T 0805/98 () of 8.1.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T080598.20020108
Datum der Entscheidung: 08 Januar 2002
Aktenzeichen: T 0805/98
Anmeldenummer: 94120641.9
IPC-Klasse: B23K 9/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bolzen
Name des Anmelders: DEMMELER MASCHINENBAU GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: "PROCON" Project Consulting, Maschinenanlagen- und
Industrieanlagenbau Gesellschaft m.b.H.
PROCON Project Consulting Maschinen und Anlagen Ges.mbH
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Änderungen - ja
Neuheit - ja
Erfinderische Tätigkeit - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 15. Juli 1992 unter Inanspruchnahme dreier deutscher Prioritäten vom 15. November 1991 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 94 120 641.9 wurde das europäische Patent Nr. 0 647 496 erteilt.

II. Gegen die Patenterteilung wurde von der Beschwerdeführerin (Einsprechende 1) und einer weiteren Einsprechenden (Einsprechende 2) Einspruch eingelegt. Beide beantragten den Widerruf des Patents, gestützt auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ, und führten zur Begründung aus, der Gegenstand des angegriffenen Patents sei weder neu noch beruhe er auf erfinderischer Tätigkeit, insbesondere in Anbetracht des aus den Dokumenten

D1: US-A- 563 435

E1: US-A-4 834 600

E2: US-A-1 923 025

E3: US-A-4 681 495

E4: Prospekt der Fa. Jergens Inc., 1991, "Ball lock mounting system"

bekannten Standes der Technik.

III. Die Einspruchsabteilung hielt das Patent mit ihrer in der mündlichen Verhandlung am 24. April 1998 verkündeten Entscheidung in geändertem Umfang aufrecht. Die schriftlichen Entscheidungsgründe wurden am 15. Juni 1998 zur Post gegeben.

Die Einspruchsabteilung kam zu dem Ergebnis, daß unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen das europäische Patent im Vergleich mit dem entgegengehaltenen Stand der Technik den Erfordernissen des EPÜ genüge.

IV. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beschwerdeführerin am 8. August 1998 beschwert, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und mit der am 15. Oktober 1998 eingereichten Beschwerdebegründung ihren Antrag auf Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit weiter verfolgt.

V. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 14. September 2001 auf Diskussionsbedarf der erfinderischen Tätigkeit hingewiesen, insbesondere im Hinblick auf den Offenbarungsgehalt der E4 aus fachmännischer Sicht.

VI. Am 8. Januar 2002 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) vertreten waren.

Die am 30. November 2001 durch öffentliche Zustellung ordnungsgemäß geladene Einsprechende 2, deren Vertreter mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 das Erlöschen der Vollmacht seit November 1998 mitgeteilt hatte, war nicht anwesend.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 647 496.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, das Patent in geänderter Fassung aufrecht zu erhalten gemäß den Patentansprüchen 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie den ebenfalls in der mündlichen Verhandlung eingereichten angepaßten Unterlagen (Beschreibung Seite 1, Figuren 7 und 8 sowie den übrigen Unterlagen gemäß Zwischenentscheidung).

Der Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

"Bolzen (81) zum lösbaren Verbinden eines mit Durchgangsbohrungen oder dergleichen versehenen Bauteils (82, 83) mit einem weiteren ebenfalls mit Durchgangsbohrungen versehenen Bauteil, wie z.B. einem Tisch, wobei die Durchgangsbohrungen im Querschnitt kreisförmig oder langlochförmig ausgebildet sind und zylindrische oder parallele Wände aufweisen, wobei der Bolzen (81) ein Bolzengehäuse (86) aufweist und mit einer axial verlaufenden Gewindespindel (95) versehen ist, welche drehfest mit einem nach außen herausgeführten Handgriff (84) verbunden ist, welcher als äußeres Spannmittel vorgesehen ist, wobei die Gewindespindel (95) an ihrem anderen Ende mit einem zylinderförmigen Teil (97) versehen ist, welcher an Verhakungsmitteln angreift, wobei beim Hereindrehen der Gewindespindel (95) in das Bolzengehäuse (86) die Verhakungsmittel (91) in radialer Richtung aus dem Bolzen (81) herausgedrückt und dann vom zylinderförmigen Teil (97) in dieser Position gehalten werden, wobei das Bolzengehäuse (86) mit einer Umfangsnut (87) versehen ist, in welche ein Gummiring (88) oder dergleichen eingelegt ist, der beim Drehen des Handgriffs ein Bremsmoment zwischen Bolzengehäuse (86) und Durchgangsbohrung ausübt, wobei als Verhakungsmittel Kugeln (91) vorgesehen sind, welche in radialen Bohrungen (89) des Bolzengehäuses (86) gelagert sind, und wobei die radialen Bohrungen (89) zur Aufnahme der Kugeln (91) an ihrer Gehäuseaußenseite wenigsten punktförmig angestaucht sind (90)."

