T 0534/99 (erfinderische Tätigkeit) of 5.6.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T053499.20020605
Datum der Entscheidung: 05 Juni 2002
Aktenzeichen: T 0534/99
Anmeldenummer: 92810721.8
IPC-Klasse: C23C 30/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 33 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Werkzeuge für die Zerspanung von Werkstoffen
Name des Anmelders: VILAB AG
Name des Einsprechenden: (01) Firma Eifeler Werkzeuge GmbH
(02) Sandvik AB
(03) Widia GmbH
(04) Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten
Forschung e.V.
(05) Gottlieb Gühring KG
(06) Trattamenti Termici Ferioli & Gianotti S.p.A.
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Haupt- und Hilfsantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit insgesamt 6 Einsprüchen war das Patent Nr. 0 534 905 im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (Mangel an Neuheit und Mangel an erfinderischer Tätigkeit) gestützt auf 27. Druckschriften angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß dem Gegenstand des Patents (entsprechend dem vorgelegten Hauptantrag und vier Hilfsanträgen) gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik die Neuheit bzw. die erfinderische Tätigkeit fehle und widerrief das Patent.

II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 0 534 905 Beschwerde eingelegt.

Im Beschwerdeverfahren stützten sich die Parteien nur noch auf die folgenden Druckschriften:

E1: DD-A-202 898

E3: L. Stallings, M. B. K, Gabel: "Solid Lubricants Can Reduce Wear and Increase Cutting Tool Life" in: Cutting Tool Engineering, May-June 1980, 32, (5-6), Seiten 22 bis 24: überarbeitete Fassung der Originalveröffentlichung, erschienen im August 1979, in "AMA Molysulfide Newsletter", (Veröffentlichungsdatum laut Uni-Bibliothek Hannover am 21. Juli 1980)

E4: Bandyopadhyay, B. P. et al.: "Wear Reduction of Cutting Tools: Tribological Troperties of Hard Coatings", Proceedings of the Japan Int. Tribology Conference, Nagoya, Japan, 29 October to 1 November 1990, (Met.-A., 9111-72-0511), Seiten 349 bis 353 (Veröffentlichungsdatum laut Uni-Bibliothek Hannover: 22. Juli 1991)

E5: Materials Science and Engineering, 90 (1987), Seiten 281 bis 286

E13: Database WPI, Week 8007, Derwent Publications, AN80-69308C & SU-A-715 631

E22: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin, Forschungsbericht Nr. 158, April 1989, R. Wäsche, K. H. Habig: "Physikalisch-Chemische Grundlagen der Feststoffschmierung", Seiten 3, 8 - 15, 24 bis 30

E25: US-A-4 324 803

E27: EP-A-0 521 045 & E27a: WO 91/14797

II. Am 5. Juni 2002 fand vor der Beschwerdekammer eine mündliche Verhandlung statt, während der seitens der Einsprechenden IV noch auf die vorveröffentlichte Druckschrift E27a: WO 91/14797 (Veröffentlichungsdatum 03.10.1991) hingewiesen wurde, deren technischer Inhalt sich jedoch nicht von demjenigen der Druckschrift E27: EP-A-0 521 045 (Veröffentlichungsdatum: 7. Januar 1993) unterscheidet. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte

- die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und,

- als Hauptantrag, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Basis der Ansprüche 1 bis 6, eingereicht als Anlage B3 zum Schreiben vom 8. Juli 1999 (vormals Hilfsantrag II) oder,

- als Hilfsantrag, die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der Ansprüche 1 bis 6, wobei der abhängige Anspruch 2 gestrichen wurde, eingereicht als Anlage B5 zum Schreiben vom 8. Juli 1999 (vormals Hilfsantrag IV).

Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

III. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Werkzeugs für die spanabhebende Bearbeitung von Werkstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß ein Werkzeug mittels eines PVD-Verfahrens mit einer Anlage des "Closed Field Unbalanced Magnetron"-Typs, die einen hohen Ionisierungsgrad bewirkt, mit mindestens einer Verbindung beschichtet wird, die aus mindestens einem Element der Gruppe O, S, Se, Te einerseits, und aus mindestens einem Element der Gruppe V, Nb, Ta, Cr, Mo, und W andererseits, besteht."

Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Werkzeugs für die zerspanende Bearbeitung von Werkstoffen, durch Beschichten eines Werkzeugs mittels eines PVD-Verfahrens mit einer Anlage des "Closed Field Unbalanced Magnetron"-Typs, die einen hohen Ionisierungsgrad bewirkt, mit mindestens einer Verbindung, die aus mindestens einem Element der Gruppe O, S, Se, Te einerseits, und aus mindestens einem Element der Gruppe V, Nb, Ta, Cr, Mo, und W andererseits, besteht, wobei die Verbindung auf ein Werkzeug ohne Hartstoffbeschichtung aufgetragen wird."

IV. Die Beschwerdeführerin argumentierte wie folgt:

Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, die Standzeit von Werkzeugen für die zerspanende Bearbeitung von Metallen (Wendeschneidplatten, Fräsern, Reibahlen und Bohrern) zu erhöhen. Dabei sollten die beanspruchten Spanwerkzeuge nicht nur in ihren Eigenschaften denjenigen der üblichen mit TiC, TiN oder TiCN beschichteten Werkzeuge äquivalent oder überlegen, sondern auch kostengünstiger und einfacher herstellbar sein. Die Lösung dieser Aufgabe geschehe durch das Aufbringen insbesondere einer MoS2-Schicht bzw. einer der in Anspruch 1 genannten Verbindungen auf ein (Stahl-)Substrat mittels eines speziell gewählten PVD-Verfahrens, das in der Fachwelt als "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" bekannt sei. In einer Anlage diesen Typs lasse sich bei tiefem Gasdruck ein hoher Ionisierunggrad erzielen. Letzterer sei entscheidend, denn dadurch werde eine Veränderung bzw. Abweichung von der sich normalerweise ausbildenden hexagonalen Gitterstruktur des abgeschiedenen MoS2 bewirkt und es würden kompakte Schichten mit guter Haftung abgeschieden.

Ein solches Verfahren sei aus den insgesamt 28 als Stand der Technik vorgebrachten Druckschriften weder bekannt, noch werde es durch diese nahegelegt. In Druckschrift E1 werde zwar auf einem hartstoffbeschichteten Zerspanungswerkzeug auch eine MoS2-Schicht durch Hochfrequenz-Kathodenzerstäubung ("sputtern") abgeschieden, doch weise die aufgewachsene Schicht eine hexagonale Gitterstruktur auf und trage durch die damit verbundene Schmier- und Gleitwirkung vom MoS2 wesentlich zur Verminderung des Reibungskoeffizienten beim Spanvorgang bei. Diese Auffassung decke sich mit der Lehre von E5, wonach hexagonale MoS2-Filme gegenüber amorphen Filmen die besseren Schmier- und Gleiteigenschaften aufwiesen und somit bevorzugt würden. Zur Verhinderung der Ausbildung amorpher Strukturen solle deshalb ein hohes Ionenbombardement beim "Sputtern" - im Gegensatz zu dem beanspruchten Verfahren - in E5 gerade nicht angestrebt werden. Eine ähnliche technische Lehre finde sich in Druckschrift E22, Punkt 2.1.5 und insbesondere Bild 18, wo ebenfalls die Ausbildung einer hexagonalen MoS2 bevorzugt werde. Diese Druckschriften wiesen somit von der patentgemäßen Lehre weg.

Die gemäß Druckschrift E3 auf einem spanabhebenden Werkzeug aufgetragene MoS2-Schicht werde nach einem geheimen und damit unbekannten Verfahren aufgebracht, während die nach einem patentierten Verfahren hergestellten WS2-Filme gemäß Druckschrift E4 mit unbekannter Gitterstruktur auf spanenden Werkzeugen ohne TiN-Schicht keine entscheidende Verbesserung der Standzeiten ergäben (siehe Tabelle 1). Die entsprechend der Lehre von Druckschrift E25 nach dem "magnetron-sputtering" abgeschiedenen MoS2-Schichten könnten zwar unterschiedliche Strukturen zwischen kristallin, turbostratisch oder amorph aufweisen, jedoch seien solche Überzüge nur für Bauteile von mechanischen Uhren (Wellen, Zahnräder etc.) vorgesehen, um auf diese Weise die mechanischen Reibungskräfte entscheidend zu vermindern.

