T 0942/98 (Phenylurazile/BASF) of 13.2.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T094298.20010213
Datum der Entscheidung: 13 Februar 2001
Aktenzeichen: T 0942/98
Anmeldenummer: 92919190.6
IPC-Klasse: C07D 239/54
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Substituierte 3-Phenylurazile als Herbizide
Name des Anmelders: BASF Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen (nicht zulässig) - Kombination von einzelnen Substituentenbedeutungen durch Zurückschneiden von Listen (singling out) - Änderungen gehen über differenziert offenbarte Kombination von substituierten Bedeutungen hinaus
Erfinderische Tätigkeit (ja) - überraschend verbesserte Wirkung - für alle beanspruchten Verbindungen glaubhaft gemacht - Übereinstimmung der untersuchten und der beanspruchten Substituentengruppen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0939/92
T 0859/94
T 0615/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1197/06
T 2013/08
T 1872/14

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 23. Juli 1998 eingegangene Beschwerde richtet sich gegen die am 14. Mai 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nummer 92 919 190.6 mit der europäischen Veröffentlichungsnummer 604 491 und der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 93/06090.

II. Die Prüfungsabteilung vertrat die Auffassung, daß im Hinblick auf die Druckschriften

(1) EP-A-408 383 und

(2) WO-A-91/11442

die Anmeldung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ beruhe.

III. Die Prüfungsabteilung führte in der angefochtenen Entscheidung insbesondere aus, daß aus den nächstliegenden Druckschriften (1) und (2) eine Vielzahl von 3-Phenylurazilen mit herbizider Wirksamkeit bekannt seien. Für den Fachmann sei daher zu erwarten gewesen, daß in diesem Stand der Technik nicht spezifisch offenbarte, aber im Rahmen der dortigen allgemeinen Offenbarung liegende 3-Phenylurazile gleiche herbizide Eigenschaften aufweisen würden. Daher lag dem Anmeldungsgegenstand die Aufgabe zugrunde, Verbindungen mit verbesserten herbiziden Eigenschaften zur Verfügung zu stellen. Die Prüfungsabteilung räumte ein, daß die vom beschwerdeführenden Anmelder eingereichten Vergleichsversuche vom 21. März 1996 und 25. August 1997 für mehrere beanspruchte Einzelverbindungen unerwartet verbesserte Eigenschaften belegten. Gleichwohl könnten diese Vergleichsversuche nicht für die gesamte Breite des Beanspruchten eine erfinderische Tätigkeit glaubhaft machen. So sei allen verglichenen Verbindungen das Element 3-(4-Chlorphenyl)-2,4-dioxo-1-methyl-6- trifluoromethyl-1,2,3,4-tetrahydropyrimidin gemeinsam. In den Vergleichsversuchen sei lediglich der Substituent in 3-Stellung des Phenylrestes variiert, während Versuche mit identischem 3-Phenylsubstituenten und variierter Substitution am Tetrahydropyrimidinteil fehlten. Letztere seien jedoch wesentlich, da sie den lediglich per Disclaimer vom geltenden Anspruch 1 ausgenommen Stand der Technik repräsentierten. Es mangelten Vergleichsversuche von beanspruchten Verbindungen, die sich nahtlos an den disclaimten Bereich anschlössen; folglich ließen die vorgelegten Vergleichsversuche keine Verallgemeinerung der geltend gemachten verbesserten herbiziden Wirkung über die untersuchten Einzelverbindungen hinaus auf den gesamten beanspruchten Bereich zu, so daß eine erfolgreiche Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe für den Anspruchsgegenstand nicht gegeben sei.

IV. Der Beschwerdeführer (Anmelder) reichte mit seiner Beschwerdebegründung am 22. Juli 1998 einen neuen Haupt- und Hilfsantrag ein, deren jeweiliger Anspruch 1 durch Einschränkungen den gerügten Mangel an erfinderischer Tätigkeit behebe.

V. In einer Mitteilung der Kammer gemäß Regel 11, Absatz 2 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, welcher der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, hat die Kammer die Frage aufgeworfen, ob die geänderten Ansprüche dem Erfordernis der ursprünglichen Offenbarung nach Artikel 123 (2) EPÜ genügten. Des weiteren hat die Kammer darauf hingewiesen, daß auf die Frage, ob die vorliegenden Wirkversuche für alle beanspruchten Verbindungen eine überraschend verbesserte Wirksamkeit glaubhaft machten, einzugehen sei.

