European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T085298.20020125 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Januar 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0852/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92103006.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61K 7/48 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Wäßrige Tensidzubereitungen mit erhöhter Viskosität | ||||||||
Name des Anmelders: | SASOL Germany GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (01) Goldwell GmbH (02) Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien (03) L'OREAL |
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Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Einschränkung einer Stoffzusammensetzung durch Streichung von Einzelkomponenten aus verschiedenen Listen: keine Individualisierung Ausführbarkeit und Neuheit: ja - nach Einschränkung nicht mehr strittig Erfinderische Tätigkeit: nein - nicht hinreichend belegte Vorteile sind für die Ermittlung der Aufgabe nicht in Betracht zu ziehen Alternative Tensidzubereitungen nicht erfinderisch |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des auf Grundlage der europäischen Patentanmeldung Nr. 92 103 006.0 mit fünf Patentansprüchen erteilten europäischen Patents Nr. 0 511 466. Anspruch 1 des erteilten Patents hatte folgenden Wortlaut:
"Wäßrige 4-30 Gew.% Basistenside enthaltende kosmetische Tensidzubereitungen mit erhöhter Viskosität, dadurch gekennzeichnet,
daß zur Viskositätserhöhung ein Verdickersystem eingesetzt wird, das aus einer Kombination aus 3-25 Gew.% Alkylpolyglykosid und
0.005-2 Gew.% Polymer und
0. bis 2.5 Gew.% wasserlöslichen anorganischen Fremdelektrolyten besteht, wobei das Polymer
a. ein Fettalkoholether oder Fettsäureester mit geradkettigen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten C8-C20-Ketten oder Gemischen von alkoxylierten mehrwertigen Alkoholen mit 2 bis 8 C-Atomen und/oder
b. ein C8-C20-Fettsäureester von alkoxylierten C8-C20-Fettalkoholen, wobei die Alkylreste geradkettig oder verzweigt, gesättigt oder ungesättigt bzw. gemischt strukturiert sein können, und/oder
c. ein Polyglykoletherdiester und oder -ether mit einer mittleren Molmasse zwischen 2000 und 25000 g/mol und
d. gegebenenfalls ein Polymer auf Cellulosebasis oder Xanthan ist und wobei gegebenenfalls weitere Bestandteile enthalten sind."
II. Gegen die Erteilung des Patents legten die Einsprechende 01 (Verfahrensbeteiligte nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ), die Einsprechende 02 (ebenfalls Verfahrensbeteiligte nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ) und die Einsprechende 03 (Beschwerdeführerin) auf Grundlage von Artikel 100 a) und b) EPÜ Einspruch ein. Der Einspruch wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Patents nach Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ im gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei und zusätzlich damit, daß die Offenbarung der Erfindung nicht den Erfordernissen von Artikel 83 EPÜ genüge.
III. Von den zahlreichen im Einspruchsverfahren als Nachweis für die mangelnde Patentfähigkeit eingereichten Entgegenhaltungen, werden die nachfolgend genannten als für die vorliegende Entscheidung relevant angesehen:
(4) EP-A-0 358 216
(5) EP-A-0 408 965
IV. Die Einspruchabteilung hat in der am 23. Juni 1998 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung das Patent in geändertem Umfang auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten 3. Hilfsantrags aufrecht erhalten. Anspruch 1 dieses Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:
"Wässrige kosmetische Tensidzubereitungen mit erhöhter Viskosität, bestehend aus 4-30 Gew% Basistensiden, wobei zur Viskositätserhöhung ein Verdickersystem eingesetzt wird das aus einer Kombination aus
3-25 Gew.% Alkylpolyglykosid und
0.005-2 Gew.% Polymer und
0. bis 2.5 Gew.% wasserlöslichen anorganischen Fremdelektrolyten besteht, wobei das Polymer ein Fettalkoholether oder Fettsäureester mit geradkettigen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten C8-C20 Ketten von alkoxyliertem Glycerin, Butandiol, Erythrit, Pentaerythrit, Arabit oder Sorbit mit mittleren Alkylierungsgraden von 20 bis 500 mol/mol ist,
wobei die Basistenside ausgewählt sind aus Fettalkoholethersulfaten, Fettalkoholsulfaten, carboxymethylierten Fettalkoholoxethylaten, Alkansulfonaten, fettsauren Salzen, Alkylbetainen und Ampholyten sowie Gemischen daraus
und wobei gegebenenfalls weitere Bestandteile enthalten sind, ausgewählt aus Silikontensiden, Eiweißhydrolysaten, Duftstoffen Trübungs- und Perlglanzmitteln, Rückfettern, Silikonölen, Feuchthaltemitteln, Konservierungsmitteln, hautkosmetischen Wirkstoffen, Pflanzenextrakten, Puffersubstanzen und Komplexbildnern."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen besondere Ausführungsformen der Tensidzubereitungen nach Anspruch 1.
