European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T083098.20010515 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Mai 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0830/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92116971.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F28F 1/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Wellrippe für Flachrohrwärmetauscher | ||||||||
Name des Anmelders: | Behr GmbH & Co. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Modine Europe GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 547 309 (Anmeldenummer: 92 116 971.0).
II. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat gegen das erteilte Patent Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent mangels Patentfähigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und 56 EPÜ zu widerrufen. Sie hat sich dabei u. a. auf die folgenden Druckschriften berufen:
D1: DE-C-2 651 609
D2: US-A-3 003 749
D3: DE-A-1 451 216 und
D4: US-A-4 693 307.
III. Mit Entscheidung, zur Post gegeben am 11. August 1998 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent widerrufen.
Sie hat ihren Widerruf auf die Druckschriften D1 und D4 gestützt.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin am 20. August 1998 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 26. November 1998 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents
1) auf der Basis der mit der Beschwerdebegründung am 26. November 1998 eingereichten Ansprüche 1 bis 3 (Hauptantrag),
2) auf der Basis der während der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 und 2 (Hilfsantrag).
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"1. Wellrippe für Flachrohrwärmetauscher, die zwischen den Flachrohren (2) eines Wärmetauschers angeordnet, mit diesen verlötet und von Luft beaufschlagt ist, mit quer zur Luftströmungsrichtung angeordneten Kiemen (5), die Kiemenfelder bilden, zwischen denen ein kiemenfreier Bereich vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass in dem kiemenfreien Bereich etwa in der Mitte der Wellrippentiefe (in Luftströmungsrichtung gesehen), eine Versteifungssicke (6) in die Wellrippe (1) eingeformt ist, dass die Versteifungssicke (6) dachförmig ausgeprägt ist und sich annähernd über die gesamte Breite (3) des Wellrippenabschnittes zwischen benachbarten Flachrohren (2) erstreckt."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:
"1. Wellrippe für Flachrohr-Wärmetauscher, die zwischen den Flachrohren (2) eines Wärmetauschers angeordnet, mit diesen verlötet und von Luft beaufschlagt ist, mit quer zur Luftströmungsrichtung angeordneten Kiemen (5), die Kiemenfelder bilden, zwischen denen ein kiemenfreier Bereich vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß in dem kiemenfreien Bereich etwa in der Mitte der Wellrippentiefe (in Luftströmungsrichtung gesehen), eine Versteifungssicke (6) in die Wellrippe (1) eingeformt ist, daß die Versteifungssicke (6) dachförmig ausgeprägt ist und sich annähernd über die gesamte Breite (3) des Wellrippenabschnittes zwischen benachbarten Flachrohren (2) erstreckt, und daß die Höhe (h) der Versteifungssicke (6) etwa der einfachen bis 2,5fachen Blechstärke(s) der Wellrippe (1) entspricht, wobei also gilt: s<h<2,5 s."
V. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin schriftlich und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
Anspruch 1 basiere auf Anspruch 1 wie erteilt mit zusätzlichen den erteilten Ansprüchen 2 und 3 und Figur 3 entsprechenden kennzeichnenden Merkmalen und Präzisierungen und erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheide sich durch eingefügte Präzisierungen im Oberbegriff und im Kennzeichen von Druckschriften D1 und D4 und sei gegenüber diesen Entgegenhaltungen neu.
Die Kombination der D4 und D1 werde den Fachmann nicht weiterführen im Sinne einer Versteifung von Wellrippen im kiemenfreien Bereich. Zwar offenbare die Druckschrift D4 das Prinzip der Wellrippenversteifung, jedoch sei D4 mit ihrer konsequenten Verlegung der Versteifungselemente 42 im Kiemenbereich ungeeignet, den Fachmann anzureden, die Versteifungselemente in kiemenfreie Bereiche zu verlegen. Druckschrift D1 offenbare zwar Wellrippen mit Versteifungselementen im kiemenfreien Bereich, jedoch erkenne der Fachmann aus D1, daß eine einzige Versteifungsmöglichkeit der Wellrippe durch Faltrippen erzielbar sei.
Bei gemeinsamer Wertung von D4 und D1 werde der Fachmann erkennen, daß die in D4 gewählte Verlegung des Versteifungselements in die Kiemenbereiche in Verbindung mit der Versteifung der kiemenfreien Bereichen der Wellrippen nach D1 nicht zu der Versteifungsanordnung der Wellrippe nach Anspruch 1 führe.
Hilfsantrag
Anspruch 1 nach diesem Antrag beinhalte zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag auch noch die Merkmale des Anspruchs 5 wie erteilt und erfülle somit die Erfordernisse der Artikeln 123 (2) und (3) sowie 54 des EPÜ.
Das im Hauptanspruch nach Hilfsantrag aufgenommene Zusatzmerkmal des erteilten Anspruchs 5 vermittle eine klare Lehre der optimalen Gestaltungsregel des Versteifungselements der Wellrippe in Hinblick auf die angestrebte Festigkeit des Elements unter gleichzeitiger Begrenzung seines Luftströmungswiderstandes.
