T 0570/99 () of 8.11.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T057099.20011108
Datum der Entscheidung: 08 November 2001
Aktenzeichen: T 0570/99
Anmeldenummer: 93908901.7
IPC-Klasse: B65H 75/50
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Spulenkörper und Verfahren zu dessen Herstellung
Name des Anmelders: HILDEBRANDT-SPULEN-BOBBINS GmbH
Name des Einsprechenden: Scaglia SpA
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Haupt- und Hilfsanträge 1 und 2) - nein
Ausführbarkeit der Erfindung (Hilfsantrag 3) - ja
Neuheit und erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 3) - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 2. April 1993 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 3. April 1992 eingereichte internationale Patentanmeldung PCT/EP93/00828 wurde das europäische Patent Nr. 0 594 810 erteilt.

II. Gegen die Patenterteilung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Einspruch ein und beantragte den Widerruf des Patents. Die Erfindung sei nicht so deutlich offenbart, daß sie von einem Fachmann ausführbar wäre (Einspruchsgrund Artikel 100 b) EPÜ). Außerdem sei der Gegenstand des Patents im Verständnis des auf dem einschlägigen Gebiet tätigen Fachmannes weder neu noch erfinderisch, u. a. weil das beanspruchte Verfahren und der beanspruchte Spulenkörper durch Lieferung entsprechender Wickelspulen an ihre Kunden offenkundig vorbenutzt worden seien (Einspruchsgrund Artikel 100 a) EPÜ).

III. Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch mit ihrer in der mündlichen Verhandlung am 16. März 1999 verkündeten Entscheidung zurück. Die schriftliche Begründung wurde am 9. April 1999 zur Post gegeben.

Sie kam zu dem Ergebnis, daß die Erfindung mit den in der Patentschrift enthaltenen Informationen durch einen Fachmann ausführbar sei und das europäische Patent sowohl unter Berücksichtigung der Unterlagen zum Nachweis von behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen als auch des entgegengehaltenen druckschriftlichen Standes der Technik den Erfordernissen des EPÜ genüge.

IV. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beschwerdeführerin am 18. Mai 1999 beschwert und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Mit der am 24. Juni 1999 eingereichten Beschwerdebegründung hat sie ein weiteres Dokument zum Beleg der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung in italienischer Sprache (Erklärung des Herrn Lorenzo Salvi vom 20.05.1999) mit englischer Übersetzung sowie drei weitere Auszüge aus Fachbüchern über Eigenschaften und Wärmebehandlung von Aluminiumlegierungen vorgelegt.

V. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 26. April 2001 darauf hingewiesen, daß sie die Ausführbarkeit der Erfindung nicht bezweifle. Die Unterlagen zum Nachweis, was wann durch wen unter welchen Umständen offenkundig vorbenutzt worden sei, erschienen jedoch als unzureichend. In der mündlichen Verhandlung werde die erfinderische Tätigkeit daher anhand der druckschriftlichen Entgegenhaltungen zu diskutieren sein.

VI. Am 8. November 2001 fand eine mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf nur noch die Entgegenhaltungen

(D4) DE-C-3 908 223;

(D5) Tschätsch, Heinz: manuale lavorazioni per deformazione, procedimenti-machine-utensili, Tecniche Nuove Milano 1980, Übersetzung von "Taschenbuch Umformtechnik", Carl Hanser Verlag München Wien 1977;

(D6) officina 18, 30.09.69, S. 31-37: può la ricalcatura risolvere i problemi di progettazione;

(D11) DE-A-3 805 814

diskutiert wurden.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 594 810.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen,

hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten mit

- Patentansprüchen 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 1,

weiter hilfsweise mit

- Patentansprüchen 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 2,

weiter hilfsweise mit

- Patentansprüchen 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 3,

jeweils mit angepaßten Beschreibungen und Zeichnungen, sämtliche Hilfsanträge mit angepaßten Unterlagen, überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Der Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 3 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Spulenkörpers aus einer Aluminiumlegierung, wobei der Spulenkörper einen zylindrischen Wickelkörper zur Aufnahme von Wickelgut, insbesondere Synthesegarn, und demgegenüber durchmessergrößere Endflansche aufweist, mit folgenden Verfahrensschritten:

a) Strang- oder Fließpressen eines im wesentlichen zylindrischen Spulen-Rohlings (5);

b) Ablängen des Spulen-Rohlings (5) auf die gewünschte Spulenkörperlänge (l) plus einem zur Ausbildung der Endflansche (3) erforderlichen Übermaß (x);

c) Umformen der beiden Enden (6) des Spulen-Rohlings (5) zu den Endflanschen (3);

d) Härten des Spulenkörpers (1); und

e) Altern des Spulenkörpers (1)."