V. In ihren Entscheidungsgründen gelangte die Einspruchabteilung zur Ansicht, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des im Verlaufe der mündlichen Verhandlung eingereichten 3. Hilfsantrags sowohl hinsichtlich Ausführbarkeit als auch hinsichtlich Neuheit den Erfordernissen des EPÜ genüge.
Ausgehend von den Entgegenhaltungen (4) oder (5) als nächstliegendem Stand der Technik, sah die Einspruchsabteilung die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe darin, eine Viskositätserhöhung von wäßrigen kosmetischen tensidischen Formulierungen zu ermöglichen, ohne gewisse, in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents angeführte Nachteile, die bei unterschiedlichen, im Stand der Technik beschriebenen Lösungen dieser Aufgabe auftreten können, in Kauf nehmen zu müssen. In der angefochtenen Entscheidung sah es die Einspruchsabteilung als gegeben an, daß die in den Entgegenhaltungen (4) und (5) offenbarten Tensidzusammensetzungen zwar teilweise strukturell und funktionell sehr ähnliche Komponenten enthielten, wie das in Anspruch 1 des Streitpatents zur Viskositätserhöhung vorgeschlagene Verdickersystem, den Entgegenhaltungen jedoch an keiner Stelle entnommen werden könne, daß durch diese Komponenten eine Viskositätserhöhung angestrebt und dann auch erreicht werde. Da der Fachmann demnach auch unter Heranziehung seines Fachwissens nicht habe erkennen können, daß eine Kombination aus einem Alkylpolyglykosid und den in Anspruch 1 spezifizierten Polymeren ein geeignetes Verdickersystem bilden könne, sei auch des Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit erfüllt.
VI. Die Einsprechende 03 und nunmehrige Beschwerdeführerin legte gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein.
VII. Eine mündliche Verhandlung fand am 25. Januar 2002 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin statt. Die ordnungsgemäß geladene, nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ am Beschwerdeverfahren beteiligte Einsprechende 01 teilte der Kammer mit Schreiben vom 18. Januar 2002 mit, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen beabsichtige. Die ordnungsgemäß geladene und ebenfalls nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ am Beschwerdeverfahren beteiligte Einsprechende 02 war in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im schriftlichen und mündlichen Verfahren kann folgendermaßen zusammengefaßt werden:
Entgegenhaltung (4) offenbare bereits Tensidzusammensetzungen bestehend aus
- einem Alkylpolyglykosid,
- einem speziellen anionischen Tensid und
- einem viskosesteigernden Polymer,
wobei diese Komponenten in gleichen Mengen eingesetzt würden wie die Bestandteile der Tensidzusammensetzung gemäß dem geltenden Anspruch 1 des Streitpatents. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe bestehe darin, ein System zur Viskositätserhöhung wäßriger, kosmetischer Tensidzubereitungen bereitzustellen, welches die Einstellung der Viskosität unter Verwendung kleiner Polymermengen ermögliche und toxikologisch, ökologisch und ökonomisch befriedigend sei. Diese Aufgabe werde bereits durch die Zusammensetzung gemäß Entgegenhaltung (4), insbesondere Beispiel 2, gelöst. Auch wenn die Viskosität des Shampoos in Beispiel 2 nicht ausdrücklich offenbart werde, müsse der Fachmann davon ausgehen daß diese in dem für Shampoos üblichen Bereich von 5000 mPa.s liege. Es müsse daher eine neue, objektive Aufgabe formuliert werden, die sich an dem tatsächlich im Vergleich zum Stand der Technik erreichten Ergebnis orientiere. Da andere als die bereits dem Stand der Technik zu entnehmenden Vorteile bei der angeblichen Erfindung nicht zu erkennen seien, könne keine sinnvolle objektive Aufgabe formuliert werden.
