European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T100298.20010208 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Februar 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1002/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93120576.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08G 69/36 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Formkörper aus Copolyamiden mit langkettigen Polyamideinheiten | ||||||||
Name des Anmelders: | EMS-INVENTA AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Merkmalskombination | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende am 25. August 1998 eingegangene Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 29. Juni 1998, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 93 120 576.9, angemeldet am 21. Dezember 1993 unter Beanspruchung einer CH Priorität vom 24. Dezember 1992 und veröffentlicht unter der Nr. 0 603 813, zurückgewiesen wurde.
Gleichzeitig mit der Einlegung der Beschwerde wurden die Beschwerdegebühr entrichtet und die schriftliche Beschwerdebegründung eingereicht.
II. Die angefochtene Entscheidung beruht auf den Ansprüchen 1 bis 5, die während der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 4. Juni 1998 eingereicht wurden und deren unabhängige Ansprüche 1 und 4. wie folgt lauteten:
"1. Transparente Copolyamide mit einer Glasübergangstemperatur von 30 bis 130 C, dadurch gekennzeichnet, daß sie aufgebaut sind aus:
a) 90 bis 45 Gew.-Teilen Laurinlactam, das ersetzt sein kann durch omega-Aminocarbonsäuren mit 9 bis 12 C-Atomen oder durch aliphatische Diamine mit 9 bis 12 C-Atomen in Kombination mit aliphatischen Dicarbonsäuren mit 9. bis 12 C-Atomen,
b) 55 bis 10 Gew.-Teilen von weiteren Monomeren für teilaromatische Polyamide, wobei mindestens ein Diamin (b1) mit der Formel
H2N-R-NH2,
in dem R ein geradkettiger oder verzweigter aliphatischer Rest mit 2 bis 12 C-Atomen oder ein araliphatischer Rest mit 7 bis 12 C-Atomen oder ein cycloaliphatischer Rest mit 6 bis 42 C-Atomen sein kann, in nahezu äquimolarem Verhältnis mit mindestens einer aromatischen Dicarbonsäure (b2), die durch maximal 15 Mol-% einer langkettigen aliphatischen Dicarbonsäure mit 9 bis 36 C-Atomen ersetzt sein kann, kombiniert ist, mit der Maßgabe, daß Bis-(4-amino-3,5-diethylcyclohexyl-)methan ausgenommen ist."
"4. Verwendung der Copolyamide gemäß einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 3 zur Herstellung von Formkörpern."
Die Ansprüche 2 und 3 waren von Anspruch 1, Anspruch 5 war von Anspruch 4 abhängig.
III. In der angefochtenen Entscheidung wurde die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 anerkannt, und zwar gegenüber den Entgegenhaltungen
D1: US-A-4 232 145,
D2: US-A-4 268 661 und
D3: GB-A-2 006 797
aufgrund positiver Merkmalsabgrenzung, gegenüber der Entgegenhaltung
D4: FR-A-2 575 756
aufgrund des Ausschlusses des Diamins Bis-(4-amino-3,5-diethylcyclohexyl-)methan.
Nach Meinung der Prüfungsabteilung beruhte der Gegenstand des Anspruchs 1 jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, weil es nahegelegen habe, die ihm zugrundeliegende technische Aufgabe der Bereitstellung weiterer Copolyamide durch Verwendung von Diaminen, die außerhalb des Disclaimers liegen, zu lösen.
IV. Nach mehrfacher Änderung der Ansprüche im Laufe des schriftlichen Beschwerdeverfahrens reichte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2001 folgende Anspruchsfassung ein:
"1. Transparente Copolyamide mit einer Glasübergangstemperatur von 30 bis 130 C, dadurch gekennzeichnet, daß sie aufgebaut sind aus:
(a) 90 bis 45 Gew.-Teilen Laurinlactam, das ersetzt sein kann durch omega-Aminocarbonsäuren mit 9 bis 12. C-Atomen,
(b) 55 bis 10 Gew.-Teilen von weiteren Monomeren für teilaromatische Polyamide, bestehend aus mindestens ein Diamin (b1) mit der Formel
H2N-R-NH2,
in dem R ein geradkettiger aliphatischer Rest mit 2. bis 12 C-Atomen ist, und aus, in nahezu äquimolarem Verhältnis zum Diamin, Terephthalsäure."