VI. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 13. Februar 2001 hat der Beschwerdeführer einen neuen Haupt- und Hilfsantrag eingereicht und die Patenterteilung nur noch in diesem Umfange begehrt. Der Anspruch 1 des Hauptantrages lautet:

"1. Substituierte 3-Phenylurazile der allgemeinen Formel I

FORMEL

in der die Variablen folgende Bedeutungen haben:

X1, X2 Sauerstoff; W -C(R8)=X5, -C (R8)(X3R6)(X4R7), -C(R3)=C(R9)-CO-R10 oder -CH(R8)-CH(R9)-CO-R10; X3, X4 Sauerstoff oder Schwefel; X5 Sauerstoff, Schwefel oder ein Rest -NR14, mit

R14 Wasserstoff, Hydroxy, C1-C6-Alkyl, C3-C6-Alkenyl, C3-C6-Alkinyl, C3-C7-Cycloalkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkoxy, C3-C6-Alkenyloxy, C3-C6-Alkinyloxy, C5-C7-Cycloalkoxy, C5-C7-Cycloalkenyloxy, C1-C6-Halogenalkoxy, C3-C6-Halogenalkenyloxy, Hydroxy-C1-C6-alkoxy, Cyano-C1-C6-alkoxy, C3-C7-Cycloalkyl-C1-C6-alkoxy, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkoxy, C1-C6-Alkoxy-C3-C6-alkenyloxy, C1-C6-Alkylcarbonyloxy, C1-C6-Halogenalkylcarbonyloxy, C1-C6-Alkylcarbamoyloxy, C1-C6-Halogenalkylcarbamoyloxy, C1-C6-Alkoxycarbonyl-C2-C6-alkoxy, C1-C6-Alkylthio-C1-C6-alkoxy, Di-(C1-C6-alkyl)-amino-C1-C6-alkoxy, Phenyl, das einen bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy und C1-C6-Alkoxycarbonyl, Phenyl-C1-C6-alkoxy, Phenyl-C3-C6-alkenyloxy oder Phenyl-C3-C6-alkinyloxy, wobei jeweils eine oder zwei Methylengruppen der Kohlenstoffketten durch -0-, -S- oder -N(C1-C6-Alkyl)- ersetzt sein können und wobei der Phenylring jeweils einen bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy und C1-C6-Alkoxycarbonyl, Heterocyclyl, Heterocyclyl-C1-C6-alkoxy, Heterocyclyl-C3-C6-alkenyloxy, Heterocyclyl-C3-C6-alkinyloxy, wobei jeweils eine oder zwei Methylengruppen der Kohlenstoffketten durch -O-, -S- oder -N(C1-C6-Alkyl)- ersetzt sein können und wobei der Heterocyclylring drei- bis siebengliedrig, gesättigt, ungesättigt oder aromatisch sein kann und ein bis vier Heteroatome ausgewählt aus einer Gruppe von ein oder zwei Sauerstoff- oder Schwefel- und bis zu vier Stickstoffatomen enthalten kann und darüber hinaus ein bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C1-C6 Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy oder C1-C6-Alkoxycarbonyl, oder -N(R15)R16, wobei

R15, R16 Wasserstoff, C1-C6-Alkyl, C3-C6-Alkenyl, C3-C6-Alkinyl, C3-C6-Cycloalkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkylcarbonyl, C1-C6-Alkoxycarbonyl, C1-C6-Alkoxycarbonyl-C1-C6-alkyl, C1-C6 Alkoxycarbonyl-C2-C6-alkenyl, wobei die Alkenylkette zusätzlich ein bis drei der folgenden Reste tragen kann: Halogen und Cyano oder Phenyl, das einen bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C6-Alkenyl, C1-C6-Alkoxy und C1-C6-Alkoxycarbonyl, oder R15 und R16 zusammen mit dem gemeinsamen Stickstoffatom einen gesättigten oder ungesättigten 4-7-gliedrigen Heterocyclus, wobei ein Ringglied durch -O-, -S-, -N=, -NH- oder -N(C1-C6-Alkyl) ersetzt sein kann,

bedeuten;

R6, R7 C1-C6-Alkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C6-Alkenyl, C3-C6-Alkinyl, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkyl oder

