T 0510/99 (Aufheller/CIBA) of 24.4.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T051099.20030424
Datum der Entscheidung: 24 April 2003
Aktenzeichen: T 0510/99
Anmeldenummer: 90103750.7
IPC-Klasse: C09B 67/46
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Lagerstabile Aufhellerformulierung
Name des Anmelders: Ciba Speciality Chemicals Holding Inc.
Name des Einsprechenden: BAYER AG, Leverkusen Konzernverwaltung RP Patente Konzern
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 21
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123
Schlagwörter: Reformatio in peius (nein) - keine Schlechterstellung
Kammerzusammensetzung aus 3 Mitgliedern (ja) - fehlerhafter maschineller Ausdruck der angefochtenen Entscheidung
Neuheit (ja) - allgemeine Offenbarung erschließt nicht spezielles Merkmal
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nächster Stand der Technik - nicht nahegelegte Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/99
T 0002/81
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 6. Mai 1999 eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers (Einsprechender) richtet sich gegen die am 8. März 1999 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 385 374 in geänderter Fassung auf Grundlage des Hilfsantrages unter Abweisung des vorangehenden Hauptantrages aufrechterhalten wurde. Der Anspruch 1 dieses Hilfsantrages lautete:

"1. Lagerstabile wässrige Aufhellersuspension, dadurch gekennzeichnet, daß sie

a) 10 bis 60 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Aufhellersuspension eines anionischen optischen Aufhellers,

b) 0,01 bis 0,5 Gew.%, ausgenommen 0,5 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Aufhellersuspension eines anionischenPolysaccharids, und

c) Wasser enthält."

II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang vom Beschwerdeführer aus den Einspruchsgründen des Artikels 100 (a) EPÜ, insbesondere wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Zur Stützung des Einspruchs wurden unter anderem die folgenden Druckschriften angezogen:

(1) US-A-4 468 230,

(2) US-A-4 673 410,

(7) US-A-4 713 081 und

(8) PL-A-127 966, in Form seiner englischen Übersetzung.

III. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, daß das Streitpatent in seiner geänderten Fassung gemäß Hilfsantrag neu und erfinderisch sei.

Die Druckschrift (8) offenbare, Carboxymethylcellulose in Aufheller einzusetzen. Als allgemeinen Bereich würden 0,5 bis 5 % genannt, wobei die Untergrenze dieses Bereiches anspruchsgemäß ausdrücklich ausgenommen sei. Daher bestehe Neuheit gegenüber dieser Druckschrift. Die Druckschriften (1) und (2) beträfen Suspensionen von Farbstoffen, während das Streitpatent solche von anionischen Aufhellern beanspruche. Farbstoffe und anionische Aufheller seien jedoch grundsätzlich verschieden. Selbst wenn man Aufheller als "farblose Farbstoffe" im weitesten Sinne auffassen wollte, so enthielten diese beiden Druckschriften gleichwohl keine differenzierte Offenbarung von anionischen Aufhellern, so daß in jedem Fall Neuheit gegeben sei.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die Einspruchsabteilung von der Druckschrift (8) als nächstkommendem Stand der Technik ausgegangen. Demgegenüber habe die Aufgabe der Erfindung darin bestanden, lagerstabile, hochkonzentrierte Aufhellersuspensionen bereitzustellen. In den Suspensionen der Druckschrift (8) würden 0,5 bis 5 % Carboxymethylcellulose eingesetzt, wobei sich darin kein Hinweis finde, diesen Mengenbereich zu unterschreiten. Der Fachmann habe auch keinen Anlaß gehabt, sich bei den Suspensionen saurer, schwer- oder unlöslicher Farbstoffe der Druckschriften (1) und (2) Anregungen dafür zu holen, die aus der Druckschrift (8) bekannten, stabilen Aufhellersuspensionen abzuwandeln. Die Lehre dieser beiden Druckschriften verlange darüber hinaus die Anwesenheit von Elektrolyten und Dispergiermitteln, während patentgemäß diese Bestandteile nicht obligatorisch seien. Das Beispiel 79 der Druckschrift (7) zeige zwar die Stabilisierung der Suspension eines nichtionischen Aufhellers mit dem Polysaccharid Xanthan, welche Lehre für die Stabilisierung einer anionischen Aufhellersuspension indessen keine Anregung gebe.

