European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T066598.20031015 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 October 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0665/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91916565.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C25D 5/50 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bauteil aus Stahl mit Galvanisch aufgebrachter Korrosionsschutzschicht | ||||||||
Name des Anmelders: | INA-Schaeffler KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SKF GmbH Deutsche Star GmbH |
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Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bestätigt) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. In einer Zwischenentscheidung hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass das Europäische Patent 553 114 (Anmeldenummer 91 916 565.4) unter Berücksichtigung der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des EPÜ genüge. Gegen diese Entscheidung haben beide Einsprechenden Beschwerde eingelegt. Das Patent betrifft ein Bauteil aus Stahl mit galvanisch aufgebrachter Korrosionsschutzschicht.
In der angefochtenen Entscheidung wurden unter anderem folgende Druckschriften genannt:
EII/1 EP-A-0 288 677
EI/1 SAE Technical Paper Series, 1984 "Extended Bearing Life in Off-Highway Equipment"
Die Einspruchsabteilung sah die Druckschrift EII/1 als nächstkommenden Stand der Technik an. Ein unterscheidendes Merkmal der unabhängigen Ansprüche sei in der Zusammensetzung der Korrosionsschicht zu sehen, welche eine binäre Zn-Co, Zn-Fe oder Zn-Ni Schicht sei. Keine der verfügbaren Druckschriften schlage eine Zinklegierung als galvanisch aufgebrachte Beschichtung für Wälzlager vor. Der vom Patentinhaber beschriebene Effekt des Einlaufens, bei dem die Schicht in die Oberflächenrauhigkeit des Lagerteils eingearbeitet werde, sei für duktile Zinklegierungen durchaus glaubhaft und für einen Fachmann in Kenntnis des Standes der Technik nicht vorhersehbar. Im Gegensatz zum PVD- Verfahren ergebe sich zudem der Vorteil, dass die galvanische Beschichtung in Großserie handhabbar sei. Eine durch die Einsprechende II geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung sei nicht ausreichend substantiiert worden.
II. Die Einsprechende EII bot Zeugen für die angebliche offenkundige Vorbenutzung an. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens nahm die Einsprechende EII ihren Einspruch zurück.
Im Beschwerdeschriftsatz der verbleibenden Beschwerdeführerin (= Einsprechende EI) wurden als Stand der Technik lediglich die Druckschriften EII/1 und EI/1 diskutiert.
In einem Bescheid teilte die Kammer den Parteien mit, dass Zweifel an der Richtigkeit der Argumentation der Beschwerdeführerin in Bezug auf eine Offenbarung einer gemäß den Patentansprüchen gewählten binären Korrosionsschutzschicht in der Druckschrift EII/1 bestünden. Die Kammer könne außerdem keinen Grund erkennen, näher auf die mit der zurückgezogen Beschwerde eingeführten Druckschriften einzugehen. Zudem teilte die Kammer mit, dass der nächste Verfahrensschritt eine abschließende Entscheidung sein könnte.
In Erwiderung des Bescheids der Kammer, beantragte die Beschwerdeführerin eine Entscheidung nach Lage der Akte. Die Beschwerdegegnerin (= Patentinhaberin) erklärte ihr Einverständnis zu den Ausführungen der Kammer.
III. Standpunkt der Beschwerdeführerin
Antrag: Widerruf des Patents.
Argumentation der Beschwerdeführerin
Der Beschwerde liegen die folgenden Leitpunkte zugrunde:
i) Die Entscheidung der Einspruchsabteilung beruhe auf einer nicht ausreichenden Bewertung der Druckschrift EII/1.
ii) Gegenüber den Druckschriften EII/1, EI/1 weise die auf der Basis der Entscheidung gewährte Fassung mangelnde Erfindungshöhe auf.