Aufgrund der stofflichen und mengenmäßigen Übereinstimmung zwischen den Zusammensetzungen von Entgegenhaltung (5) einerseits und des Streitpatents andererseits und deren Verwendbarkeit als Shampoos könne davon ausgegangen werden, daß es sich in (5) um wäßrige kosmetische Tensidzubereitungen handle, welche die erforderliche hohe Viskosität aufwiesen und auch toxikologisch, ökologisch und ökonomisch zufriedenstellend seien. Somit sei es auch gegenüber (5) effektiv unmöglich, eine patentrechtlich relevante, objektive Aufgabe zu formulieren.
Für den Fall, daß die Beschwerdegegnerin in der Bereitstellung von alternativen Tensidzubereitungen eine mögliche Aufgabe zu erkennen glaube, so sei die vorgeschlagene Lösung, nämlich andere als die bekannten anionischen Tenside oder andere als die in den Entgegenhaltungen genannten verdickenden Polymere zu verwenden, für den Fachmann naheliegend. Die durch Einschränkung des Anspruchsbegehrens auf eine Liste an sich bekannter Basistenside und an sich bekannter verdickender Polymere erzeugte Auswahl sei allenfalls neu, aber auf keinen Fall erfinderisch, da kein besonderer unerwarteter Effekt damit verbunden sei.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat sich in der Beantwortung der Beschwerdebegründung und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen auf folgende Argumente gestützt:
Während die für die Viskositätserhöhung erfindungsgemäß eingesetzten Polymere bei normalen anionischen Tensiden oder Betainen alleine wirkungslos seien, seien diese unerwarteterweise hoch wirksam, wenn gleichzeitig ein Alkylpolyglykosid anwesend sei. Dies weise auf einen in dieser Stärke nur selten beobachteten, also höchst unerwarteten Synergismus hin. Niedrige Polymerkonzentrationen seien deshalb so wichtig, weil höhere Mengen abgesehen von den Kosten für kosmetische Flüssigkeiten zu Einbußen beim Schaumvermögen führten.
Durch Vergleichsversuche sei gezeigt worden, daß ohne Alkylpolyglycosid zur Erreichung des gleichen viskositätserhöhenden Effekts etwa die einhundertfache Menge an Polymer erforderlich sei. Weiterhin sei durch Nacharbeiten der Beispiele 3 und 4 aus Tabelle I von (5) gezeigt worden, daß diese Produkte äußerst niedrige Viskositäten aufwiesen.
Schließlich ergebe sich aus Tabelle 4, entsprechend Versuch Nr. 3, der vorgelegten Versuche, daß nicht jedes wasserlösliche Polymer den gesuchten Effekt in synergistischer Weise bewirke. So führe beispielsweise Hydroxyethylcellulose bei vergleichbaren Konzentrationen nur zu sehr mäßigen Verdickungen, die für kosmetische Zubereitungen nicht ausreichten.
X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ein Vergleich des Anspruchs 1 (siehe Paragraph I oben) des erteilten Patents mit Anspruch 1 des geltenden Antrags (siehe Paragraph IV oben) ergibt, daß der Umfang des Patentgegenstands im geltenden Anspruch 1 hinsichtlich der möglichen Varianten der Einzelkomponenten, aus denen die beanspruchten Tensidzubereitungen bestehen können, erheblich eingeschränkt wurde. Diese Einschränkung erfolgte:
(A) hinsichtlich der Polymeren: Die Liste der Polymeren im geltenden Anspruch 1 umfaßt aus der auf Seite 6, Zeilen 10 bis 36, der Erstunterlagen angeführten, wesentlich umfangreicheren Liste von möglichen Polymeren nur mehr Fettalkoholether und Fettsäureester bestimmter ethoxylierter mehrwertiger Alkohole. Aus dieser Liste der Polymeren in den Erstunterlagen wurden bei der Formulierung des geltenden Anspruch 1 einerseits innerhalb der Gruppe a. Fettalkoholether und Fettsäureester von ethoxyliertem Ethylenglykol und Propandiol und andererseits alle unter die Gruppen b., c. und d. in Anspruch 1 des erteilten Patents fallenden Polymere gestrichen.
(B) hinsichtlich der Basistenside: Die Liste der Basistenside im geltenden Anspruch 1 umfaßt aus der auf Seite 7, Zeilen 1 bis 17, der Erstunterlagen angeführten, wesentlich umfangreicheren Liste von möglichen Basistensiden nur mehr spezielle Gruppen von anionischen Tensiden und betainische bzw. ampholytische Tenside. Aus der Liste der Basistenside in den Erstunterlagen wurden einerseits Fettalkoholethersulfosuccinate als mögliche anionische Tenside und andererseits sämtliche Varianten von nichtionischen Polymeren gestrichen.
C) Die Liste der gegebenenfalls vorhandenen weiteren Bestandteile im geltenden Anspruch 1 entspricht in unveränderter Form der auf Seite 7, Zeilen 29 bis 34, der Erstunterlagen angeführten Liste.
2.1. Als erstes ist daher die Frage zu klären, ob der durch die zahlreichen willkürlichen Streichungen von technischen Merkmalen aus den Listen ((A) und (B) (siehe Punkt 2 oben) im geltenden Anspruch 1 nunmehr neu definierte Patentgegenstand in Übereinstimmung mit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ durch die Erstoffenbarung ausreichend gestützt ist. Es bedeutete beispielsweise einen Verstoß gegen die Bestimmungen von Artikel 123 (2) EPÜ durch Streichung von Einzelmerkmalen aus mindestens zwei Listen von Merkmalen eine Auswahl im patentrechtlichen zu treffen, die ein Fachmann der Anmeldung in der eingereichten Fassung objektiv nicht entnommen hätte.
2.2. Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer geltend gemacht, daß der geltende Anspruch zwar eine erhebliche Einschränkung, aber im vorliegenden Fall keine Auswahl im patentrechtlichen Sinn aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung darstelle. Dem kann die Kammer in diesem Fall zustimmen, da einerseits diese Einschränkung nicht zur Folge hat, daß die im geltenden Anspruch 1 angegebene Definition des Patentgegenstands ihren generischen Charakter verliert und auf eine oder mehrere in den Erstunterlagen nicht offenbarte(n) spezifische(n) Ausführungsform(en) des Patentgegenstands in individualisierter Form beschränkt ist und da andererseits keine neuen Eigenschaften vorgebracht wurden. Unter den gegebenen Umständen kann die Kammer in der Einschränkung des Anspruchsbegehrens auf den Umfang des geltenden Anspruchs 1 keinen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ oder Artikel 123 (3) EPÜ erkennen.
3. Im Verlaufe des gesamten vorliegenden Verfahrens ist der Kammer kein Stand der Technik bekannt geworden, der den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnähme. Ebensowenig kann die Kammer einen Mangel bezüglich der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung erkennen. Da weder die Ausführbarkeit noch die Neuheit im Beschwerdeverfahren strittig waren, sieht die Kammer keine Veranlassung von der Beurteilung der Ausführbarkeit und Neuheit durch die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung abzuweichen.
4. Sowohl die Einspruchsabteilung als auch die Beschwerdeführerin haben bereits Entgegenhaltung (4) oder Entgegenhaltung (5) als nächstliegenden Stand der Technik identifiziert.
4.1. Obwohl die Beschwerdeführerin zeigen konnte, daß die in (5) offenbarten wäßrigen Tensidzubereitungen sowohl hinsichtlich der stofflichen als auch der mengenmäßigen Zusammensetzung ihrer Komponenten dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nahekommen, enthält (5) mit Ausnahme der Erwähnung, daß diese Tensidzubereitungen eine verringerte Irritation oder Schädigung an Haut und Haaren bewirken (siehe Seite 2, Zeilen 1 bis 3), keine weiteren Anhaltspunkte auf Zubereitungen für die Pflege von Haut und Haar, beispielsweise in Form von Shampoos.
4.2. Entgegenhaltung (4) stellt daher hinsichtlich Struktur und Anwendung den nächstliegenden Stand der Technik dar. Denn (4) offenbart bereits wäßrige Tensidzubereitungen, die unter anderem für die schonende Reinigung des menschlichen Körpers, einschließlich der Haut und der Haare, bestimmt sind und neben einem guten Schaumvermögen eine hohe Reinigungskraft aufweisen (siehe Seite 2, insbesondere Zeilen 9 - 11; 30 - 32; Seite 4, Zeile 56). Diese Tensidzubereitungen haben folgende Zusammensetzung:
1. bis 60 Gew.-% (2 bis 20 Gew.-%, falls die Tensidzubereitung ein Shampoo ist) eines Fettalkoholethersulfosuccinats der Formeln (II) oder (III) als anionisches Basistensid (siehe Seite 3, Zeile 54, bis Seite 4, Zeile 36, insbesondere Seite 4, Zeilen 32 - 35);
1. bis 60 Gew.-% (2 bis 30 Gew.-%, falls die Tensidzubereitung ein Shampoo ist) eines Alkypolysaccharids der im Streitpatent angegebenen Zusammensetzung und Struktur (siehe Seite 3, insbesondere Zeilen 27 - 44; 50 - 54); und
gegebenfalls ein Mittel zur Einstellung der Viskosität, wie Tonerden oder wasserlösliche Polymere (siehe insbesondere Seite 4, Zeilen 52 - 53) als viskositätsmodifizierende Mittel, wie Methylcellulose, ein Carboxyvinyl Polymer, Hydroxyethylcellulose, Polyoxyethylenglykoldistearat oder Ethanol (siehe Seite 4, Zeilen 47 - 48).
4.3. In Beispiel 2 von Entgegenhaltung (4) ist ein Shampoo in Form einer wäßrigen Tensidzubereitung beschrieben, welches neben anderen üblichen Bestandteilen 12. Gew.-% eines Fettalkolethersulfosuccinats als Basistensid
8. Gew.-% eines Alkylpolyglycosids und
0.3. Gew.% katonisierte Cellulose als viskositätsteigerndes wasserlösliches Polymer (Polymer JR 400) enthält.
4.4. Entgegenhaltung (4) offenbart demnach bereits wäßrige kosmetische Tensidzubereitungen, für die Pflege von Haut und Haar, beispielsweise in Form von Shampoos, die neben
(a) einer Gruppe von in der ursprünglich eingereichten Anmeldung und im erteilten Patent ebenfalls als Basistenside vorgesehenen anionischen Tensiden (Fettalkolethersulfosuccinaten)
(b) ein Alkylpolyglykosid und
(c) in der ursprünglich eingereichten Anmeldung und im erteilten Patent als Verdickungsmittel ebenfalls bereits vorgesehene wasserlösliche Polymere auf Cellulosebasis in den im geltenden Anspruch 1 angegebenen Gewichtsverhältnissen enthalten.
In diesem Zusammenhang verweist die Kammer insbesondere auch auf den Vortrag der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, wonach Polyoxyethylenglykoldistearat (Fettsäureester von alkoxyliertem Ethylenglykol), das unter den in (4) als Verdickungsmittel vorgeschlagenen wasserlöslichen Polymeren für diesen Zweck bereits explizit genannt ist (siehe Seite 4, Zeile 48), einen Fettsäurester des alkoxylierten C2 -homologen Alkohols (Ethylenglykol) der im geltenden Anspruch als Polymere genannten Fettsäureester von alkoxylierten mehrwertigen C3 bis C6 - Alkoholen (vgl. Glycerin, Butandiol etc.) darstellt und daher mit diesen strukturell eng verwandt ist.
