T 0639/99 () of 28.6.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T063999.20010628
Datum der Entscheidung: 28 Juni 2001
Aktenzeichen: T 0639/99
Anmeldenummer: 92106398.8
IPC-Klasse: B41N 7/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Walze für eine Druckmaschine
Name des Anmelders: Koenig & Bauer Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: MAN Roland Druckmaschinen AG
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 0 511 543 in geändertem Umfang aufrecht zu erhalten, Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 (a), (b) und (c) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form nicht entgegenstünden. Sie fand, unter anderem, daß der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs im Hinblick auf den in Dokument

D1: US-A 4 773 143

wiedergegebenen Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Am 28. Juni 2001 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 511 543.

ii) Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen:

a) Beschreibung: Seiten 2, 2a und 3, Spalte 3, Zeilen 1 bis 17; und

b) einziger Patentanspruch 1; und

c) Zeichnungen: Figuren 1 und 2.

IV. Der einzige Patentanspruch 1, der auch Grundlage der Entscheidung der Einspruchsabteilung war, lautet wie folgt:

"1. Verfahren zum Herstellen einer Oberfläche einer Farbwerkwalze mit oleophilen und hydrophilen Oberflächenanteilen, wobei auf eine metallische Oberfläche z. B. einer Walze oder Rohres eine oleophile Metallschicht (3) aufgebracht wird, in diese Metallschicht schraubenförmig verlaufende Rillen (7) zur Aufnahme von hydrophilem Material eingearbeitet und mit einem weitgehend hydrophilen Keramikmaterial (8) vollständig gefüllt werden, anschließend die so entstandene Oberfläche derart bearbeitet wird, daß die Oberfläche (11) der oleophilen Metallschicht (3) frei- und auf gleichem Niveau wie die Außenflächen (12) der Auffüllungen (10) liegt, dadurch gekennzeichnet, daß die gesamten Außenflächen (11) der Metallschicht (3) schließlich derart behandelt werden, daß sie gänzlich quersteglos auf ein wahlweises Niveau unterhalb des Niveaus der Außenflächen (12) der Auffüllungen (10) zu liegen kommen."

V. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das Dokument D1 offenbare ein Verfahren zum Herstellen einer Farbwerkwalze, das folgende Schritte umfasse: In die oleophile, metallische Walzenoberfläche werden schraubenförmig verlaufende Rillen eingebracht und diese dann vollständig mit hydrophilem, hartem Keramikmaterial aufgefüllt. Anschließend werde die Oberfläche zur Freilegung der Metallschicht und zur Erreichung eines gleichen Niveaus der verschiedenen Oberflächenbereiche entsprechend bearbeitet. Diese Verfahrensschritte seien auch Gegenstand des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

Da eine Walze mit einer planen Oberfläche kein Schöpfvolumen besitze, sei eine Nachbearbeitung der Walzenoberfläche, und hier insbesondere der oleophilen und damit farbführenden Schicht, erforderlich. Dokument D1 schlage hier, lediglich als Beispiel, eine an sich bekannte Maßnahme vor, nämlich Näpfchen in die Oberfläche einzubringen.

Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe sei demnach darin zu sehen, hierfür ein alternatives Verfahren vorzuschlagen.

Um ein Schöpfvolumen zu schaffen und einen Farbtransport zu ermöglichen, würde der Fachmann eine Nachbehandlung gerade der farbführenden oleophilen Schicht in Betracht ziehen, die damit auf ein Niveau unterhalb des Niveaus der hydrophilen Oberflächenanteile zu liegen komme. Dabei würde er den Niveauunterschied gemäß der gewünschten, zu transportierenden Farbmenge auswählen. Eine Folge des in Dokument D1 gezeigten spiralförmigen Verlaufs der hydrophilen Oberflächenanteile auf der Walzenoberfläche sei schließlich, daß die dazwischenliegenden oleophilen Flächen vollständig querstegfrei seien.

Damit sei er aber ohne jegliches erfinderische Zutun bei einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents angelangt.

Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Dokument D1 lehre für den Zweck des Farbtransports Näpfchen in die Walzenoberfläche einzubringen. Die Oberkante dieser Näpfchen sei auf gleicher Höhe mit den keramischen Oberflächenanteilen, so daß die farbführenden Flächen nicht quersteglos vorlägen.

Dokument D1 erwähne zwar einen Niveauunterschied zwischen den keramischen und metallischen Oberflächen- bereichen, jedoch nicht um damit einen Farbtransport zu ermöglichen. Es fände sich daher weder ein Hinweis darauf, die metallischen Oberflächenbereiche gezielt auf ein bestimmtes Niveau abzutragen, noch darauf, die keramischen Oberflächenanteile zur Begrenzung tieferliegender Farbreservoire zu verwenden. Letztere dienten gemäß dem Dokument D1 der Verminderung des Verschleißes.

Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die in der Beschreibung vorgenommene Änderung diene der Klarstellung der bereits im Einspruchsverfahren geänderten Unterlagen durch Streichen einer durch den einzigen Patentanspruch 1 nicht erfaßten Ausführungsform.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

Die der Entscheidung zugrunde liegenden Unterlagen erfüllen die Erfordernisse der Artikel 84 und 123 EPÜ. Mit der auf Seite 2, Spalte 2, Zeilen 29 und 30 der Beschreibung vorgenommenen Änderung wird eine durch den einzigen Patentanspruch 1 nicht erfaßte Ausführungsform gestrichen und der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs damit auch im Hinblick auf seine Stützung durch die Beschreibung klar gestellt.