Insbesondere seien im Anspruch 5 b) der Druckschrift EII/1 der Beschichtungswerkstoff Zink und im Anspruch 5 a) als zusätzlicher Legierungswerkstoff Nickel aufgeführt. Mit den angegebenen Werkstoffen gemäß den Ansprüchen 2 und 5 der Druckschrift EII/1 seien zahlreiche binäre und ternäre Kombinationen zu bilden. Damit gehe aus den Ansprüchen 2 und 5 explizit der binäre Beschichtungswerkstoff Zn/Ni hervor. Dies treffe identisch den Werkstoff im gewährten Anspruch 3 des Patents gemäß der angefochtenen Entscheidung. Die Legierungszusätze Co oder Fe gemäß dem unabhängigen Anspruch 1 bzw. 2 seien dem Fachmann bestens bekannt. Sie seien durch einfache Versuche zu ermitteln, die sich aus der Anforderung ergeben, eine entsprechende preiswerte Lösung zu finden. Der Fachmann sei ohnehin zu solchen Versuchen gezwungen, da dem Streitpatent keine Hinweise zu entnehmen seien, wie er die Legierungen auszuwählen habe. Ihm genüge die Kenntnis der EII/1 und EI/1, um zum Anmeldegegenstand zu kommen.
IV. Standpunkt der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Antrag: Zurückweisung der Beschwerde.
Argumentation der Beschwerdegegnerin
Das Wälzlagerbauteil nach dem Streitpatent unterscheide sich von der Lehre der Druckschrift EII/1 dadurch, dass die Schicht binär und galvanisch auf das Bauteil aufgebracht sei. Die Schicht sei dünner als die Oberflächenrauheit des Bauteils. Die Druckschrift EII/1 offenbare demgegenüber einen mindestens ternären PVD aufgetragenen Beschichtungswerkstoff.
Das Merkmal, wonach die Oberflächenrauhigkeit RZ des Bauteils 0,3 bis 9,0 µm und die Schichtdicke der Korrosionsschicht 0,1 bis 30 µm betrage, sei der Druckschrift E1/1 nicht zu entnehmen. Die erfinderische Tätigkeit bestehe darin, einmal die Bedingung aufzufinden, wonach die Schutzschicht dünner sei als die Oberflächenrauhigkeit des Bauteils, und zum anderen Bereiche für die Dicke der Schutzschicht und für die Rauhigkeit anzugeben, wodurch diese Bedingung erfüllt sei.
V. Unabhängige Ansprüche
Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 lautet wie folgt:
"1. Wälzlagerbauteil aus Stahl, das eine Härte von mindestens 650 HV aufweist und an seiner Oberfläche mit einer galvanisch aufgebrachten binären Korrosionsschicht, die eine ZnCo-Schicht ist und dünner ist als die Oberflächenrauhigkeit des gehärteten Bauteils, die dieses vor dem Aufbringen der Schutzschicht hatte, wobei die Oberflächenrauhigkeit RZ des Bauteils 0,3 bis 9,0 µm und die Schichtdicke der Korrosionsschutzschicht 0,1 bis 3,0 µm beträgt.
2. Wälzlagerbauteil aus Stahl, das eine Härte von mindestens 650 HV aufweist und an seiner Oberfläche mit einer galvanisch aufgebrachten binären Korrosionsschicht, die eine ZnFe-Schicht ist und dünner ist als die Oberflächenrauhigkeit des gehärteten Bauteils, die dieses vor dem Aufbringen der Schutzschicht hatte, wobei die Oberflächenrauhigkeit RZ des Bauteils 0,3 bis 9,0 µm und die Schichtdicke der Korrosionsschutzschicht 0,1 bis 3,0 µm beträgt.