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 24. April 2003 hat der Beschwerdegegner (Patentinhaber) einen geänderten Hauptantrag und zwei neue Hilfsanträge eingereicht und die Aufrechterhaltung des Streitpatents nur noch in diesem Umfange begehrt.

Der Anspruch 1 des aus 18 Ansprüchen bestehenden Hauptantrages lautet:

"1. Lagerstabile wässrige Aufhellersuspension, dadurch gekennzeichnet, daß sie

a) 10 bis 60 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Aufhellersuspension eines anionischen optischen Aufhellers,

b) 0,01 bis 0,5 Gew.% eines anionischen Polysaccharids, welches Xanthan ist, bezogen auf das Gesamtgewicht der Aufhellersuspension, und

c) Wasser enthält."

Der Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrages ausschließlich durch die Reduzierung der Mengenobergrenze des Bestandteils b) auf 0,3 Gew.%. Der Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrages dadurch, daß die Aufhellersuspension aus den Bestandteilen a), b), c) und gegebenenfalls d) Elektrolyt, Konservierungsmittel und/oder Geruchsverbesserer besteht.

V. Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung gerügt, daß ihn der neu vorgelegte Hauptantrag schlechter stelle als die von der Einspruchsabteilung für gewährbar gehaltene Fassung des Streitpatents. Der Disclaimer "ausgenommen 0,5 Gew.%" eines Polysaccharids in Anspruch 1 des erstinstanzlich gewährten Hilfsantrages sei im Anspruch 1 des jetzigen Hauptantrages nicht mehr enthalten mit der Folge, daß der geltende Anspruch einen Gegenstand umfasse, der vorher ausgenommen gewesen sei. Nachdem er der einzige Beschwerdeführer im Verfahren sei, untersage das Verbot der reformatio in peius gemäß der Entscheidung G 1/99 (ABl. EPA 2001, 381) hier eine Erweiterung des Patentgegenstandes im Beschwerdeverfahren.

Die Neuheit des Patentgegenstandes hat der Beschwerdeführer mit den Druckschriften (1) und (2) angegriffen. Diese Druckschriften offenbarten wäßrige Suspensionen, welche Xanthan im beanspruchten Bereich enthielten. Zwar sei dort von Farbstoffen die Rede, indessen lese der Fachmann bei diesem Begriff automatisch Aufheller mit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sah der Beschwerdeführer die Druckschrift (7) als nächstliegend an, da hier bereits Xanthan in lagerstabilen Aufhellersuspensionen eingesetzt werde, wenn sie auch nicht-ionisch seien. Die vom Beschwerdegegner formulierte Aufgabenstellung beinhalte die spätere Verwendung der lagerstabilen Suspensionen in Waschmitteln, welche indessen nichts mit der angestrebten Lagerstabilität der Suspensionen vor deren Verwendung zu tun habe. Daher sei dieser Bestandteil der geltend gemachten Aufgabenstellung zu streichen. Die Druckschrift (7) beschreibe in ihren Beispielen 1, 20, 56. und 79 Suspensionen, die entweder Carboxymethylcellulose oder Xanthan enthielten. Damit gebe sie eine Anregung, die Carboxymethylcellulose in den aus der Druckschrift (8) bekannten Suspensionen durch Xanthan zu ersetzen, weswegen die anspruchsgemäße Lösung nahegelegen habe. Die Druckschriften (1) und (2) beträfen Farbstoffsuspensionen, die als Hilfsstoff Xanthan enthalten könnten, wodurch diese Suspensionen gegen Sedimentation geschützt würden. Damit gäben diese Druckschriften eine Anregung, in den Aufhellersuspensionen Xanthan zur Lagerstabilität zu verwenden.

