T 0102/99 () of 8.2.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T010299.20010208
Datum der Entscheidung: 08 Februar 2001
Aktenzeichen: T 0102/99
Anmeldenummer: 91103749.7
IPC-Klasse: A61F 13/15
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wegwerfhöschen
Name des Anmelders: UNI-CHARM CORPORATION
Name des Einsprechenden: Paul Hartmann Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 8. Dezember 1998 verkündete und am 30. Dezember 1998 zugestellte Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 446 867 die am 22. Januar 1999 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am 1. Februar 1999 entrichtet und die Beschwerdebegründung am 5. Mai 1999 eingereicht.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit den Artikeln 52 (1), 54. (1) und 56 EPÜ angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

III. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Entgegenhaltungen haben im Beschwerdeverfahren noch folgende Dokumente eine Rolle gespielt:

D1: US-A-4 846 825

D2: EP-A-0 048 011

D4: EP-A-0 219 326.

Außerdem wurde im Beschwerdeverfahren erstmals verwiesen auf:

D5: US-A-4 842 596.

IV. Am 8. Februar 2001 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das angegriffene Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise das Patent im geänderten Umfang aufrechtzuerhalten, wobei Figur 6 und die zugehörige Beschreibung in der Patentschrift zu streichen sind.

V. Die zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebliche Fassung von Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Wegwerfhöschen, mit einer ein erstes elastisches Element (4) aufweisenden Hüftöffnung (2), mit einem Vorderteil (9) und einem Hinterteil (10) sowie jeweils daran angeordneten, einander gegenüberliegenden Seitenrändern, und mit zwei mit ringartigen, zweiten elastischen Elementen (5) versehenen Beinöffnungen, wobei jeweils ein in seinem freien Randbereich dritte elastische Elemente (7) aufweisendes Bündchenelement (6) im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente (5) angeordnet ist und von der Kontraktionskraft der dritten elastischen Elemente (7) zur Haut des Benutzers angehoben wird, dadurch gekennzeichnet, daß bei entfaltetem Höschen (1) mit noch nicht verbundenen gegenüberliegenden Seitenrändern eines Vorderteils (9) und eines Hinterteils (10) die zweiten elastischen Elemente (5) für die jeweiligen Beinöffnungen (3) so angeordnet sind, daß sie in einer Kurve nach innen verlaufen, während die dritten elastischen Elemente (7) für die Bündchenelemente (6) im wesentlichen parallel zur Längsachse des Höschens (1) positioniert sind, so daß nach dem Anlegen an den Körper des Benutzers von den zweiten elastischen Elementen (5) gebildete elastisch dehnbare Linien teilweise von den dritten elastischen Elementen (7) gebildete elastisch dehnbare Linien überschneiden."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents könne sowohl von D1, als auch von D2 ausgehend in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik abgeleitet werden.

D1 offenbare bereits eine Windel, die alle wesentlichen Merkmale der Vorrichtung nach Anspruch 1 aufweise. Insbesondere seien auch hier die an den Beinöffnungen vorgesehenen, zweiten elastischen Elemente so ausgebildet, daß sie nach innen verliefen, und die dritte elastische Elemente aufweisenden Bündchenelemente seien im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet.

Im Hinblick auf die in Anspruch 1 vorgeschlagene relative Anordnung der zweiten und dritten elastischen Elemente sei zu beachten, daß diejenige Forderung, wonach die dritte elastische Elemente aufweisenden Bündchenelemente im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet seien, im Widerspruch zu derjenigen Forderung stehe, wonach sich die von den zweiten und dritten elastischen Elementen gebildeten Linien zu überschneiden hätten. Folglich stünden diese Merkmale einer Interpretation durch den Fachmann offen.

Im Sinne von Anspruch 1 könnten die widersprüchlichen Merkmale z. B. so aufgefaßt werden, daß die Bündchenelemente mit den dritten elastischen Elementen im entfalteten Zustand der Windel innerhalb der zweiten elastischen Elemente lägen, und erst während des Gebrauchs der Windel so verlagert würden, daß sich die von den zweiten und dritten elastischen Elementen gebildeten Linien überschnitten. Genau dieser Effekt träte bei der in D1 gezeigten Windel auf. Die darin gezeigten Bündchenelemente könnten nämlich beim Tragen der Windel, infolge von Bewegungen des Trägers, derart nach außen klappen, daß die von den zweiten elastischen Elementen gebildeten Linien von den, von den dritten elastischen Elementen gebildeten Linien überschnitten würden.