Auch die Lehre der Druckschrift E27 bzw. E27a welche die Vor- und Nachteile von magnetron-sputtering" und "unbalanced magnetron sputtering" im allgemeiner Form beschreibe, könne den Fachmann nicht dazu anleiten, ein solches Verfahren zum Abscheiden von MoS2-Schichten auf für die Zerspanung vorgesehenen Werkzeugen einzusetzen, nur weil mit diesem Verfahren dichte, gut haftende Schichten erzeugt werden könnten. Man habe beim angefochtenen Patent dagegen erst nach dem Abscheiden der MoS2-Schichten mit diesem Verfahren herausgefunden, daß diese Schichten unerwartet dicht und festhaftend sind und eine veränderte Struktur aufwiesen, welche die verbesserten Eigenschaften bewirke. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sei somit nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. Diese Argumente träfen im übrigen auch auf Anspruch 1 des Hilfsantrags zu, wonach nur durch die Abscheidung eines MoS2-Films ohne das Vorhandensein einer Zwischenschicht aus Hartstoff eine Verbesserung der Standzeit des spanabhebenden Werkzeug erzielt werde.

V. Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten wie folgt:

Im allgemeinen würden spanabhebende Schneidwerkzeuge mit oder ohne Hartstoffbeschichtung im Betrieb zusammen mit einer kühlenden und schmierenden Bohrmilch eingesetzt, um die Standzeiten des Werkzeugs zu verlängern. Da die Entsorgung der mit Spänen und Abrieb verschmutzten Bohrmilch umweltschutztechnisch jedoch problematisch sei, habe die Fachwelt nach einer hinsichtlich der Standzeit akzeptablen Alternative gesucht, die in Form eines mit MoS2 beschichteten, trockengeschmierten Werkzeugs gefunden wurde. Dieser technische Hintergrund liege auch der Druckschrift E1 zugrunde, wo durch einen auf eine TiC-Schicht aufgesputterten Film aus hexagonalem MoS2 eine Verminderung der Temperaturbelastung durch Reibungswärme und des Verschleißes des Werkzeugs erreicht und so dessen Lebensdauer erhöht werde. Von der Lehre dieser Druckschrift unterscheide sich das patentgemäße Verfahren einzig und allein durch die Art des gewählten Kathodenzerstäubungsverfahrens ("sputtern"). Es sei jedoch von der Patentinhaberin unbestritten, daß das gewählte "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" eine dem Fachmann zum Anmeldetag bekannte und verfügbare Technologie gewesen sei. Diese weiterentwickelte Sputter-Technik hätte der Fachmann in Betracht gezogen und auch eingesetzt, um dichte festhaftende Überzüge zu erzeugen. Diese Auffassung belegten z. B. die Entgegenhaltung E25, wo gut haftende MoS2-Filme mit einem solchen Verfahren abgeschieden würden.

Auch zeige die vorveröffentlichte Druckschrift E27 die Vorteile dieses Verfahrens. Da, wie dies die Prioritätsunterlagen des angefochtenen Patents belegen, der MoS2-Film durch ein nicht näher bezeichnetes Kathodenzerstäubungsverfahren (allgemein: PVD-Verfahren) ohne Bezug auf das nun in Anspruch 1 des Streitpatents genannte "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" erzeugt wurde, sei für die nun vorliegenden Ansprüche der Anmeldetag des Patent, d. h. der 21. September 1992, das entscheidende Datum, so daß die Lehre von Druckschrift E27a WO91/14797, veröffentlicht am 3. Oktober 1991, zum Stand der Technik gehöre. Daraus sei es dem Fachmann bekannt gewesen, daß durch ein Ionenbombardment die Haftung und Struktur der aufgebrachten Beschichtung verbessert würden und sich ein verstärktes Ionenbombardement mit einer Anlage vom Typ "unbalanced magnetron sputtering" erreichen lasse. Zur Verwirklichung fester, dichthaftender Schichten sei es deshalb für den Fachmann naheliegend gewesen, ein solches Verfahren auszuprobieren bzw. zum Abscheiden auch von MoS2-Filmen einzusetzen. Im übrigen lasse es die Patentschrift völlig offen, was unter einem "hohen" Ionenbombardement zu verstehen sei und wie die Struktur des abgeschiedenen MoS2-Films tatsächlich beschaffen sei. Das gemäß Haupt- und Hilfsantrag beanspruchte Verfahren beruhe deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Stand der Technik