VII. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, daß E4 auch eine Interpretation zulasse, wonach die Spindel mit dem Griffteil verbunden sei. Jedenfalls aber werde der Fachmann auf dem Gebiet der Verbindungstechnik durch E1 angeregt, deren Lösung mit E4 zu kombinieren.

Da der Gegenstand des Anspruchs 1 lediglich durch eine Aggregation von Merkmalen charakterisiert sei, die aus E1, D1, E2 oder E3 bekannt seien und sich dem Fachmann für den jeweiligen Zweck anböten, sei zum Auffinden der beanspruchten Lösung keine erfinderische Tätigkeit erforderlich. So sei ausgehend von E4, die bereits Kugeln als Verhakungsmittel offenbare, die Verbindung des Handgriffs mit der Spindel und das Aufbringen eines Bremsmomentes zwischen Bolzen und Durchgangsbohrung durch E1 nahegelegt, das Halten der Kugeln als Verhakungsmittel durch ein zylinderförmiges Teil gehe aus D1 oder E2 hervor und das Anstauchen der radialen Bohrungen zur Aufnahme der Kugeln sei in E3 vorbeschrieben.

VIII. Die Beschwerdegegnerin legte in der Verhandlung einen Befestigungsbolzen vor, der nach ihrer Angabe entsprechend dem der E4 entnehmbaren Prinzip arbeite. Im Gegensatz zu einem solchen Befestigungsbolzen könne der Bolzen nach der Erfindung in vorteilhafter Weise mit nur einer Hand betätigt werden.

Sie trug weiter vor, E1 könne nicht zur Erfindung führen, weil sie sich mit einem Befestigungsdübel befasse, welcher gattungsfremd zu dem beanspruchten Bolzen sei, einem klar als solches erkennbarem Maschinenbauteil. Daher werde der Fachmann eine Kombination von E4 und E1 nicht in Betracht ziehen. Selbst wenn einzelne Merkmale des Bolzens nach Anspruch 1. aus den verschiedenen Dokumenten D1, E2 und E3 bekannt seien, so seien sie zumindest im beanspruchten Zusammenwirken nirgends offenbart.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Vorschriften der Artikel 106 bis 108 EPÜ und ist auch im übrigen zulässig.

2. Änderungen

Gegen die formale Zulässigkeit der Änderungen wurden von der Beschwerdeführerin keine Einwände erhoben.

Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die in den erteilten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale in den ursprüngleich eingereichten Anmeldeunterlagen und im erteilten Patent im jeweiligen Zusammenhang offenbart sind (Patentschrift Spalte 2, Zeilen 10 bis 13 und 36 bis 39; Spalte 4, Zeilen 33 bis 36; Spalte 5, Zeilen 6 bis 11; Anmeldeunterlagen Seite 3, 2. Absatz; Seite 4, 1. Absatz; Seite 7, 2. Absatz, 3. Satz; Seite 8, 2. Absatz, 1. Satz).

Diese zusätzlich eingefügten Merkmale bedeuten gleichzeitig eine Einschränkung des Schutzbereiches, so daß die Anforderungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllt sind.

Auch die abhängigen Ansprüche sowie die geänderte Beschreibung und Zeichnung geben keinen Anlaß zu formalen Beanstandungen.

3. Neuheit

Die Neuheit des Bolzens gemäß dem geltenden Anspruch 1 wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin nicht mehr in Frage gestellt. Auch die Kammer ist zu dem Ergebnis gelangt, daß keine der entgegengehaltenen Schriften einen Bolzen mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 offenbart (Artikel 54 (1) EPÜ).