R6 und R7 zusammen eine gesättigte oder ungesättigte, zwei- bis viergliedrige Kohlenstoffkette, die einen Oxosubstituenten tragen kann, wobei ein Glied dieser Kette durch ein den Variablen X3 und X4 nicht benachbartes Sauerstoff-, Schwefel- oder Stickstoffatom ersetzt sein kann, und wobei die Kette ein bis drei der folgenden Reste tragen kann: Cyano, Nitro, Amino, Halogen, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C1-C6-Alkoxy, C2-C6-Alkenyloxy, C2-C6-Alkinyloxy, C1-C6-Halogenalkyl, Cyano-C1-C6-alkyl, Hydroxy-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkyl, C3-C6-Alkenyloxy-C1-C6-alkyl, C3-C6-Alkinyloxy-C1-C6-alkyl, C3-C7-Cycloalkyl, C3-C7-Cycloalkoxy, Carboxy, C1-C6-Alkoxycarbonyl, C1-C6-Alkyl-carbonyloxy-C1-C6-alkyl und Phenyl das einen bis drei der folgenden Reste tragen kann: Halogen, Cyano, Nitro, Amino, C1-C6-Alkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy und C1-C6-Alkoxycarbonyl und wobei die Kette außerdem durch einen ankondensierten oder spiroverknüpften drei- bis siebengliedrigen Ring substituiert sein kann, wobei ein bis zwei Kohlenstoffatome dieses Rings durch Sauerstoff-, Schwefel- und gegebenenfalls C1-C6-Alkylsubstituierte Stickstoffatome ersetzt sein dürfen und dieser Ring ein bis zwei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C1-C6-Alkoxy, C1-C6-Cyanoalkyl, C1-C6-Halogenalkyl und C1-C6-Alkoxycarbonyl;

R8 Wasserstoff, Cyano, C1-C6-Alkyl, C2-C6-Alkenyl, C2-C6-Alkinyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C7-Cycloalkyl, C1-C6-Alkoxy-C1-C6-alkyl oder C1-C6-Alkoxycarbonyl;

R9 Wasserstoff, Cyano, Halogen, C1-C6-Alkyl, C1-C6-Alkoxy, Halogen-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkylcarbonyl oder C1-C6-Alkoxycarbonyl;

R10 Wasserstoff, O-R17, S-R17, C1-C6-Alkyl, das noch einen oder zwei C1-C6-Alkoxysubstituenten tragen kann, C3-C6-Alkenyl, C3-C6-Alkinyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C7-Cycloalkyl, C1-C6-Alkylthio-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkyliminooxy, -N(R15)R16 oder Phenyl, welches einen bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C2-C6- Alkenyl, C1-C6-Halogenalkyl, C1-C6-Alkoxy oder C1-C6-Alkoxycarbonyl,

R17 Wasserstoff, C1-C6-Alkyl, C3-C6-Alkenyl, C3-C6 Alkinyl, C3-C7-Cycloalkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C6-Halogenalkenyl, Cyano-C1-C6-alkyl, C1-C6- Alkoxy-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkylthio-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkyloximino-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkylcarbonyl, C1-C6-Alkoxycarbonyl, C1-C6-Alkylcarbonyl-C1-C6-alkyl, C1-C6-Alkoxycarbonyl-C1-C6-alkyl, Phenyl, Phenyl-C1-C6-alkyl, wobei der Phenylrest jeweils einen bis drei der folgenden Substituenten tragen kann: Cyano, Nitro, Halogen, C1-C6-Alkyl, C1-C6-Halogenalkyl, C3-C6-Alkenyl, C1-C6-Alkoxy und C1-C6-Alkoxycarbonyl;

oder R9 und R10 zusammen eine zwei- bis fünfgliedrige Kohlenstoffkette, wobei ein Kohlenstoffatom dieser Kette durch Sauerstoff, Schwefel oder gegebenenfalls C1-C6-Alkyl substituiertes Stickstoff ersetzt sein kann,

R1 Halogen, Cyano, Nitro oder Trifluormethyl;

R2 Wasserstoff oder Halogen;

R3 C1-C6-Alkyl;

R4 C1-C6-Halogenalkyl;

R5 Wasserstoff oder

R4 und R5 zusammen eine gesättigte 4-gliedrige Kohlenstoffkette;

mit der Maßgabe, daß nicht gleichzeitig R4 die Trifluormethylgruppe und R5 Wasserstoff sein können, wenn W eine Gruppe-CH=CH-CO-R10 mit R10 C1-C6-Alkoxy oder C3-C7-Cycloalkoxy bedeutet."