Folglich unterscheide sich der Gegenstand nach Anspruch 1 von der aus D1 bekannten Windel lediglich dadurch, daß es sich hierbei um ein Höschen handele und die zweiten elastischen Elemente ringartig ausgebildet seien. Das Vorsehen von ringartigen Elastifizierungsmitteln an den Beinöffnungen sei zum Prioritätszeitpunkt des angegriffenen Patents jedoch eine allgemein bekannte und üblich Maßname gewesen, wie es beispielsweise durch D5 belegt sei, und die Ausgestaltung der Windel nach D1 als Höschen sei eine einfache Maßnahme, die vom Fachmann bei Bedarf ohne weiteres vorgenommen werden könne. Somit sei der Fachmann in der Lage, die in Anspruch 1 vorgeschlagene Höschenwindel von D1 ausgehend ohne erfinderische Tätigkeit zu schaffen.

Dies sei aber auch möglich, wenn D2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werde. Aus diesem Dokument seien bereits Wegwerfhöschen bekannt, von denen sich die in Anspruch 1 beschriebenen Höschen lediglich durch das Vorsehen von Bündchenelementen mit dritten elastischen Elementen unterscheiden würden, welche innerhalb der zweiten elastischen Elemente so anzuordnen seien, daß sie sich mit ihnen überschnitten. Zur Verbesserung der Dichtigkeit der aus D2 bekannten Windel im Bereich der Beinöffnungen, sei es für den Fachmann naheliegend, die aus D4 bekannte Lehre anzuwenden, wonach zusätzlich zu den an den Beinöffnungen angeordneten elastischen Elementen innerhalb und im Abstand zu diesen Bündchenelemente vorzusehen seien, um damit eine verbesserte Abdichtung zu erzielen. Bei der Anwendung dieser Lehre auf die in D1 gezeigten Windeln würde der Fachmann zwangsläufig zum Wegwerfhöschen nach Anspruch 1 des angegriffenen Patents gelangen, ohne daß er dabei eine erfinderische Leistung vollbringen müßte.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und hat folgendes vorgebracht:

Anspruch 1 sei unter Berücksichtigung der in den Figuren 1 bis 5 gezeigten Ausführungsbeispiele auszulegen. Im Hinblick auf diese Figuren sei es klar, daß dasjenige Merkmal, wonach die zweiten elastischen Elemente bei entfaltetem Höschen in einer Kurve nach innen verliefen, so zu verstehen sei, daß der Schrittbereich von den zweiten elastischen Elementen gequert werde. Unter Berücksichtigung dieser Auslegung gebe Anspruch 1 eine klare technische Lehre und sei frei von Widersprüchen.

Das in Figur 6 gezeigte Ausführungsbeispiel, falle offensichtlich nicht unter den Schutzbereich von Anspruch 1. Diese Figur sei nur irrtümlich in der Patentschrift enthalten und hätte eigentlich während des Prüfungsverfahrens gestrichen werden sollen. Dementsprechend sei es gemäß dem vorliegenden Hilfsantrag auch vorgesehen, Figur 6 und die zugehörige Beschreibung aus der Patentschrift zu streichen.

Von den aus D1 bekannten Windeln unterscheide sich der Gegenstand gemäß Anspruch 1 nicht nur dadurch, daß er speziell als Höschen ausgebildet sei und ringartige zweite elastische Elemente aufweise, sondern vor allem auch noch dadurch, daß sich die von den zweiten und dritten elastischen Elementen gebildeten Linien überschnitten. Nachdem die in D1 gezeigten Bündchenelemente (flaps 30, 32) nach innen vorgespannt seien, um einen Beutel zur Aufnahme eines absorbierenden Einsatzes (12) zu bilden, wäre es unmöglich, daß sie nach außen klappen könnten. Selbst wenn sie während des Tragens nach außen gedrückt werden sollten, würden sie, wie in Figur 5 von D4 gezeigt, im Schrittbereich des Benutzers hängenbleiben. Eine Überschneidung der zweiten und dritten elastischen Elemente sei daher auch während des Gebrauchs dieser Windel ausgeschlossen. Im Übrigen sei eine solche Überschneidung auch nicht beabsichtigt, da gemäß D1 eine separate Beinabdichtung durch die zweiten elastischen Elemente und eine separate Schrittabdichtung durch die dritten elastischen Elemente angestrebt werde.