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Der nächstkommende Stand der Technik wird durch E4 repräsentiert. Dieser Prospekt der Firma Jergens Inc. zeigt einen Spannbolzen eines Verriegelungs-Verbindungs-Systems (Ball Lock Mounting System) zum lösbaren Verbinden eines mit Durchgangsbohrungen oder dergleichen versehenen Bauteils (Fixture Plate) mit einem weiteren ebenfalls mit Durchgangsbohrungen versehenen Bauteil (Sub Plate), wobei die Durchgangsbohrungen im Querschnitt kreisförmig ausgebildet sind und zylindrische Wände aufweisen (Seite 2 links), wobei der Bolzen ein Bolzengehäuse aufweist und mit einer axial verlaufenden Gewindespindel versehen ist, wobei beim Hereindrehen der Gewindespindel in das Bolzengehäuse Kugeln als Verhakungsmittel in radialer Richtung aus dem Bolzen herausgedrückt werden, welche in radialen Bohrungen (89) des Bolzengehäuses (86) gelagert sind (Seiten 1 und 4).

4.2. Ausgehend von diesem Bolzen ist als Aufgabe angegeben (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 22 bis 25), einen Bolzen zu schaffen der auf einfache Weise und mit wenigen Handgriffen zwei Bauteile sicher miteinander verbindet.

4.3. Zur Lösung dieses technischen Problems ist vorgesehen, daß

- die Gewindespindel drehfest mit einem nach außen herausgeführten Handgriff verbunden ist, welcher als äußeres Spannmittel vorgesehen ist,

- wobei die Gewindespindel an ihrem anderen Ende mit einem zylinderförmigen Teil versehen ist, welcher an den Verhakungsmitteln angreift, die dann vom zylinderförmigen Teil in dieser Position gehalten werden,

- wobei das Bolzengehäuse mit einer Umfangsnut versehen ist, in welche ein Gummiring oder dergleichen eingelegt ist, der beim Drehen des Handgriffs ein Bremsmoment zwischen Bolzengehäuse und Durchgangsbohrung ausübt

- und wobei die radialen Bohrungen zur Aufnahme der Kugeln an ihrer Gehäuseaußenseite wenigsten punktförmig angestaucht sind.

4.4. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Kammer der Überzeugung, daß E4 bei objektiver Betrachtungsweise nur eine Interpretation bezüglich einer drehfesten Verbindung des geriffelten Handgriffs mit der Gewindespindel zuläßt.

Wie die Darstellungen auf den Seiten 1 und 4 zeigen, haben die sichtbaren Öffnungen in den unteren Darstellungen denselben Durchmesser wie die Spindel, der abgebildete Sechskantschlüssel weist dagegen einen wesentlich kleineren Querschnitt auf. Daher kann aus fachmännischer Sicht die Spindel nur als Madenschraube ausgebildet und durch das geriffelte Teil hindurchgeschraubt sein. Der ringförmige dunkle Absatz zwischen zylindrischem Teil des Bolzens und Riffelteil in den oberen Darstellungen ist offensichtlich der Schatten eines üblichen Freistiches. Die Maßangaben auf Seite 3 mit den engen Toleranzen in Axialrichtung im Zusammenhang mit der jeweils unteren Darstellung auf den Seiten 1 und 4 weisen außerdem darauf hin, daß die Bolzenlänge sehr genau auf die Tiefe der Abstützschulter für die Sperrkugeln abgestimmt sein muß, was dann nicht erforderlich wäre, wenn ein an der Spindel befestigter Handgriff über einen größeren Längenbereich verschraubbar wäre. Die Kammer ist daher überzeugt, daß das geriffelte zylindrische Teil einstückig mit dem Bolzengehäuse ausgebildet ist und daß der Fachmann in Anbetracht der Offenbarung der E4 zumindest nicht in Richtung einer Auslegung im Sinne der Beschwerdeführerin geführt wird.

Wegen dieser unterschiedlichen Konstruktion kann der aus E4 bekannte Bolzen dem Fachmann keine Anregung liefern, das geriffelte Teil vom Gehäuse zu trennen und stattdessen drehfest mit der Gewindespindel zu verbinden.

4.5. In Bezug auf die Funktion des in einer Nut liegenden Ringes der E4 stimmt die Kammer mit der Auffassung der Beschwerdeführerin insoweit überein, als dieser Ring offensichtlich dazu dient, das Herausfallen der Sperrkugeln zu verhindern. Der Außendurchmesser des Ringes ist jedoch ersichtlich kleiner als der zylindrische Bolzen, so daß nicht erkennbar ist, wie er ein Bremsmoment zwischen Bolzengehäuse und Durchgangsbohrung aufbringen könnte. Für die Funktionsweise dieses Bolzens ist jedenfalls ein reibschlüssiges Festhalten des Bolzengehäuses in der Bohrung nicht erforderlich, weil der Bolzen am geriffelten Griffteil festgehalten werden kann, während die Gewindespindel mit einem Sechskantschlüssel angezogen wird.