Das in dem geänderten Patentbegehren beanspruchte Merkmal "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" sowie auch das Beispiel 4 des Patents sind in den Prioritätsunterlagen nicht, jedoch in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen enthalten. Der maßgebliche Zeitpunkt für den Gegenstand des geänderten Patentbegehrens ist somit der Anmeldetag (21. September 1992). Die Lehre von Druckschrift E27a, die ein Patentfamilienmitglied von Druckschrift E27 darstellt und bereits am 3. Oktober 1991 veröffentlich wurde, zählt somit zum Stand der Technik. Gegen die Einführung dieser mit E27 inhaltsgleichen Schrift E27a während der mündlichen Verhandlung bestanden seitens der Patentinhaberin keine Einwände. Die Kammer kann bei dieser Sachlage gleichfalls keine Gründe erkennen, die gegen die Einführung dieser Schrift sprechen, da diese Druckschrift auch schon vorher zur Dokumentation des allgemeinen Standes der Technik herangezogen und diskutiert wurde.

3. Neuheit (Haupt- und Hilfsantrag)

Keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Werkzeugs für die zerspanende Bearbeitung mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Haupt- oder Hilfsantrag. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Im übrigen wurde die Neuheit von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht bestritten.

4. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

4.1. Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik ist aus Druckschrift E1 oder auch aus den Druckschriften E3 oder E4 bekannt. Insbesondere Druckschrift E1 ist von allen Parteien sowie auch von der Einspruchsabteilung als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen wurden. Die Kammer sieht keinen Grund davon abzuweichen.

Druckschrift E1 beschreibt ein Schnitt-, Stanz-, Zieh- und Zerspanungswerkzeug, bei dem über einer zuerst aufgebrachten Hartstoffschicht aus TiC eine weitere Schicht aus Molybdändisulfid mit hexagonaler Gitterstruktur aufgebracht wird. Durch das aufgetragene Hartstoff-plus-Festkörperschmierstoff-Schichtsystem werden das Gleitverhalten und die Lebensdauer (Standzeit) der Schneidwerkzeuge deutlich verbessert. Das Aufbringen dieses Schichtsystems im Bereich zwischen 100 bis 1000 µm erfolgt durch das bekannte Hochfrequenz-Kathodenzerstäubungsverfahren (sputtern) (siehe E1, Zusammenfassung, Seite 3, Zeile 25 bis Seite 4, Zeile 12; Ausführungsbeispiel).

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der Lehre von E1 dadurch, daß als PVD Verfahren ein "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" mit hohem Ionisierungsgrad eingesetzt wird.

4.2. Aufgabe und Lösung

Ausgehend von diesem Stand der Technik beruht die der Patentschrift zugrundeliegende Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens, mit dem sich

- kompakte, gut haftende MoS2-Schichten erzeugen lassen,

- die Schichtzusammensetzung steuern und kontrollieren läßt und

- die Standzeiten der auf diese Weise beschichteten Schneidwerkzeuge weiter verbessern lassen.

