European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T076198.20021001 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 01 October 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0761/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92200830.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01L 13/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kompensiertes Differenzdruckmeßgerät | ||||||||
Name des Anmelders: | ENVEC Mess- und Regeltechnik GmbH + Co. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | ROSEMOUNT INC. | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. In einer Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung wurde festgestellt, daß unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin (= Beschwerdegegnerin) vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 508 517 (Anmeldenummer 92 200 830.5, Prioritätdatum 29.03.1991) und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen. Gegen diese Entscheidung wurde von der Einsprechenden (= Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt und eine mündliche Verhandlung hilfsweise beantragt. Das Patent betrifft ein Differenzdruckmeßgerät.
II. In der Entscheidung wurden unter anderem die folgenden Druckschriften genannt:
D1 US-A-4 531 415
D2 US-A-4 598 381
D3 US-A-4 549 180
D4 DE-A-35 04 329
D5 US-A-4 389 895
D7 US-A-5 163 326 (Veröffentlichungsdatum 17.11.92)
D8 GB-A-961 852
Von der Beschwerdeführerin wurde die folgende Druckschrift mit der Beschwerdebegründung eingereicht:
D9 "Elektrische Meßtechnik", E. Schrüfer, Carl Hanser Verlag, 3. Auflage, 1988, Seiten 430-432.
III. Die Einspruchsabteilung stellte fest, daß das beanspruchte Differenzdruckmeßgerät mit einer nicht errechneten, direkten Mittelwertmessung des Prozeßdrucks nicht aus dem Stand der Technik herzuleiten sei. Keine der ihr vorliegenden Druckschriften weiche von der üblichen Praxis ab, nur einen der anliegenden Drücke zur Kompensation einzusetzen.
IV. Der Standpunkt der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:
i) Anträge
Widerruf des Patents.
ii) Argumentation
Den Druckschriften D1 und D4 seien alle Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 mit Ausnahme des zusätzlichen Drucksensors zu entnehmen. Den Druckschriften D2 und D3 seien eine Differenzdruckmeßvorrichtung mit einem zusätzlichen Drucksensor nach Art des Anspruchs 1 sowie eine dazugehörende Schaltung zu entnehmen, wobei der Sensor gemäß der Druckschrift D2 physikalisch mit dem Gehäuse der Vorrichtung gekoppelt sei (vgl. Spalte 6, Zeilen 33 bis 35 oder den Anspruch 14). Somit werde der Anspruchsgegenstand durch eine Kombination dieser Druckschriften nahegelegt. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Platz, der geeignet sei, den Sensor anzubringen, nicht an der Membran sein könne. Somit sei für den Fachmann die Mantelfläche des aus der Druckschrift D4 bekannten Differenzdruckmessers der naheliegendste Ort. Ein Sensor am Gehäuse des Differenzdruckmessers messe natürlich "unmittelbar" den inneren Druck. Die Begriffe "Prozeßdruck" und "statischer Druck" seien austauschbar und seien Prozeßvariablen im Sinne der Druckschrift D3. Auch die Druckschrift D7 belege, daß der statische Druck als der Durchschnittswert von PH und PL definiert werde, d.h. ein Mittelwert sei. Dem Streitpatent könne keine Lehre entnommen werde, die irgendwie auf eine besondere Montagestelle oder Geometrie für den Sensor deute, die mit der Mittelwertbestimmung zusammenhängen könnte. Eine unmittelbare Messung werde im Streitpatent ohnehin nicht gemacht, da kein unmittelbarer Kontakt zwischen der Prozeßflüssigkeit und dem zusätzlichen Sensor bestehe.
Gehe man von der Druckschrift D2 aus, so sei darin bereits ein kapazitiver Differentialdrucksensor beschrieben (am Ende der siebten Spalte), bei welchem der Referenzdruck mit einem separaten Sensor gemessen werde. Es verbleibe damit nur noch die Aufgabe, einen spezifischen kapazitiven Differenzdrucksensor auszuwählen. Es sei naheliegend, dafür auf die Druckschrift D4 zurückzugreifen, da diese Vorrichtung relativ leicht zu realisieren sei und der Fachmann immer auf der Suche nach Vereinfachungen sei. Es sei somit naheliegend, ein Differenzdruckmeßgerät gemäß der Druckschrift D4 mit einem zusätzlichen Sensor zu versehen, wie sich dies aus der Druckschrift D2 ergebe.
