T 0854/98 (Lactame/LONZA) of 10.12.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T085498.20021210
Datum der Entscheidung: 10 Dezember 2002
Aktenzeichen: T 0854/98
Anmeldenummer: 92115440.7
IPC-Klasse: C07D 471/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Lactamen
Name des Anmelders: LONZA AG
Name des Einsprechenden: Degussa AG, Frankfurt - Zweigniederlassung Wolfgang -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja) - Herstellungsverfahren - kein Hinweis auf in situ-Synthese eines Reaktanden und dessen Regenerierung im Verlauf des Herstellungsverfahrens
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 26. August 1998 eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers (Einsprechender) richtet sich gegen die am 26. Juni 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher der Einspruch gegen das europäischen Patent Nr. 533 048 zurückgewiesen wurde.

II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang wegen fehlender Durchführbarkeit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Zur Stützung des Einspruchs wurden die folgenden Druckschriften angezogen:

(1) J. Org. Chem., 39, 564 - 566 (1974),

(2) J. Org. Synth., 57, 88 - 92 (1977) und

(3) J. Org. Chem., 58, 6129 - 6131 (1993).

III. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, daß der Gegenstand des Streitpatents ausführbar sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik habe dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde gelegen, ein neues Verfahren zur Herstellung von Lactamen bereitzustellen, welches von leicht zugänglichen Ausgangsmaterialien ausgehe und keine großen Mengen an Neben- und Abfallprodukten liefere. Die erfindungsgemäße Reaktionsführung als Kreisprozeß sei vorteilhaft gegenüber der Druckschrift (1), da die Ausbeute bezogen auf die Sulfonylverbindung sehr hoch sei und wenig Abfall produziert werde. Das entstehende Sulfinat werde mit Chlorcyan wieder zum Sulfonylcyanid regeneriert und erneut zur Cycloaddition verwendet, weswegen nur mit einer quasi katalytischen Menge Sulfonylverbindung gearbeitet werde. Das beanspruchte Verfahren beinhalte bereits den Kreislauf des Sulfinats, der automatisch ablaufe, ohne daß es der Angabe weiterer Merkmale im Anspruch bedürfe. Dieser Kreisprozeß und die damit verbundenen Vorteile seien weder durch die Druckschrift (1) alleine noch durch deren Kombination mit der Druckschrift (2) nahegelegt.

Zur Frage der Durchführbarkeit der Erfindung stellte die Einspruchsabteilung fest, daß das anspruchsgemäße Verfahren, wenn auch mit schlechteren Ausbeuten, ebenfalls in Wasser als alleinigem Lösungsmittel funktioniere.

IV. Der Beschwerdeführer hat zur Begründung seiner Beschwerde im wesentlichen vorgetragen, daß der Gegenstand des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Aus der nächstliegenden Druckschrift (1) sei die Umsetzung von 4-Methylphenylsulfonylcyanid mit Cyclopentadien in einer Ausbeute von 64 % beschrieben. Der für die Entscheidungsfindung im Einspruchsverfahren als ausschlaggebend angesehene Kreisprozeß des Sulfonylcyanids werde weder im Streitpatent beansprucht noch durch eines seiner Beispiele belegt. Somit bestehe die objektive Aufgabe des Streitpatents nicht in der Bereitstellung eines Verfahrens, bei welchem geringere Mengen an Neben- und Abfallprodukten anfielen, sondern lediglich in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von bekannten Lactamen. Nachdem in der Streitpatentschrift die Explosionsneigung von 4-Methylphenylsulfonylcyanid reklamiert werde, sei es naheliegend gewesen, nach einem anderen verfügbaren Sulfonylcyanid zu suchen. Dazu biete sich das bekannte Methylsulfonylcyanid an. In der Druckschrift (2) sei nun dessen Herstellung aus Chlorcyan beschrieben. Zwar mache das Streitpatent keine Angabe über die erzielte Ausbeute bei der Verwendung von Methylsulfonylcyanid in der Herstellung von Lactamen, diese sei indessen aus der nachveröffentlichten Druckschrift (3) zu entnehmen, welche gutachterlich das beanspruchte Herstellungsverfahren nachstelle. Hieraus gehe eine Ausbeute von 67,3 % hervor, die sich jedoch um bis zu 10. % verringere, um ein weißes Produkt zu erzeugen. Eine noch deutlich verringerte Ausbeute erziele man im Verfahren des Beispiels 2 des Streitpatents. Laut geltendem Anspruch 8 könne das beanspruchte Verfahren auch allein mit Wasser als Lösungsmittel ausgeführt werden, wobei der Beschwerdeführer zu einem Produkt mit einem Gehalt von lediglich 15,9 % Lactam gekommen sei.

V. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 10. Dezember 2002 hat der Beschwerdegegner (Patentinhaber) einen geänderten, aus neun Ansprüchen bestehenden Anspruchssatz vorgelegt und die Aufrechterhaltung des Streitpatents nur noch in diesem Umfange begehrt. Dessen unabhängiger Anspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung von Lactamen der allgemeinen Formel

FORMEL I

worin R1 und R2 entweder unabhängig voneinander Wasserstoff, Alkyl, Aryl, Alkoxy, Aryloxy, Alkylthio, Arylthio oder Trialkylsilyloxy bedeuten oder zusammen eine Methandiyl- oder Ethandiylgruppe bilden, R3 und R4 unabhängig voneinander Wasserstoff, Alkyl, Aryl, Alkoxy, Aryloxy, Alkylthio, Arylthio oder Trialkylsilyloxy bedeuten und R5 und R6 entweder unabhängig voneinander Wasserstoff, Alkyl, Aryl, Alkoxy, Aryloxy, Alkylthio, Arylthio oder Trialkylsilyloxy bedeuten oder zusammen mit den beiden durch die Doppelbindung verbundenen Kohlenstoffatomen des Lactamrings einen carbocyclischen oder heterocyclischen Ring mit 5 bis 8 Ringgliedern bilden, wobei die oben genannten Alkyl-, Alkoxy- und Alkylthio-Gruppen solche mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen sind und die Aryl-Aryloxy- und Arylthio-Gruppen substituierte oder unsubstituierte Reste mit 6 bis 12 Kohlenstoffatomen sind,

dadurch gekennzeichnet, daß ein 1,3-Dien der allgemeinen Formel

FORMEL II

worin R1 bis R6 die oben genannten Bedeutungen haben, mit Chlorcyan in Gegenwart von Wasser und einer Sulfinsäure der allgemeinen Formel

R-SO2H III

worin R eine C1-C6-Alkylgruppe oder eine gegebenenfalls substituierte Phenylgruppe ist, und/oder eines Salzes davon bei einem pH von 2 bis 7 einer Cycloaddition und anschließend einer Hydrolyse unterzogen wird, wobei die Sulfinsäure und/oder das Sulfinat in einer Menge von weniger als 0,5 mol, bezogen auf 1 mol des 1,3-Diens, eingesetzt werden."

VI. Der Beschwerdegegner hat dem Vorbringen des Beschwerdeführers widersprochen und im wesentlichen ausgeführt, daß die nächstliegende Druckschrift (1) ein diskontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Lactamen beschreibe. Demgegenüber habe die Aufgabe des Streitpatents darin bestanden, ein neues Herstellungsverfahren bereitzustellen, welches von leicht zugänglichen Ausgangsmaterialien ausgehe und keine großen Mengen an Neben- und Abfallprodukten produziere. Das beanspruchte Verfahren löse diese Aufgabe, da es im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers sehr wohl einen Kreisprozeß beschreibe, in dem das Sulfonylcyanid im Kreislauf geführt werde. Bei der beanspruchten Reaktionsführung erfolge nämlich nicht nur die in situ Bildung von Sulfonylcyanid, das dann mit dem Dien eine Cycloaddition eingehe, sondern auch die Hydrolyse des erhaltenen Diels-Alder-Adduktes zum Lactam und die Regeneration vom Sulfinat zum Sulfonylcyanid, wodurch der Zyklus geschlossen werde. Es erfolge daher die Regeneration von Sulfonylcyanid und somit seine erneute Bereitstellung zur Cycloaddition unter den genannten Reaktionsbedingungen zwangsläufig, ohne daß es hierzu weiterer Verfahrensmaßnahmen bedürfe. Dies ergebe sich auch aus dem unterstöchiometrischen Einsatz der Sulfonylverbindung. Die Beispiele des Streitpatents zeigten, daß Lactam im anspruchsgemäßen Verfahren in einer Ausbeute erhalten werde, die ein Vielfaches der eingesetzten Molmenge der Sulfonylverbindung betrage, d.h. die Ausbeute an Lactam bezogen auf eingesetztes Sulfinat sei sehr hoch, und daß insbesondere nur wenig Abfall produziert werde.

Diese Reaktionsführung und die damit verbundenen Vorteile würden weder durch die Druckschrift (1) allein noch in Kombination mit der Druckschrift (2) nahegelegt. Die Ansprüche 2 bis 9 seien von Anspruch 1 abhängig, dessen erfinderische Qualität jene mittrage. Dies gelte notwendigerweise ebenfalls für den vom Beschwerdeführer angegriffenen Anspruch 8. Auch dessen Ausführungsform habe den Vorteil, daß das Sulfinat nur in geringen Mengen eingesetzt werden müsse, so daß wenig Abfall entstehe.