Der Anspruch 1 des Hilfsantrages lautet:

"1. Substituierte 3-Phenylurazile der folgenden allgemeinen Formel:

FORMEL

R2 W

H CH=N-OCH3 H CH=N-OC2H5 H CH=CCI-COOC2H5 H CH=CCl-COOCH3 H CH=CCI-COOiC3H7 H CH=CCI-COOnC3H7 H CH=CCl-COOnC4H9 H CH=CCl-COOtC4H9 H CH=CBr-COOCH3 H CH=CBr-COOC2H5 H CH=CBr-COOiC3H7 H CH=CBr-COOtC4H9 H CH=N-OH H CH=N-O-n-C3H7 H CH=N-OCH2CH=CH2 H CH=N-O-n-C4H9 H CH=N-O-i-C4H9 H CH=N-O-(CH2)2CH(CH3)2 H CH=N-O-n-C6H13 H CH=N-OCH(CH3)COOC2H5 F CH=N-OCH3 F CH=N-OC2H5 F CH=CBr-COOCH3 F CH=CBr-COOC2H5 F CH=CCI-COOCH3 F CH=CCl-COOC2H5 H CH=CCl-COOH H CH=CBr-COOH."

VII. Der Beschwerdeführer verwies zur Stützung der ursprünglichen Offenbarung des geänderten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag allgemein auf den ursprünglichen Anspruch 1 und insbesondere auf die Seite 55, Zeilen 29 bis 43 der ursprünglichen Beschreibung. Dort seien spezifische Bedeutungen der Substituenten X1, X2, R1, R2, R3, R4 und R5 offenbart, die sich im Anspruch 1 wiederfänden. Er behauptete, dieser Absatz der Beschreibung stelle keine ausschließlich kombinatorische Offenbarung der dort genannten Substituentenbedeutungen dar, sondern die angegeben Bedeutungen jedes Restes könnten auch einzeln und isoliert, nicht nur in Kombination miteinander gelesen werden. Verbinde man nun diese spezifischen Bedeutungen der Substituenten in der ursprünglichen Beschreibung und im ursprünglichen Anspruch 1, gelange man zwanglos zum geltenden Anspruch 1 des Hauptantrages.

Der Beschwerdeführer trug zur erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstandes aller Anträge in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer im wesentlichen vor, daß ausgehend von den nächstliegenden Druckschriften (1) und (2) die anmeldungsgemäße Aufgabe darin bestanden habe, verbesserte selektive Herbizide bereitzustellen. Zusätzlich zu den bereits im Verfahren befindlichen Versuchsberichten legte er in der mündlichen Verhandlung zwei weitere vor, nämlich die Vergleichsversuche genannt "PCT" und "handschriftlich". Der Beschwerdeführer widersprach der Rüge in der angefochtenen Entscheidung, es lägen keine hinreichenden Vergleichsversuche vor, um für die gesamte beanspruchte Breite der Erfindung die erfolgreiche Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe glaubhaft zu machen. So seien alle vorliegenden Vergleichsversuche heranzuziehen, darunter auch jene, bei denen keine Nutzpflanze getestet wurde. In den Vergleichsversuchen seien Verbindungen der nächstliegenden Druckschriften mit strukturell nur minimal unterschiedlichen Verbindungen der Erfindung auf ihre selektive herbizide Wirkung getestet worden. Aus diesen kleinen Strukturveränderungen ergebe sich eine starke Wirkungsverbesserung, die nicht vorhersehbar gewesen sei. Diese glaubhaft gemachte überraschende Verbesserung der selektiven herbiziden Wirkung an der Schnittstelle zwischen Stand der Technik und Erfindung genüge, um die Verbesserung für die gesamte Breite des jeweiligen Anspruchs 1 glaubhaft zu machen. Es bedürfe von seiten des Beschwerdeführers keiner Angabe von Gründen, weshalb die verbesserte Wirksamkeit der untersuchten anmeldungsgemäßen Verbindungen auf nicht untersuchte zu extrapolieren sei. Nachdem die überraschend vorteilhaften selektiven herbiziden Eigenschaften für den gesamten Anspruchsgegenstand beider Anträge glaubhaft belegt worden seien, beruhe er auch auf erfinderischer Tätigkeit.

VIII. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereichten Anspruchs 1 und der Ansprüche 6, 8 bis 10 und 12 bis 16 wie ursprünglich eingereicht mit entsprechend Anspruch 1 angepaßten Substituenten oder auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag eingereichten Anspruch 1 und der Ansprüche 8, 9 und 12 bis 16 wie ursprünglich eingereicht mit entsprechend Anspruch 1 angepaßten Substituenten, sowie jeweils noch anzupassender Beschreibung zu erteilen.

IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

2.1. Der geltende Anspruch 1 findet seine Stütze im ursprünglichen Anspruch 1 und, hinsichtlich der Beschränkung des Substituenten W, im ursprünglichen Anspruch 3. Die Bedeutungen für die Substituenten R3 und R4 stützen sich auf die ursprünglichen Ansprüche 4 und 7. Die Beschränkungen der Bedeutungen der Substituenten X1, X2 und R5 im geltenden Anspruch 1 sind jedoch im Hinblick auf deren ursprüngliche Offenbarung zu beanstanden.

2.2. Die Substituenten X1 und X2 sind durch Streichen aller weiteren, im ursprünglichen Anspruch 1 listenmäßig aufgezählten Bedeutungen auf die singuläre Bedeutung Sauerstoff und der Substituent R5 entsprechend auf Wasserstoff reduziert worden. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist bei derartigen Beschränkungen das Leitprinzip, daß das Streichen von in jeweiligen Listen aufgezählten Bedeutungen von Substituenten nicht zum Herausgreifen einer bestimmten Kombination von jeweils einer einzigen spezifischen, ursprünglich jedoch nicht offenbarten, Substituentenbedeutung führen darf (siehe die Entscheidungen T 615/95, Punkt 6 der Entscheidungsgründe, T 859/94, Punkt 2.4.3 der Entscheidungsgründe, beide nicht veröffentlicht in ABl. EPA). Im vorliegenden Fall ist indessen genau dies geschehen: Die Substituenten X1, X2 und R5 sind durch Streichen aller anderen Bedeutungen auf jeweils eine einzige Bedeutung zurückgeschnitten worden, was zu einer ursprünglich nicht offenbarten Kombination von spezifischen Substituentenbedeutungen führt. Folglich vermag der ursprüngliche Anspruch 1 für sich allein keine ausreichendende Stütze für den geltenden Anspruch 1 zu bieten.

2.3. In Kenntnis dessen hat der Beschwerdeführer die Seite 55, Zeilen 29 bis 43 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zur Stützung der ursprünglichen Offenbarung herangezogen. Dieser Teil der ursprünglichen Beschreibung offenbart differenziert eine bevorzugte Kombination von Substituentenbedeutungen, in der X1 und X2 nur Sauerstoff, R1 ausschließlich Halogen, R2 nur Wasserstoff oder Fluor, R3 unter anderem C1-C6-Alkyl, R4 unter anderem vollständig halogeniertes C1-C2-Alkyl, R5 ausschließlich Wasserstoff oder R4 und R5 zusammen eine Tetramethylenkette bedeuten. Der geltende Anspruch 1 geht jedoch, wie auch der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingeräumt hat, über diese kombinatorische Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung hinaus. So nimmt gemäß geltendem Anspruch 1 der Substituent R1 zusätzlich auch die Bedeutungen Cyano, Nitro oder Trifluormethyl, die Substituenten R2 und R4 die jeweiligen breiteren Bedeutungen Halogen bzw. C1-C6-Halogenalkyl und R4 und R5 zusammen die breitere Bedeutung gesättigte 4-gliedrige Kohlenstoffkette an. Damit kann auch dieser vom Beschwerdeführer herangezogene Teil der ursprünglichen Beschreibung die ursprüngliche Offenbarung des geltenden Anspruchs 1 in diesem Umfange nicht tragen.

2.4. Der Beschwerdeführer hat nun eingewandt, die einzelnen spezifischen Substituentenbedeutungen auf Seite 55, Zeilen 29 bis 34 könnten auch jeweils isoliert und nicht in Kombination gelesen werden, weswegen ohne Verletzung des Artikels 123 (2) EPÜ einzelne, daraus ausgewählte Substituentenbedeutungen mit dem ursprünglichen Anspruch 1 verknüpft werden könnten. Man gelange somit vom ursprünglich Offenbartem als Ganzem zum geltenden Anspruch 1.

Der geltende Anspruch 1 entspringt laut Vorbringen des Beschwerdeführers folglich einer speziellen Kombination von Substituentenbedeutungen aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und aus ursprünglicher Seite 55, Zeilen 29 bis 34, welche Kombination sich erst durch gezielte Auswahl von Substituentenbedeutungen aus diesen beiden ursprünglich getrennten Offenbarungsstellen ergibt. Nachdem die ursprünglichen Anmeldung keinen Hinweis auf diese spezielle kombinatorische Auswahl der Substituentenbedeutungen enthält, erschließt sich dem Fachmann diese spezielle Substituentenkombination nicht unmittelbar und eindeutig aus dem Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung. Die unmittelbare und eindeutige ursprüngliche Offenbarung der im geltenden Anspruch 1 beanspruchten Substituentenkombination ist indessen Voraussetzung für die Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, besteht hier jedoch nicht.