Es sei auch klar, daß der zusätzliche Sensor gemäß der Druckschrift D2 den internen Druck messe, der nur der mittlere Druck, d. h. der Prozeßdruck sein könne. Der vorliegende Patentgegenstand könne daher nicht durch die "Feststellung", PS = 0.5(P1+P2), patentierbar gemacht werden. In diesem Zusammenhang sei eine "direkte" Messung des Prozeßdrucks Teil des Grundwissens des Fachmanns (vgl Druckschrift D2, Spalte 1, Zeilen 40 bis 42 oder D8, Seite 1, Zeilen 33 bis 44) und stelle kein erfinderisches Merkmal dar. Auch aus der Druckschrift D9 sei es klar, daß der Begriff "statischer Druck" den Wirkdruck (Process pressure oder Differenzdruck) einschließe.
V. Der Standpunkt der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:
i) Anträge
Zurückweisung der Beschwerde.
ii) Argumentation
Weder eine Mittelwertbildung eines Prozeßdrucks noch eine unmittelbare Erfassung von diesem sei im Stand der Technik vorgesehen. Gemäß der Druckschrift D2 werde der erste Druck gemessen, eine Mittelwertbildung werde nicht angeregt. Die Druckschrift D3 beschäftige sich mit der Auswerteelektronik, der erste Druck werde an einer nicht näher spezifizierten Stelle ("pressure pipe) abgegriffen. Es werde nicht erklärt, wie die Abgriffstelle zu wählen sei oder welche Abgriffgeometrie die Abgriffstelle habe. Der Anspruchsgegenstand könne sich daraus somit nicht ergeben. In der Spalte 7 der Druckschrift D2 werde mit Hinweis auf die Kammern 39C, 40C offensichtlich ein klassischer Rosemount-Sensor beschrieben, es wäre somit abwegig die Druckschrift D4 in Betracht zu ziehen. Es sei zu unterstreichen, daß die Druckschrift D2 ein kompaktes einstückiges Gerät betreffe, ohne zylindrischen Körper gemäß dem Patent. Außerdem bedeute ein thermischer Kontakt, wie er in der Druckschrift D2 für den Temperatursensor erwähnt sei (Anspruch 15), nicht zwangsläufig auch eine physikalische Kopplung des Drucksensors. Weiterhin könne Anspruch 16 der Druckschrift D2 nicht bedeuten, daß der Speicher einem mechanischen Druck auszusetzen sei.
iii) Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 lautet wie folgt:
Differenzdruckmeßgerät (10)
- mit einer aus Metalloxid-Keramik bestehenden, flüssigkeitsgefüllten Einkammer-Differenzdruckmeßzelle (11)
- mit einem zylindrischen Körper (14) und
- mit an dessen stirnseitigen Oberflächen angeordneten Membranen (15,16), die jeweils Schichtelektroden (23,25;22,24) zur Bildung eines ersten und eines zweiten Meßkondensators (30,31) tragen, deren Kapazitäten sich mit der zu erfassenden Differenz eines ersten Druckes (P1) und eines zweiten Druckes (P2) dem Differenzdruck, gegensinnig sowie mit der Temperatur und mit dem anstehenden vom ersten und vom zweiten Druck bewirkten Prozeßdruck Ps=0,5(P1+P2) ändern,
- mit einer Auswerteschaltung (12) zur Umwandlung der Meßsignale und Berechnung des Differenzdrucks unter Berücksichtigung einer Temperaturkorrekturgröße,
- mit einem der unmittelbaren Messung (14) des Prozeßdrucks Ps dienenden zusätzlichen Sensor (13), der an der Mantelfläche des Körpers (14) angeordnet und mit der Auswerteschaltung (12) verbunden ist, welche eine Korrekturgröße daraus ableitet und zusammen mit der Temperaturkorrekturgröße und den Meßsignalen der Meßkondensatoren (30,31) ein vollständig fehlerkorrigiertes Differenzdrucksignal ausgangsseitig erzeugt.
VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den in Regel 65 (1) EPÜ genannten Bedingungen und ist somit zulässig.
2. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)
Die während des Einspruchverfahrens eingefügte Formel Ps=0,5(P1+P2) ist in Zeile 20 von Spalte 7 der "A" Veröffentlichung zu finden und stellt auch eine Einschränkung des Anspruchs 1 dar. Somit bestehen seitens der Kammer keine Bedenken im Sinne des Artikels 123 EPÜ gegen die vorgenommene Änderung.