VII. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 9 sowie der angepaßten Beschreibung aufrechtzuerhalten.

VIII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer hat in Abwesenheit des Beschwerdeführers stattgefunden, der nach ordnungsgemäßer Ladung mit Schriftsatz vom 18. November 2002 angekündigt hatte nicht teilzunehmen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

Die Maßnahme des erteilten Anspruchs 6, weniger als 0,5 mol Sulfinsäure(salz) einzusetzen, ist in den geltenden Anspruch 1 aufgenommen worden. Diese Änderung des erteilten Anspruchs 1 findet auch ihre Stütze im ursprünglichen Anspruch 6, so daß sie über den Inhalt der Anmeldung in ihrer eingereichten Fassung nicht hinaus geht.

Diese Abänderung beschränkt den beanspruchten Gegenstand, wodurch der Schutzbereich des Streitpatents im Vergleich zur erteilten Fassung nicht erweitert wird.

Der geltende Anspruchssatz erfüllt demzufolge alle Voraussetzungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)

Der Beschwerdeführer hat den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht. Nachdem überdies die Durchführbarkeit der beanspruchten Erfindung in der angefochtenen Entscheidung festgestellt wurde, sieht die Kammer keine Veranlassung, von sich aus die Ausführbarkeit in Zweifel zu ziehen, so daß sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

4. Erfinderische Tätigkeit

Es verbleibt daher zu prüfen, ob der beanspruchte Gegenstand des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4.1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Lactamen durch Umsetzung von Chlorcyan mit Sulfinsäure(salz) zum intermediär entstehenden Sulfonylcyanid, welches unmittelbar eine Cycloaddition mit Dienen eingeht, und anschließender Hydrolyse. Die Druckschrift (1) beschreibt nun ein Verfahren zur Herstellung von Lactamen auf dem gleichen Syntheseweg, beginnend allerdings erst mit dem Sulfonylcyanid. Die Kammer betrachtet daher, im Einklang mit der Vorinstanz, dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner, diese Druckschrift als nächstliegenden Stand der Technik. Sie wird auch in der Streitpatentschrift als nächstliegender Stand der Technik genannt (Seite 2, Zeile 44).

So offenbart die Druckschrift (1) im Reaktionsschema I auf Seite 565, linke Spalte die Cycloaddition von Sulfonylcyaniden, die eine substituierte Phenylgruppe tragen (siehe patentgemäße Formel III), an das 1,3-Dien Cyclopentadien zum entsprechenden Cycloaddukt und dessen anschließende Hydrolyse. Dieser Syntheseweg wird in der "Experimental Section" auf Seite 565, rechte Spalte, erste und dritte Reaktion näher ausgeführt, wobei die Cycloaddition nicht in Gegenwart von Wasser durchgeführt wird. Damit entspricht das Verfahren der Druckschrift (1), insoweit es die Cycloaddition als solche und die Hydrolyse betrifft, dem anspruchsgemäßen Verfahren, was zwischen Beschwerdeführer und Beschwerdegegner unstrittig ist.

4.2. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Lactamen bereitzustellen, welches von leicht zugänglichen Ausgangsmaterialien ausgeht und keine großen Mengen an Neben- und Abfallprodukten produziert (siehe Streitpatentschrift Spalte 2, Zeilen 20 bis 22). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat der Beschwerdegegner auch auf diese patentgemäße Aufgabe abgehoben.

4.3. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren zur Herstellung von Lactamen gemäß Anspruch 1 vor, in welchem ein 1,3-Dien mit Chlorcyan und Sulfinsäre(salz) der anspruchsgemäßen Formel (III) in Gegenwart von Wasser einer Cycloaddition und anschließender Hydrolyse unterzogen wird, wobei weniger als 0,5 mol Sulfinsäure(salz) per mol 1,3-Dien eingesetzt wird.

Bei dieser anspruchsgemäßen Reaktionsführung wird Sulfonylcyanid als tatsächlicher Reaktand in der Cycloaddition intermediär und in situ durch Umsetzung von Chlorcyan mit Sulfinsäure(salz) erzeugt und dann unmittelbar ohne Zwischenisolierung der Cycloaddition unterworfen. Bei der nachfolgenden Hydrolyse entsteht einerseits das Lactam als Endprodukt und andererseits zwangsläufig Sulfinsäure(salz), welche(s), im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers, bei der anspruchsgemäßen Verfahrensführung automatisch im Kreislauf geführt wird, so daß daraus mittels des Chlorcyans wieder Sulfonylcyanid regeneriert wird (siehe auch Streitpatentschrift Seite 2, Zeile 54 bis 58; Seite 3, Reaktionsschema). Dieser Kreislauf wird auch dadurch erzwungen, daß Sulfinsäure(salz) anspruchsgemäß nur in einer weit unterstöchiometrischen Menge von weniger als 50 mol% im Verfahren vorhanden ist.