Die Lösung dieser Aufgabe besteht in dem Einsatz des "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering"-Prozesses. Dieses Verfahren, das eine Weiterentwicklung des PVD-Sputterns darstellt, hat sich bereits für die Abscheidung von Schichten aus MoS2 zum Zwecke der Trockenschmierung von beweglichen Bauteilen bewährt. So wird z. B. in Druckschrift E25 dargelegt, daß bereits in mit dem älteren "magnetron sputtering"-Verfahren abgeschiedenen Filmen von Metallsulphiden, Seleniden oder Telluriden aus Mo, W, Nb, V, Zr, Ti und Ta verschiedene kristallographische Strukturen zwischen "amorph", "turbostratisch" und "polykristallin" ausgebildet werden können, wobei die turbostratische Struktur gute Schmiereigenschaften aufweist (siehe E25, Spalte 1, Zeilen 9 bis 21; Spalte 2, Zeilen 47 bis 60; Spalte 3, Zeile 35 bis Spalte 4, Zeile 35; Beispiel 1). Unabhängig davon, daß die in E25 beschichteten Bauteile für Uhrenanker, Lager, Wellen, Zahnräder usw. vorgesehen sind, vermittelt Druckschrift E25 dem Fachmann jedoch auch die technische Lehre, daß, verglichen mit in herkömmlichen Verfahren gesputterten Schichten, mit einem "magnetron sputtering" selbstschmierende MoS2-Schichten mit verbesserten Eigenschaften erzeugt werden können. Eine ähnliche Lehre entnimmt der Fachmann auch der Druckschrift E27a, wonach durch Ionenbeschuß die Haftfestigkeit und Struktur der abgeschiedenen Schicht verbessert werden (siehe E27a, Seite 1, 3. und 4. Absatz). Wie weiterhin in dieser Druckschrift (siehe Seite 3, Absätze 2 und 3) dargelegt wird, kann die Ionisation durch den Einsatz von "magnetron sputtering" und insbesondere von "unbalanced magnetron sputtering" erheblich gesteigert werden, so daß dichte, fest haftende Filme abgeschieden werden. In Kenntnis der Lehre von E25 oder auch E27a war es deshalb für den Fachmann naheliegend, diese weiterentwickelte Variante der PVD-Technik, nämlich das "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering", auch für die Abscheidung des in Druckschrift E1 genannten Schichtsystems aus TiC-MoS2 anzuwenden oder wenigstens auszuprobieren, um dessen Eigenschaften zu verbessern.

Die Patentinhaberin hat vorgebracht, daß durch die Anwendung des "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" die kristallographische Struktur der MoS2-Schicht in vorteilhafter Weise verändert werde. Diesbezüglich bietet die Patentschrift dem fachkundigen Leser jedoch keine Anhaltspunkte. Es wird vielmehr die technische Lehre vermittelt, daß bereits mit einem konventionellen PVD-Verfahren ausreichend "hohe" Ionisierungrade erreicht werden, mit denen sich MoS2-Schichten guter Qualität auf den Werkzeugen abscheiden lassen, so daß diese bei der Zerspanung stark verbesserte Eigenschaften aufweisen (siehe Patentschrift, Beispiele 1 bis 3). Aus dem Patent selbst und insbesondere aus dem Vergleich des Beispiels 4 mit den Beispielen 1 bis 3 erschließt es sich dem Fachmann auch nicht, welche weitere Verbesserung der Eigenschaften der MoS2-Schichten mit dem Einsatz der bevorzugten Ausführungsform des "Closed Field Unbalanced Magnetron Sputtering" tatsächlich verbunden ist. Wie bereits festgestellt wurde, gibt es für die von der Patentinhaberin vorgebrachte Behauptung, nur mit diesem Verfahren könnte von der bekannten hexagonalen MoS2-Struktur abweichende Kristallformen, insbesondere amorphe festhaftende MoS2-Filme, gebildet werden, in der Patentschrift selbst weder genaue Hinweise noch indirekte Anzeichen, denn zur Kristallstruktur der abgeschiedenen Filme macht diese keine Angaben. Deshalb vermag auch das Argument der Patentinhaberin, die Druckschrift E5 weise von der beanspruchten Lehre weg, weil dort zur Vermeidung der Ausbildung amorpher MoS2-Filme, die schlechte Schmiereigenschaften haben, keine "hohe", sondern vielmehr eine geringe Ionisierung empfohlen werde, nicht durchzugreifen.

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5. Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag)

Die gleichen, zum Hauptantrag vorgebrachten Überlegungen hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit treffen auch auf die technischen Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zu. Dieser unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, daß die MoS2-Schicht direkt auf das Substrat ohne Hartstoff-Zwischenschicht aufgetragen wird. Schneidwerkzeuge dieses Typs sind z. B. aus Druckschrift E3 und E4 bekannt. Auch wenn diese Schriften keine genauen Angaben zur Methode machen, mit der die MoS2-Schichten abgeschieden wurden, so wird auch in diesem Fall der Fachmann aufgrund der oben genannten Überlegungen weiterentwickelte, ihm zur Verfügung stehende Kathodenzerstäubungsanlagen für seine Zwecke nutzen. Somit enthält auch Anspruch 1 des Hilfsantrags keine technischen Merkmale, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation