäure- methylester in Anwesenheit eines anspruchgemäßen Katalysators mit einem aus 82,1% CuO und 14,2% Cr2O3 bestehenden Katalysator vorgelegt. Da jedoch eine solche Hydrogenierung aus keinem der zitierten Dokumente bekannt war, ist dieser Testbericht nicht dafür geeignet einen zusätzlichen Effekt gegenüber den nächstliegenden Stand der Technik nachzuweisen.

Mangels jeglichen Nachweises, dass mit dem beanspruchten Verfahren, im Vergleich mit dem bekannten Verfahren, ein besonderer technischer Effekt erreicht wird, ist die zu lösende Aufgabe gegenüber der Druckschrift (2) lediglich darin zu sehen, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von 2-Methyl-1,4-butandiol und 3-Methyltetrahydrofuran zur Verfügung zu stellen.

3.5. Es bleibt somit zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, das im Anspruch 1 definierte Verfahren als ein solches weiteres Verfahren verfügbar zu machen.

3.6. Die Beschwerdeführerin brachte vor, die Druckschrift (2) offenbare lediglich die Herstellung von nicht substituiertem Tetrahydrofuran, nicht jedoch von 3-Methyltetrahydrofuran, da im Reaktionsschema auf Seite 3 der Druckschrift (2) lediglich die Hydrogenierung von Maleinsäureanhydrid über Bernsteinsäureanhydrid und Gamma-Butyrolacton zu nicht substituierten Tetrahydrofuran beschrieben sei und die Beispiele auf die Hydrogenierung von nicht substituierten Maleinsäureanhydrid zu nicht substituierten Tetrahydrofuran eingeschränkt seien. Außerdem machte die Beschwerdeführerin geltend, als spezifisch geeignete Katalysatoren werden auf der Seite 9 und in den Beispielen lediglich solche auf Basis von Nickel beschrieben; deshalb würde ein Fachmann diese Druckschrift nicht in Betracht ziehen.

Jedoch ist der Druckschrift (2) (Seite 5, Zeile 28 bis Seite 6, Zeile 9) zu entnehmen, dass als Ausgangsprodukte nicht nur Maleinsäureanhydrid, sondern auch seine Alkylderivate, wie Methylderivate, verwendet werden können und dass in der dort beschriebenen Hydrogenierung dann sowohl Gamma-Butyrolacton und Tetrahydrofuran als auch die Alkylderivate davon erhalten werden. Somit ist die Lehre der Druckschrift (2) nicht auf die Herstellung von nicht substituierten Tetrahydrofuranen eingeschränkt, sondern umfasst auch die Herstellung von Alkyl substituierten Tetrahydrofuranen. Da im übrigen bei der Hydrogenierung zwangsläufig 3-Alkyltetrahydrofuran erhalten wird, und zwar unabhängig von der Position des Alkylsubstituenten im Maleinsäureanhydrid, ist die Herstellung von 3- Alkyltetrahydrofuran und, insbesondere, 3- Methyltetrahydrofuran aus dem übereinstimmenden Maleinsäureanhydrid nahegelegt.

Da außerdem der Druckschrift (2) auf der Seite 9, Zeilen 2 bis 9, eindeutig zu entnehmen ist, dass jeder allgemein bekannte Hydrogenierungskatalysator verwendet werden kann, ist die Lehre der Druckschrift (2) nicht auf die Verwendung von Katalysatoren auf der Basis von Nickel eingeschränkt (siehe Seite 9, Zeile 2 ff). Vielmehr würde ein Fachmann die eigentliche Lehre der Druckschrift (2) so verstehen, dass im dort beschriebenen Verfahren milde, nickelbasierte Katalysatoren lediglich bevorzugt werden, da mit einem milden Katalysator die vollständige Hydrogenierung des intermediär entstandenen Gamma-Butyrolactons vermieden wird. In der Tat soll gemäß dem in der Druckschrift (2) beschriebenen Verfahren etwas vom als Zwischenprodukt gebildeten Gamma-Lacton im Reaktionsgemisch zur Verhinderung des Austrocknens des Katalysators verbleiben (siehe Seite 5, Zeilen 3 bis 18). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass weniger milde Katalysatoren eine Hydrogenierung nicht ermöglichen.