3. Stand der Technik
Druckschrift D1
Ein keramischer Differenzdrucksensor besteht aus einem zylindrischen Grundkörper 1 (vgl. Figur 1), auf dessen Stirnflächen zwei elastische Membranen 2 und 3 mit Glaslot in Form von Distanzringen 4 und 5 befestigt sind. Die so gebildeten Hohlräume sind miteinander gekoppelt und mit einer Flüssigkeit gefüllt. Der Grundkörper und die dem Grundkörper zugewandten Seiten der Membranen tragen Schichtelektroden, die Kondensatoren bilden. Wenn auf die Membran 3 ein größerer Druck als auf die Membran 2 einwirkt, nimmt der Grad der Ausbauchung der Membran 3 ab und die Ausbauchung der Membran 2 vergrößert sich. Dies führt zu Veränderungen der Kapazitäten, aus denen der auf die Membranen einwirkende Differenzdruck ermittelt wird.
Druckschrift D2
Figur 2 zeigt einen Differenzdrucksensor 10. Ein erster statischer Druck 12 und ein zweiter "pitot" Druck 14 werden erfaßt und der erste Druck wird auch einem am Gehäuse des Differenzsensors 10 physikalisch gekoppelten Referenzsensor 26 zugeführt (vgl. Spalte 6, Zeilen 33 bis 35). Der Referenzsensor, beispielsweise ein Festkörper- oder Piezosensor, wird dazu verwendet, unterschiedliche Ergebnisse für den gleichen Differenzdruck in unterschiedlichen Druckbereichen zu korrigieren. Ein Temperatursensor 34 ist derart physikalisch angekoppelt, daß ein intimer thermischer Kontakt mit dem Differenzdrucksensor 10 und dem Referenzdrucksensor 26 besteht. In Spalte 7, Zeilen 43 wird auch Bezug auf kapazitive Drucksensoren genommen und zwar derart, daß eine Membran 21 (vgl. Figur 5) ihre Stellung infolge des Differenzdrucks verändert. Die Kondensatorplatten sind auf gegenüberliegenden Seiten der Membran angeordnet. Weiterhin wird gemäß dem Anspruch 16 ein Speichermittel mit dem Differenzdrucksensor gekoppelt. Gemäß Zeilen 63 bis 67 in Spalte 5 ist die bevorzugte Form dieses Speichermittels ein ROM-Speicher.
Die Darstellung des Sensors gemäß der Druckschrift D2 beschränkt sich im wesentlichen auf funktionelle Aspekte, wobei lediglich in der Figur 5 auf konstruktive Einzelheiten des Sensors unter Hinweis auf andere weiterführende Literaturstellen, so etwa die in der Spalte 5 angegebene Druckschrift D5, eingegangen wird. Im schematischen Blockschaltbild (Figur 1) ist der Referenzsensor 26 unterhalb des Differenzdrucksensors 10 angeordnet.
Druckschrift D3
Hier ist ein primärer Sensor 10 zur Messung beispielsweise von Differenzdrücken sowie ein sekundärer Sensor 13 zur Messung beispielsweise des statischen Drucks vorgesehen (vgl. Figur 1). Fehler in der Primärprozeßvariable können mit Hilfe der gemessenen Sekundärprozeßvariable berichtigt werden (vgl. beispielsweise Spalte 5, Zeilen 31 bis 34).
Auch die Darstellung des Sensors gemäß der D3 ist lediglich funktioneller Art, wobei auf konstruktive Einzelheiten des Sensors nicht eingegangen wird.
Druckschrift D4
Ein Einkammerdifferenzdrucksensor 1 (vgl. Figur) besteht aus einem keramischen Grundkörper 2, in den ein durchgehender Kanal 3 eingearbeitet ist. Auf zwei Seiten des Grundkörpers 2 sind ebenfalls aus Keramik bestehende Membranen 4 und 5 befestigt. Die Membranen 4 und 5 bilden mit dem Grundkörper 2 einen geschlossenen Hohlraum, der mit einer inkompressiblen Flüssigkeit gefüllt ist. Die Innenseiten der Membranen 4 und 5 sind mit Schichtelektroden belegt, die mit auf den gegenüberliegenden Seiten des Grundkörpers 2 aufgebrachten weiteren Schichtelektroden Meßkondensatoren Cl und C2 bilden. Die Schichtelektroden der Meßkondensatoren C1 und C2 sind mit Meßschaltungen 6 und 7 verbunden, welche die Kapazitäten der Meßkondensatoren C1 und C2 erfassen und Signale erzeugen, deren Werte der reziproken Kapazität des jeweiligen Meßkondensators entsprechen. Die von den Meßschaltungen 6 und 7 erzeugten Signale werden einerseits einem Subtrahierglied 8 zur Bildung von Druckmeßwerten aus der Differenz der reziproken Kapazitätswerte der Meßkondensatoren C1 und C2 und andererseits einem Summierer 9 zur Bildung von Temperaturmeßwerten aus der Summe der reziproken Kapazitätswerte der Meßkondensatoren C1 und C2 zugeführt. Die Druckmeßwerte entsprechen hierbei näherungsweise der Differenz der auf die Membranen 4 und 5. einwirkenden Drücke P1 und P2, während die Temperaturmeßwerte näherungsweise der Temperatur der im Einkammerdifferenzdrucksensor befindlichen Flüssigkeit entsprechen.