"2. Verwendung der Copolyamide gemäß Anspruch 1 zur Herstellung von Formkörpern."
"3. Verwendung gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Formkörper ausgewählt sind aus den Gruppen Hohlkörper, Platten, Stangen, Rohre, Folien, Schutzschichten und Fasern."
V. In ihren schriftlichen und mündlichen Vorbringen stellte die Beschwerdeführerin inter alia fest, daß die vom Anspruch 1 umfaßten Copolyamide sich von denen gemäß den Entgegenhaltungen D1 bis D4 durch die Nichtverwendung cycloaliphatischer bzw. cycloaliphatisch substituierter Diamine und durch das Fehlen asymmetrischer Monomere unterschieden. Es sei überraschend, daß aus 45 bis 90. Gewichtsteilen Laurinlactam sowie Hexamethylendiamin und Terephthalsäure aufgebaute Copolyamide transparent seien, obwohl sowohl Polyamid 12 (Polylaurinlactam), als auch Polyamid 6,T (Polyhexamethylenterephthalsäureamid) nicht transparent seien. Dies sei umso weniger zu erwarten gewesen, als der Fachmann davon ausgehen mußte, daß die Eigenschaft der Transparenz bei Polyamiden an das Vorhandensein asymmetrischer Monomere gebunden sei, was inter alia hervorgehe aus dem mit Schriftsatz vom 8. Januar 2001 als Anlage E eingereichten Dokument
"J.G. Dolden, Polymer, 1976, Vol. 17, Oktober, Seiten 875 bis 892".
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- noch anzupassende Beschreibung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Anspruch 1 stützt sich auf folgende Stellen der ursprünglichen Offenbarung:
- Transparente Copolyamide: Ansprüche 1 und 9;
- Glasübergangstemperatur: Seite 6, Zeilen 16 bis 17;
- Gewichtsteilbereiche der Komponenten (a) und (b): Ansprüche 6 und 11;
- Laurinlactam: Seite 4, Zeile 35, Beispiele;
- Definition der omega-Aminocarbonsäuren, die Laurinlactam ersetzen können: Ansprüche 3 und 10;
- Komponente (b), Definition der Diamine: Ansprüche 1 und 9;
- Komponente (b), Terephthalsäure: Ansprüche 7 und 10.
2.2. Die Ansprüche 2 und 3 stützen sich auf die Offenbarungsinhalte der ursprünglichen Ansprüche 1 und 8.
2.3. Die Ansprüche erfüllen somit die Bedingung des Artikels 123(2) EPÜ.
3. Deutlichkeit und Stützung durch die Beschreibung
Alle Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 sind klar definiert und durch die Beschreibung gestützt. Dasselbe trifft auch auf die Merkmale der Ansprüche 2 und 3 zu.
4. Stand der Technik
4.1. Entgegenhaltung D1
Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung betrifft ein Copolyamid mit einer Glasübergangstemperatur von 140 bis 170 C, das hergestellt wurde (a) aus einem Diamin der Formel Bis-(4-amino-cyclohexyl)[R1CR2]n, (b) aus einer stöchiometrischen Menge einer Dicarbonsäure, die zu 50 bis 100 % aus Isophthalsäure besteht, und (c) aus 30 bis 40. Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge (a) + (b) + (c) aus Aminolaurinsäure, Laurinlactam bzw. Undecansäure oder entsprechenden stöchiometrischen Dicarbonsäure/Diamin-Mischungen.