5. Gegenüber diesem nächstliegenden Stand der Technik kann die der beanspruchten Erfindung zugrundeliegende objektive Aufgabe nur mehr darin gesehen werden, alternative Tensidzubereitungen zu den aus Entgegenhaltung (4) bekannten Zubereitungen bereitzustellen. Diese Aufgabe ist aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung unmittelbar herleitbar, da dort bereits verschiedene alternative Ausführungsformen des Anmeldungsgegenstandes, d. h. von wäßrigen, kosmetischen Tensidzubereitungen mit erhöhter Viskosität, zur Wahl stehen.
5.1. Zur Lösung dieser Aufgabe werden die wäßrigen kosmetischen Tensidzubereitungen gemäß geltendem Anspruch 1 vorgeschlagen.
Da gemäß den Angaben in der Beschreibung der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (siehe insbesondere Seite 3, Zeile 16 bis Seite 4, Zeile 6) und der Streitpatentschrift (siehe Spalte 3, Zeilen 31 - 56) mit allen ursprünglich offenbarten Ausführungsformen des Anmeldungsgegenstandes kosmetische Tensidformulierungen mit ausreichend hohen Viskositäten erreicht werden und die Beschwerdeführerin dies auch nicht bestritten hat, besteht für die Kammer kein Grund zur Annahme, daß die Aufgabe nicht gelöst wurde.
6. Es ist daher zu prüfen, ob die vorgeschlagene Lösung der oben definierten Aufgabe auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Diese Prüfung ergibt folgendes:
6.1. In der Streitpatentschrift wird in Spalte 4, Zeilen 1. - 7, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in den beanspruchten Tensidzubereitungen als Basistenside in wäßrigen kosmetischen Formulierungen übliche Tenside eingesetzt werden. Aus Spalte 1, erster Absatz, in Zusammenhang mit Zeilen 18 - 24 ist zu entnehmen, daß wäßrige Tensidzubereitungen für kosmetische Formulierungen als Hauptkomponente meist übliche Aniontenside, wie Fettalkoholethersulfate, Fettalkoholsulfate, Fettalkoholsufosuccinate, Alkansulfonate oder Ethercarbonsäuren zuweilen in Kombination mit Betainen, Ampholyten oder Fettsäurealkanolamiden enthalten. Die nach der Einschränkung im Anspruch 1 verbliebenen anionischen Tenside stellen daher allgemein bekannte und für den patentgemäßen Zweck üblicherweise verwendete Alternativen zu den in (4) vorgeschlagenen Fettalkoholsufosuccinaten der Formeln II und III dar (siehe Seite 2, Zeile 45, bis Seite 3, Zeile 19; Seite 3, Zeile 54, bis Seite 4, Zeile 36).
6.2. In (4) wird neben anderen viskositätsmodifizierenden Mitteln Polyoxyethylenglykoldistearat als geeignetes Mittel zur Erhöhung der Viskosität von wäßrigen kosmetischen Tensidzubereitungen, die Alkylpolyglykosid und Aniontenside als Hauptkomponenten enthalten für die Pflege von Haut und Haar, beispielsweise in Form von Shampoos, vorgeschlagen. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, daß die viskositätsmodifizierenden Mittel in (4) sowohl viskositätssteigernde als auch viskositätssenkende Mittel umfaßten. Abgesehen davon, daß der Fachmann aufgrund seines technischen Fachwissens von vorneherein zwischen viskositätssteigernden und viskositätssenkenden Mitteln unterscheiden kann, ist aus den Angaben zum Stand der Technik in Spalte 2, Zeilen 5. - 13 zu entnehmen, daß die mit dem Polyoxyethylenglykoldistearat strukturell eng verwandten Fettsäureeester von höher alkoxyliertem Glycerin, 1,2-Propandiol oder anderen höherer Alkoholen, die gemäß dem geltenden Anspruch 1 als Verdickungsmittel eingesetzt werden, zu den üblich verwendeten Verdickungsmitteln aus der Gruppe der wasserlöslichen Polymere, die für wäßrige Lösungen unabhängig vom Tensidtyp wirksam sind, gehören.