Der Patentgegenstand im Umfange der Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag sei somit gegenüber den genannten Druckschriften nicht nur neu sondern auch erfinderisch.
VI. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Zur Begründung ihres Antrags hat sie schriftlich und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
Das im Oberbegriff des Anspruchs 1 eingefügte Merkmal "die Kiemenfelder bilden, zwischen denen ein kiemenfreier Bereich vorgesehen ist" sei nicht ursprünglich geoffenbart und verletze Artikel 123 (2) EPÜ.
Der Gegenstand des Hauptanspruchs sei im Licht von Figuren 10 und 11 der D4 sowie Figur 3 der D3 nicht neu.
Die Druckschrift D1 offenbare das Prinzip der Versteifung von Wellrippen im kiemenfreien Bereich. Dieses Gestaltungsprinzip ergebe sich von Figuren 3, 4 und 6 der D1, die in Spalte 4, Zeilen 15 bis 51 hinsichtlich der Anordnung von Versteifungselementen lehre, daß diese als Faltrippen in kiemenfreie Bereiche der Wellrippe verlegt seien. In diesem Gestaltungsprinzip für Wellrippenversteifung erkenne der Fachmann ohne tieferes Nachdenken, daß die Verlegemöglichkeit der Versteifungselemente, die nach D1 und nach dem Streitpatent gleichstimmend in kiemenfreie Bereiche vorgesehen sei, nicht kritisch sei und daß es, u. a. in Hinblick auf die Blechdicke der Wellrippe, vielmehr auf die Form der Versteifungselemente komme.
Aus der Druckschrift D4 gehe eine Versteifung für eine Wellrippe hervor, bei der die dachförmig ausgeprägten Versteifungselemente mit den Sicken nach dem Patent vergleichbar seien. Es sei davon auszugehen, daß der Fachmann die D4 kenne und zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe berücksichtige. D4 gebe ihm nämlich den klaren Hinweis der Verwendung eines Versteifungselementes, das im Vergleich zum kostenspieligen und komplizierten Faltverfahren nach D1 einfach ausprägbar sei und laut Spalte 11, Zeilen 38 bis 50 der D4 der Wellrippe eine Versteifungsfunktion im Sinne des Patents biete.
Denke der von D1 ausgehende Fachmann an die Neuherstellung einer Wellrippe, werde er die aus D4 bekannte Versteifungsform selbstverständlich bei der Wellrippe nach D1 integrieren, was ihm beim vorhandenen Platz im kiemenfreien Bereich nicht schwerfalle.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Hilfsantrag
Die dem Hauptanspruch gemäß Hauptantrag angehängten Zusatzmerkmale des Anspruch 1 gemäß diesem Antrag seien für den Fachmann geläufige technische Dimensionsmaßnahmen ohne in Kombination mit den übrigen Anspruchsmerkmalen einen überraschenden Effekt und/oder erfinderisches Zutun erkennen zu lassen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit mangels erfinderischer Tätigkeit auch nicht patentfähig.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Änderungen des Anspruchs 1
Die dem Oberbegriff und Kennzeichen des Anspruchs 1 zugefügten Merkmale sind von Figur 3 und von Ansprüche 2 und 3 in der ursprünglich eingereichten und erteilten Fassung abgeleitet. Die im Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen sind im Hinblick auf die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.
2.2. Neuheit
Druckschriften D1 und D4 offenbaren eine Wellrippe mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Die Wellrippe gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von D1 dadurch, daß anstatt einer Faltrippe wie in D1 eine Versteifungssicke etwa in der Mitte der Wellrippentiefe beansprucht wird.
Die Wellrippe nach Anspruch 1 unterscheidet sich von D4 dadurch, daß das Versteifungselement in dem kiemenfreien Bereich und nicht wie in D4 im Kiemenfeld der Wellrippe eingeformt ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu (Artikel 54 EPÜ).
2.3. Erfinderische Tätigkeit
Dem Fachmann auf dem Gebiet der mit Wellrippen bestückten Flachrohrwärmetauscher war vor dem Anmeldetag des Streitpatents bekannt, daß für die Wellrippen, da sie im Hinblick auf eine hohe Wärmeübertragungsleistung und ein geringes Gewicht dünn ausgebildet sein sollten, die Gefahr bestand, daß diese Wellrippen unter dem Druck der Flachrohre, die zum "Aufblähen" neigten, einknickten.
Dieses Problem wurde in dem druckschriftlich belegten Stand der Technik erkannt und in Spalte 4, Zeilen 46 ff. der D1 und in Spalte 11, Zeilen 38 ff. der D4 behandelt.
Der nächstkommende Stand der Technik wird durch D1 beschrieben. Diese Druckschrift offenbart eine Wellrippe mit nicht nur allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1, sondern auch mit dem kennzeichnenden Merkmal, daß in dem kiemenfreien Bereich der Wellrippe ein Versteifungselement eingeformt ist. Allerdings handelt es sich in D1 um eine Wellrippe mit geringer Blechdicke, die als Versteifungselement Faltrippen besitzt.