2. Stand der Technik

Dokument D1, das unbestritten den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart ein Verfahren zur Herstellung einer Farbwerkswalze mit einer oleophilen Oberfläche aus einem metallischen Material. Zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit von Walze und Rakel weist die Walzenoberfläche hydrophile Bereiche aus einem harten keramischen Material auf. Hierzu werden zunächst in die oleophile Metallschicht schraubenförmig verlaufende Rillen eingebracht. Diese Rillen werden dann vollständig mit hydrophilem Keramikmaterial aufgefüllt. Anschließend wird die Oberfläche so bearbeitet, daß die verschiedenen Oberflächenbereiche auf gleichem Niveau liegen.

Zur Übertragung einer gleichbleibenden Farbmenge werden in die Oberfläche der Walze, vor oder nach Ausbildung der oleophilen und hydrophilen Bereiche, ganzflächig oder nur in den oleophilen Bereichen Näpfchen eingebracht.

3. Aufgabe-Lösung

Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe kann darin gesehen werden, ein Verfahren zur Herstellung einer Farbwalze mit oleophilen und hydrophilen Oberflächenbereichen anzugeben, die die Übertragung einer bestimmten Farbmenge gestattet.

Gemäß dem Streitpatent wird diese Aufgabe durch das im einzigen Patentanspruch 1 des Streitpatents angegebene Verfahren gelöst. Gemäß diesem Verfahren werden, nachdem die Oberfläche der oleophilen Metallschicht auf das gleiche Niveau wie die hydrophilen Außenflächen gebracht wurde, die gesamten Außenflächen der Metallschicht derart behandelt, daß sie gänzlich quersteglos auf ein wahlweises Niveau unterhalb des Niveaus der hydrophilen Außenflächen aus keramischen Material zu liegen kommen.

Mit diesen tieferliegenden, oleophilen Bereichen wird der für den Transport einer gewünschten Menge Farbe erforderliche Raum geschaffen. Diese Bereiche lassen sich - im Gegensatz zu der bekannten Näpfchenlösung - bei Abnutzung der Walze, je nach Bedarf, durch Materialauftrag oder -abtragung einfach nacharbeiten bis der Soll-Abstand von oleophilen und hydrophilen Oberfläche wieder erreicht ist. Die Lebensdauer der Walze wird damit erhöht (siehe Spalte 1, letzter Absatz des Streitpatents).

4. Erfinderische Tätigkeit

Der Stand der Technik gibt zu dieser Lösung keine Anregung:

Das Dokument D1 lehrt, zum Zweck der Übertragung einer konstanten Farbmenge, die Walzenoberfläche mit Näpfchen zu versehen, die in bekannter Weise eine bestimmte Farbmenge aufnehmen können. Es findet sich kein Hinweis darauf, die keramischen Oberflächenanteile in irgendeiner Form zur Ausbildung geeigneter Farbreservoire heranzuziehen.

Die spiralförmigen keramischen Oberflächenanteile der Farbwalze dienen im Stand der Technik der Erhöhung der Verschleißfestigkeit der Walze. Diese harten Bereiche sollen dementsprechend auch nur ein Minimum der Gesamtoberfläche belegen, während die weichen Bereiche die größtmögliche Fläche belegen sollen. Mit dieser Maßnahme wird die Bearbeitung der Oberfläche, zum Beispiel zum Einbringen der Näpfchen für die Übertragung einer konstanten Farbmenge, erleichtert, siehe Dokument D1, Spalte 4, Zeilen 60 bis 68.

Dokument D1 gibt zwar einen Hinweis auf eine leicht erhöhte Ausbildung der harten Bereiche und erwähnt auch, in einem anderen Zusammenhang, die Möglichkeit einer glatten Walzenoberfläche, es findet sich jedoch, unter Vermeidung einer rückschauenden Betrachtungsweise, kein Hinweis darauf, daß durch eine bestimmte Kombination dieser beiden Möglichkeiten, verbunden mit einer entsprechenden Ausbildung der keramischen und Nacharbeitung der metallischen Oberfläche, eine Alternative zur Ausbildung von Näpfchen und deren Funktion zur Übertragung einer konstanten Farbmenge geschaffen werden könnte.

Zudem wird gemäß Dokument D1 eine leichte Erhöhung der harten Oberflächenbereiche der Walze dadurch geschaffen, daß die Rillen mit hartem Material bis über das Niveau der weichen Oberflächenbereiche der Walze hinaus aufgefüllt werden; also nicht, wie im Streitpatent, durch gezielte Nacharbeitung der metallischen Bereiche, nachdem beide auf das gleiche Niveau gebracht wurden.

Dokument D1 gibt daher keine Anregung, nach einem Niveauausgleich der harten und weichen Oberflächenbereiche, die gesamten Außenflächen der Metallschicht der Walze so zu behandeln, daß diese auf ein wahlweises Niveau unterhalb des Niveaus der Außenflächen der Auffüllungen aus keramischen Material zu liegen kommen.

Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden, in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen aufrechtzuerhalten:

a) Beschreibung: Seiten 2, 2a und 3, Spalte 3, Zeilen 1 bis 17; und

b) einziger Patentanspruch 1; und

c) Zeichnungen: Figuren 1 und 2.

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