3. Wälzlagerbauteil aus Stahl, das eine Härte von mindestens 650 HV aufweist und an seiner Oberfläche mit einer galvanisch aufgebrachten binären Korrosionsschicht, die eine ZnNi-Schicht ist und dünner ist als die Oberflächenrauhigkeit des gehärteten Bauteils, die dieses vor dem Aufbringen der Schutzschicht hatte, wobei die Oberflächenrauhigkeit RZ des Bauteils 0,3 bis 9,0 µm und die Schichtdicke der Korrosionsschutzschicht 0,1 bis 3,0 µm beträgt."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde erfüllt die in Regel 65 (1) EPÜ genannten Bedingungen und ist somit zulässig.
2. Da die Einsprechende EII ihren Einspruch zurückzog, bleiben als Parteien lediglich die Einsprechende EI als Beschwerdeführerin und die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin.
3. Artikel 123 (2) und (3) EPÜ
Die Ansprüche 1 bis 3 entsprechen inhaltlich einer Kombination des erteilten Anspruchs 1 mit einem der erteilten Ansprüche 6-8, die wiederum einer Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2 mit einem der Ansprüche 7-9 entsprechen. Da die geänderten unabhängigen Ansprüche eingeschränkt sind und nicht über den ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehen, genügen diese den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
4. Stand der Technik
4.1. Druckschrift EII/1
Werden die dem Anspruch 5 dieser Druckschrift übergeordneten Ansprüche berücksichtigt, so umfasst der Anspruch 5 ein:
Bauteil, insbesondere Maschinenelement, welches vorwiegend einer Wälzbeanspruchung, aber auch einer Gleitbeanspruchung ausgesetzt ist, bestehend aus einem Grundkörper, auf dessen der Wälzbeanspruchung auszusetzenden Teilen der Oberfläche mindestens eine Schicht aus Gleitlagerwerkstoff aufgetragen ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine mit einem PVD-Verfahren hergestellte Schicht mit einer Dicke von derselben Grössenordnung wie die Oberflächenrauhigkeit des Grundkörpers aufgetragen ist, dass die Schicht aus wenigstens zwei Phasen besteht, wovon eine eine fest zusammengefügte Matrix bildet und die andere aus einem eingelagerten Werkstoff besteht, dessen Schmelzpunkt tiefer liegt als die Temperatur, bei der eine wesentliche Veränderung der mechanischen Eigenschaften des Grundkörpers eintritt, und dass
a) die Matrix eine Legierung enthält, deren Hauptbestandteil eines der folgenden Elemente ist: Aluminium, Chrom, Nickel, Magnesium, Kupfer,
b) der Hauptbestandteil des eingelagerten Werkstoffes mindestens eines der folgenden Elemente enthält: Zinn, Blei, Indium, Zink.
4.2. Druckschrift EI/1
Diese Druckschrift beschreibt elektrochemisch aufgebrachte Chrombeschichtungen für Wälzlager, die als dünn bezeichnet werden, und zwar als mit einer Dicke von 0,0001 in (= 2,5 µm), die bei Bedarf an erhöhter Korrosionsbeständigkeit auch höher sein kann. Härtewerte Rc von 59, 65 und 62 (etwa 670, 820 und 640 HV) werden in der Tabelle I angegeben. RMS-Werte von 10, 12 und 13 werden für die Oberflächenrauhigkeit angegeben.
5. Neuheit
5.1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin geht eine binäre Zn/Ni-Korrosionsschicht nicht aus dem Anspruch 5 b) der Druckschrift EII/1 hervor, da diese bekannte Schicht aus mindestens drei Werkstoffen besteht, nämlich aus einer aus einer Legierung bestehenden Matrix, die mindestens zwei Elemente enthalten muss, und dem eingelagerten Werkstoff. Somit beinhaltet die Schicht mindestens drei Elemente, d. h. sie ist mindestens ternär. Auch binäre Schichten aus ZnCo bzw. ZnFe sind der Druckschrift EII/1 nicht zu entnehmen. Weiterhin wird die bekannte Schicht mittels eines PVD-Verfahrens aufgebracht und ist somit keine galvanische Schicht. Die bekannte Schicht soll außerdem eine Dicke von derselben Größenordnung wie die Oberflächenrauhigkeit des Grundkörpers haben.
