T 1051/98 () of 4.10.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T105198.20001004
Datum der Entscheidung: 04 October 2000
Aktenzeichen: T 1051/98
Anmeldenummer: 91115348.4
IPC-Klasse: G01S 17/87
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Reflexions-Lichttaster
Name des Anmelders: Leuze electronic GmbH + Co.
Name des Einsprechenden: i f m electronic gmbh
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent 0 491 118 zu widerrufen.

II. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hatte Einspruch eingelegt mit der Begründung, die Erfindung gemäß Patentanspruch 1 sei nicht neu. Es wurde insbesondere auf die Dokumente

D1: US-A-4 659 922

D2: DE-A-3 513 671

D3: DE-A-3 627 972

verwiesen.

III. Nach der Entscheidung beruhe die Erfindung gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 wie erteilt nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin Beschwerde ein.

V. In einer Mitteilung der Kammer vertrat der Berichterstatter die vorläufige Meinung, daß die Erfindung nach Patentanspruch 1 naheliegend sei, aber der Gegenstand des Patentanspruchs 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen könne.

VI. Am 4. Oktober 2000 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Beschwerdeführerin reichte neue Patentansprüche sowie eine geänderte Beschreibungsseite ein. Der neue Patentanspruch 1 stützte sich auf den erteilten Patentanspruch 2. Der erteilte Patentanspruch 1 war gestrichen worden.

VII. Patentanspruch 1 lautete (ohne Bezugszeichen):

"Reflexionslichttaster, bei dem Lichtsender und Lichtempfänger mit jeweils vorgeordneter Sende- und Empfangsfrontlinse benachbart zueinander angeordnet sind und der mit einer Einrichtung zum Einstellen des Grenzabstands eines Tastobjekts vom Tastergehäuse versehen ist, die lichtempfangsseitig zwei lichtempfindliche Elemente aufweist, deren Ausgangssignale einen Differenzverstärker beaufschlagen, dessen Ausgangssignal in einer Auswerteschaltung bezüglich Amplitude und Vorzeichen bewertet wird, wobei sich das Tastobjekt im Grenzabstand befindet, wenn die Amplitude des Ausgangssignals des Differenzverstärkers einer in der Auswerteschaltung vorgegebenen Ansprechschwelle entspricht, dadurch gekennzeichnet, dass der Lichtsender wenigstens zwei voneinander unabhängige Lichtquellen enthält, der Lichtempfänger wenigstens zwei getrennt auswertbare lichtempfindliche Elemente aufweist und der jeweilige Grenzabstand innerhalb einer definierten Tastzone durch unterschiedliche Verstärkung der Ausgangssignale der lichtempfindlichen Elemente stufenlos einstellbar ist."

VIII. Nach Meinung der Beschwerdeführerin sei der nächste Stand der Technik aus D2 bekannt. Die in dieser Schrift beschriebene Vorrichtung weise zwar einen Lichtempfänger mit zwei Elementen auf, jedoch werde nichts über die Verstärkung der Ausgangssignale dieser Elemente gesagt. Auch D1 führe nicht zur Erfindung, denn die darin beschriebene Intensitätssteuerung der Sendestrahlen habe aufgrund der unterschiedlichen Reflexionseigenschaften der zu erfassenden Objekte eine andere Wirkung als die erfindungsgemäße Verstärkungssteuerung der Lichtempfängersignale.

IX. Die Beschwerdegegnerin führte demgegenüber aus, daß D1 das Prinzip offenbare, den Grenzabstand durch Änderung der Sendeleistung zweier Lichtquellen zu verschieben. Der Fachmann würde ohne weiteres erkennen, daß er das Gleiche erreichen könne, wenn er die Vorverstärkung der Fotoströme der beiden lichtempfindlichen Elemente eines geteilten Lichtempfängers unterschiedlich stark wähle.

X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage von:

Beschreibung: Seite 1, wie am 4. Oktober 2000 eingereicht,

Seiten 2 - 7, wie am 30. August 2000 als 1. Hilfsantrag eingereicht;

Ansprüche: 1. - 3, wie am 4. Oktober 2000 eingereicht,

4. - 11, wie am 30. August 2000 als 1. Hilfsantrag eingereicht;

Zeichnung: wie erteilt.

XI. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

1.1. Im Vergleich zu der erteilten Fassung des Patentanspruchs 2 ist in den Oberbegriff des neuen Hauptanspruchs das Merkmal aufgenommen worden, daß "sich das Tastobjekt im Grenzabstand befindet, wenn die Amplitude des Ausgangssignals des Differenzverstärkers einer in der Auswerteschaltung vorgegebenen Ansprechschwelle entspricht". Diese Formulierung findet ihre Stütze in Spalte 4, Zeilen 2 - 10 der veröffentlichten Patentanmeldung. Sie dient lediglich der näheren Definition des Begriffes "Grenzabstand" und erweitert nicht den Schutzbereich des Patents. Die Änderung genügt deshalb den Anforderungen des Artikels 123 EPÜ, Absätze 2 und 3.