4.4. Der Beschwerdegegner hat auf seine Ausführungsbeispiele in der Streitpatentschrift hingewiesen, um zu belegen, daß die patentgemäße Lösung der oben genannten Aufgabe erfolgreich ist. So zeigen diese Beispiele, daß bei der anspruchsgemäßen Verfahrensdurchführung das Lactam in einer Eintopfreaktion durch Cycloaddition des aus dem leicht zugänglichen Ausgangsmaterial Chlorcyan in situ entstehenden Sulfonylcyanids an das 1,3-Dien in Gegenwart von Wasser und anschließender Hydrolyse erhalten wird. Nachdem Sulfinsäure(salz) anspruchsgemäß nur in weit unterstöchiometrischen Mengen eingesetzt wird, nämlich in weniger als 0,5 mol per mol 1,3-Dien, werden nach Beendigung des Herstellungsverfahrens nur geringere Mengen an diesem Abfallprodukt produziert (siehe auch Streitpatentschrift Seite 3, Zeilen 1 und 2). Die Kammer hat daher keine Veranlassung, den Erfolg der patentgemäßen Lösung in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer hat zwar gerügt, daß bei der alleinigen Verwendung von Wasser als Lösungsmittel das anspruchsgemäße Verfahren nur geringe Ausbeuten an Lactam liefere. Eine etwaige Unterlegenheit oder auch Überlegenheit des anspruchsgemäßen Verfahrens hinsichtlich einer zu erzielenden Lactam-Ausbeute kann indessen dahinstehen, nachdem die patentgemäße Aufgabe nicht in der Bereitstellung eines ausbeutemäßig verbesserten Verfahrens besteht, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines Verfahrens betrifft, das von leicht zugänglichen Ausgangsmaterialien ausgeht und nur geringe Mengen an Neben- und Abfallprodukten erzeugt. Der Einwand des Beschwerdeführers vermag folglich nicht durchzugreifen.

4.5. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Zusammensetzungen zu lösen.

4.5.1. Die nächstliegende Druckschrift (1) setzt das Sulfonylcyanid als solches als Ausgangsverbindung ein. Sie läßt jeglichen Hinweis auf die erfindungswesentlichen Maßnahmen des patentgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Lactamen vermissen. Folglich enthält sie auch keine Anregung, das Sulfonylcyanid in situ zu erzeugen und Sulfinsäure(salz) im Kreislauf zu führen sowie die Cycloaddition in Gegenwart von Wasser vorzunehmen, um die patentgemäße Aufgabe, von leicht zugänglichen Ausgangsmaterialien auszugehen und keine großen Mengen an Neben- und Abfallprodukten zu produzieren, zu lösen. Diese Druckschrift allein vermag somit die anspruchsgemäße Lösung dieser Aufgabe nicht nahezulegen.

4.5.2. Die ferner angezogene Druckschrift (2) beschreibt lediglich die Herstellung von Sulfonylcyaniden aus Chlorcyan und Sulfinsäuresalz, wobei das Sulfonylcyanid als Endprodukt in reiner Form isoliert wird (Seite 88, fünftletzte Zeile). Diese Druckschrift weist zwar ganz allgemein auf die Möglichkeit der Cycloaddition von Sulfonylcyaniden an Diene hin (Seite 91, Absatz 3, Mitte), sie enthält jedoch weder einen Hinweis auf die erfindungswesentlichen Maßnahmen des patentgemäßen Herstellungsverfahrens, nämlich das Sulfonylcyanid für die Cycloaddition intermediär und in situ zu erzeugen sowie Sulfinsäure(salz) im Kreislauf zu führen, um das Sulfonylcyanid im Verlauf des Herstellungsverfahrens wieder zu regenerieren, noch auf die patentgemäße Aufgabe, keine großen Mengen an Neben- und Abfallprodukten zu produzieren. Die Druckschrift (2) kann daher auch in Kombination mit der Druckschrift (1) nicht das anspruchsgemäße Verfahren nahelegen.

4.5.3. Die Druckschrift (3) ist nachveröffentlicht und scheidet daher als Stand der Technik aus, der bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen ist.

4.6. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen weitere Ausgestaltungen des Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche 1 bis 9 und Beschreibung Seiten 2 bis 4 aufrechtzuerhalten.

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