Die Oberbegriffe der jeweils unabhängigen Patentansprüche 16 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2. haben den folgenden gleichen Wortlaut:

"16. Spulenkörper aus einer Aluminiumlegierung, wobei der Spulenkörper einen zylindrischen Wickelkörper zur Aufnahme von Wickelgut, insbesondere Synthesegarn, und demgegenüber durchmessergrößere Endflansche aufweist, ..."

Der kennzeichnende Teil des jeweiligen Anspruchs 16 lautet

- nach Hauptantrag:

"... dadurch gekennzeichnet, daß der Spulenkörper (1) einstückig durch gleichzeitiges Umformen der beiden Enden (6) eines zylindrischen Spulen-Rohlings (5) hergestellt ist;"

- nach Hilfsantrag 1:

"... dadurch gekennzeichnet, daß der Spulenkörper (1) einstückig durch gleichzeitiges Umformen der beiden Enden (6) eines strang- oder fließgepreßten und alsdann abgelängten zylindrischen Spulen-Rohlings (5) hergestellt ist;"

- nach Hilfsantrag 2:

"... dadurch gekennzeichnet, daß der Spulenkörper (1) einstückig durch gleichzeitiges Umformen der beiden Enden (6) eines strang- oder fließgepreßten und alsdann abgelängten zylindrischen Spulen-Rohlings (5) hergestellt ist, so daß der Spulenkörper einen ununterbrochenen Faserverlauf aufweist."

VII. Die Beschwerdeführerin trug vor, die beanspruchte Lehre sei im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ zumindest insoweit nicht nachvollziehbar, als die in der Beschreibungseinleitung des Patents diskutierten Nachteile des Standes der Technik bereits durch den bekannten Spulenkörper nach D4 beseitigt würden. Folglich sei es für einen Fachmann unklar, in welcher Weise die weiteren Merkmale des beanspruchten Verfahrens und Gegenstandes zur Aufgabenlösung beitragen sollten.

Einziger Unterschied des Verfahrens nach Anspruch 1 zum aus D4 bekannten Herstellungsverfahren sei die einstückige Fertigung, die jedoch bei der vorliegenden Problemstellung - höhere Festigkeit des Spulenkörpers bei geringem Herstellungsaufwand - durch D5 (Figur 85) nahegelegt werde, weil dort ein einstückig fließgepreßter spulenförmiger Körper aus Aluminium gezeigt sei.

Die Alternative des Umbördelns der Rohrenden zu Flanschen sei durch D11 nahegelegt, die ausdrücklich ein zur Kaltverformung geeignetes Material verlange, als welches Aluminium einzustufen sei.

Der Spulenkörper nach Anspruch 16 gemäß Hauptantrag sei ebenfalls nicht patentfähig, weil die einstückige Fertigung naheliege und die übrigen Merkmale keine technische Aussage enthielten, denn man könne dem fertigen Erzeugnis weder die zeitliche Abfolge des Umformens noch das Ausgangsprodukt ansehen.

Auch die Einschränkung des Anspruchs 16 nach den Hilfsanträgen könne keine erfinderische Tätigkeit begründen, weil Aluminiumwerkstoffe marktüblich als stranggepreßte Profile angeboten würden, von denen das benötigte Ausgangsmaterial vor dem Umformen abgeschnitten werde.

VIII. Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, das Verfahren nach Anspruch 1 und der Spulenkörper nach Anspruch 16, die zweifellos neu seien, beruhten auch auf erfinderischer Tätigkeit. Das Verfahren nach Anspruch 1 enthalte zur D4 unterschiedliche Verfahrensschritte und in anderer Reihenfolge, denn dort würden die Spulenhälften erst nach dem Härten reibgeschweißt.

Von besonderer Bedeutung für den ungestörten Faserverlauf im patentgemäß geformten Spulenkörper sei das Ablängen des Spulen-Rohlings von einem strang- oder fließgepreßten Ausgangsmaterial, wodurch erst die erhöhte Festigkeit ermöglicht werde.

Abgesehen davon, daß in D5 Aluminium 99,5 und keine Aluminiumlegierung verwendet würde, seien diesem Buch weder das Ausgangsprodukt für den fließgepreßten, im Bild 83 dargestellten spulenförmigen Körper, noch die einzelnen Verfahrensschritte zu seiner Herstellung, insbesondere nicht das "gleichzeitige" Umformen entnehmbar.