4.2. Entgegenhaltung D2
Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung betrifft ein Copolyamid mit einer Glasübergangstemperatur von 140 bis 170 C, das hergestellt wurde (a) aus einem Diamin der Formel Bis(4-amino-cyclohexyl)[R1CR2]n, (b) aus einer stöchiometrischen Menge einer Dicarbonsäure, die zu 50 bis 100 % aus Isophthalsäure besteht und (c) aus 30 bis 40. Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge (a) + (b) + (c) eines Salzes oder Gemisches aus aliphatischem Diamin und aliphatischer Dicarbonsäure mit der Maßgabe, daß die durchschnittliche Anzahl von C-Atomen pro Amidgruppe bzw. zwischen den Paaren amid-bildender Gruppen mindestens 9 beträgt.
4.3. Entgegenhaltung D3
Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung betrifft ein transparentes Polyamid, das erhalten wird aus einer im wesentlichen stöchiometrischen Mischung von Terephthalsäure oder seinen amidbildenden Derivaten und einem Diamin der Formel
H2N-CHR1-(CH2)8-CHR2-NH2
a) mit 10 bis (n x 2.5) + 7.5 Gew.-% einer omega-Aminocarbonsäure der Formel H2N-R3-COOH oder ihres Lactams oder
b) mit 10 bis ((m+p)/2 x 2.5) + 7.5 Gew.-% einer Mischung im wesentlichen stöchiometrischer Mengen einer Dicarbonsäure der Formel HOOC-R4-COOH oder eines amidformenden Derivats und eines Diamins der Formel H2N-R5-NH2,
wobei R1 und R2 C4-C12-Cycloalkyl und R3, R4, R5 Alkylen mit 5 bis 11, 4 bis 10 bzw. 6 bis 12 C-Atomen sind, und wobei
n, m, p gleich der Anzahl der C-Atome in R3, R4 bzw R5 sind.
Im Falle daß eine omega-Aminocarbonsäure mit R3 = 11 C-Atomen (= Laurinsäure) verwendet wird, beträgt die maximale Laurinsäuremenge somit 35 Gew.-% [(11 x 2.5) + 7.5].
Gemäß Beispiel 8 (Seite 3, Zeilen 9 bis 32; Seite 5, Tabelle) wird ein Copolyamid mit einer Glasübergangstemperatur von 115 C hergestellt aus 65. Gew.-% eines Salzes von Terephthalsäure mit 1,10-Diamino-1,10-dicyclohexyldecan und 35 Gew.-% Laurinlactam.
4.4. Entgegenhaltung D4
Diese Entgegenhaltung betrifft gemäß Anspruch 1 ein transparentes Copolyamid und ein Verfahren zu seiner Herstellung durch Polykondensation von
a) Bis(4-amino-3,5-diethylcyclohexyl-)methan oder seinen Mischungen mit anderen Diaminen im molaren Verhältnis 95:5 bis 5:95 mit
b) einer etwa stöchiometrischen Menge an Isophthalsäure, die ersetzt werden kann bis zu 50 % durch Terephthalsäure oder im Verhältnis 5 bis 95 % durch andere amidformende aliphatische Dicarbonsäuren, und mit
c) 20 bis 60 Gew.-% der Summe a), b) und c) polyamidformenden Komponenten ausgewählt aus
c4) einer omega-Aminocarbonsäure bzw. ihres Lactams mit mehr als 8 C-Atomen oder
c2) einem Salz oder einer 1:1 Mischung einer aliphatischen Dicarbonsäure und eines aliphatischen Diamins, wobei die Anzahl der Methylengruppen einer Amidgruppe oder einem Paar von Amidgruppen mindestens 7. ist und die Anzahl an Methylengruppen zwischen den Amidgruppen mindestens 6 ist, und wobei, wenn ein Teil der Isophthalsäure durch eine aliphatische Dicarbonsäure ersetzt ist, die Summe der Gewichtsteile dieser Dicarbonsäure und der Komponente c) 20 bis 60 % der Summe von a) b) und c) beträgt.
5. Neuheit
5.1. Entgegenhaltungen D1 und D2
Vom Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 unterscheiden sich die in D1 bzw. D2 offenbarten Copolyamide durch (1) eine höhere Glasübergangstemperatur, (2) eine geringere Menge an Lactam bzw. Diamin/Dicarbonsäure Salz oder Gemisch und (3) durch die Verwendung eines cycloaliphatisch substituierten Diamins (Dicyclohexylamin).
5.2. Entgegenhaltung D3
Die dem Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nächstkommende Offenbarung dieser Entgegenhaltung findet sich in Beispiel 8. Das dort beschriebene Polymer unterscheidet sich von den Copolyamiden gemäß vorliegendem Anspruch 1 durch den geringeren Mengenanteil an Laurinlactam.
5.3. Entgegenhaltung D4
Vom Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1, der auf die Verwendung aliphatischer Diamine eingeschränkt ist, unterscheiden sich die in dieser Entgegenhaltung offenbarten Copolyamide durch die Verwendung eines cycloaliphatischen Diamins als Comonomer.
5.4. Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber dem zitierten Stand der Technik.
5.5. Dieselbe Schlußfolgerung trifft a fortiori auch auf die Ansprüche 2 und 3 zu, die sich auf die Verwendung der Copolyamide gemäß Anspruch 1 zur Herstellung von Formkörpern beziehen.
6. Nächstliegender Stand der Technik, Aufgabe und Lösung
6.1. Von den zitierten Entgegenhaltungen kommt D3 dem Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 insofern am nächsten als zwei der gemäß Beispiel 8 eingesetzten Comonomere (Laurinlactam und Terephthalsäure) identisch mit den erfindungsgemäß verwendeten sind und das dritte Comonomer, das Diamin der Formel H2N-CHR1-(CH2)8-CHR2-NH2, zwar Cycloalkylsubstituenten R1 und R2 aufweist, aber im Prinzip eine geradkettige aliphatische Grundstruktur aufweist. Demgegenüber werden gemäß den Entgegenhaltungen D1, D2 und D4 cycloaliphatische Diamine, d. h. Diamine, deren Aminogruppen direkt an einen cycloaliphatischen Ring gebunden sind, verwendet.
6.2. Die dem Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber D3 zugrundeliegende Aufgabe besteht in der Bereitstellung weiterer transparenter Copolyamide mit guten mechanischen Eigenschaften (steif, fest, kälteschlagzäh), guter Lösungsmittelbeständigkeit und niedriger Wasseraufnahme (cf. Seite 4, Zeilen 14 bis 19 der ursprünglichen Beschreibung).
6.3. Laut Anspruch 1 wurde diese Aufgabe gelöst durch die Entwicklung eines Copolyamids gemäß Anspruch 1, das aufgebaut ist aus 90 bis 45 Gewichtsteilen Laurinlactam (bzw. einer omega-Aminocarbonsäure mit 9 bis 12 C-Atomen) und 55 bis 10 Gewichtsteilen eines Copolymeranteils aus einem rein aliphatischen Diamin mit 2 bis 12 C-Atomen und Terephthalsäure.
6.4. Die für Beispiel 3 in der ursprünglichen Beschreibung (cf. Seite 8, Zeilen 18 bis 37) und in der ersten Spalte der nachgereichten Tabelle A (Anlage A gemäß Schriftsatz vom 9. Januar 2001) offenbarten Eigenschaftsdaten zeigen, daß die vorgenannte technische Aufgabe durch den Gegenstand des Anspruchs 1 gelöst wird. Insbesondere können der genannten Tabelle A teilweise sehr gute Werte der Kerbschlagzähigkeit (auch in der Kälte), Reißfestigkeit, Reißdehnung und Wechselbiegefestigkeit, ein sehr geringer Wassergehalt nach Trocknung und ein farbloses, transparentes Aussehen bei einem Brechungsindex [nD20] von 1,529 entnommen werden.
7. Naheliegen
Die Beurteilung dieses Kriteriums richtet sich danach, ob der Fachmann dem Stand der Technik eine Anregung entnehmen kann, die Anspruch 1 zugrundeliegende Aufgabe (cf. Punkt 6.2 supra) durch die anspruchsgemäß spezifizierte Monomerenzusammensetzung zu erreichen.