5.2. Auch der Druckschrift EI/1 können die beanspruchten binären Korrosionsschichten nicht entnommen werden, hier geht es nämlich um Chrombeschichtungen. Weiterhin entsprechen die bekannten RMS-Werte für die Oberflächenrauhigkeit den beanspruchten Rauhigkeitswerten nicht in eindeutiger Weise.
5.3. Die anderen verfügbaren Druckschriften sind vom Patentgegenstand weiter entfernt. Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 3 sind somit neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1. Übereinstimmend mit der Einspruchsabteilung sieht die Kammer die Druckschrift EII/1 als nächstkommenden Stand der Technik an. Zur erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten binären Schicht hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass ein binärer Beschichtungswerkstoff Zink/Nickel (Zn/Ni) explizit aus dem Anspruch 5 der EII/1 hervorgehe. Wegen der mindestens ternären Zusammensetzung gemäß dem Anspruch 5 der Druckschrift EII/1 ist diese Aussage jedoch nicht korrekt. Angesichts der von der Beschwerdeführerin selbst erwähnten zahlreichen binären und ternären Kombinationen, die sich der Fachmann vorstellen kann, vermag die Kammer außerdem keinen Grund zu erkennen, warum der Fachmann insbesondere zu der im Anspruch 3 beanspruchten Ni-enthaltenden Schicht gelangen würde. Es gäbe noch weniger Veranlassung zu den Co- bzw. Fe- enthaltenden Schichten nach den Ansprüchen 1 bzw. 2 zu gelangen. Die Beschwerdeführerin hat auch keine andere Argumentationslinie aufgezeigt, die geeignet wäre, die Begründung der Einspruchsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Druckschrift EII/1 zu entkräften (vgl. obigen Abschnitt I). Die Kammer sieht deshalb keinen Grund, diese Begründung in Zweifel zu ziehen. Die Kammer sieht auch den allgemein gehaltenen Hinweis auf Versuche, die den Fachmann zu den Werkstoffen Co und Fe als Matrixzusätze führen sollten, nicht als überzeugendes Argument gegen die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 an. Diese Versuche würden nämlich bereits in Kenntnis des Streitpatents erfolgen. Ohne eine rückschauende Betrachtungsweise vermag die Kammer es deshalb für den Fachmann nicht als naheliegend anzusehen, aus Preisgründen Abstand von der technischen Lehre der Druckschrift EII/1 zu nehmen, um zu Co und Fe zu gelangen.
6.2. Den schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführerin ist keine spezifische auf die Druckschrift EI/1 bezogene Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche zu entnehmen. Angesichts der Gegenargumentation der Beschwerdegegnerin, insbesondere zur Oberflächenrauhigkeit, sieht die Kammer auch keinen Anlass, aufgrund der Offenbarung dieser Druckschrift an der erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche zu zweifeln.
6.3. Die Kammer geht nicht näher auf den übrigen in der Akte nachgewiesenen Stand der Technik ein, da dieser den Gegenständen der unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 nicht näher als die Druckschriften EII/1 und EI/1 kommt und somit die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellt. Nach Zurücknahme des Einspruchs der Einsprechenden EII sah die Kammer auch keinen Grund, von der Position der Einspruchsabteilung zu der von der Einsprechenden EII geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung, wonach diese nicht ausreichend substantiiert wurde, abzuweichen, bzw. diesem Einwand ohne Mitwirkung der aus dem Verfahren ausgeschiedenen Einsprechenden weiter nachzugehen.
6.4. Da sich die beanspruchte Erfindung für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, gilt sie als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 3 genügen somit den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ. Die Ansprüche 4 und 5 sind auf die Ansprüche 1 bis 3 rückbezogen; ihre Gegenstände erfüllen ebenfalls die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.