2.5. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der geltende Anspruch 1 in einer Weise geändert wurde, daß sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht. Aus diesem Grunde ist der Hauptantrag des Beschwerdeführers nicht gewährbar.

2.6. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde auch über die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf die Breite des geltenden Anspruchs 1 gesprochen. Die Kammer hält es daher für angezeigt darauf hinzuweisen, daß einem Anspruch 1, der durch Umformulierung keine Mängel nach Artikel 123 (2) EPÜ aufwiese, nicht schon deshalb für den gesamten Umfange erfinderische Qualität zuzuerkennen sei, wie aus den folgenden Betrachtungen zum Hilfsantrag hervorgeht.

Hilfsantrag

3. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der geltende Anspruch 1 stützt sich auf die Verbindungen Nr. 1.3, 1.5, 1.11 bis 1.20, 1.43 bis 1.49, 1.55, 1.70 bis 1.74, 1.92 und 1.93 der "Wirkstofftabelle 1" auf den Seiten 115 bis 120 der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung. Er genügt daher den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Es verbleibt zu prüfen, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4.1. Die Anmeldung betrifft substituierte 3-Phenylurazile mit selektiv herbizider Wirksamkeit (siehe Beschreibung Seite 8, Zeilen 26 bis 31). Die Druckschriften (1) und (2) beschreiben nun selektive Herbizide der gattungsgemäßen Art und werden ebenfalls in der vorliegenden Anmeldung auf Seite 7, Zeilen 8 bis 22 der Beschreibung als relevanter Stand der Technik angeführt. Die Kammer betrachtet daher diese beiden Druckschriften, im Einklang mit der Vorinstanz und dem Beschwerdeführer, gemeinsam als nächstliegenden Stand der Technik und Ausgangspunkt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.

So beschreibt die Druckschrift (1) generisch unter anderem substituierte 3-Phenylurazile der anspruchsgemäßen allgemeinen Formel, die in 3-Stellung als Substituenten, in der anspruchsgemäßen Formel mit "W" bezeichnet, den Rest C=N-OCH2-CO2alkyl tragen, und offenbart differenziert beispielsweise Phenylurazile mit der Bedeutung C=N-OCH2-CO2CH3 in 3-Stellung. Diese 3-Phenylurazile weisen eine selektiv herbizide Wirkung auf (Seite 3, Zeilen 3 bis 4). Die Druckschrift (2) beschreibt ebenfalls substituierte 3-Phenylurazile der anspruchsgemäßen allgemeinen Formel, welche jedoch in 3-Stellung als Substituenten den Rest CH=CH-CO2alkyl tragen. Auch diese 3-Phenylurazile weisen eine selektiv herbizide Wirkung auf (Seite 1, Zeilen 7 bis 10).

4.2. Ausgehend von einer der beiden Druckschriften (1) und (2) als nächstliegendem Stand der Technik besteht die in der Anmeldung geltend gemachte Aufgabe darin, verbesserte selektive Herbizide bereitzustellen, d. h. solche herbizid wirksamen Verbindungen, mit denen sich - bei guter Verträglichkeit für die Nutzpflanzen - die Schadpflanzen besser als bisher gezielt bekämpfen lassen (Seite 8, Zeilen 26 bis 31 der Beschreibung). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat der Beschwerdeführer gleichfalls auf diese anmeldungsgemäße Aufgabe abgehoben.

4.3. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt die Anmeldung die substituierten 3-Phenylurazile der allgemeinen Formel gemäß Anspruch 1 vor, welche insbesondere durch den spezifisch ausgebildeten Substituenten "W" in der 3-Stellung charakterisiert sind.