Auch kann die nicht substantiierte Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die in der Druckschrift (2) beschriebenen Verfahren sich vom beanspruchten Verfahren durch die chemische Natur der Ausgangsverbindungen, die obligatorische Anwesenheit der Gamma-Lactone in der Reaktionsmischung und der feste Aggregationszustand der als Ausgangsprodukt verwendeten Maleinsäureanhydride unterschieden, nicht überzeugen.

3.7. Die Druckschrift (1) offenbart in Spalte 3, Zeilen 1 bis 26, die Herstellung von Alpha-Methyl-Gamma-butyrolacton durch die katalytische Hydrogenierung von 3-Formyl-2- methylpropionsäure-alkylester bei 1 bis 400 atm in Anwesenheit eines konventionellen Hydrogenierungskatalysators.

Da in Spalte 3, Zeilen 13 bis 16, als Hydrogenierungskatalysatore lediglich Übergangsmetalle der Gruppe VIII, wie Platin, Palladium, Nickel und Kobalt, oder Metalloxyd Katalysatore wie Palladiumoxyd, Platinoxyd und Kupferchromit erwähnt sind, vertrat die Beschwerdeführerin die Meinung, der Druckschrift (1) sei nicht zu entnehmen gewesen, dass von den Kupfer enthaltenden Katalysatoren andere als Kupferchromit für die Hydrogenierung geeignet sind.

Dem kann die Kammer nicht folgen, da die dort spezifisch beschriebenen Katalysatore eindeutig nur als Beispiele für geeignete konventionelle Hydrogenierungskatalysatoren angeführt werden und dieser Passus daher nicht bedeutet, dass als geeignete Hydrogenierungskatalysatoren nur die genannten in Frage kommen.

Somit geht aus der Druckschrift (1) hervor, dass Alpha- Methyl-Gamma-butyrolacton durch die katalytische Hydrogenierung eines 3-Formyl-2-methylpropionsäure- alkylesters bei 1 bis 400 atm in Anwesenheit jedes beliebigen konventionellen Hydrogenierungskatalysators hergestellt werden kann.

3.8. Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA ist die Lösung eines Problems nicht nur dann naheliegend, wenn die Ergebnisse klar vorhersehbar sind, sondern auch dann, wenn realistisch mit einem Erfolg gerechnet werden kann.

Ausgehend von der Druckschrift (2), aus der die Herstellung von 3-Methylhydrofuran durch Hydrogenierung von Alpha-Methyl-Gamma-butyrolacton zu entnehmen ist, und in Betrachtnahme der Lehre der Druckschrift (1), dass Alpha-Methyl-Gamma-butyrolacton durch die katalytische Hydrogenierung eines 3-Formyl-2- methylpropionsäureester erhalten werden kann, hatte der Fachmann eine gute Erfolgserwartung, dass 3- Methylhydrofuran direkt durch Hydrogenierung aus 3- Formyl-2-methylpropionsäureester hergestellt werden könnte, dies umsomehr als aus beiden Druckschriften hervorgeht, dass die Hydrogenierung unter Verwendung jedes beliebigen konventionellen Hydrogenierungskatalysators durchgeführt werden kann.

Für die Festlegung des Druckbereichs auf 50 bis 300 bar innerhalb der für solche Hydrogenierungsreaktionen üblichen Druckbereiche von 1 bis 400 atm in Verbindung mit den anspruchsgemäßen Hydrogenierungskatalysatoren (siehe Dokument (1), Spalte 3, Zeilen 13 bis 20) kann mangels jeglichen Nachweises eines dadurch erreichbaren technischen Effektes keine erfinderische Tätigkeit zugeschrieben werden. Dies wurde seitens der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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