1.2. Die Änderungen der Beschreibung sind nicht zu beanstanden.

2. Die Erfindung

Die Erfindung ist ein Reflexionslichttaster, mit dem ein reflektierendes Objekt innerhalb eines bestimmten Grenzabstands erfaßt werden kann. Der Lichtempfänger weist (wenigstens) zwei lichtempfindliche Elemente auf. Als "Grenzabstand" wird diejenige Entfernung bezeichnet, bei der die Ausgangssignale dieser beiden Elemente gleich groß sind. (Von der Ansprechschwelle, die nach Angabe der Beschwerdeführerin beispielsweise den Wert Null annehmen kann, wird abgesehen.) Der Grenzabstand kann auf einen gewünschten Wert eingestellt werden, indem die Verstärkung der Ausgangssignale unterschiedlich groß gewählt wird.

3. Der Stand der Technik

3.1. Das Dokument D2 offenbart einen Reflexionslichttaster mit den im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen. Diese bekannte Vorrichtung weist zwei Photowandler auf, die an einen Differenzverstärker angeschlossen sind. Der Grenzabstand (der einen "Testbereich" definiert) wird dadurch eingestellt, daß ein Umlenkspiegel den Empfangsstrahl derart umlenkt, daß er "für jeden gewünschten Tastbereich... auf die gewünschte Mittelposition der fotoelektrischen Wandleranordnung 15 fällt" (Seite 17). Die Verstärkung der beiden Photowandlersignale ist offensichtlich gleich, denn wenn der Empfangsstrahl genau in die Mitte zwischen den beiden Photowandlern fällt, ist das Ausgangssignal des Differenzverstärkers gleich Null (Seite 16, oben).

3.2. Der Grenzabstand wird also gemäß D2 mit Hilfe eines Umlenkspiegels eingestellt. Gemäß der Erfindung wird statt dessen die Verstärkung der Photowandlersignale unterschiedlich groß gewählt. Die Frage ist nun, ob D2 Hinweise auf diese alternative Lösung liefert.

3.3. Nach D2 erzeugt ein Objekt, das sich im Grenzabstand befindet, das Ausgangssignal Null. Dieses Signal ist deshalb gleich Null, weil der Empfangsstrahl genau in die Mitte zwischen den Photowandlern fällt. Es wird also eine Beziehung zwischen dem Grenzabstand und dem symmetrischen Einfall des Lichtstrahls auf die Photowandler hergestellt.

Gemäß der Erfindung besteht jedoch keine solche Beziehung. Es ist also nicht notwendig, daß ein Objekt im Grenzabstand zwei gleiche Wandlerströme erzeugt. Im Gegenteil, Abweichungen des Empfangsstrahls von der optischen Mittellage werden ausgenutzt, um den Grenzabstand ohne mechanische Hilfsmittel einzustellen. Im Rahmen der Schrift D2 wären solche Abweichungen eher als Fehler anzusehen, aber gemäß der Erfindung wird daraus ein Vorteil gezogen. Dieser Umstand spricht für das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit.

3.4. Das Gleiche gilt, wenn D1 herangezogen wird. Aus D1 erfährt der Fachmann lediglich, daß der Grenzabstand durch eine variable Intensitätssteuerung zweier Sendestrahlen eingestellt werden kann. Der Lichtempfänger braucht dabei nicht einmal geteilt zu sein.

Die Beschwerdegegnerin betrachtet die Erfindung als eine naheliegende Variante des aus D1 bekannten Prinzips. Es trifft wohl auch zu, daß sich im nachhinein etliche Ähnlichkeiten zwischen der Erfindung und D1 feststellen lassen. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Die einzig wesentliche Frage ist, ob der Fachmann ohne Kenntnis des Streitpatents zur Erfindung gelangen würde. Dabei ist zu beachten, daß D1 sich praktisch nur mit der Sendeeinheit beschäftigt. Als damaliger Stand der Technik wird ein Lichttaster genannt, in dem die Lage der Lichtquelle veränderbar ist. Die in D1 angegebene technische Aufgabe besteht darin, diese mechanische Vorrichtung zu ersetzen. Erreicht wird dies, indem zwei Lichtquellen vorgesehen sind, die auf eine besondere Weise gesteuert werden. In allen diesen Überlegungen spielt die Empfängereinheit gar keine Rolle. Im Lichte der Schrift D1 hatte der Fachmann deshalb keinen besonderen Grund, sich mit dem Lichtwandler zu beschäftigen. Es ist im übrigen kein Dokument genannt worden, das einen Lichtempfänger mit den beanspruchten Eigenschaften offenbart, nicht einmal per se.

3.5. Es folgt, daß die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, ein Patent gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin zu erteilen.

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