Der Erfindung liegt laut Spalte 1, Zeilen 33 ff. der Streitpatentschrift die Aufgabe zugrunde eine verbesserte Wellrippe zu schaffen, die ein Einknicken der Rippe vermeidet und bei Beibehaltung des günstigen Gewichts und einer hohen Wärmeübertragungsleistung ein Ausbeulen der Flachrohre verhindert.
Von der D1 ausgehend ist die Aufgabe gemäß Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch gelöst, daß als Versteifungselement eine Versteifungssicke in der Wellrippe eingeformt ist, wobei die Versteifungssicke dachförmig ausgeprägt ist und sich annähernd über die gesamte Breite des Wellrippenabschnittes zwischen benachbarten Flachrohren erstreckt.
Damit wird gemäß Darlegung der Beschwerdeführerin eine nennenswerte Versteifung der Wellrippe erreicht und damit verhindert, daß das Flachrohr ausbeult. Außerdem wird sich durch die Versteifungssicke keine Erhöhung des Druckabfalles in Luftdurchströmungsrichtung ergeben und somit auch keine Leistungseinbuße. Außerdem wird sich durch die Ausprägung der Sicke eine Festigkeitssteigerung, d. h. eine Erhöhung der Knicksicherheit in der Weise ergeben, daß die Flachrohre mit einem höheren Innendruck beanschlagt werden können.
Die Kammer hat keine Veranlassung, an diesen Darlegungen der Beschwerdeführerin, die mehr auf den technischen Fortschritt bzw. die besonderen Wirkungen gegenüber der gattungsgemäßen Wellrippe als auf die Frage des erfinderischen Beitrages zum Stand der Technik gerichtet sind, zu zweifeln.
Ein Indiz für das vorliegen erfinderischer Tätigkeit läßt sich hieraus aber nicht ableiten.
Bei der Beurteilung des Beitrages zum Stand der Technik ist regelmäßig die Frage zu untersuchen, ob neben dem gattungsbestimmenden Stand der Technik ein Fachwissen oder weiterer Stand der Technik vorliegt, der dem Fachmann bei der Lösung der objektiv verbleibenden Aufgabe dienlich sein kann, wobei diesbezüglich aber auch noch zu überlegen ist, ob der weitere Stand der Technik vom vorgenannten Fachmann überhaupt aufgedeckt werden konnte. Er werde anstreben, die im kiemenfreien Bereich angeordnete Faltrippe, die gemäß Spalte 4, Zeilen 54, ff. der D1, in Übereinstimmung mit dem Streitpatent, gegen den hohen Innendruck in den Flachrohren wirken soll, durch ein Versteifungselement, das den kostspieligen Faltprozeß und das dicke Falten vermeidet, zu ersetzen. Will der Fachmann eine gattungsgemäße Wellrippe weiterbilden und dabei deren Nachteile vermeiden, wird er sich zur Lösung der von ihm gestellten Aufgabe im Stand der Technik nach bekannten Lösungen umsehen. Er wird zwangsläufig auf die D4 stoßen, da dieser Stand der Technik genau das gleiche Fachgebiet betrifft wie D1 und laut Spalte 11, Zeilen 38 bis 50 der Wellrippe eine Versteifungsfunktion im Sinne der D1 bzw. des Streitpatents bietet.
Der Fachmann wird die D4 zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe berücksichtigen und in dieser Druckschrift eine Anregung finden, die Versteifung der dort gezeigten dachförmigen Gestaltung bei der gattungsgemäßen Wellrippe zu verwenden. Es ist der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, daß, wenn der Fachmann eine einfache Versteifung der gattungsgemäßen Wellenrippe verwirklichen will, wird er statt der in der D1 vorgeschlagenen Faltrippe das aus der D4 bekannte einfach ausprägbare Versteifungselement verwenden und dabei ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, daß ein von der D1 ausgehender und mit der hier zu lösenden Aufgabe konfrontierter Fachmann die Lehre der D1 kombinieren würde mit der Lehre gemäß D4 und dadurch in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde, Artikel 56. EPÜ.
3. Hilfsantrag
Die Beschwerdeführerin konnte keine überzeugenden Beweise vorbringen, die den aus dem erteilten abhängigen Anspruch 5 stammenden Zusatzmerkmalen dem Hauptanspruch eine erfinderische Qualität verleihen konnten. Vielmehr gelangt die Kammer zur Überzeugung, daß die angehängten Zusatzmerkmale entweder aus dem zitierten Stand der Technik bekannt sind, wie z. B. das Versteifungselement der in Figuren 8 bis 10 der D4 gezeigten Wellrippe, oder für den Fachmann geläufige konstruktive Maßnahmen zur Optimierung des Luftströmungswiderstandes und der Festigkeit des Versteifungselements darstellen, ohne in Kombination mit den übrigen Anspruchsmerkmalen einen überraschenden synergistischen Effekt und/oder erfinderisches Zutun erkennen zu lassen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist somit mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
4. Mit den unabhängigen Ansprüchen gemäß gestellten Anträgen fallen auch die von diesen abhängigen Ansprüchen, da über jeweiligen Antrag nur in seiner Gesamtheit entschieden werden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.