4.4. Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann die oben genannte technische Aufgabe indessen nur dann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, wenn sie als erfolgreich gelöst angesehen werden kann, d. h. wenn glaubhaft ist, daß im wesentlichen alle beanspruchten Verbindungen diese verbesserte selektiv herbizide Wirkung aufweisen (siehe z. B. T 939/92, ABl. EPA 1996, 309, Entscheidungsgründe Punkte 2.5.4 bis 2.6). Dieses Erfordernis spiegelt den allgemein anerkannten Grundsatz wider, daß der Umfang des durch ein Patent verliehenen Ausschließungsrechtes dem technischen Beitrag zum Stand der Technik entsprechen und durch diesen begründet sein soll. Aus diesem Grund vermag die Kammer auch dem grundsätzlichen Vorbringen des Beschwerdeführers nicht beizutreten, es genüge im vorliegenden Fall das Aufzeigen einer Wirkungsverbesserung lediglich unmittelbar an der Schnittstelle zwischen Stand der Technik und Anmeldung, um die geltend gemachte Wirkungsverbesserung ohne weitere Angaben für die gesamte Breite des Anspruchsbegehrens uneingeschränkt zu belegen, denn dieser Standpunkt des Beschwerdeführers stellt im Ergebnis die patentfähige Breite eines Anspruchs in die beliebige Disposition des Anmelders, unabhängig davon, ob für alle beanspruchten Verbindungen eine Wirkungsverbesserung tatsächlich glaubhaft ist. Dies steht jedoch im Gegensatz zu obigem allgemein anerkannten Grundsatz und zu der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern, nach der die patentfähige Breite eines Anspruchsbegehrens der Überprüfung unterliegt.

Es ist folglich zu untersuchen, ob das Erfordernis, daß für im wesentlichen alle beanspruchten Verbindungen die geltend gemachte verbesserte selektiv herbizide Wirkung glaubhaft ist, im vorliegenden Fall erfüllt ist.

4.4.1. Der Beschwerdeführer hat hierzu auf die beiden am 21. März 1997 und 25. August 1997 im Prüfungsverfahren eingegangenen und auf die beiden in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer mit der Bezeichnung "PCT" und "handschriftlich" vorgelegten Versuchsberichte abgestellt.

Insoweit der Versuchsbericht vom 25. August 1997 Testergebnisse enthält, bei welchen kein Vergleich der herbiziden Wirksamkeit der anmeldungsgemäßen Verbindungen mit Verbindungen des Standes der Technik vorgenommen wird, können diese Ergebnisse die behauptete Wirkungsverbesserung nicht tragen. Nachdem eine Verbesserung der selektiv herbiziden Wirkung geltend gemacht wird, d. h. eine bessere Bekämpfung der Schadpflanze bei gleichzeitig guter Verträglichkeit für die Nutzpflanze, scheiden mangels Relevanz auch jene Testergebnisse in den Versuchsberichten vom 21. März 1997 und 25. August 1997 aus, bei welchen allein die herbizide Wirkung der getesteten Verbindungen auf Schadpflanzen angegeben wird, ohne jedoch gleichzeitig deren Verträglichkeit mit einer Nutzpflanze zu testen.

4.4.2. Damit reduzieren sich die relevanten Vergleichsversuche in den vorgelegten Versuchsberichten auf jene, in welchen eine anspruchgemäße Verbindung mit einer entsprechenden, strukturähnlichen Verbindung aus dem nächstliegenden Stand der Technik im Hinblick auf ihre herbizide Wirkung gegen Schadpflanzen und auf ihre Verträglichkeit mit einer Nutzpflanze verglichen wird. So enthalten die vorliegenden Versuchsberichte relevante Vergleichsversuche für lediglich fünf anspruchsgemäßen Einzelverbindungen, die allen diesen Anforderungen entsprechend vergleichend untersucht wurden, nämlich für die drei anspruchsgemäßen Verbindungen des Versuchsbericht "PCT"und die beiden im Versuchsbericht "handschriftlich".

4.4.3. So werden in den Versuchsberichten "PCT" und "handschriftlich" insgesamt drei anspruchsgemäße Verbindungen, in denen der Substituent R2 Wasserstoff oder Fluor und der Substituent W einen Acrylsäureethylester oder -isopropylester bedeuten, welcher in der -Stellung Chlor oder Brom substituiert ist, jeweilig mit den entsprechenden Vergleichsverbindungen aus der Druckschrift (2), die sich von diesen anspruchsgemäßen ausschließlich durch einen in -Stellung unsubstituierten Acrylsäureester als Substituent W unterscheiden, im Hinblick auf ihre selektiv herbizide Wirkung verglichen. Die schädigende Wirkung der anspruchsgemäßen Verbindungen und die der Vergleichsverbindungen gegenüber der Nutzpflanze Mais ist gleich gering; gegenüber den Schadpflanzen Chenopodium album bzw. Lamium amplexicaule zeigen die anspruchsgemäßen Verbindungen eine 100%ige Wirkung, während die Vergleichsverbindungen vollständig unwirksam sind.