Druckschrift D5
Ein Sensor 10 (vgl. Figur 1) weist eine Membran 12, eine Referenzplatte 14 und Abstandshalter 16 auf. Ein Referenzdruck wirkt auf eine Seite der Membran und der zu messende Druck auf deren andere Seite. Eine Auslenkung der Membran führt zu einer Änderung der zwischen 12 und 14 gemessenen Kapazitätswerte, wodurch der Druck ermittelt werden kann.
Druckschrift D8
Diese Druckschrift beschreibt ein Druckgefäß, bei dem der Druck Änderungen des elektrischen Widerstands des Gefäßmaterials verursacht. Der Druck kann durch diese Änderung ermittelt werden. Zur Herstellung von solchen Druckwandlern sind verschiedene Werkstoffe, beispielsweise Halbleiter, geeignet.
Druckschrift D9
Die Drücke P1 und P2 in einer Rohrleitung mit verengtem Querschnitt (vgl. Figur 7.13) werden beide als "statischer Druck" bezeichnet. Die Differenz liefert den Wirkdruck.
4. Nachveröffentlichte Druckschrift D7
Gemäß Spalte 1, Zeilen 25 bis 27 dieser Druckschrift teilt eine Membran eine Kammer in zwei Hohlräume. Dem Absatz ab Zeile 51 dieser Spalte kann entnommen werden, daß der Differenzdruck zwischen den Drücken PH bzw. PL in den zwei Hohlräumen PH-PL ist. Der statische Druck wird manchmal als der Durchschnittswert von PH und PL definiert, kann aber auch als PH oder PL allein definiert werden.
5. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
Weder der Druckschrift D1 noch der Druckschrift D4 ist ein an der Mantelfläche des die Differenzdruckzelle bildenden Körpers angeordneter, der unmittelbaren Messung des Prozeßdrucks dienender Sensor zu entnehmen. Weder der Druckschrift D2 noch der Druckschrift D3 sind konstruktive Einzelheiten eines Einkammerdifferenzdrucksensors zu entnehmen.
Die anderen zum Stand der Technik gehörenden Druckschriften liegen weiter vom Anspruchsgegenstand entfernt. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
6.1. In Übereinstimmung mit den Parteien sieht die Kammer die Druckschrift D4 als nächstkommenden Stand der Technik an, da auch sie eine Einkammerdifferenzdruckmeßzelle betrifft. Die durch die neuen Merkmale des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, ein Gerät dieser Bauart in Bezug auf Fehlerkorrektur, insbesondere im Hinblick auf den Prozeßdruck, weiter zu verbessern. Alternativ würde sich die gleiche Aufgabe auch mit der Druckschrift D1 als Ausgangspunkt stellen.
Fehlerkorrektur wird sowohl in der Druckschrift D2 als auch in der Druckschrift D3 diskutiert. Es werden dazu zusätzliche Sensoren verwendet. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Fachmann die betreffenden Lehren kombiniert hätte, um so zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
6.2. Wichtig in diesem Zusammenhang scheint der Kammer, daß der in der Druckschrift D2 erwähnte Begriff "physikalisch gekoppelt (= physically coupled)" nicht nur für die Verbindung zwischen dem zusätzlichen Drucksensor und dem Differenzdrucksensor (Anspruch 14), sondern auch für die Verbindung zwischen dem Speichermittel, beispielsweise in Form eines ROM-Chips, und dem Differenzdrucksensor (Anspruch 16) verwendet wird. Ein ROM stellt wohlgemerkt keinen Meßwertaufnehmer dar, sondern bildet einen Teil der elektronischen Datenverarbeitungsschaltung. Da dem Fachmann bekannt ist, daß mechanische Kräfte solche Teile beschädigen können, erachtet es die Kammer als nicht für glaubhaft, daß der Fachmann den genannten Begriff im Sinne einer beabsichtigten unmittelbaren Druckerfassung auslegen würde. Somit würde er den gleichen Begriff auch nicht in Zusammenhang mit dem zusätzlichen Drucksensor am Gehäuse als unmittelbare Druckerfassung verstehen. Weiterhin können auf Grund der schematischen Darstellung aus den Positionen der Komponenten in der Blockschaltung der Figur 1 keine Schlußfolgerungen in Bezug auf die mechanischen Kräfte zwischen den realen Komponenten gezogen werden. Somit erschöpft sich eine Kombination der Lehren der Druckschrift D4 oder D1 mit der Lehre der Druckschrift D2 darin, daß ein Druckmeßgerät mit einer Differenzdruckmeßzelle und einem zusätzlichen Sensor am Gehäuse vorgesehen sind.