Eine Kombination der aus D2 und D4 zu entnehmenden technischen Lehren würde der Fachmann nicht vornehmen. D2 betreffe nämlich lediglich eine Trainingswindel, die nur für Notfälle vorgesehen sei und normalerweise sauber bliebe. Nachdem hier keine aufwendigen Maßnahmen für die Abdichtung der Windel notwendig seien, würde der Fachmann auf keinen Fall die in D4 gezeigten elastifizierten Bündchenelemente zusätzlich zu den in D2 vorhandenen elastischen Elementen an den Beinöffnungen vorsehen.

Ferner deute auch die Tatsache, daß in den fünf Jahren zwischen der Veröffentlichung der D4 und dem Anmeldetag des vorliegenden Patents niemand eine Kombination zwischen D2 und D4 in Erwägung gezogen habe, darauf hin, daß diese nicht nahegelegen haben könne.

Folglich sei, sowohl von D1 als auch von D2 ausgehend, eine erfinderische Tätigkeit notwendig gewesen, um zum Gegenstand nach Anspruch 1 zu gelangen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Auslegung von Anspruch 1

2.1. Für die Beantwortung der Fragen, welche Merkmale von Anspruch 1 aus dem nachgewiesenen Stand der Technik bekannt sind und ob dessen Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist im vorliegenden Fall zunächst eine Interpretation von Anspruch 1 notwendig.

Hierzu ist festzustellen, wie die folgenden Merkmale, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Kombination, aufzufassen sind:

A) die zweiten elastischen Elemente verlaufen in einer Kurve nach innen;

B) das die dritten elastischen Elemente aufweisende Bündchenelement ist im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet;

C) nach dem Anlegen des Höschens werden die von den zweiten elastischen Elementen gebildeten Linien teilweise von den, von den dritten elastischen Elementen gebildeten Linien überschnitten.

Unter Berücksichtigung der Figuren der Patentschrift und ihrer zugehörigen Beschreibung sowie unter Beachtung der Merkmale B) und C) ist es für den Fachmann offensichtlich, daß das Merkmal A) ausdrücken soll, daß die zweiten elastischen Elemente bei entfaltetem Höschen, ausgehend von Endpunkten an den Seitenrändern des Höschens, derart in einer Kurve nach innen verlaufen, daß sie im wesentlichen außerhalb der Bündchenelemente liegen und zugleich, bei getragenem Höschen, die von ihnen gebildeten Linien von den, von den dritten elastischen Elementen gebildeten Linien überschnitten werden.

Dementsprechend ist das Merkmal B) so aufzufassen, daß das die dritten elastischen Elemente aufweisende Bündchenelement im Abstand innerhalb der wesentlichen Teile der zweiten elastischen Elemente, nämlich jenen die die Beinöffnungen umgeben, angeordnet ist, während es in Bezug auf andere Teilbereiche, die zur Mitte des Höschens verlaufen, außerhalb dieser Teilbereiche liegt (siehe Figuren 2 und 3 des angeriffenen Patents).

Im Hinblick auf diese Interpretation ist das Merkmal C) so zu verstehen, daß die Überschneidung der von den zweiten und dritten elastischen Elementen gebildeten Linien außerhalb der wesentlichen Teile der zweiten elastischen Elemente erfolgt.

2.2. Im Hinblick auf die vorangehend dargestellte Auslegung vom erteilten Anspruch 1 ist die Kammer der Auffassung, daß dieser Anspruch ausreichend klar ist und keine Widersprüche aufweist.

Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach das Merkmal A) so zu verstehen sei, daß der Schrittbereich von den zweiten elastischen Elementen gequert werde, stellt lediglich einen Sonderfall dieser Interpretation dar. Die Querung des Schrittbereichs durch die zweiten elastischen Elemente ist aber nicht zwingend notwendig, damit die Merkmale A) - C) widerspruchsfrei erfüllt werden. Vielmehr genügt es, wenn sich die zweiten elastischen Elemente so weit in den Schrittbereich erstrecken, daß die von ihnen gebildeten Linien von den Linien der dritten elastischen Elemente überschnitten werden können.

Die Kammer teilt jedoch die Auffassung der Beschwerdegegnerin, daß die in Figur 6 dargestellte Ausbildung der zweiten elastischen Elemente nicht unter die Definition der zweiten elastischen Elemente gemäß Anspruch 1 fällt, und die Figur 6 sowie die zugehörige Beschreibung nur infolge eines offensichtlichen Irrtums in der Patentschrift enthalten ist.

Dies rechtfertigt jedoch nicht die Streichung der Figur 6. und des entsprechenden Teils der Beschreibung, weil nach Regel 57a EPÜ in einem Patent lediglich dann Änderungen vorgenommen werden dürfen, wenn sie durch Einspruchsgründe veranlaßt sind. Im vorliegenden Fall trifft dies aber nicht zu, weil die beabsichtigte Streichung gemäß dem Hilfsantrag allenfalls durch einen Mangel an Klarheit begründet werden könnte.

3. Stand der Technik

3.1. D1 offenbart eine Wegwerfwindel, mit einer ein erstes elastisches Element (60, 62) aufweisenden Hüftöffnung, mit einem Vorderteil und einem Hinterteil sowie jeweils daran angeordneten, einander gegenüberliegenden Seitenrändern, und mit zwei mit zweiten elastischen Elementen (46, 47) versehenen Beinöffnungen, wobei jeweils ein in seinem freien Randbereich dritte elastische Elemente (40, 42) aufweisendes Bündchenelement (30, 32) im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet ist und von der Kontraktionskraft der dritten elastischen Elemente zur Haut des Benutzers angehoben wird, und wobei bei entfalteter Windel mit noch nicht verbundenen gegenüberliegenden Seitenrändern eines Vorderteils und eines Hinterteils die zweiten elastischen Elemente für die jeweiligen Beinöffnungen so angeordnet sind, daß sie in einer Kurve nach innen verlaufen (siehe Figur 1), während die dritten elastischen Elemente für die Bündchenelemente im wesentlichen parallel zur Längsachse der Windel positioniert sind.

Die Windel gemäß D1 ist jedoch nicht als Höschen ausgebildet, die zweiten elastischen Elemente liegen nicht in ringartiger Form vor, und die von den zweiten und dritten elastischen Elementen gebildeten Linien weisen nach dem Anlegen der Windel keine Überschneidungen auf.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach sich diese Linien in dem Fall überschneiden würden, wenn die Bündchenelemente infolge von Bewegungen des Trägers nach außen gedrückt würden, ist nicht stichhaltig.

Wie beispielsweise die Figur 2 der D1 zeigt, sind die Bündchenelemente (30, 32) derart vorgespannt, daß sie von den zweiten elastischen Elementen (44, 46) weg, nach innen geneigt sind. Wenn die Windel gemäß D2 getragen wird, werden sich die Bündchenelemente daher so an den Körper des Benutzers anlegen, wie es z. B. in Figur 5 der D4 dargestellt ist. Dabei werden die Bündchenelemente noch weiter nach innen geneigt als vor dem Tragen. Eine Verschwenkung aus dieser Lage, derart daß sich die von den dritten elastischen Elementen gebildeten Linien mit den von den zweiten elastischen Elementen gebildeten Linien überschneiden, wird sowohl durch die Vorspannung der Bündchenelemente nach innen, als auch durch die Körperkontur im Schrittbereich des Benutzers verhindert. Es ist daher unwahrscheinlich, daß die in Anspruch 1 des angegriffenen Patents beschriebene Überschneidung bei der Windel gemäß D1 auftreten kann. Das entsprechende Merkmal ist daher in keinem Fall, auch nicht zufällig, durch die D1 vorweggenommen oder nahegelegt.