VI. Der Beschwerdegegner hat im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer behauptete reformatio in peius vorgebracht, daß der geltende Hauptantrag den Beschwerdeführer nicht schlechter stelle als die von der Einspruchsabteilung für gewährbar gehaltene Fassung des Streitpatents. Zwar sei der Disclaimer des vorherigen Anspruchs 1 im geltenden Anspruch 1 nicht mehr enthalten; dies sei jedoch nur eine sprachliche Modifizierung und keine Änderung des Anspruchsgegenstandes an sich, denn der Beschwerdeführer selbst habe im Beschwerdeverfahren vorgetragen, daß der punktuelle Zahlenwert des Disclaimers von 0,5 als solcher nicht meßbar und damit der Anspruchsgegenstand nicht vom Stand der Technik abgegrenzt sei.

Die Neuheit des Patentgegenstandes sei gegenüber den Druckschriften (1) und (2) gegeben, da dort lediglich Farbstoff-, jedoch keine Aufheller-Suspensionen offenbart seien. Farbstoffe und Aufheller seien nicht gleichzusetzen.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von der Druckschrift (8) als nächstkommendem Stand der Technik auszugehen, in welcher Carboxymethylcellulose an Stelle vom anspruchsgemäßem Xanthan in die anionische Aufhellersuspension eingesetzt werde. Die Aufgabe liege in der Bereitstellung einer lagerstabilen wäßrigen Aufhellersuspension zur Herstellung von Waschmitteln. Xanthan werde zwar in den Druckschriften (1) und (2) als Verdickungsmittel für saure Farbstoffe genannt, ohne dort jedoch erfindungswesentlich zu sein. In der Druckschrift (1) werde es nur in 4 von 18 Beispielen eingesetzt und stets nur in Verbindung mit einem Dispergiermittel. Es finde sich in dieser Druckschrift auch kein Hinweis auf die Austauschbarkeit von Carboxymethylcellulose und Xanthan. Gleiches gelte für die Druckschrift (7), in der alternativ Carboxymethylcellulose oder Xanthan in Suspensionen eingesetzt werde, allerdings als Verdicker, nicht zur Erzeugung von Lagerstabilität wie im Streitpatent.

VII. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Der Beschwerdegegner hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag oder als ersten oder zweiten Hilfsantrag eingereichten Anspruchssätze und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zusammensetzung der Kammer (Artikel 21 EPÜ)

Laut maschinell erstelltem und den Parteien zugestelltem Ausdruck der angefochtenen Entscheidung soll diese Entscheidung von einer aus vier Mitgliedern bestehenden Einspruchsabteilung getroffen worden sein. Ausweislich des unterschriebenen Originals dieser Entscheidung (Bl. 131 der Einspruchsakte) und ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (Bl. 112 der Einspruchsakte), in welcher die angefochtene Entscheidung verkündet wurde, hat eine aus lediglich drei Mitgliedern bestehende Einspruchsabteilung diese Entscheidung tatsächlich getroffen. Der maschinell erstellte und den Parteien zugestellte Ausdruck der angefochtenen Entscheidung gibt daher insoweit den wirklichen Sachverhalt nicht korrekt wieder. Nachdem die Einspruchsabteilung bei der Entscheidung tatsächlich nur aus drei Mitgliedern bestand, war gemäß Artikel 21 (4) (a) EPÜ die mit der Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung befaßte Beschwerdekammer aus drei Mitgliedern zusammenzusetzen. Die erkennende Kammer ist mit ihren drei Mitgliedern daher gesetzeskonform zusammengesetzt.

Hauptantrag

3. Zulässigkeit

Der geltende Anspruch 1 enthält gegenüber der von der Einspruchsabteilung für gewährbar gehaltenen Fassung nicht mehr den Disclaimer mit dem Wortlaut "ausgenommen 0,5 Gew.%" eines anionischen Polysaccharids. Im Beschwerdeverfahren ist dieser punktuelle Disclaimer vom Beschwerdeführer selbst dahingehend angegriffen worden (Schriftsatz vom 23. Juli 2001), daß er mangels Meßbarkeit keinen inhaltlichen Unterschied bedeute und daher den Anspruchsgegenstand auch nicht vom Stand der Technik abgrenze. In Anbetracht dessen vermag die Kammer keine Schlechterstellung des - einzigen - Beschwerdeführers im Weglassen dessen, was nach eigenem Bekunden keinen Unterschied darstellt, zu erkennen, so daß hier kein Fall von reformatio in peius, aus der Sichtweise des Beschwerdeführers, vorliegen kann.

4. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

Das Merkmal einer wäßrigen Suspension findet seine Stütze auf Seite 1, Absatz 3 und Seite 2, Zeile 1 der ursprünglichen Beschreibung. Die Definition des anionischen Polysaccharids als Xanthan ist im ursprünglichen Anspruch 12 ofenbart. Der Anspruch 1 legt in Verbindung mit der Untergrenze von 0,01 Gew.% nunmehr eine Obergrenze 0,5 Gew.% an Komponente (b) fest. Auf Seite 6, Zeile 2 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen wird ein Vorzugsbereich von 0,05 bis 0,5 Gew.% genannt. Nachdem der Endpunkt von 0,5 Gew.% ursprünglich spezifisch offenbart ist, führt die vorgenommene Abänderung des Anspruchs 1 nicht zu einem Gegenstand, der über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht, wodurch sie im Einklang mit Artikel 123 (2) EPÜ steht (siehe Entscheidung T 2/81, ABl. EPA 1982, 394, Punkt 3 der Entscheidungsgründe).

Diese Abänderungen des erteilten Anspruchs 1 beschränken den beanspruchten Gegenstand, wodurch der Schutzbereich des Streitpatents im Vergleich zur erteilten Fassung nicht erweitert wird.

Der geltende Anspruchssatz erfüllt demzufolge alle Voraussetzungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

5. Neuheit

5.1. Die Druckschriften (1) und (2) betreffen ausweislich ihres Anspruchs 1 wäßrige Suspensionen von Farbstoffen, während patentgemäß solche von Aufhellern beansprucht werden. Farbstoffe sind jedoch mit Aufhellern nicht gleichzusetzen.

Der Beschwerdeführer hat nun behauptet, daß Aufheller als Farbstoffe im weitesten Sinne zu verstehen seien, weswegen der Fachmann in den angezogenen Druckschriften Aufheller automatisch "mitlese". Diese beiden Druckschriften enthalten indessen keine spezifische Offenbarung von Farbstoffen, die auch als Aufheller verstanden werden könnten. Vielmehr beschreibt und benennt die Druckschrift (1) in Spalte 3 und die Druckschrift (2) in Spalte 4 ausschließlich solche Stoffe, die tatsächlich eine Färbung ("colorization") und keine Aufhellung hervorrufen. Insoweit bieten die angezogenen Druckschriften dem Fachmann keinen Anlaß, unter den dort offenbarten Farbstoffen auch Aufheller "mitzulesen". Selbst wenn für den Fachmann der allgemeine Begriff Farbstoff grundsätzlich Aufheller als eine Farbstoff-Spezies mitumfaßte, wie der Beschwerdeführer behauptet, nimmt die generische Offenbarung von Farbstoffen in den angezogenen Druckschriften nicht eine spezifische Ausführungsform davon, hier patentgemäß von Aufhellern, neuheitsschädich vorweg.

5.2. Die Kammer hält es in diesem Zusammenhang für angezeigt darauf hinzuweisen, daß das obige Vorbringen des Beschwerdeführers zur Neuheit, nämlich vom "Mitlesen", auf Überlegungen und Argumente zurückgreift, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Patentgegenstandes zu berücksichtigen sind. Neuheit und erfinderische Tätigkeit sind gemäß Artikel 52 (1) EPÜ indessen zwei eigenständige Erfordernisse an die Patentfähigkeit einer Erfindung und für deren Beurteilung gelten demzufolge unterschiedliche Kriterien. Einer Vermischung dieser beiden eigenständigen Erfordernisse durch die Anwendung sich deckender Beurteilungskriterien, wie sie augenscheinlich der Beschwerdeführer vorzunehmen versucht, vermag die Kammer nicht zuzustimmen.