Die Merkmale des Anspruchs 16 seien zumindest in der Formulierung der Hilfsanträge dahingehend präzisiert, daß sie durch metallurgische Untersuchung eindeutig im Faserverlauf nachweisbar seien.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1. Dieser Antrag enthält den unabhängigen Anspruch 16 in der erteilten Fassung. Ein Spulenkörper mit den Merkmalen des Oberbegriffs dieses Anspruchs ist aus D4 bekannt, wobei dort der Spulenkörper aus zwei symmetrischen fließgepreßten und durch Reibschweißen verbundenen Spulenhälften besteht.

2.2. Das Problem der Herstellungsvereinfachung stellt sich dem Fachmann, einem Maschinenbau-Diplomingenieur mit vertieften Kenntnissen in Werkstoffkunde und Umformtechnik, in der täglichen Praxis, wobei er bei der Suche nach Lösungen zunächst sein allgemeines Fachwissen einsetzt. Diesem allgemeinen Fachwissen ist auch das Lehrbuch D5 zuzurechnen. Dort sind in Figur 85 überwiegend rückwärts fließgepreßte Teile aus Al 99,5 gezeigt, als viertes Teil von links ein spulenförmiger Körper mit einem zylindrischen Mittelteil und zwei Endflanschen. Der Fachmann erkennt ohne weiteres, daß dieses Teil einstückig hergestellt ist, was im Gegensatz zur zweiteiligen Fertigung eine wesentliche Vereinfachung darstellt. Er wird deshalb angeregt, den aus D4 bekannten Spulenkörper einteilig durch Fließpressen zu formen, wobei er den aus Festigkeitsgründen erforderlichen aushärtbaren Werkstoff der D4 beibehält.

Daß das Umformen durch Fließpressen einen entsprechenden Vorformling oder Rohling erfordert, ist für den Fachmann selbstverständlich und ergibt sich überdies aus Figur 88, wo als Ausgangsmaterial a) ein zylindrischer Körper dargestellt ist. Ob die Verformung der Enden des Rohlings "gleichzeitig" oder nacheinander erfolgt, wie es Anspruch 16 vorschreibt, ist dem fertigen Spulenkörper als Merkmal nicht anzusehen. Wie sich außerdem aus Figur 3 des Patents ergibt, ist mit "gleichzeitig" offensichtlich nicht exakt zur gleichen Zeit gemeint, sondern eher "in unmittelbar aufeinander folgenden Arbeitsgängen", denn dort ist der untere Endflansch bereits fertig geformt, während der obere Endflansch erst noch in die entsprechende Form gepreßt wird.

Da das Fließpressen im fachlichen Verständnis gerade den Vorteil aufweist, daß die Teile vom Ausgangsmaterial ausgehend in wenigen Schritten nahezu oder vollständig in die endgültige Form gebracht werden können, versteht der Fachmann die Lehre der D5 ebenso in dem Sinne, daß die dort gezeigten Teile in unmittelbar aufeinanderfolgenden Arbeitsgängen gepreßt sind, was beim beanspruchten Spulenkörper ebenso der Fall ist.

2.3. Somit ist der Spulenkörper nach Anspruch 16 aus dem Stand der Technik unter Einsatz rein fachlicher Erwägungen zu erhalten, so daß sein Auffinden keine erfinderische Tätigkeit erfordert (Artikel 57 EPÜ).

Da der Hauptantrag einen Gegenstand enthält, der das Erfordernis des Artikels 52 (1) EPÜ nicht erfüllt, über einen Antrag aber nur im ganzen entschieden werden kann, ist dieser Antrag nicht gewährbar.

3. Hilfsanträge 1 und 2

3.1. Gegen die Änderungen des Anspruchs 16 wurden seitens der Beschwerdeführerin kein Einwände erhoben. Die Kammer stellt fest, daß die aufgenommenen Merkmale in der Patentschrift und in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart sind und gleichzeitig eine Einschränkung des Gegenstands des Anspruchs 16 bedeuten, so daß diese Änderungen mit Artikel 123 (2) und (3) EPÜ vereinbar sind.

3.2. Anspruch 16 gemäß Hilfsantrag 1 enthält das weitere Merkmal, daß der zylindrische Spulen-Rohling strang- oder fließgepreßt und alsdann abgelängt ist.

Da Aluminiumwerkstoffe marktüblich als stranggepreßte Profile angeboten werden, liegt es auf der Hand, als Ausgangsmaterial für den Spulen-Rohling maßgenaues zylindrisches Stangenmaterial auszuwählen und die benötigte Materialmenge abzulängen. Folglich enthält dieses Merkmal nichts, das über durchschnittliches fachmännisches Vorgehen hinausgeht.

3.3. Anspruch 16 gemäß Hilfsantrag 2 enthält über die Formulierung des Hilfsantrags 1 hinaus das weitere Merkmal, daß infolge des Ablängens der Spulenkörper nach dem Umformen einen ununterbrochenen Faserverlauf aufweist.

Da stranggepreßtes Stangenmaterial (vgl. oben 3.2) bereits einen parallelgerichteten Faserverlauf hat, ergibt sich bei dessen Verwendung als Ausgangsmaterial dieses weitere Merkmal bei der Umformung von selbst.

Die Kammer kann der Behauptung der Beschwerdeführerin insoweit nicht folgen, als bei der Umformung nach der patentgemäßen Lehre nur der in der Teilschnittdarstellung unten in der Figur 1 des Patents dargestellte Faserverlauf entstehen kann. Dieses Ergebnis wird nämlich nur bei der links gezeigten Umformungsart durch Umbördeln erreicht, während in dem rechten Beispiel in Schritt c) kein am Flanschrand auslaufender Faserverlauf erhalten wird, sondern ein im Querschnitt etwa U-förmig gestauchter, angepaßt an die gestrichelt gezeichneten Umrisse, die sich während der Verformung ergeben.

4. Hilfsantrag 3

4.1. Ausführbarkeit

Die Lehre des Patents ist mit den aus der Beschreibung und Zeichnung hervorgehenden Angaben durch einen Fachmann ohne weiteres ausführbar. Wenn die Beschwerdeführerin bemängelt, daß die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe bereits durch das Verfahren nach D4 gelöst werde, so ist dies nicht unter mangelnder Ausführbarkeit, sondern unter mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu subsumieren. Der Einspruchsgrund des Artikels 100 b) EPÜ ist daher nicht relevant.

4.2. Neuheit

Die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 wurde im Beschwerdeverfahren nicht mehr angegriffen. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß tatsächlich keines der entgegengehaltenen Dokumente sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aufweist, wie auch die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, so daß das Erfordernis des Artikels 54 (1) EPÜ erfüllt ist.

4.3. Erfinderische Tätigkeit

4.3.1. Der nächstliegende Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, wird durch D4 repräsentiert. Diese Druckschrift offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines Spulenkörpers aus einer Aluminiumlegierung, der aus zwei Hälften gebildet ist, bei dem die Spulenkörperhälften fließgepreßt, durch Ausglühen gehärtet und anschließend zum Spulenkörper reibgeschweißt werden und der dann durch eine weitere Aushärtung vergütet wird (Spalte 3, Ansprüche 2, 3 und 4).

4.3.2. Hiervon ausgehend sollen ein Spulenkörper und ein Verfahren zu dessen Herstellung geschaffen werden, mit dem eine höhere Festigkeit des Spulenkörpers bei zugleich geringem Herstellungsaufwand erreicht wird. Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, das sich von dem bekannten Verfahren hauptsächlich dadurch abhebt, daß der Spulenkörper einstückig aus einem strang- oder fließgepreßten und sodann abgelängten zylindrischen Spulen-Rohling durch Umformen der beiden Enden des Spulen-Rohlings zu den Endflanschen hergestellt wird.

Das Herstellungsverfahren der D4 verlangt ausdrücklich den Aufbau des Spulenkörpers aus zwei Hälften, wobei offen bleibt, wie diese Spulenkörper-Hälften hergestellt werden, ob durch Fließpressen im Gesenk oder durch Umformen eines Endes des Rohlings zu einem Endflansch. Folglich kann dieser Stand der Technik weder eine Anregung vermitteln, den Spulenkörper einstückig herzustellen, noch dazu, die Ausformung der Endflansche durch Verformen der Enden des Spulen-Rohlings vorzunehmen.

4.3.3. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. oben 4.1) ist zwar insoweit berechtigt als bei der Spule gemäß D4 im besonders hoch belasteten Übergangsbereich vom zylindrischen Wickelkörper zum Endflansch allein durch das Fließpressen bereits eine erhöhte Festigkeit vorhanden ist, wobei aber dieser Druckschrift über den Faserverlauf in diesem Bereich nichts entnehmbarbar ist und außerdem die Festigkeit im Bereich der Schweißverbindung gegenüber einem ungestörten Faserverlauf jedenfalls herabgesetzt ist. Das Verfahren des Patents bietet also eine gegenüber D4 verbesserte Lösung, die darüber hinaus noch die weiteren Vorteile aufweist, daß durch die einstückige Formung die Maßhaltigkeit des Spulenkörpers verbessert wird und die Endbearbeitung einerseits infolge der verbesserten Maßhaltigkeit und andererseits wegen des Wegfalls der Schweißnaht weniger Aufwand erfordert. Somit geht die durch die Erfindung objektiv gelöste Aufgabe auch über das hinaus, was als Nachteil des Standes der Technik in der Beschreibungseinleitung des Patents dargestellt ist.

4.3.4. D5 zeigt einen fließgepreßten spulenförmigen Körper aus Aluminium, ohne jedoch einen einzigen der beanspruchten Verfahrensschritte a) bis e) explizit anzugeben. Selbst wenn man unter fachmännischen Gesichtspunkten davon ausgeht, daß dort als Rohling ein abgelängtes Stück eines stranggepreßten Profils mit dem erforderlichen Übermaß verwendet wird, so enthält dieses Lehrbuch doch keinerlei Hinweis darauf, die Enden des Vorformlings zu den Endflanschen umzuformen (Schritt c)), weil in den gezeigten Beispielen des Vorwärts- und Rückwärtsfließpressens immer das gesamte Material verformt wird. Durch das Umformen der Enden des Vorformlings wird, wie die Beschwerdegegnerin nachvollziehbar ausgeführt hat, ein möglichst ungestörter Faserverlauf im Übergangsbereich vom zylindrischen in den Flanschbereich geschaffen, was eine erhöhte Festigkeit zur Folge hat. Zu dieser Maßnahme ist D5 keinerlei Hinweis entnehmbar.

4.3.5. In D6 (Figur 18) ist ein spulenförmiger Körper dargestellt, der jedoch dem gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellten Spulenkörper ferner liegt als der aus D4 bekannte, denn als Werkstoff wird dort beispielsweise Stahl genannt, Aluminium oder eine Aluminiumlegierung ist dagegen mit keinem Wort erwähnt.

4.3.6. Aus D11 ist ein Verfahren zum Formen des Endes eines Metallrohres zu einem sich im wesentlichen rechtwinklig zur Längsachse des Rohres erstreckenden Bördelrand bekannt. Solche Verfahren an sich werden seit langer Zeit eingesetzt, um beispielsweise hydraulische Leitungen miteinander zu verbinden, wobei in einem solchen Fall als Werkstoff meistens Stahl benutzt wird. Jedenfalls muß es ein Werkstoff sein, der eine Kaltverformung erlaubt (Spalte 5, Zeile 64 bis Spalte 6, Zeile 2).

Das Verfahren nach Anspruch 1 unterscheidet sich von diesem bekannten Verfahren unter anderem dadurch, daß von einer Aluminiumlegierung ausgegangen und der Spulenkörper nach der Umformung gehärtet und gealtert wird. Da der D11 eine ganz unterschiedliche Problemstellung zugrunde liegt als dem vorliegenden Patent, hat der Fachmann keinen Anlaß, aus dem dort beschriebenen Verfahren einen Verfahrensschritt willkürlich herauszugreifen. Selbst wenn er die Lehre der D11 mit der der D4 kombinieren würde, käme er als nächstes zu dem Ergebnis, die Spulenhälften nach dem Verfahren der D11 zu fertigen und alsdann durch Reibschweißen zu verbinden. Um zu dem erfindungsgemäßen Verfahren zu gelangen sind jedenfalls weitere Überlegungen notwendig, die über das allgemeine fachmännische Können hinausgehen.

4.3.7. Da der weitere im Verfahren zitierte und in der mündlichen Verhandlung nicht wieder aufgegriffene Stand der Technik einschließlich der behaupteten Vorbenutzungen ferner liegt als die vorstehend behandelten Entgegenhaltungen, kann er zur Lösung nach Anspruch 1 noch weniger beitragen. Daher beruht das Verfahren nach Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4.4. Zusammenfassend ist die Kammer aus den dargelegten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, daß das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ erfüllt. Zusammen mit diesem Anspruch können die abhängigen Ansprüche 2 bis 15, die weitere Ausgestaltungen der Erfindung enthalten, ebenfalls aufrechterhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent aufrechtzuerhalten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung, Spalten 1, 2, 5, 6 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung, Spalten 3 und 4 sowie Figur 1, wie erteilt.

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