3.2. D2 offenbart verschiedene Ausführungen eines Wegwerfhöschens (1), mit einer ein erstes elastisches Element (7) aufweisenden Hüftöffnung, mit einem Vorderteil und einem Hinterteil sowie jeweils daran angeordneten, einander gegenüberliegenden Seitenrändern, und mit zwei mit ringartigen, zweiten elastischen Elementen (21, 22) versehenen Beinöffnungen, wobei bei entfaltetem Höschen mit noch nicht verbundenen gegenüberliegenden Seitenrändern eines Vorderteils und eines Hinterteils die zweiten elastischen Elemente für die jeweiligen Beinöffnungen so angeordnet sind, daß sie in einer Kurve nach innen verlaufen.

D2 zeigt jedoch unbestritten keine dritte elastische Elemente aufweisende Bündchenelemente.

3.3. D4 betrifft eine Wegwerfwindel mit zwei mit ringartigen, elastischen Elementen (60) versehenen Beinöffnungen, wobei jeweils ein in seinem freien Randbereich weitere elastische Elemente (77) aufweisendes Bündchenelement (62) im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet ist und von der Kontraktionskraft der dritten elastischen Elemente zur Haut des Benutzers angehoben wird, und wobei die weiteren elastischen Elemente für die Bündchenelemente im wesentlichen parallel zur Längsachse der Windel positioniert sind.

Die im Beinbereich vorgesehenen elastischen Elemente sind jedoch nicht so angeordnet, daß sie bei entfalteter Windel in einer Kurve nach innen verlaufen, und es ergeben sich nach dem Anlegen der Windel auch keine Überschneidungen der von den elastischen Elementen und den weiteren elastischen Elementen gebildeten Linien.

3.4. D5 zeigt schließlich noch eine Windel, bei der die Beinöffnungen mit zwei ringartigen elastischen Elementen (102) versehen sind, welche in einer Kurve nach innen verlaufen.

Diese Windel umfaßt jedoch keine mit weiteren elastischen Elementen versehenen Bündchenelemente.

3.5. Wie aus den vorangehenden Ausführungen zum Offenbarungsgehalt der entgegengehaltenen Dokumente hervorgeht, ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Dem angegriffenen Patent liegt die Aufgabe zugrunde, ein Wegwerfhöschen aufzuzeigen, bei dem ein Austreten von Exkrementen an den Beinöffnungen vermieden wird (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 8 - 20).

4.2. Ausgehend von der in D1 gezeigten Windel wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß

a) die Windel als Höschen gestaltet ist,

b) die zweiten elastischen Elemente ringartig ausgebildet sind, und

c) die zweiten und dritten elastischen Elemente so angeordnet sind, daß nach dem Anlegen des Höschens an den Körper des Benutzers die von den zweiten elastischen Elementen gebildeten Linien teilweise von den, von den dritten elastischen Linien gebildeten Linien überschnitten werden.

Von dem in D2 gezeigten Wegwerfhöschen ausgehend wird diese Aufgabe daurch gelöst, daß

d) Bündchenelemente vorgesehen sind, die

- im Abstand innerhalb der zweiten elastischen Elemente angeordnet sind,

- im wesentlichen parallel zur Längsachse des Höschens positioniert sind,

- in ihrem freien Randbereich dritte elastische Elemente aufweisen,

- von der Kontraktionskraft der dritten elastischen Elemente zur Haut des Benutzers angehoben werden, und

c) die zweiten und dritten elastischen Elemente so angeordnet sind, daß nach dem Anlegen des Höschens an den Körper des Benutzers die von den zweiten elastischen Elementen gebildeten Linien teilweise von den, von den dritten elastischen Linien gebildeten Linien überschnitten werden.

4.3. Die Anordnung der zweiten und dritten elastischen Elemente entsprechend Merkmal c) dient dazu, die Bündchenelemente beim Tragen über ihren gesamten Bereich nach innen vorzuspannen (siehe Patentschrift, Spalte 5, Zeilen 24 - 44), wodurch zwangsläufig eine zuverlässige Abdichtung durch die Bündchenelemente erreicht wird.