Somit kann E4 weder einen Anstoß dazu geben, ein Mitdrehen des Bolzengehäuses mittels eines Gummirings oder dergleichen in der Durchgangsbohrung zu verhindern noch die radialen Bohrungen von außen anzustauchen, weil die Kugeln ja bereits vom Ring am Herausfallen gehindert werden.

4.6. Nach Meinung der Beschwerdeführerin greift der Fachmann für Verbindungstechnik bei der angegebenen Problemstellung ohne weiteres die E1 auf und wendet deren Lösung beim Bolzen nach E4 an. Dieser Auffassung kann die Kammer nicht folgen.

Betrachtet der Fachmann die Zeichnungen der E1 und liest die Beschreibungseinleitung dieser Entgegenhaltung, so ergibt sich für ihn eindeutig, daß es hier um einen Befestigungsdübel im Dachdecker- und Baubereich geht. Zwar kann man dieses Befestigungselement auch als Bolzen zum lösbaren Verbinden eines mit Durchgangsbohrungen oder dergleichen versehenen Bauteils mit einem weiteren ebenfalls mit Durchgangsbohrungen versehenen Bauteil bezeichnen, jedoch kann die Mutter 12 mit den angeformten nachgiebigen Beinen 26 aus fachmännischer Sicht nicht als ein Bolzengehäuse identifiziert werden, da diese Einheit nur die Funktion eines Spreizdübels hat. Auch ist der Befestigungskopf (upper plate member 44) nicht ohne weiteres mit einem Handgriff gleichzusetzen, auch wenn es beim Einsetzen des Befestigungselementes in das Loch theoretisch möglich ist, die Spindel durch Drehen des Kopfes anzutreiben. In erster Linie dient der Kopf aber offensichtlich als Halteelement, und die Spindel wird durch einen in die Polygonöffnung (tool engaging hole 46) einsetzbaren Schlüssel bewegt.

Deshalb gehört das Befestigungselement der E1 - technisch gesehen - einer anderen Gattung an als das Maschinenbauteil des Patents und ist nur unter rückschauender Betrachtungsweise mit einem solchen gleichzusetzen. Wegen der aufgezeigten Unterschiede liegt es daher für den Fachmann nicht nahe, einzelne Merkmale des Befestigungselementes der E1 aus dem funktionalen Zusammenhang zu lösen und mit isolierten Lösungsmitteln des Bolzens nach E4 zu kombinieren, zumal bei E1 wegen des Fehlens eines Bolzengehäuses in diesem Sinne eine Anordnung von Kugeln als Verhakungsmittel in radialen Bohrungen des Gehäuses nicht realisierbar ist. Im übrigen ist auch das Erzeugen eines Bremsmomentes durch die Dichtung 62, wie die Beschwerdeführerin meint, äußerst fraglich, denn offensichtlich wird der Dübel mit seinem konischen Teil so weit in die Unterplatte 20 eingeschoben, bis er dort klemmt und somit ein Mitdrehen des Dübels beim Einschrauben der Spindel verhindern kann (Figur 9). Aus diesen Gründen kann E1 bei fachmännischer Betrachtung keine Anregung zur Ausgestaltung des Bolzens nach Anspruch 1 geben.

4.7. D1 zeigt und beschreibt zwei alternative Ausführungsformen eines Verbindungsbolzens. Nach der in den Figuren 1 und 2 gezeigten Alternative werden die Kugeln in schräg ansteigenden Schlitzen 16 in der Büchse 11. durch Anziehen der Schraube 10 nach außen gedrückt. Ein Eingriff der Kugeln mit dem zylindrischen Teil der Büchse nach Auslauf der Schlitze ist jedoch nicht möglich, da nach Figur 2 die Büchse 11 mit ihrem linken Ende schon fast an dem die Kugeln tragenden Gehäuse 13 anschlägt und deshalb ein weiteres Anziehen der Schraube nicht möglich ist. Die Verdrehsicherung erfolgt hier durch die Kugeln 15 selbst, die in Radialbohrungen 14 des Gehäuses geführt sind.