7.1. Die Entgegenhaltung D3, die den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert, kann die erfindungsgemäße Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe schon deshalb nicht nahelegen, weil sie einzig die Verwendung cycloaliphatisch substituierter Diamine vorsieht (cf. Punkt 4.2 supra) und keinen Hinweis auf ihren möglichen Ersatz durch geradkettige aliphatische Diamine enthält.
7.2. Ebenso wenig kann D1, D2 oder D4 ein Hinweis auf die Verwendung geradkettiger aliphatischer Diamine entnommen werden, denn alle diese Entgegenhaltungen lehren den Aufbau der jeweiligen Copolyamide mit Hilfe cycloaliphatischer Diamine.
7.3. Die erfindungsgemäße Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe kann aber auch im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen nicht als naheliegend angesehen werden.
7.3.1. Dieses knüpft nämlich die Eigenschaft der Transparenz im besonderen an die Existenz einer amorphen Struktur, welche bei Copolyamiden wiederum mit der Verwendung räumlich asymmetrischer Comonomere einhergeht.
7.3.2. Dieser Sachverhalt wird durch folgende Aussagen in dem als Anlage E (cf. Punkt V supra) eingereichten Dokument bestätigt:
"Since monomers which prevent crystallization all possess some measure of stereochemical asymmetry, it will be convenient to refer to these as asymmetrical monomers" und "It was demonstrated that on average only 20% of the monomer units need to be asymmetric for the polymer to be amorphous ..." (cf. Seite 880, letzter Satz des ersten Absatzes bzw. Seite 891, "Conclusions", spaltenüberbrückender Satz).
7.3.3. Im Einklang mit dieser Lehre offenbart die Anlage E auch in Tabelle 2 auf Seite 877 ein Copolyamid LXI, das neben den "erfindungsgemäßen" symmetrischen Monomerbestandteilen 12-ADA (12-Aminododecansäure = Laurinsäure), TPA (Terephthalsäure) und HMD (Hexamethylendiamin) auch die asymmetrischen Monomerbestandteile IPA (Isophthalsäure) und IPD (Isophorondiamin) aufweist (Monomerabkürzungen siehe Seite 876) und somit ebenfalls wegweist von Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1.
7.3.4. Die erfindungsgemäßen Copolyamide sind im Gegensatz dazu nur aus symmetrischen Einheiten (omega-Aminocarbonsäure, geradekettiges aliphatisches Diamin, Terephthalsäure) aufgebaut und weisen keine räumlich asymmetrischen Einheiten auf. Dennoch sind sie transparent.
7.4. Ein weiters Indiz dafür, daß der Fachmann von der erfindungsgemäßen Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe nicht die Bereitstellung transparenter Copolyamide erwarten würde, besteht darin, daß die beiden Polyamid-Strukturbestandteile eines anmeldungsgemäßen Copolyamids aus einerseits Laurinlactam und anderseits Hexamethylendiamin/Terephthalsäure in Form ihrer Homopolymere jeweils keine Transparenz aufweisen. Vielmehr sind sowohl Polyamid 12 (Polylaurinlactam) als auch Polyamid 6,T (Hexamethylenterephthalsäurediamid) opak.
7.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit gegenüber dem bekannten Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit.
7.6. Dasselbe trifft folglich auch auf die Verwendung der Copolyamide gemäß Anspruch 1 zur Herstellung von Formkörpern, wie sie in den Ansprüchen 2 und 3 beansprucht wird, zu.
8. Da die Ansprüche in der mündlichen Verhandlung erheblich geändert wurden, muß die Beschreibung vor einer Patenterteilung sorgfältig an die neue Anspruchsfassung angepaßt werden (Artikel 84 EPÜ). Zu diesem Zweck wird die Sache im Einklang mit Artikel 111 (1) EPÜ an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 3 und einer daran noch anzupassenden Beschreibung.