6.3. Für den Fachmann, dem aus (4) bekannt war, daß wasserlösliche Polymere im allgemeinen und innerhalb dieser Gruppe speziell Polyoxyethylenglykoldistearat in (4) als Verdickungsmittel in Kombination mit Alkylpolyglykosid und Aniontensiden für wäßrige kosmetische Tensidzubereitungen bereits vorgeschlagen wurden, war es daher naheliegend zu versuchen, die bestehende Aufgabe durch Einsatz der oben genannten, bereits bekannten und für Tensidzubereitungen üblicherweise verwendeten Verdickungsmittel zu lösen. Die Bestimmung der geeigneten Alkylierungsgrade und Mengen des jeweiligen Polymers war für den Fachmann dann nur mehr eine Sache routinemäßigen Ausprobierens.
7. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, daß bei Tensidzubereitungen gemäß geltendem Anspruch 1, die eine Kombination eines Alkylpolyglykosids mit einem der im geltenden Anspruch 1 angeführten Polymeren enthalten eine besondere Viskositätssteigerung gegenüber den im Stand der Technik offenbarten Tensidzubereitungen erzielt werde. Ein konkreter Nachweis hierfür ist weder der Patentschrift noch den im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens eingereichten Unterlagen zu entnehmen.
7.1. Die Abbildung 1 der Patentschrift, auf welche die Beschwerdegegnerin besonders hingewiesen hat, zeigt die Abhängigkeit der Viskositätssteigerung bei Verwendung von Sorbit-300 EO-Hexastearat in Mengen von 0 bis 0.2. Gew.-% als Polymer vom Mengenverhältnis Basistensid (Fettalkohoethersulfat)/Alkylpolyglykosid. Aus den Angaben in Abbildung 1 ist jedoch weder ein Nachweis für eine unerwartet hohen Viskositätssteigerung gegenüber den im Stand der Technik offenbarten Tensidzubereitungen noch für den speziell bei den Polymeren gemäß Anspruch 1 geltend gemachten synergistischen Effekt zu entnehmen, da jeglicher Vergleich mit dem Stand der Technik fehlt. Zur Abbildung 1 ist noch zu bemerken, daß die dort angegebenen Werte mit dem besonders bevorzugten Polymer Sorbit-300 EO-Hexastearat und nicht mit dem Polymer gemäß Anspruch 1, welches dem in (4) als Verdickungsmittel genannten Polyoxyethylenglykoldistearat näher liegt, beispielsweise einem Stearinsäureester von alkoxyliertem Glycerin, erzielt wurden. Des weiteren ist zu bemerken, daß gemäß Abbildung 1 Tensidzubereitungen mit einer Viskosität im Bereich von etwa 10 mPa.s bereits unter den geltenden Anspruch 1 fallen, da weder das Mengenverhältnis Alkylpolyglykosid/Basistensid noch der mittlere Alkoxylierungsgrad des Polymers als technische Merkmale des Anspruchs 1 aufscheinen und daher innerhalb der durch den geltenden Anspruch 1 definierten Tensidzubereitungen in weiten Grenzen variieren können.
7.2. Da nach den Angaben in der Streitpatentschrift (siehe Spalte 7, Zeilen 53 - 54) Shampoos üblicherweise eine Viskosität von ca. 5000 mPa.s aufweisen, kann der Fachmann davon ausgehen, daß das Shampoo in Beispiel 2 von (4), wenn auch nicht explizit erwähnt, eine Viskosität in dieser Größenordnung aufweist. Als verdickendes Polymer wird in Beispiel 2 kationisierte Cellulose in einer Menge von nur 0.3 Gew.-% eingesetzt. Die Beschwerdegegnerin hat mit der am 16. März 1999 eingegangenen Stellungnahme zur Beschwerdebegründung einen Versuchsbericht (siehe Versuch 3) vorgelegt, der zeigen soll, daß beispielsweise Hydroxyethylcellulose bei vergleichbaren Konzentrationen von 0.03 Gew.-% und 0.05. Gew.-% gegenüber Sorbit-300 EO-Hexastearat nur zu sehr mäßigen Verdickungen führe, die für kosmetische Zubereitungen nicht ausreichten.