5.3. Die Kammer hat sich auch davon überzeugt, daß der beanspruchte Gegenstand in weiteren entgegengehaltenen Druckschriften nicht beschrieben ist. Da die Neuheit vom Beschwerdeführer aufgrund anderer Druckschriften im Beschwerdeverfahren nicht mehr angegriffen wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

5.4. Die Kammer kommt aus den oben angeführten Gründen zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht zum Stand der Technik gehört und somit neu im Sinne von Artikel 52 (1) und 54 EPÜ ist.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Gemäß Artikel 56 EPÜ beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Für die Beantwortung dieser Frage aus objektiver Sicht ist es nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern erforderlich, den nächstliegenden Stand der Technik festzustellen, demgegenüber die Aufgabe zu ermitteln, die erfindungsgemäß gestellt und gelöst wird, und die Frage des Naheliegens der anmeldungsgemäßen Lösung dieser Aufgabe für den Fachmann zu klären.

6.2. Als erstes ist somit der zur Erfindung nächstliegende Stand der Technik zu ermitteln, wozu eine Auswahl unter den im Verfahren angezogenen Druckschriften zu treffen ist. Während der Beschwerdeführer die Druckschrift (7) als nächstliegend angesehen hat, hat der Beschwerdegegner wie auch die Einspruchsabteilung die Druckschrift (8) als nächstkommend betrachtet.

6.2.1. Das Streitpatent betrifft lagerstabile wäßrige Aufhellersuspensionen, die einen anionischen Aufheller und 0,01 bis 0,5 Gew.% Xanthan enthalten.

6.2.2. Die Druckschrift (8) betrifft wäßrige Suspensionen von anionischen Aufhellern, welche 0,5 Gew.% oder mehr Carboxymethylcellulose enthalten (Anspruch 1). Diese sind lagerstabil (Seite 2, Absatz 7; Seite 3, letzter Absatz). Somit stimmen die Aufheller dieser Druckschrift in dem wesentlichen Merkmal der anionischen Struktur mit jenen des Streitpatents überein, ebenso wie hinsichtlich des Ziels der Lagerstabilität, weswegen die Druckschrift (8) zur Überzeugung der Kammer den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.

6.2.3. Die Druckschrift (7) beschreibt unter anderem nicht-ionische Aufhellersuspensionen. Das angezogene Beispiel 79 beschreibt die wäßrige Suspension eines nicht-ionischen Aufhellers, welche 0,1 bis 0,3 Gew.% Xanthan enthält. Diese ist lagerstabil. Aus dem Unterschied zwischen Druckschrift (7) und dem Streitpatent im wesentlichen Merkmal der nicht-ionischen bzw. anionischen Struktur des Aufhellers, den die Druckschrift (8) nicht aufweist, schließt die Kammer, daß die Druckschrift (7) dem Streitpatent ferner liegt als Druckschrift (8).

6.3. Ausgehend von der Druckschrift (8) als nächstliegendem Stand der Technik soll nach Angabe des Beschwerdegegners dem Streitpatent die Aufgabe in der Bereitstellung einer lagerstabilen wäßrigen anionischen Aufhellersuspensionen zur Herstellung von Waschmitteln liegen. Die spätere Verwendung der Suspensionen in Waschmitteln kann jedoch nicht Bestandteil der Aufgabe sein, wie auch der Beschwerdeführer eingewandt hat, denn die Lagerstabilität der Suspension als solche, also vor deren Verwendung in Waschmitteln, ist das aufgabengemäße Ziel.

Unter diesen Umständen ist die Aufgabe darin zusehen, weitere lagerstabile wäßrige Suspensionen von anionischen Aufhellern bereitzustellen.

6.4. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt das Streitpatent die wäßrigen Suspensionen anionischer Aufheller nach Anspruch 1 vor, die durch die Anwesenheit von 0,01 bis 0,5 Gew.% Xanthan als anionischem Polysaccharid gekennzeichnet sind.

6.5. Die erfolgreiche Lösung der patentgemäßen Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Aufhellersuspensionen wird vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Auch im Hinblick auf die Beispiele in der Streitpatentschrift hat die Kammer keinen Anhaltspunkt, den Erfolg der Lösung von sich aus in Zweifel zu ziehen.