Aus dem nachgewiesenen Stand der Technik ist es nicht bekannt, zweite und dritte elastische Elementen im Bereich der Beinöffnungen von Windeln so anzuordnen, daß zur Abdichtung vorgesehene Bündchenelemente nicht nur von den dritten elastischen Elementen, sondern auch noch von den zweiten elastischen Elementen zum Körper des Benutzers vorgespannt werden. Daher kann die im Merkmal c) beschriebene Anordnung nicht als naheliegend angesehen werden. Folglich beruht der Gegenstand nach Anspruch 1 schon wegen des Merkmals c) auf einer erfinderischen Tätigkeit, und es kann dahingestellt bleiben, ob die Merkmale a), b) und d) als naheliegende Maßnahmen anzusehen sind oder nicht.

4.4. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation, wonach der Gegenstand nach Anspruch 1 von D1 ausgehend für den Fachmann ohne erfinderisches Zutun durch das Vorsehen üblicher Maßnahmen zu erreichen sei, oder von D2 ausgehend durch die Lehre der D4 nahegelegt sei, konnte die Kammer aus folgenden Gründen nicht überzeugen.

Wie bereits weiter oben dargelegt wurde (siehe Punkt 3.1), unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 des angegriffenen Patents von der aus D1 bekannten Windel nicht nur dadurch, daß er als Höschen ausgebildet ist und die zweiten elastischen Elemente eine ringartige Form aufweisen, sondern auch noch dadurch, daß die zweiten und dritten elastischen Elemente so angeordnet sind, daß sich die von ihnen gebildeten Linien während des Tragens des Höschens überschneiden. Die Beschwerdeführerin hat jedoch weder nachgewiesen, daß eine solche Anordnung der zweiten und dritten elastischen Elemente aus dem Stand der Technik bekannt ist, noch daß sie für den Fachmann naheliegend war.

Im Hinblick auf D4 ist festzustellen, daß darin tatsächlich zusätzlich zu an den Beinöffnungen vorzusehenden elastischen Elementen, die Verwendung von Bündchenelementen angeregt wird, welche im wesentlichen parallel zur Längsachse des Höschens verlaufen, im Abstand innerhalb der elastischen Elemente an den Beinöffnungen liegen, in ihrem freien Randbereich elastische Elemente aufweisen und von deren Kontraktionskraft zur Haut des Benutzers angehoben werden (siehe Merkmal d), wie es unter Punkt 4.2 dargestellt wurde).

Diese Anregung kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit der gesamten Lehre von D4 zu sehen. Danach ist es vorgesehen, die Bündchenelement parallel zu den elastischen Elementen an den Beinöffnungen anzuordnen (siehe D4, Figur 1), um so hintereinandergeschaltete Barrieren zur Vermeidung von Exkrementaustritten aus den Beinöffnungen zu bilden (siehe D4, Seite 3, Zeilen 20 - 32, oder Seite 15, Zeile 28 - Seite 16, Zeile 10).

D4 kann daher keine Anregung dazu geben, Bündchenelemente so anzuordnen, daß sich die von deren elastischen Elementen gebildeten Linien mit den von den elastischen Elementen der Beinöffnungen gebildeten Linien überschneiden. Vielmehr würde der Fachmann eine solche Anordnung vermeiden, weil sie zumindest abschnittsweise die nach D4 angestrebte Doppelbarriere verhindern würde. Folglich kann die Verwendung der Bündchenelemente gemäß D4 in einem Wegwerfhöschen, wie es in Figur 5 von D2 gezeigt ist, nicht als naheliegend angesehen werden.

Allenfalls würde der Fachmann solche Bündchenelemente in einem Wegwerfhöschen gemäß Figur 2 von D2 vorsehen, weil hier die aus D4 zu entnehmende Hintereinanderschaltung der Bündchenelemente und der elastischen Elemente im Bereich der Beinöffnungen möglich wäre. Die patentgemäße Überschneidung der von den elastischen Elementen des Bündchenelements und den elastischen Elementen der Beinöffnungen gebildeten Linien würde dabei aber nicht erreicht.

4.5. Aufgrund der vorangehenden Betrachtungen ist die Kammer zur Schlußfolgerung gelangt, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des angegriffenen Patents nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik abgeleitet werden kann (Artikel 56 EPÜ). Anspruch 1, der davon abhängige Anspruch 2 sowie die Beschreibung und die Zeichnungen gemäß der Patentschrift können daher unverändert aufrechterhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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