6.3. Würde der Fachmann von der Druckschrift D2 ausgehen, wie von der Beschwerdeführerin ebenfalls postuliert, wäre auch zu berücksichtigen, daß nach der Lehre der Druckschrift D2 hauptsächlich ein Zweikammer-Differenzsensor, beispielsweise nach der Druckschrift D5, zu verwenden ist. Da der Prozeßdruck dort nicht in einer Kammer vorhanden ist, kann die Methode, nach der dieser zu ermittelt wäre, dahingestellt bleiben. Ausschlaggebend ist, daß das Nichtvorhandensein einer unmittelbaren Messung des Referenzdrucks in der Druckschrift D2 damit noch untermauert wird.
Die Beschwerdeführerin versuchte sich mit Hinweis auf die Druckschriften D7 und D9 über diese Problematik hinwegzusetzen, indem sie argumentierte, daß der Fachmann im wesentlichen alle in Frage kommenden Drücke als Prozeßdrücke verstehen würde, wobei die Auswahl eines dieser Drücke als Referenzdruck nicht erfinderisch sei. Es ist zwar richtig, daß der Fachmann weiß, welche Drücke im System vorhanden sind. Zur Differenzmessung muß er dieses Wissen aber konkret umsetzen. Die pauschale Argumentation zur Definition der Drücke, sei es beispielsweise als Wirkdruck, als statischer Druck oder als Prozeßdruck, liefert wegen ihres allgemeinen Charakters keine auf den vorliegenden Fall bezogene spezifische Anregung zur unmittelbaren Prozeßdruckmessung und vermag die Kammer deshalb nicht vom Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit zu überzeugen. Das Bestreben, bereits patentierte Gegenstände möglichst zu vermeiden, spielt bei den technischen Überlegungen zur erfinderischen Tätigkeit ebenfalls keine Rolle.
6.4. Somit fehlt dem Ansatz der Beschwerdeführerin ein wichtiger Baustein, nämlich ein konkreter Hinweis auf die unmittelbare Prozeßdruckermittlung durch den Zusatzsensor. Diese Lücke läßt sich auch nicht durch die allgemein gehaltene Offenbarung der Druckschrift D3 schließen, da dieser keine diesbezügliche Lehre zu entnehmen ist. Die Druckschrift D8 erwähnt wiederum zwar die druckabhängigen Änderungen des elektrischen Widerstands des Gefäßmaterials, ein verbindender Hinweis auf ein Differenzdruckmeßgerät vom Typ des Streitpatents ist dieser Druckschrift aber nicht zu entnehmen. Die auf die angeblich mangelnde Definition der Geometrie der Sensoranordnung gerichtete Argumentationslinie der Beschwereführerin kann auch nicht überzeugen, da es nicht auf eine noch näher zu definierende Geometrie oder Kontaktart, sondern auf das Naheliegen eines Anspruchsgegenstands mit dem Merkmal "mit einem der unmittelbaren Messung des Prozeßdrucks Ps dienenden zusätzlichen Sensor, der an der Mantelfläche des Körpers angeordnet ... ist" ankommt.
Zusammenfassend scheint es der Kammer zwar möglich, daß der Fachmann ein Differenzdruckmeßgerät mit einer Einkammer-Differenzdruckmeßzelle mit der Lehre der Druckschrift D2 kombinieren könnte. Dann würde aber der Zusatzsensor nicht der unmittelbaren Messung des Prozeßdrucks dienen.
6.5. Die Kammer gelangt deshalb zu der Ansicht, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt und deshalb dem Artikel 56 EPÜ genügt. Gleiches gilt für die auf den Anspruch 1 rückbezogenen abhängigen Ansprüchen 2 bis 9.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.