6.6. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Fachmann Anregungen erhalten hat, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Suspensionen zu lösen.

6.6.1. Die nächstliegende Druckschrift (8) setzt einzig Carboxymethylcellulose in die Aufhellersuspensionen ein. Sie läßt jeglichen Hinweis auf den Austausch der Carboxymethylcellulose, so auch auf deren Austausch durch das anspruchsgemäße Xanthan vermissen. Folglich enthält sie auch keine Anregung, die patentgemäße Aufgabe durch den Einsatz von Xanthan zu lösen. Diese Druckschrift allein vermag die anspruchsgemäße Lösung nicht nahezulegen.

6.6.2. Die Druckschrift (7) beschreibt in ihrem Beispiel 56, Carboxymethylcellulose in einer Farbstoffsuspension einzusetzen und in den Beispielen 1, 20 und 79, Xanthan in der Suspension eines Farbstoffes bzw. eines nicht-ionischen Aufhellers einzusetzen. Indessen wird in diesen Beispielen die Carboxymethylcellulose wie das Xanthan allein als Verdicker eingesetzt, der den Suspensionen die gewünschte Viskosität verleiht (siehe Spalte 12, Zeilen 6 bis 8; Spalte 14, Zeilen 4 und 5; Spalte 22, Zeilen 14 und 24; Spalte 26, Zeilen 63 bis 65). Die Druckschrift (7) verknüpft mit den Komponenten Carboxymethylcellulose und Xanthan die Eigenschaft der Viskosität, nicht jedoch die der Lagerstabilität. Damit gibt sie keinen Hinweis, Carboxymethylcellulose durch Xanthan zu ersetzen, um die anmeldungsgemäßen Aufgabe zu lösen, nämlich weitere lagerstabile anionische Aufhellersuspensionen bereitzustellen,

6.6.3. Die Druckschrift (1) betrifft Farbstoffsuspensionen, die Hilfsstoffe unterschiedlicher Natur enthalten können. In Spalte 7, Zeilen 31 bis 35 wird eine Liste von Hilfsstoffen angegeben, welche diese Suspensionen gegen Absetzen stabilisieren (Spalte 7, Zeile 24), was patentgemäß mit Lagerstabilität bezeichnet wird. Diese Liste von alternativen Hilfsstoffen nennt und bevorzugt Xanthan, umfaßt und nennt jedoch Carboxymethylcellulose nicht. Damit gibt die Druckschrift (1) dem Fachmann keine Anregung, die in den Aufhellersuspensionen der Druckschrift (8) eingesetzte Carboxymethylcellulose durch Xanthan zu ersetzen, um weitere lagerstabile Aufhellersuspensionen bereitzustellen.

6.6.4. Die Druckschrift (2) enthält nach übereinstimmendem Vortrag von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner keine Lehre, welche über die der Druckschrift (1) hinausgeht. Daher gelten die Ausführungen und Schlußfolgerungen zur Druckschrift (1) ebenso für die Druckschrift (2).

6.7. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents dem Fachmann durch keine der Druckschriften (1), (2), (7) und (8), weder einzeln noch in Kombination, nahegelegt wurde. Er beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.

7. Aus den oben ausgeführten Gründen ergibt sich die Schlußfolgerung, daß dem Gegenstand des Anspruchs 1 keiner der angezogenen Einspruchsgründe entgegensteht. Der Anspruchsgegenstand ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so daß dieser patentfähig ist.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und die nebengeordneten Ansprüche 14 bis 18 betreffen besondere Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1. Sie werden daher von dessen Patentfähigkeit getragen ebenso wie die Ansprüche 12 und 13, die ein Verfahren zur Herstellung bzw. die Verwendung der Aufhellersuspensionen des Anspruchs 1 betreffen.

Hilfsanträge 1 und 2

8. Nachdem dem Hauptantrag des Beschwerdegegners stattgegeben wird, war auf seine nachrangigen Hilfsanträge 1 und 2 nicht weiter einzugehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2003 als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes und einer daran anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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