Demnach werden bei Zugabe von 0.03 Gew.-% bzw.0.05 Gew.-% Hydroxyethylcellulose Viskositäten von 295 mPa.s bzw. 318 mPa.s erzielt. Abgesehen davon, daß diese Werte durchaus im Bereich liegen, die gemäß Abbildung 1 des Streitpatents auch mit Tensidzusammensetzungen gemäß geltendem Anspruch 1 erreicht werden (siehe Punkt 7.1 oben), wurde bei diesem Versuch als Basistensid das nichtionische C12C14-Fettalkoholoxethylat, welches nicht mehr unter den geltenden Anspruch 1 fällt, eingesetzt. Der angebotene Vergleichsversuch als Nachweis für höhere Viskositäten ist für das vorliegende Verfahren daher ohne jede Aussagekraft.
7.3. Aus der Streitpatentschrift geht hervor, daß die höchsten Viskositäten mit 17000 mPa.s bzw. 15000 mPa.s in den Beispielen 7 und 9 erhalten wurden, obwohl in Beispiel 7 ein nicht mehr unter Anspruch 1 fallendes Basistensid gemäß (4) (Fettalkoholethoxylatsulfosuccinat) und in beiden Beispielen ein nicht mehr unter den geltenden Anspruch fallendes verdickendes Polymer (Antil, ie Polyoxyethylenpropylen-glykol-dioleat) in den derzeit beanspruchten Mengenanteilen verwendet werden.
Das Argument der Beschwerdegegnerin, daß die hohen Viskositäten in den oben angeführten Beispielen auf die Anwesenheit von 1 % NaCl als Fremdelektrolyt zurückzuführen seien, ist nicht stichhaltig, da einerseits gemäß Anspruch 1 bis zu 2.5 % Fremdelektrolyt ohne den Nachteil von Hautirritationen in erfindungsgemäßen Tensidzubereitungen anwesend sein können und andererseits ein Vergleich mit Beispiel 8 zeigt, daß trotz Verwendung von 0.8 % [etwa entsprechend der Polymermenge von 1 % in den Beispielen 7 und 9] des erfindungsgemäß als besonders wirksam hervorgehobenen Polymers Sorbit-300 EO-Hexastearat und 1 % NaCl als Fremdelektrolyt nur Viskositäten von ca. 4500 mPa.s erreicht werden. Ein ähnlicher Vergleich ließe sich mit dem in Beispiel 6 angegebenen Wert von 6000 mPa.s anstellen, wo NaCl als Fremdelektrolyt sogar in einer Menge 2.2 % anwesend ist.
7.4. Soweit neben dem geltend gemachten Vorteil der erhöhten Viskosität von erfindungsgemäßen Tensidzubereitungen die Vermeidung von im Stand der Technik auftretenden möglichen Nachteilen bei den erfindungsgemäßen Tensidzubereitungen gegenüber dem Stand der Technik geltend gemacht wurde, fehlt auch in dieser Hinsicht jeder Nachweis. Ganz im Gegenteil, die Tensidzubereitungen gemäß (4) wirken ausweislich der Angaben in den Zeilen 8 - 9 auf Seite 1 und der Tabelle 1 nicht hautirritierend. Dementsprechend enthält das Shampoo gemäß Beispiel 2 auch nur 1 % eines Salzes. Ebenso wird für die Tensidzubereitungen gemäß (4) ein hohes bis exzellentes Schaumvermögen mit guter Schaumqualität bestätigt (siehe Seite 1, Zeile 11, Tabelle 1, Beispiel 2, Seite 9, Zeile 33).
7.5. Aus den obigen Ausführungen muß gefolgert werden, daß die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Vorteile gegenüber dem Stand der Technik nicht hinreichend belegt worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern können geltend gemachte Vorteile, die nicht hinreichend belegt sind, bei der Ermittlung der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 3. Auflage 1998, I-D, 4.1, Seite 131, erster voller Absatz).
8. Die Kammer kommt nach alledem zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 entgegen den Erfordernissen von Artikel 52 (1) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.