Im Versuchsbericht "PCT" und "handschriftlich" werden zwei anspruchsgemäße Verbindungen, in denen der Substituent R2 Wasserstoff oder Fluor und der Substituent W eine Ethoxycarbonyl-1-ethoxy-iminomethyl oder eine Methoxy-iminomethyl-Gruppe bedeuten, jeweils mit den entsprechenden Vergleichsverbindungen aus der Druckschrift (1), die sich von diesen anspruchsgemäßen ausschließlich durch den Austausch der 1-Ethoxy- durch die Methoxy-Zwischengruppe bzw. durch die Anfügung einer Methoxycarbonyl- an die Methoxy-Endgruppe im Substituenten W unterscheiden, im Hinblick auf ihre selektiv herbizide Wirkung verglichen. Erstere anspruchsgemäße Verbindung schädigt nicht die Nutzpflanze Soja, während die Vergleichsverbindung diese zu 15% schädigt. Gegenüber der Schadpflanze Setaria faberii ist die Verbindung mit 98 % Schädigung der Vergleichsverbindung mit nur 45% überlegen. Die zweite untersuchte anspruchsgemäße Verbindung schädigt die Nutzpflanze Mais zu lediglich 10%, während die Vergleichverbindung diese zu 20%, d.h. stärker, schädigt. Hinsichtlich der herbiziden Wirkung sind beide Verbindungen etwa gleich stark.

Folglich zeigen alle untersuchten anspruchsgemäßen Verbindungen gegenüber den jeweiligen Vergleichsverbindungen eine verbesserte selektiv herbizide Wirkung.

4.4.4. In allen diesen erfolgreich vergleichend untersuchten anspruchsgemäßen Verbindungen bedeutet der Substituent R2 Wasserstoff oder Fluor und der Substituent W eine Acrylsäureester- oder eine Alkoxyiminomethyl- Gruppe. Insbesondere der Substituent W ist innerhalb der beiden angegebenen Gruppen zusätzlich mehrfach in seiner chemischen Struktur variiert worden. Der geltende Anspruch 1 umfaßt nun ausschließlich die beiden genannten Bedeutungen für den Substituenten R2 und ausschließlich Acrylsäure(ester)- oder Alkoxyiminomethyl-Gruppen für den Substituenten W. Im Hinblick auf die Übereinstimmung der untersuchten und der vom Anspruch 1 umfaßten Substituentenbedeutungen erscheint die Extrapolation der verbesserten selektiv herbiziden Wirkung von den untersuchten auf die gesamte Breite der anspruchsgemäßen Verbindungen, die der Beschwerdeführer geltend macht, glaubwürdig.

Auf Grundlage der vorliegende Versuchsberichte und ohne diesen widersprechende Anhaltspunkte ist es daher glaubhaft, daß im vorliegenden Fall alle beanspruchten Verbindungen eine verbesserte selektiv herbizide Wirksamkeit aufweisen.

4.4.5. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß mit den vorliegenden Beweismitteln überzeugend dargetan wurde, daß die anmeldungsgemäße Aufgabe, verbesserte selektive Herbizide bereitzustellen (siehe Punkt 4.2 supra), im gesamten beanspruchten Umfang erfolgreich gelöst wurde.

4.5. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Verbindungen zu lösen.

Die oben genannten Druckschriften (1) und (2) betreffen zwar substituierte 3-Phenylurazile mit selektiv herbizider Wirksamkeit (siehe Punkt 4.1. supra), sie enthalten jedoch keine Anregung, deren chemische Struktur in die der anspruchsgemäßen Verbindungen abzuwandeln, um die selektiv herbizide Wirkung zu verbessern. Somit vermögen diese beiden Druckschriften nicht, weder einzeln noch in Kombination, die anspruchsgemäße Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe nahezulegen.

In der angefochtenen Entscheidung sind keine weiteren Druckschriften angezogen worden und der Kammer ist auch kein sonstiger relevanter Stand der Technik bekannt.

4.6. Im Ergebnis ist somit der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung dem Fachmann durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegt worden; er beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56. EPÜ. 5. Zurückverweisung

Aus der obigen Feststellung ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch die wesentlichen Abänderungen des zurückgewiesenen Anspruchs 1 den in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgeräumt hat. Gleichwohl hat die Kammer keine Endentscheidung gefällt, da die Ausformulierung der sonstigen Ansprüche des Hilfsantrages noch offen und die Prüfung der vorliegenden Anmeldung noch nicht abgeschlossen ist. In Anbetracht dessen verweist die Kammer in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die erste Instanz zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens unter Zugrundelegung der Gewährbarkeit von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zurückverwiesen.

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