Nach der Beschreibung (Seite 1, Zeilen 110 bis 120) kann die Büchse 11 mit der Schraube 10 als einstückig ausgebildet sein, sozusagen als "Spindel", und die Kugeln werden beim Zusammenschrauben nicht in ansteigenden Nuten, sondern auf einer durchgehend konischen Fläche nach außen gedrückt. In diesem Fall muß eine mechanische Verdrehsicherung zwischen dem hinteren (linken) zu befestigenden Teil 19 und dem Gehäuse 13 vorhanden sein.

Weder kann eine dieser Varianten eine Anregung vermitteln, einen zylindrischen Teil der Spindel an den Kugeln angreifen zu lassen, noch dazu, in dem die Kugeln tragenden Gehäuse eine Umfangsnut auszubilden, in welche ein Gummiring oder dergleichen eingelegt ist, der beim Drehen der Schraube oder Spindel ein Bremsmoment gegenüber der Durchgangsbohrung ausübt. Zu dem Bolzen mit der Merkmalskombination des Anspruchs 1 und der damit erzielbaren einfachen Handhabung bei gleichzeitiger Längenvariabilität kann das Befestigungselement nach D1 dem Fachmann deshalb keinen Hinweis geben.

4.8. Die Druckschriften E2 und E3 befassen sich mit Sperrbolzen, bei denen ein zylinderförmiger Teil einer Spindel in radialen Bohrungen eines Gehäuses liegende Kugeln in radialer Richtung herausdrückt und die Kugeln dann in dieser Position hält (E2: Figur 2; E3: Figur 3), wobei die Bohrungen zum Halten der Kugeln in der losen Stellung von außen angestaucht sind. Diese dem Fachmann an sich bekannten Sperrmechanismen dienen einerseits der Verriegelung eines Absperrventils gegen unbefugte Betätigung und andererseits zum unlösbaren Blockieren einer Schraube in einer Gewindebohrung.

Das zylindrische Teil der E2 wird durch eine Feder in die Verriegelungsstellung belastet und kann erst durch Einschrauben eins passenden Gewindeschlüssels in die Entriegelungsstellung gebracht werden. Eine Gewindespindel ist ebensowenig vorhanden wie ein mit der Spindel drehfest verbundener Handgriff. Außerdem dient dieser Bolzen nicht der lösbaren Verbindung von Bauteilen, denn die miteinander zu verriegelnden Teile sind bereits gelenkig verbunden und sollen nur gegen Verdrehen gesichert werden. Aufgrund des unterschiedlichen Wirkungsprinzips zur Anwendung bei einer andersgearteten Problematik hat der Fachmann keinen Anlaß, ein einzelnes Merkmal aus der Kombination der E2 zu isolieren, um es bei einer technisch verschiedenen Bauart zu verwenden.

Noch weniger kann die Verriegelung der E3 zum Bolzen nach Anspruch 1 hinführen, weil es sich dort nicht um eine lösbare Verbindung, sondern um den dauerhaften Verschluß eines Behälters im Nuklearbereich handelt.

Die weiteren, von der Beschwerdeführerin nicht wieder aufgegriffenen Druckschriften des Standes der Technik liegen vom beanspruchten Gegenstand eindeutig weiter entfernt als die vorstehend diskutierten Entgegenhaltungen und stellen daher die erfinderische Qualität des beanspruchten Bolzens ebenfalls nicht in Frage.

4.9. Da somit der Bolzen nach Anspruch 1 weder durch eine naheliegende Kombination verschiedener Druckschriften des Standes der Technik auffindbar war noch erkennbar oder dargelegt worden ist, wie der Fachmann allein durch Anwendung des durchschnittlichen fachlichen Wissens und Könnens zur beanspruchten Lösung hätte gelangen können, beruht die Lehre des Patentanspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit. Zusammen mit dem Anspruch 1 können die Patentansprüche 2 bis 8, die weitere Ausgestaltungen der Erfindung enthalten, ebenfalls aufrecht erhalten werden (Artikel 56 und 52 (1) EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Maßgabe, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

- Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung Seite 1 und Figuren 7 und 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Spalte 1, Zeile 11 bis Spalte 5 sowie Figuren 1 bis 6. gemäß Zwischenentscheidung.

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